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Energie & Management > Windkraft Offshore - Ausschreibungsdesign scharf kritisiert
Quelle: Shutterstock / Thampapon
Windkraft Offshore

Ausschreibungsdesign scharf kritisiert

Die Stiftung Offshore Windenergie fordert Änderungen an den Ausschreibungsregeln für Offshore-Wind-Flächen in Deutschland. Sonst würde kein Geld für die Umsetzung der Parks bleiben.
In einer Analyse übt die Stiftung Offshore Windenergie Grundsatzkritik am aktuellen Ausschreibungsdesigns für Windkraftflächen in Nord- und Ostsee. Gemeinsam mit den Organisationen für erneuerbare Energien und Offshore-Wind WAB, Erneuerbare Energien Cluster Hamburg (EEHH) und Windenergy Network (WEN) sieht die Stiftung dringenden Anpassungs- und Handlungsbedarf. Anderenfalls drohe Deutschland, die Fehler bei der Versteigerung von UMTS-Lizenzen zu wiederholen. Im Jahr 2000 hatten Mobilfunkkonzerne so viel Geld für die Frequenzen gezahlt, dass schließlich zu wenig für den Netzausbau übrig war.

Am heutigen 10. Januar soll dem Bundeskabinett ein erster Entwurf eines Erfahrungsberichtes zum Windenergie-auf-See-Gesetz 2023 vorgelegt werden. Dieses war in seiner aktuellen Form am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. Herzstück des Gesetzes ist ein neues Ausschreibungsdesign zur Vergabe von Flächen in Nord- und Ostsee, auf denen zukünftig Offshore-Windparks gebaut werden sollen.

Aktuell zählt nur die Staatseinnahme

In dem zweigeteilten Auktionsdesign werden sowohl Flächen vergeben, die zentral durch die zuständige Bundesbehörde BSH voruntersucht wurden, als auch solche, bei denen die Boden- und Umweltuntersuchungen durch die erfolgreichen Bieter zu erfolgen haben. Bei den erstgenannten Flächen erfolgt die Vergabe in einer Kombination aus Bieterwettstreit und qualitativen Kriterien. Im zweiten Fall ausschließlich über einen Bieterwettstreit. „Anders als in der Vergangenheit liegt der Fokus damit primär darauf, die Erlöse für den Staat zu maximieren“, kritisieren die Branchenverbände.
 
So wurden im vergangenen Sommer erstmalig vier Flächen mit 7.000 MW zu installierender Leistung an die zwei siegreichen Bieter Total Energies und BP gegen eine Zahlung von 12,6 Milliarden Euro vergeben. Über das andere Regime wurden 800 Millionen Euro erlöst. Der Staat erzielte damit Rekordeinnahmen in Höhe von 13,4 Milliarden Euro, verteilt auf 20 Jahre. Auch die in diesem Jahr geplanten Auktionen für fast 9.000 MW sollen unter denselben Regeln stattfinden. Dies lehnt die Branche ab.
 
Insbesondere die Ausschreibungsregeln für die nicht zentral voruntersuchten Flächen setzten auf den Bieterwettbewerb zur Steigerung der Einnahmen für den Staat. „Das verkennt jedoch völlig die Realität und die aktuellen Herausforderungen der Branche“, so die Verbände. Sie befürchten massive industrie- und wettbewerbspolitische Kollateralschäden, sowie eine Verfehlung der fristgerechten Umsetzung der Ausbauziele. Stiftungsgeschäftsführerin Karina Würtz forderte: „Hier braucht es dringend eine noch stärkere Zusammenführung von Energie- und Industriepolitik, die sich sowohl strategisch wie strukturell in den relevanten Ministerien niederschlagen muss.“

Ruinöser Preiswettbewerb droht

Die Unternehmen müssten die hohen Investitionskosten zurückverdienen, die unter dem bestehenden Regime bis zu eineinhalbmal so hoch sind, erinnerte Sebastian Averdung, Vorsitzender des EEHH. Das bedeute deutlich teurerer Strom für Wirtschaft und Gesellschaft oder einen ruinösen Preiswettbewerb zwischen Projektierern und Zulieferern. „Beides kann nicht gewollt sein“, so Averdung. Stattdessen soll sich Deutschland an erfolgreichen Ausschreibungsmodellen, wie in den Niederlanden, orientieren.
 
Die Europäische Kommission teile diese Sorgen in ihrem Europäischen Windkraft-Aktionsplan aus Oktober 2023 nahezu vollumfänglich. „Das Ziel des Ausschreibungsdesigns sollte nicht auf eine wenig nachhaltige Abschöpfungsstrategie gerichtet sein, sondern darin bestehen, die Akteursvielfalt zu stärken und einen gesunden Wettbewerb zu erhalten“, sagte Andree Iffländer, Vorstandsvorsitzender des WEN.
 
Erschwerend komme hinzu, dass Deutschland es bisher versäumt hat, über ein geeignetes KfW-Programm Fremdkapital, Bürgschaften und Mezzanine-Kapital zur Verringerung der Investitionsrisiken und zur Stärkung des Vertrauens in den Markt zur Verfügung zu stellen. Damit fehlten Mittel für die dringend notwendige Erweiterung von industriellen Fertigungskapazitäten in Deutschland, mahnte die Branche.
 
Fünf kurzfristige Forderungen

Die Verbände fordern langfristig ein Förderregime mit Differenzverträgen (Contracts for Differences, CfD) oder die Einführung von qualitativen Kriterien auch im Bereich der Ausschreibung von nicht voruntersuchten Flächen. Kurzfristig könnten fünf Maßnahmen die Risiken entschärfen:
 
  • Aufteilung der 2.000 MW-Flächen auf kleinere Losgrößen
  • ein Deckel pro Teilnehmer nach dem Vorbild der New-York-Bight-Auktionen
  • Ausschreibungen nacheinander und nicht zeitgleich
  • 5-10 Prozent der Erlöse aus den Offshore-Wind-Auktionen an das Bundesverkehrsministerium zum Zwecke des erforderlichen Auf- und Ausbaus der Hafeninfrastruktur geben
  • ein Mandat für die KfW für ein flankierendes Finanzierungsprogramm für eine resiliente Lieferkette der Energiewende
Die Analyse des Ausschreibungsdesigns steht als PDF zum Download bereit.

Mittwoch, 10.01.2024, 12:54 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Windkraft Offshore - Ausschreibungsdesign scharf kritisiert
Quelle: Shutterstock / Thampapon
Windkraft Offshore
Ausschreibungsdesign scharf kritisiert
Die Stiftung Offshore Windenergie fordert Änderungen an den Ausschreibungsregeln für Offshore-Wind-Flächen in Deutschland. Sonst würde kein Geld für die Umsetzung der Parks bleiben.
In einer Analyse übt die Stiftung Offshore Windenergie Grundsatzkritik am aktuellen Ausschreibungsdesigns für Windkraftflächen in Nord- und Ostsee. Gemeinsam mit den Organisationen für erneuerbare Energien und Offshore-Wind WAB, Erneuerbare Energien Cluster Hamburg (EEHH) und Windenergy Network (WEN) sieht die Stiftung dringenden Anpassungs- und Handlungsbedarf. Anderenfalls drohe Deutschland, die Fehler bei der Versteigerung von UMTS-Lizenzen zu wiederholen. Im Jahr 2000 hatten Mobilfunkkonzerne so viel Geld für die Frequenzen gezahlt, dass schließlich zu wenig für den Netzausbau übrig war.

Am heutigen 10. Januar soll dem Bundeskabinett ein erster Entwurf eines Erfahrungsberichtes zum Windenergie-auf-See-Gesetz 2023 vorgelegt werden. Dieses war in seiner aktuellen Form am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. Herzstück des Gesetzes ist ein neues Ausschreibungsdesign zur Vergabe von Flächen in Nord- und Ostsee, auf denen zukünftig Offshore-Windparks gebaut werden sollen.

Aktuell zählt nur die Staatseinnahme

In dem zweigeteilten Auktionsdesign werden sowohl Flächen vergeben, die zentral durch die zuständige Bundesbehörde BSH voruntersucht wurden, als auch solche, bei denen die Boden- und Umweltuntersuchungen durch die erfolgreichen Bieter zu erfolgen haben. Bei den erstgenannten Flächen erfolgt die Vergabe in einer Kombination aus Bieterwettstreit und qualitativen Kriterien. Im zweiten Fall ausschließlich über einen Bieterwettstreit. „Anders als in der Vergangenheit liegt der Fokus damit primär darauf, die Erlöse für den Staat zu maximieren“, kritisieren die Branchenverbände.
 
So wurden im vergangenen Sommer erstmalig vier Flächen mit 7.000 MW zu installierender Leistung an die zwei siegreichen Bieter Total Energies und BP gegen eine Zahlung von 12,6 Milliarden Euro vergeben. Über das andere Regime wurden 800 Millionen Euro erlöst. Der Staat erzielte damit Rekordeinnahmen in Höhe von 13,4 Milliarden Euro, verteilt auf 20 Jahre. Auch die in diesem Jahr geplanten Auktionen für fast 9.000 MW sollen unter denselben Regeln stattfinden. Dies lehnt die Branche ab.
 
Insbesondere die Ausschreibungsregeln für die nicht zentral voruntersuchten Flächen setzten auf den Bieterwettbewerb zur Steigerung der Einnahmen für den Staat. „Das verkennt jedoch völlig die Realität und die aktuellen Herausforderungen der Branche“, so die Verbände. Sie befürchten massive industrie- und wettbewerbspolitische Kollateralschäden, sowie eine Verfehlung der fristgerechten Umsetzung der Ausbauziele. Stiftungsgeschäftsführerin Karina Würtz forderte: „Hier braucht es dringend eine noch stärkere Zusammenführung von Energie- und Industriepolitik, die sich sowohl strategisch wie strukturell in den relevanten Ministerien niederschlagen muss.“

Ruinöser Preiswettbewerb droht

Die Unternehmen müssten die hohen Investitionskosten zurückverdienen, die unter dem bestehenden Regime bis zu eineinhalbmal so hoch sind, erinnerte Sebastian Averdung, Vorsitzender des EEHH. Das bedeute deutlich teurerer Strom für Wirtschaft und Gesellschaft oder einen ruinösen Preiswettbewerb zwischen Projektierern und Zulieferern. „Beides kann nicht gewollt sein“, so Averdung. Stattdessen soll sich Deutschland an erfolgreichen Ausschreibungsmodellen, wie in den Niederlanden, orientieren.
 
Die Europäische Kommission teile diese Sorgen in ihrem Europäischen Windkraft-Aktionsplan aus Oktober 2023 nahezu vollumfänglich. „Das Ziel des Ausschreibungsdesigns sollte nicht auf eine wenig nachhaltige Abschöpfungsstrategie gerichtet sein, sondern darin bestehen, die Akteursvielfalt zu stärken und einen gesunden Wettbewerb zu erhalten“, sagte Andree Iffländer, Vorstandsvorsitzender des WEN.
 
Erschwerend komme hinzu, dass Deutschland es bisher versäumt hat, über ein geeignetes KfW-Programm Fremdkapital, Bürgschaften und Mezzanine-Kapital zur Verringerung der Investitionsrisiken und zur Stärkung des Vertrauens in den Markt zur Verfügung zu stellen. Damit fehlten Mittel für die dringend notwendige Erweiterung von industriellen Fertigungskapazitäten in Deutschland, mahnte die Branche.
 
Fünf kurzfristige Forderungen

Die Verbände fordern langfristig ein Förderregime mit Differenzverträgen (Contracts for Differences, CfD) oder die Einführung von qualitativen Kriterien auch im Bereich der Ausschreibung von nicht voruntersuchten Flächen. Kurzfristig könnten fünf Maßnahmen die Risiken entschärfen:
 
  • Aufteilung der 2.000 MW-Flächen auf kleinere Losgrößen
  • ein Deckel pro Teilnehmer nach dem Vorbild der New-York-Bight-Auktionen
  • Ausschreibungen nacheinander und nicht zeitgleich
  • 5-10 Prozent der Erlöse aus den Offshore-Wind-Auktionen an das Bundesverkehrsministerium zum Zwecke des erforderlichen Auf- und Ausbaus der Hafeninfrastruktur geben
  • ein Mandat für die KfW für ein flankierendes Finanzierungsprogramm für eine resiliente Lieferkette der Energiewende
Die Analyse des Ausschreibungsdesigns steht als PDF zum Download bereit.

Mittwoch, 10.01.2024, 12:54 Uhr
Susanne Harmsen

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