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Energie & Management > Gas - LNG-Terminals auf Rügen: Das Für und Wider
Quelle: Shutterstock / Wojciech Wrzesien
Gas

LNG-Terminals auf Rügen: Das Für und Wider

Tourismusvertreter sind gegen LNG-Terminals am Rügener Hafen Mukran, so eine Erkenntnis aus einer Anhörung im Bundestag. Doch es gab auch andere Stimmen.
Im Zuge der Novellierung des sogenannten LNG-Beschleunigungsgesetzes sollen zwei schwimmende LNG-Terminals am Hafen Mukran auf Rügen errichtet werden, so der Plan der Bundesregierung. Die Argumente für und gegen den LNG-Anlagenstandort Mukran standen am 3. Juli bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie im Bundestag auf dem Programm. Darüber informierte die Bundestagsverwaltung.

Ein erstes Terminal soll im 1. Quartal 2024 fertiggestellt sein. Geplant ist dabei, dass das aktuell noch vor Lubmin verankerte Regasifizierungsschiff "Neptun" an den neuen Standort im Hafen Mukran auf Rügen umziehen soll, eine zweite FSRU-Einheit (Floating Storage and Regasification Unit) soll folgen. Das LNG in Lubmin muss wegen der geringen Wassertiefe beim Lubminer Anleger aktuell von den LNG-Tankern auf kleine Shuttle-Booten umgeladen und angeliefert werden, was umständlich und kostspielig ist.

Die LNG-Terminals stoßen bei den örtlichen Tourismusverantwortlichen auf klare Ablehnung. Kai Gardeja, Tourismusdirektor der betroffenen Ostseegemeinde Binz, betrachtet die geplanten Anlagen als Verstoß gegen das Naturschutzrecht, war in der Anhörung zu vernehmen. Nach Ansicht von Ronald Rambow, Tourismusunternehmer aus Binz, würde die beliebte Urlaubsregion erheblich unter Lärm-, Schmutz- und Lichtemissionen leiden. "Es verschandelt unsere schöne Natur und führt zu irreversiblen Eingriffen in das sensible Öko-System Ostsee."

Wichtige Infrastruktur, weiter angespannte Marktsituation

Unterstützung gegen die Pläne kam von Felix Heilmann. Der Vertreter vom Verein "Dezernat Zukunft" sieht die geplanten LNG-Importkapazitäten als deutlich über den Bedarf hinausgehend. Er warnte, dass unregulierte Reservekapazitäten Klimarisiken mit sich bringen würden, insbesondere durch die Förderung neuer LNG-Exportprojekte. Heilmann betonte, dass sich die globale LNG-Versorgungssituation auch ohne Investitionen in zusätzliche Exportterminals entspannen würde.
 
 
Ulrich Ronnacker vom Fernleitungsnetzbetreiber Open Grid Europe GmbH unterstützt hingegen die Errichtung eines LNG-Terminals im Ostseeraum. Er argumentiert, dass dort bedeutende Leitungsstrukturen vorhanden seien, die nach einem Ausfall der russischen Gaslieferungen nicht mehr benötigt würden. Diese könnten genutzt werden, um große Mengen an Erdgas in südlicher Richtung zu transportieren.

Jörg Selbach-Röntgen, Geschäftsführer des Gashändlers MET Germany GmbH, wies darauf hin, dass die Situation auf dem Gasmarkt weiterhin angespannt sei, vornehmlich in Bezug auf Preisstabilität. Er kritisierte den aktuellen Mangel an Langfristverträgen, die notwendig seien, um Versorgungssicherheit und Preisstabilität zu gewährleisten. 

Einen Kompromissvorschlag präsentierte Karsten Fach von der Marine Services GmbH, Hamburg. Er plädierte für einen Offshore-Terminal auf hoher See, der sich 18 Kilometer vor der Küste Rügens befinden soll und den Knotenpunkt Lubmin beliefern könnte. Er verwies auf positive Erfahrungen mit Projekten in Italien und vielen Teilen Asiens. "Der Vorteil einer solchen Lösung bestehe darin, dass die Anlagen aufgrund der Erdkrümmung vom Strand aus nicht zu sehen und zu hören sind."

Der Vorschlag ist nicht ganz neu, allerdings auch nicht unumstritten. Experten wiesen bei anderen Gelegenheiten darauf hin, dass die Gewässer in der Ostsee rau seien. Vor allem im Winter, wenn das Erdgas dringend benötigt werde, könne es zu Lieferausfällen wegen schlechten Wetters kommen. Zudem seien die Kosten viel höher.

Der LNG-Anlandepunkt auf Rügen stößt auch auf erheblichen Widerstand in Teilen der Bevölkerung vor Ort. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) war zusammen mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im April sogar extra nach Mukran gekommen, um für das Terminal zu werben. Allein mit den Terminals an der Nordseeküste, mit Importen über westeuropäische Häfen und über Pipelines aus Norwegen komme man nicht zurecht, so Scholz damals. Man brauche auch im Osten Deutschlands Import-Infrastruktur. "Es geht um Versorgungssicherheit für den Osten Deutschlands."

Montag, 3.07.2023, 16:29 Uhr
Stefan Sagmeister
Energie & Management > Gas - LNG-Terminals auf Rügen: Das Für und Wider
Quelle: Shutterstock / Wojciech Wrzesien
Gas
LNG-Terminals auf Rügen: Das Für und Wider
Tourismusvertreter sind gegen LNG-Terminals am Rügener Hafen Mukran, so eine Erkenntnis aus einer Anhörung im Bundestag. Doch es gab auch andere Stimmen.
Im Zuge der Novellierung des sogenannten LNG-Beschleunigungsgesetzes sollen zwei schwimmende LNG-Terminals am Hafen Mukran auf Rügen errichtet werden, so der Plan der Bundesregierung. Die Argumente für und gegen den LNG-Anlagenstandort Mukran standen am 3. Juli bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie im Bundestag auf dem Programm. Darüber informierte die Bundestagsverwaltung.

Ein erstes Terminal soll im 1. Quartal 2024 fertiggestellt sein. Geplant ist dabei, dass das aktuell noch vor Lubmin verankerte Regasifizierungsschiff "Neptun" an den neuen Standort im Hafen Mukran auf Rügen umziehen soll, eine zweite FSRU-Einheit (Floating Storage and Regasification Unit) soll folgen. Das LNG in Lubmin muss wegen der geringen Wassertiefe beim Lubminer Anleger aktuell von den LNG-Tankern auf kleine Shuttle-Booten umgeladen und angeliefert werden, was umständlich und kostspielig ist.

Die LNG-Terminals stoßen bei den örtlichen Tourismusverantwortlichen auf klare Ablehnung. Kai Gardeja, Tourismusdirektor der betroffenen Ostseegemeinde Binz, betrachtet die geplanten Anlagen als Verstoß gegen das Naturschutzrecht, war in der Anhörung zu vernehmen. Nach Ansicht von Ronald Rambow, Tourismusunternehmer aus Binz, würde die beliebte Urlaubsregion erheblich unter Lärm-, Schmutz- und Lichtemissionen leiden. "Es verschandelt unsere schöne Natur und führt zu irreversiblen Eingriffen in das sensible Öko-System Ostsee."

Wichtige Infrastruktur, weiter angespannte Marktsituation

Unterstützung gegen die Pläne kam von Felix Heilmann. Der Vertreter vom Verein "Dezernat Zukunft" sieht die geplanten LNG-Importkapazitäten als deutlich über den Bedarf hinausgehend. Er warnte, dass unregulierte Reservekapazitäten Klimarisiken mit sich bringen würden, insbesondere durch die Förderung neuer LNG-Exportprojekte. Heilmann betonte, dass sich die globale LNG-Versorgungssituation auch ohne Investitionen in zusätzliche Exportterminals entspannen würde.
 
 
Ulrich Ronnacker vom Fernleitungsnetzbetreiber Open Grid Europe GmbH unterstützt hingegen die Errichtung eines LNG-Terminals im Ostseeraum. Er argumentiert, dass dort bedeutende Leitungsstrukturen vorhanden seien, die nach einem Ausfall der russischen Gaslieferungen nicht mehr benötigt würden. Diese könnten genutzt werden, um große Mengen an Erdgas in südlicher Richtung zu transportieren.

Jörg Selbach-Röntgen, Geschäftsführer des Gashändlers MET Germany GmbH, wies darauf hin, dass die Situation auf dem Gasmarkt weiterhin angespannt sei, vornehmlich in Bezug auf Preisstabilität. Er kritisierte den aktuellen Mangel an Langfristverträgen, die notwendig seien, um Versorgungssicherheit und Preisstabilität zu gewährleisten. 

Einen Kompromissvorschlag präsentierte Karsten Fach von der Marine Services GmbH, Hamburg. Er plädierte für einen Offshore-Terminal auf hoher See, der sich 18 Kilometer vor der Küste Rügens befinden soll und den Knotenpunkt Lubmin beliefern könnte. Er verwies auf positive Erfahrungen mit Projekten in Italien und vielen Teilen Asiens. "Der Vorteil einer solchen Lösung bestehe darin, dass die Anlagen aufgrund der Erdkrümmung vom Strand aus nicht zu sehen und zu hören sind."

Der Vorschlag ist nicht ganz neu, allerdings auch nicht unumstritten. Experten wiesen bei anderen Gelegenheiten darauf hin, dass die Gewässer in der Ostsee rau seien. Vor allem im Winter, wenn das Erdgas dringend benötigt werde, könne es zu Lieferausfällen wegen schlechten Wetters kommen. Zudem seien die Kosten viel höher.

Der LNG-Anlandepunkt auf Rügen stößt auch auf erheblichen Widerstand in Teilen der Bevölkerung vor Ort. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) war zusammen mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im April sogar extra nach Mukran gekommen, um für das Terminal zu werben. Allein mit den Terminals an der Nordseeküste, mit Importen über westeuropäische Häfen und über Pipelines aus Norwegen komme man nicht zurecht, so Scholz damals. Man brauche auch im Osten Deutschlands Import-Infrastruktur. "Es geht um Versorgungssicherheit für den Osten Deutschlands."

Montag, 3.07.2023, 16:29 Uhr
Stefan Sagmeister

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