E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Klimaschutz - Wissenschaftsplattform identifiziert Lücken in der Politik
Quelle: Fotolia / bluedesign
Klimaschutz

Wissenschaftsplattform identifiziert Lücken in der Politik

Die Wissenschaftsplattform Klimaschutz (WPKS) benennt in einer Stellungnahme an die Bundesregierung in sechs Themenfeldern große Lücken zum Erreichen der deutschen Klimaschutzziele.
Deutschland will bis 2045 klimaneutral werden. Das bedeutet, nicht mehr Treibhausgase auszustoßen, als die Natur zeitgleich wieder binden kann. Die Bundesregierung hat ein Gremium eingerichtet, das den Umsetzungsstand dieses Ziels überwacht. Diese Wissenschaftsplattform Klimaschutz (WPKS) hat in ihrer diesjährigen Stellungnahme große Lücken ausgemacht, die jetzt geschlossen werden müssen. Sechs konkrete Themen müssten in den Fokus der mittel- und langfristigen Klimapolitik, fordern die Autorinnen und Autoren.

Wenig überraschend hält die Stellungnahme des WPKS die aktuellen klimapolitischen Maßnahmen der Bundesregierung nicht für ausreichend, um die Ziele zu erreichen. Deutschland will auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität bis 2030 seine Emissionen gemessen an 1990 um 65 Prozent reduzieren, aktuell sind es etwa 40 Prozent. Bis 2045 müssten es 100 Prozent sein. „Aktuell existiert keine langfristige Strategie, wie die gesetzlich festgelegten Klimaziele erreicht werden sollen – das ist eine Leerstelle in der deutschen Klimapolitik“, stellen die Wissenschaftler fest.

Strategische Verlässlichkeit gefragt

In ihrer Stellungnahme identifizieren die Lenkungskreismitglieder der WPKS sechs Themenfelder, die mit der mittel- und langfristigen Klimapolitik bearbeitet werden müssen. Prof. Sabine Schlacke und Prof. Holger Hanselka übergaben die WPKS-Vorschläge am 27. März in Berlin an Judith Pirscher, Staatssekretärin im Bundesforschungsministerium (BMBF) und die Abteilungsleiterin im Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministerium (BMWK) Birgit Schwenk.
 

„Im Klimaschutzgesetz sind Sektorziele zur Einsparung von CO2 vorgegeben. Es gibt aber keine langfristigen strategischen Überlegungen, wie wir diese Sektorziele bis zur Klimaneutralität 2045 erreichen wollen“, erläuterte Schlacke, Co-Vorsitzende des Lenkungskreises der WPKS. Die schnell aufgestellten Sofortprogramme einzelner Ministerien beim Verfehlen der jeweiligen Sektorziele hätten nur eine kurzfristige Wirkung. „Benötigt wird ein langfristiger Transformationsplan zur Klimaneutralität“, forderte Schlacke weiter.

Hanselka, stellvertretender Vorsitzender der WPKS ergänzte: „Der Übergang von fossilen zu erneuerbaren Energieträgern muss so gestaltet werden, dass globale Krisen diesen Prozess nicht aufhalten.“ Vorausschauende politische Planung und Gesetzgebung seien dafür unerlässlich. „Doch die mittel- und langfristige Politikplanung ist derzeit ausgesetzt“, kritisieren die Wissenschaftler.

Sechs konkrete Themenfelder

Als konkrete Themen für die mittel- und langfristige Klimapolitik nennt die WPKS:
  • Sozial gerechter Klimaschutz und vorsorgende Sozialpolitik,
  • Akzeptanzsicherung durch Kommunikation und Partizipation,
  • Industriepolitik und internationale Kooperation,
  • nachhaltige Finanzwirtschaft für die Transformation,
  • zukunftsfähiges Klimarecht sowie
  • CO2-Entnahme aus der Atmosphäre
Der wissenschaftliche Diskurs zu den genannten Themen müsse thematisch offen und fachlich breit geführt werden. Zudem würde langfristige Planung mehr Vertrauen
schaffen als kurzfristiges Agieren der Politik. Eine Grundlage für den Transformationsprozess hin zur Klimaneutralität sei Investitionssicherheit. Da Legislaturperioden deutlich kürzer als Investitionszeiträume sind, müsse eine konsistente Planung über Legislaturperioden hinweg verlässliche Rahmenbedingungen für den Wirtschaftsumbau schaffen, forderte die WPKS.

Vertrauen in politischen Kurs wiederherstellen

„Das Klimaschutzprogramm 2030 sowie der Klimaschutzplan 2050, die zur Einhaltung der 2030er- und 2045er-Ziele essenziell beitragen sollen, werden aktuell nicht fortgeschrieben“, mahnte Schlacke. Die Folge sei ein drohender Vertrauensverlust von Wirtschaft, Verbänden und Zivilgesellschaft in die deutsche Klimapolitik.

Natürlich sei die Energieversorgung seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine im Krisenmodus, sagte Hanselka. „Auch unter Stressbedingungen müssen die Klimaziele und andere Nachhaltigkeitsziele weiterverfolgt werden“, forderte er zugleich. Die Kombination von Resilienz und Klimaschutz biete eine wirksame Anleitung zur Bewältigung globaler Krisen, die weit über die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie und den Krieg gegen die Ukraine hinausreichen.

Nachhaltige Infrastrukturen, der Zugang zu nachhaltigen Dienstleistungen sowie die Beteiligung und Teilhabe der Bevölkerung seien dabei von entscheidender Bedeutung. Der WPKS sprach sich zugleich für die gezielte Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre aus, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Das solle aber keinesfalls die Anstrengungen zur Emissionsvermeidung schwächen.

Die Stellungnahme der WPKS 2023 steht als PDF zum Download bereit.

Montag, 27.03.2023, 15:02 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Klimaschutz - Wissenschaftsplattform identifiziert Lücken in der Politik
Quelle: Fotolia / bluedesign
Klimaschutz
Wissenschaftsplattform identifiziert Lücken in der Politik
Die Wissenschaftsplattform Klimaschutz (WPKS) benennt in einer Stellungnahme an die Bundesregierung in sechs Themenfeldern große Lücken zum Erreichen der deutschen Klimaschutzziele.
Deutschland will bis 2045 klimaneutral werden. Das bedeutet, nicht mehr Treibhausgase auszustoßen, als die Natur zeitgleich wieder binden kann. Die Bundesregierung hat ein Gremium eingerichtet, das den Umsetzungsstand dieses Ziels überwacht. Diese Wissenschaftsplattform Klimaschutz (WPKS) hat in ihrer diesjährigen Stellungnahme große Lücken ausgemacht, die jetzt geschlossen werden müssen. Sechs konkrete Themen müssten in den Fokus der mittel- und langfristigen Klimapolitik, fordern die Autorinnen und Autoren.

Wenig überraschend hält die Stellungnahme des WPKS die aktuellen klimapolitischen Maßnahmen der Bundesregierung nicht für ausreichend, um die Ziele zu erreichen. Deutschland will auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität bis 2030 seine Emissionen gemessen an 1990 um 65 Prozent reduzieren, aktuell sind es etwa 40 Prozent. Bis 2045 müssten es 100 Prozent sein. „Aktuell existiert keine langfristige Strategie, wie die gesetzlich festgelegten Klimaziele erreicht werden sollen – das ist eine Leerstelle in der deutschen Klimapolitik“, stellen die Wissenschaftler fest.

Strategische Verlässlichkeit gefragt

In ihrer Stellungnahme identifizieren die Lenkungskreismitglieder der WPKS sechs Themenfelder, die mit der mittel- und langfristigen Klimapolitik bearbeitet werden müssen. Prof. Sabine Schlacke und Prof. Holger Hanselka übergaben die WPKS-Vorschläge am 27. März in Berlin an Judith Pirscher, Staatssekretärin im Bundesforschungsministerium (BMBF) und die Abteilungsleiterin im Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministerium (BMWK) Birgit Schwenk.
 

„Im Klimaschutzgesetz sind Sektorziele zur Einsparung von CO2 vorgegeben. Es gibt aber keine langfristigen strategischen Überlegungen, wie wir diese Sektorziele bis zur Klimaneutralität 2045 erreichen wollen“, erläuterte Schlacke, Co-Vorsitzende des Lenkungskreises der WPKS. Die schnell aufgestellten Sofortprogramme einzelner Ministerien beim Verfehlen der jeweiligen Sektorziele hätten nur eine kurzfristige Wirkung. „Benötigt wird ein langfristiger Transformationsplan zur Klimaneutralität“, forderte Schlacke weiter.

Hanselka, stellvertretender Vorsitzender der WPKS ergänzte: „Der Übergang von fossilen zu erneuerbaren Energieträgern muss so gestaltet werden, dass globale Krisen diesen Prozess nicht aufhalten.“ Vorausschauende politische Planung und Gesetzgebung seien dafür unerlässlich. „Doch die mittel- und langfristige Politikplanung ist derzeit ausgesetzt“, kritisieren die Wissenschaftler.

Sechs konkrete Themenfelder

Als konkrete Themen für die mittel- und langfristige Klimapolitik nennt die WPKS:
  • Sozial gerechter Klimaschutz und vorsorgende Sozialpolitik,
  • Akzeptanzsicherung durch Kommunikation und Partizipation,
  • Industriepolitik und internationale Kooperation,
  • nachhaltige Finanzwirtschaft für die Transformation,
  • zukunftsfähiges Klimarecht sowie
  • CO2-Entnahme aus der Atmosphäre
Der wissenschaftliche Diskurs zu den genannten Themen müsse thematisch offen und fachlich breit geführt werden. Zudem würde langfristige Planung mehr Vertrauen
schaffen als kurzfristiges Agieren der Politik. Eine Grundlage für den Transformationsprozess hin zur Klimaneutralität sei Investitionssicherheit. Da Legislaturperioden deutlich kürzer als Investitionszeiträume sind, müsse eine konsistente Planung über Legislaturperioden hinweg verlässliche Rahmenbedingungen für den Wirtschaftsumbau schaffen, forderte die WPKS.

Vertrauen in politischen Kurs wiederherstellen

„Das Klimaschutzprogramm 2030 sowie der Klimaschutzplan 2050, die zur Einhaltung der 2030er- und 2045er-Ziele essenziell beitragen sollen, werden aktuell nicht fortgeschrieben“, mahnte Schlacke. Die Folge sei ein drohender Vertrauensverlust von Wirtschaft, Verbänden und Zivilgesellschaft in die deutsche Klimapolitik.

Natürlich sei die Energieversorgung seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine im Krisenmodus, sagte Hanselka. „Auch unter Stressbedingungen müssen die Klimaziele und andere Nachhaltigkeitsziele weiterverfolgt werden“, forderte er zugleich. Die Kombination von Resilienz und Klimaschutz biete eine wirksame Anleitung zur Bewältigung globaler Krisen, die weit über die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie und den Krieg gegen die Ukraine hinausreichen.

Nachhaltige Infrastrukturen, der Zugang zu nachhaltigen Dienstleistungen sowie die Beteiligung und Teilhabe der Bevölkerung seien dabei von entscheidender Bedeutung. Der WPKS sprach sich zugleich für die gezielte Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre aus, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Das solle aber keinesfalls die Anstrengungen zur Emissionsvermeidung schwächen.

Die Stellungnahme der WPKS 2023 steht als PDF zum Download bereit.

Montag, 27.03.2023, 15:02 Uhr
Susanne Harmsen

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.