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Das Netzwerk Flexperten kritisiert Fehler im aktuellen Biomassepaket und fordert ein Anschlussmodell ab 2027. Die Umstellung von Strom auf Wärmelieferung aus Biomasse brauche mehr Zeit.
Die Diskussion um die zukünftige Rolle von Biogasanlagen in der Strom- und Wärmeversorgung nimmt an Intensität zu. Das Netzwerk Flexperten informierte darüber in einem Webinar am 7. November. Demnach genügt der derzeitige politische Rahmen nicht, um Anlagen langfristig weiter wirtschaftlich zu betreiben. Es drohen massenhaft Stilllegungen, so das Netzwerk.
Flexperten-Geschäftsführer Uwe Welteke-Fabricius erklärt, die Branche habe „zu lange auf die beihilferechtliche Notifizierung des Biomassepakets warten müssen“. Erst am 1. Oktober sei die erste Ausschreibung erfolgt. Laut Flexperten entfaltet das aktuelle Biomassepaket zunächst positive Wirkungen: In den Jahren 2025 und 2026 sollen demnach insgesamt über 2.000 MW zusätzliche steuerbare Leistung entstehen.
Damit werde ein starker Impuls für mehr Flexibilisierung gegeben, sodass die Anlagen Strom bedarfsgerecht statt durchgehend erzeugen.
Allerdings laufen die Ausbaupfade ab 2027 deutlich aus: Für 2027 sind nur noch 326 MW vorgesehen, für 2028 lediglich 76 MW. Aus Sicht der Betreiber fehlt damit eine verlässliche Perspektive, besonders für Anlagen, die aktuell nach 20 Jahren aus der Förderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) fallen.
Stilllegungen vermeidenDerzeit arbeiten laut Flexperten rund 7.000 Biogasanlagen in Deutschland. Die Landwirtschaft erwirtschafte jährlich rund sechs Milliarden Euro ihres Jahresumsatzes von 50 Milliarden Euro über Biogas. Durch Flexibilisierung und zusätzliche Wärmenutzung könne dieser Anteil steigen, wenn die Anlagen einen Zeithorizont für eine Umrüstung bekommen.
Als problematisch gilt aus Sicht der Branche besonders die neue Systematik der Förderung. Das Biomassepaket begrenzt künftig die vergütungsfähigen Betriebsstunden im Jahr. Ziel ist es, Anreize zur bedarfsgerechten Stromerzeugung zu verstärken. Kritiker halten den Übergang jedoch für zu abrupt. Welteke-Fabricius meint, besonders Anlagen aus den Jahrgängen 2005 und 2006 könnten aufgrund notwendiger Umbauten vorübergehend nicht voll einspeisen, sodass ohne Übergangsfrist wirtschaftliche Verluste bis hin zur Stilllegung drohen.
Auch die Verlängerung der Anschlussförderung von zehn auf zwölf Jahre bewertet die Branche nur teilweise positiv. Zwar verbessere dies laut dem Hauptstadtbüro Bioenergie die Wirtschaftlichkeit leicht. Jedoch würden dadurch Neuanlagen im Vergleich attraktiver gefördert als Bestandsanlagen. Für die zweite Förderperiode sei daher mindestens ein Zeitraum von 15 Jahren notwendig, heißt es aus Betreiberkreisen.
Umschwenken auf Gas- und Wärmeproduktion behindertHinzu kommen Netzfragen. So verweigern laut Flexperten Verteilnetzbetreiber häufig die für eine flexible Fahrweise erforderlichen Anpassungen der Netzanschlüsse. Auch das Deutsche Biomasseforschungszentrum (DBFZ) in Leipzig warnt. Experte Walter Stinner betont, die Kreditfähigkeit von Biogasanlagen müsse langfristig gesichert werden. Fossile Gaskraftwerke würden auch nicht für nur zwölf garantierte Betriebsjahre gebaut, für Biogas müsse daher eine Art Kapazitätsvergütung diskutiert werden. Außerdem seien Einnahmen aus dem Wärmeverkauf notwendig, um Investitionen abzusichern.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) plant laut veröffentlichtem Zeitplan eine Überarbeitung des EEG frühestens ab 2026, mit Inkrafttreten zum 1. Januar 2027. Die Anpassung erfolge im Rahmen einer stärker system- und marktorientierten Förderung. Prognosen des Ministeriums gehen davon aus, dass die installierte Leistung der Biogasstromerzeugung bis 2037 auf 5.000 MW sinken könnte, wenn keine Gegenmaßnahmen erfolgen.
Die Flexperten fordert deshalb ein „Biomassepaket 2.0“. Kernpunkte sind nach Angaben des Netzwerks eine deutliche Erhöhung der Ausschreibungsvolumina zur Flexibilisierung auf mindestens 3.000 MW pro Jahr über sechs Jahre sowie abgesicherte Investitionsbedingungen auch für kleinere Betreiber. Ohne diese Schritte drohten Stilllegungen in größerem Umfang.
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Konstellationen zur Einbindung von Biomasse ins Energiesystem - Für Vollbild auf die Grafik klicken Quelle: Energethik Ingenieure |
Biomethan unter DruckAuch der Biomethanmarkt gerät unter Druck. Laut Aussagen aus Branchenkreisen belasten unsichere Netzanschlussbedingungen, Diskussionen über Kostenbeteiligungen sowie Marktunruhen nach Insolvenzen von Anbietern das Vertrauen. Dadurch würden Projekte verzögert und Investitionen zurückgestellt.
Die Branche sieht Biogas weiterhin als wichtigen heimischen Baustein für die Versorgungssicherheit, insbesondere in Zeiten niedriger Einspeisung aus Wind und Sonne. Flexible Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen könnten lokal Wärme bereitstellen und gleichzeitig Strom erzeugen. Allerdings brauche es dafür stabile wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Die kommenden Monate dürften daher entscheidend für die Weichenstellung sein.
Freitag, 7.11.2025, 15:50 Uhr
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