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Energie & Management > Windkraft Onshore - Wer ist EU-Schlusslicht beim Windkraft-Zubau?
Quelle: Fotolia / John
Windkraft Onshore

Wer ist EU-Schlusslicht beim Windkraft-Zubau?

Es gibt ein westeuropäisches Flächenland, in dem Windenergie-Anlagen noch länger brauchen als in Deutschland, bis sie genehmigt sind. Die Zustände seien hanebüchen, so ein Verband.
Italien verfehlt Erneuerbaren-Ziele in europarechtswidriger Weise, weil Genehmigungsverfahren im Schnitt am längsten in Europa dauern und sich der Rückstand beim Zubau kumuliert. Dieses Urteil hat am 1. Februar der europäische Dachverband Windeurope in einer Mitteilung gefällt.

Demnach dauern die Verwaltungsverfahren in Italien im Schnitt fünf Jahre. "Kein europäisches Land hat mehr Probleme als Italien beim Genehmigen neuer Windparks", erklärte Windeurope-Chef Giles Dickson. Eine "niederschmetternde" Anzahl von Vorhaben stecke in bürokratischen Prozeduren fest. Die Zeitung Repubblica schrieb im Januar von 1.400 betroffenen Projekten. Sie berief sich dabei auf den Übertragungsnetzbetreiber Terna. Windeurope erinnert an die EU-Erneuerbaren-Richtlinie, wonach solche Genehmigungsverfahren "nur" längstens zwei Jahre Zeit verbrauchen dürfen, bei Repowering sogar nur ein Jahr.

Im Vergleich dazu könnte Deutschland mit seinen Genehmigungsdauern geradezu zum preußischen Musterknaben mutieren: Zwischen 2018 und Herbst 2021 vergingen hierzulande von den Anträgen für Onshore-Anlagen bis zu den positiven Bescheiden im Schnitt 21,5 Monate. Das ist knapp unter der EU-Vorgabe, wobei drei Bundesländer auch deutlich gegen diese verstoßen. Die Realisierung dauert dann nochmal 25,2 Monate, so Zahlen der Fachagentur Windenergie an Land.

Eine unterzeichnete Auktion nach der anderen

Zurück zu Italien: Da nur genehmigte Vorhaben zu den Erneuerbaren-Ausschreibungen zugelassen werden, ist auch die jüngste Auktion extrem unterzeichnet gewesen. Seit 2019 versucht die staatliche Erneuerbaren-Tochter GSE im Auktionsregime 5.500 MW Wind- und Solarkraftprojekte zu versteigern, die eine größere Maximalleistung aufweisen als 1 MW ("Gruppe A"). Und das läuft wie sauer Bier: Ähnlich wie in Deutschland werden unterzeichnete Leistungen in der nächsten Runde nochmal verauktioniert. Diese kumulieren sich, und so schiebt Italien eine größere Erneuerbaren-Leistung vor sich her.

Ende Oktober 2021 war man bei der siebten Versteigerung angelangt, nun, 90 Tage später, Ende Januar 2022, präsentierte GSE die ernüchternden Ergebnisse: Es ließen sich nur 975 MW Wind- und Solarkraft vergeben, und zwar 59 PV-Projekte und 18 Onshore-Windparks, letztere mit einer Gesamtleistung von lediglich 392 MW.

Kleinere Wind- und PV-Anlagen bis zu 1 MW werden gleichzeitig in anderen Gruppen nach einem Registrierungsprozess zu Fixtarifen gefördert, solange der − kleinere − Vorrat reicht. Hier kamen 252 MW zusammen, plus 110 MW für Dach-PV. Alles zusammen, Auktion, Fixförderung, Wasserkraft und Repowering, wurden im Herbst 2021 insgesamt 1.470 MW Zubau organisiert.

Nochmal eine Runde − oder zwei

Aber 3.312 MW schiebt GSE unvergeben vor sich her. Diese Leistung kommt jetzt in der achten einmonatigen Auktionsrunde, beginnend am 2. März, unter den Hammer. Räumt diese Auktion auch nicht ab, gibt es vom 31. Mai an eine weitere.

Dabei zielt Italien in seinem Nationalen Energie- und Klimaplan (NECP) darauf ab, bis 2030 19.300 MW Windkraft vorzuhalten. Das entspricht einem linearen Zubaubedarf von jährlich etwa 1.000 MW. Der wurde zwar in der jüngsten Vergaberunde fast erreicht, doch in den NECP ist das erhöhte EU-Ziel von 40 % Erneuerbaren noch gar nicht eingearbeitet.

Hoffen auf EU-Beschleunigungsleitlinien

Windeurope hofft jetzt auf die Verfahrensleitlinien, die Brüssel im Sommer vorstellen möchte. Italien sei zwar Schlusslicht bei den Genehmigungsdauern, doch der strukturelle Reformbedarf sei "in fast jedem Land" derselbe. Der Dachverband schlägt vor:
  • mehr Personal in den Genehmigungsbehörden,
  • klare Zuständigkeiten zwischen den beteiligten Behörden und Körperschaften,
  • mehr Digitalisierung in den Verfahren, eine bessere Raumordnung
  • und flexiblere Möglichkeiten, in der Realisierung von Windparks jüngere und effizientere Technologien zu verwenden, als sie beantragt wurden. Nach fünf Jahren jedenfalls seien die beantragten Modelle mitunter nicht mehr zu haben. Oder den Hersteller gibt es gar nicht mehr.

Mittwoch, 2.02.2022, 15:55 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Windkraft Onshore - Wer ist EU-Schlusslicht beim Windkraft-Zubau?
Quelle: Fotolia / John
Windkraft Onshore
Wer ist EU-Schlusslicht beim Windkraft-Zubau?
Es gibt ein westeuropäisches Flächenland, in dem Windenergie-Anlagen noch länger brauchen als in Deutschland, bis sie genehmigt sind. Die Zustände seien hanebüchen, so ein Verband.
Italien verfehlt Erneuerbaren-Ziele in europarechtswidriger Weise, weil Genehmigungsverfahren im Schnitt am längsten in Europa dauern und sich der Rückstand beim Zubau kumuliert. Dieses Urteil hat am 1. Februar der europäische Dachverband Windeurope in einer Mitteilung gefällt.

Demnach dauern die Verwaltungsverfahren in Italien im Schnitt fünf Jahre. "Kein europäisches Land hat mehr Probleme als Italien beim Genehmigen neuer Windparks", erklärte Windeurope-Chef Giles Dickson. Eine "niederschmetternde" Anzahl von Vorhaben stecke in bürokratischen Prozeduren fest. Die Zeitung Repubblica schrieb im Januar von 1.400 betroffenen Projekten. Sie berief sich dabei auf den Übertragungsnetzbetreiber Terna. Windeurope erinnert an die EU-Erneuerbaren-Richtlinie, wonach solche Genehmigungsverfahren "nur" längstens zwei Jahre Zeit verbrauchen dürfen, bei Repowering sogar nur ein Jahr.

Im Vergleich dazu könnte Deutschland mit seinen Genehmigungsdauern geradezu zum preußischen Musterknaben mutieren: Zwischen 2018 und Herbst 2021 vergingen hierzulande von den Anträgen für Onshore-Anlagen bis zu den positiven Bescheiden im Schnitt 21,5 Monate. Das ist knapp unter der EU-Vorgabe, wobei drei Bundesländer auch deutlich gegen diese verstoßen. Die Realisierung dauert dann nochmal 25,2 Monate, so Zahlen der Fachagentur Windenergie an Land.

Eine unterzeichnete Auktion nach der anderen

Zurück zu Italien: Da nur genehmigte Vorhaben zu den Erneuerbaren-Ausschreibungen zugelassen werden, ist auch die jüngste Auktion extrem unterzeichnet gewesen. Seit 2019 versucht die staatliche Erneuerbaren-Tochter GSE im Auktionsregime 5.500 MW Wind- und Solarkraftprojekte zu versteigern, die eine größere Maximalleistung aufweisen als 1 MW ("Gruppe A"). Und das läuft wie sauer Bier: Ähnlich wie in Deutschland werden unterzeichnete Leistungen in der nächsten Runde nochmal verauktioniert. Diese kumulieren sich, und so schiebt Italien eine größere Erneuerbaren-Leistung vor sich her.

Ende Oktober 2021 war man bei der siebten Versteigerung angelangt, nun, 90 Tage später, Ende Januar 2022, präsentierte GSE die ernüchternden Ergebnisse: Es ließen sich nur 975 MW Wind- und Solarkraft vergeben, und zwar 59 PV-Projekte und 18 Onshore-Windparks, letztere mit einer Gesamtleistung von lediglich 392 MW.

Kleinere Wind- und PV-Anlagen bis zu 1 MW werden gleichzeitig in anderen Gruppen nach einem Registrierungsprozess zu Fixtarifen gefördert, solange der − kleinere − Vorrat reicht. Hier kamen 252 MW zusammen, plus 110 MW für Dach-PV. Alles zusammen, Auktion, Fixförderung, Wasserkraft und Repowering, wurden im Herbst 2021 insgesamt 1.470 MW Zubau organisiert.

Nochmal eine Runde − oder zwei

Aber 3.312 MW schiebt GSE unvergeben vor sich her. Diese Leistung kommt jetzt in der achten einmonatigen Auktionsrunde, beginnend am 2. März, unter den Hammer. Räumt diese Auktion auch nicht ab, gibt es vom 31. Mai an eine weitere.

Dabei zielt Italien in seinem Nationalen Energie- und Klimaplan (NECP) darauf ab, bis 2030 19.300 MW Windkraft vorzuhalten. Das entspricht einem linearen Zubaubedarf von jährlich etwa 1.000 MW. Der wurde zwar in der jüngsten Vergaberunde fast erreicht, doch in den NECP ist das erhöhte EU-Ziel von 40 % Erneuerbaren noch gar nicht eingearbeitet.

Hoffen auf EU-Beschleunigungsleitlinien

Windeurope hofft jetzt auf die Verfahrensleitlinien, die Brüssel im Sommer vorstellen möchte. Italien sei zwar Schlusslicht bei den Genehmigungsdauern, doch der strukturelle Reformbedarf sei "in fast jedem Land" derselbe. Der Dachverband schlägt vor:
  • mehr Personal in den Genehmigungsbehörden,
  • klare Zuständigkeiten zwischen den beteiligten Behörden und Körperschaften,
  • mehr Digitalisierung in den Verfahren, eine bessere Raumordnung
  • und flexiblere Möglichkeiten, in der Realisierung von Windparks jüngere und effizientere Technologien zu verwenden, als sie beantragt wurden. Nach fünf Jahren jedenfalls seien die beantragten Modelle mitunter nicht mehr zu haben. Oder den Hersteller gibt es gar nicht mehr.

Mittwoch, 2.02.2022, 15:55 Uhr
Georg Eble

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