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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe - Wasserstoff: An der Membran trennen sich die Wege
Quelle: Fotolia/Regormark
Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe

Wasserstoff: An der Membran trennen sich die Wege

Neue Membrantechnologien können den Transport von Wasserstoff im Erdgasnetz und dessen Rückgewinnung in reiner Form möglich machen.
Wasserstoff − vor allem in den CO2-armen Varianten − hat ohne Zweifel eine große Zukunft in vielen Bereichen von der Stahlproduktion bis zur Gebäudeheizung. Ein wichtiges Kriterium für seinen Erfolg wird dabei sein, wie gut sich erzeugter Wasserstoff speichern und zu den Anwendern transportieren lässt.

Eine der zentralen Fragen dabei ist, ob für den Ferntransport von Wasserstoff vorhandene Erdgaspipelines genutzt werden können oder ob dafür eine eigene Milliarden Euro teure Wasserstoffinfrastruktur notwendig ist. Schon seit Längerem wird Wasserstoff dem Erdgas beigemischt − in der Regel zwischen 2 und maximal 10 %. Damit ist aber bislang nur eine Nutzung des Gemischs als Brennstoff möglich. 

Für andere Verwendungsmöglichkeiten etwa in Brennstoffzellen oder in der Stahlproduktion muss der Wasserstoff wieder vom Erdgas getrennt werden. Dafür bieten sich Membranen an, die entweder auf Polymeren oder auf Keramik basieren − zudem gibt es auch Mischformen (Mixed Matrix Membrane).

Ob es auf diese Weise gelingt, das Erdgasnetz − mit einer Länge von mehr als 500.000 Kilometern − auch für den Transport größerer Mengen Wasserstoff zu ertüchtigen, darüber könnte der Ausgang eines kürzlich begonnenen Forschungsprojekts in Prenzlau mit entscheiden. 
 
Die insgesamt 19 Kanäle in der Kohlenstoffmembran des IKTS vergrößern deren Oberfläche und ermöglichen somit einen größeren Stoffdurchsatz
Quelle: Fraunhofer IKTS

In der brandenburgischen Kreisstadt wird im Projekt „Membrantrennung Erdgas-Wasserstoff Prenzlau” untersucht, wie gut sich ins Erdgasnetz eingespeister Wasserstoff wieder aus dem Gasgemisch herauslösen lässt. Partner in dem Vorhaben sind die DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH, die Ferngasnetzbetreiber Ontras (Deutschland) und GRTgaz (Frankreich), die Mitteldeutsche Netzgesellschaft
Gas (Mitnetz Gas), der DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches
sowie als assoziierter Partner das Erneuerbare-Energien-Unternehmen Enertrag.

Methoden für die Trennung von Gasen gibt es mehrere: etwa mit sehr schnell drehenden Zentrifugen, wie sie in der Urananreicherung eingesetzt werden, oder die sogenannten kryogenen Verfahren, die die verschiedenen Kondensationstemperaturen unterschiedlicher Gase nutzen.

Für die industrielle Trennung des Wasserstoffs von anderen Gasen haben sich Membranen in den Vordergrund geschoben. „Als Fernleitungsnetzbetreiber interessiert uns, ob Membranen konventionelle Gasanwendungen vor Wasserstoff schützen und ob wir mit der Abtrennung reine Wasserstoffbedarfe auch über Erdgas-Wasserstoff-Gemische aus unserem Netz decken können“, sagt etwa Ralph Bahke, Geschäftsführer von Ontras.

Pilotanlagen zum Testen

Dazu wurde die Testanlage in Prenzlau aufgebaut, die im Juli in Betrieb gegangen ist. Die örtliche Power-to-Gas-Anlage der Firma Enertrag liefert dazu mit Windstrom erzeugten Wasserstoff. Dieser wird für die vorgesehenen Untersuchungen über eine vorhandene Einspeiseanlage mit einem Anteil von bis zu 20 Volumenprozent dem Erdgas aus dem Ontras-Netz beigemischt. 

In der Pilotanlage testen die Partner, welche Membranen sich am besten für eine Wiedergewinnung des Wasserstoffs eignen, welche Mengen sich aus dem Gasstrom abtrennen lassen und welchen Reinheitsgrad dieser Wasserstoff erreicht.
 
Möglicherweise spielt ausgerechnet Kohlenstoff − dessen Freisetzung als CO2 man mit dem Schwenk zum Wasserstoff ja zu vermeiden sucht − bei der membranbasierten Gastrennung künftig eine Schlüsselrolle. Das Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS in Dresden hat im Projekt Hypos (Hydrogen Power Storage & Solutions East Germany) eine Membran auf Basis von Kohlenstoff entwickelt. Dieser befindet sich als hauchdünne Schicht auf einem porösen, keramischen Trägermaterial und dient als Barriere, die Erdgas und Wasserstoff voneinander trennt. 

Die Membranherstellung umfasst mehrere Schritte, beginnend mit der maßgeschneiderten Polymersynthese. Polymere sind Stoffe, die aus verzweigten Ketten von Makromolekülen bestehen. Diese werden anschließend auf das poröse Trägermaterial aufgebracht. Durch Erhitzen unter gleichzeitigem Ausschluss von Sauerstoff bildet das Polymer an seiner Oberfläche eine Kohlenstoffschicht aus. Die im Kohlenstoff enthaltenen Poren haben einen Durchmesser von unter einem Nanometer (Millionstel Millimeter), wodurch sie sich gut für die Gastrennung eignen.

Das Trennverhalten der Membran lässt sich durch physikalische und chemische Prozesse noch weiter einstellen. Bei der Entwicklung der röhrenförmigen Kohlenstoffmembranen hat das IKTS mit der DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH zusammengearbeitet.

Im Trennungsprozess werden Wasserstoff und Erdgas durch die röhrenförmigen Module getrieben. Dabei werden die kleineren Wasserstoffmoleküle durch die Poren der Membran gedrückt und gelangen als Gas nach außen, die größeren Methanmoleküle hingegen bleiben zurück. „Auf diese Weise erhalten wir Wasserstoff mit einer Reinheit von 80 Prozent. Die verbliebenen Erdgasreste filtern wir in einer zweiten Trennstufe aus. So erzielen wir eine Reinheit von über 90 Prozent“, erklärt Adrian Simon, Gruppenleiter am Fraunhofer IKTS.

Wasserstoff mit diesem Reinheitsgrad lässt sich bereits für verschiedene Anwendungen nutzen, beispielsweise in der Stahlproduktion. Für die Verwendung in Brennstoffzellen zur Rückverstromung ist der Reinheitsgrad allerdings bislang noch zu gering.

Montag, 6.09.2021, 09:02 Uhr
Peter Koller
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe - Wasserstoff: An der Membran trennen sich die Wege
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Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe
Wasserstoff: An der Membran trennen sich die Wege
Neue Membrantechnologien können den Transport von Wasserstoff im Erdgasnetz und dessen Rückgewinnung in reiner Form möglich machen.
Wasserstoff − vor allem in den CO2-armen Varianten − hat ohne Zweifel eine große Zukunft in vielen Bereichen von der Stahlproduktion bis zur Gebäudeheizung. Ein wichtiges Kriterium für seinen Erfolg wird dabei sein, wie gut sich erzeugter Wasserstoff speichern und zu den Anwendern transportieren lässt.

Eine der zentralen Fragen dabei ist, ob für den Ferntransport von Wasserstoff vorhandene Erdgaspipelines genutzt werden können oder ob dafür eine eigene Milliarden Euro teure Wasserstoffinfrastruktur notwendig ist. Schon seit Längerem wird Wasserstoff dem Erdgas beigemischt − in der Regel zwischen 2 und maximal 10 %. Damit ist aber bislang nur eine Nutzung des Gemischs als Brennstoff möglich. 

Für andere Verwendungsmöglichkeiten etwa in Brennstoffzellen oder in der Stahlproduktion muss der Wasserstoff wieder vom Erdgas getrennt werden. Dafür bieten sich Membranen an, die entweder auf Polymeren oder auf Keramik basieren − zudem gibt es auch Mischformen (Mixed Matrix Membrane).

Ob es auf diese Weise gelingt, das Erdgasnetz − mit einer Länge von mehr als 500.000 Kilometern − auch für den Transport größerer Mengen Wasserstoff zu ertüchtigen, darüber könnte der Ausgang eines kürzlich begonnenen Forschungsprojekts in Prenzlau mit entscheiden. 
 
Die insgesamt 19 Kanäle in der Kohlenstoffmembran des IKTS vergrößern deren Oberfläche und ermöglichen somit einen größeren Stoffdurchsatz
Quelle: Fraunhofer IKTS

In der brandenburgischen Kreisstadt wird im Projekt „Membrantrennung Erdgas-Wasserstoff Prenzlau” untersucht, wie gut sich ins Erdgasnetz eingespeister Wasserstoff wieder aus dem Gasgemisch herauslösen lässt. Partner in dem Vorhaben sind die DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH, die Ferngasnetzbetreiber Ontras (Deutschland) und GRTgaz (Frankreich), die Mitteldeutsche Netzgesellschaft
Gas (Mitnetz Gas), der DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches
sowie als assoziierter Partner das Erneuerbare-Energien-Unternehmen Enertrag.

Methoden für die Trennung von Gasen gibt es mehrere: etwa mit sehr schnell drehenden Zentrifugen, wie sie in der Urananreicherung eingesetzt werden, oder die sogenannten kryogenen Verfahren, die die verschiedenen Kondensationstemperaturen unterschiedlicher Gase nutzen.

Für die industrielle Trennung des Wasserstoffs von anderen Gasen haben sich Membranen in den Vordergrund geschoben. „Als Fernleitungsnetzbetreiber interessiert uns, ob Membranen konventionelle Gasanwendungen vor Wasserstoff schützen und ob wir mit der Abtrennung reine Wasserstoffbedarfe auch über Erdgas-Wasserstoff-Gemische aus unserem Netz decken können“, sagt etwa Ralph Bahke, Geschäftsführer von Ontras.

Pilotanlagen zum Testen

Dazu wurde die Testanlage in Prenzlau aufgebaut, die im Juli in Betrieb gegangen ist. Die örtliche Power-to-Gas-Anlage der Firma Enertrag liefert dazu mit Windstrom erzeugten Wasserstoff. Dieser wird für die vorgesehenen Untersuchungen über eine vorhandene Einspeiseanlage mit einem Anteil von bis zu 20 Volumenprozent dem Erdgas aus dem Ontras-Netz beigemischt. 

In der Pilotanlage testen die Partner, welche Membranen sich am besten für eine Wiedergewinnung des Wasserstoffs eignen, welche Mengen sich aus dem Gasstrom abtrennen lassen und welchen Reinheitsgrad dieser Wasserstoff erreicht.
 
Möglicherweise spielt ausgerechnet Kohlenstoff − dessen Freisetzung als CO2 man mit dem Schwenk zum Wasserstoff ja zu vermeiden sucht − bei der membranbasierten Gastrennung künftig eine Schlüsselrolle. Das Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS in Dresden hat im Projekt Hypos (Hydrogen Power Storage & Solutions East Germany) eine Membran auf Basis von Kohlenstoff entwickelt. Dieser befindet sich als hauchdünne Schicht auf einem porösen, keramischen Trägermaterial und dient als Barriere, die Erdgas und Wasserstoff voneinander trennt. 

Die Membranherstellung umfasst mehrere Schritte, beginnend mit der maßgeschneiderten Polymersynthese. Polymere sind Stoffe, die aus verzweigten Ketten von Makromolekülen bestehen. Diese werden anschließend auf das poröse Trägermaterial aufgebracht. Durch Erhitzen unter gleichzeitigem Ausschluss von Sauerstoff bildet das Polymer an seiner Oberfläche eine Kohlenstoffschicht aus. Die im Kohlenstoff enthaltenen Poren haben einen Durchmesser von unter einem Nanometer (Millionstel Millimeter), wodurch sie sich gut für die Gastrennung eignen.

Das Trennverhalten der Membran lässt sich durch physikalische und chemische Prozesse noch weiter einstellen. Bei der Entwicklung der röhrenförmigen Kohlenstoffmembranen hat das IKTS mit der DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH zusammengearbeitet.

Im Trennungsprozess werden Wasserstoff und Erdgas durch die röhrenförmigen Module getrieben. Dabei werden die kleineren Wasserstoffmoleküle durch die Poren der Membran gedrückt und gelangen als Gas nach außen, die größeren Methanmoleküle hingegen bleiben zurück. „Auf diese Weise erhalten wir Wasserstoff mit einer Reinheit von 80 Prozent. Die verbliebenen Erdgasreste filtern wir in einer zweiten Trennstufe aus. So erzielen wir eine Reinheit von über 90 Prozent“, erklärt Adrian Simon, Gruppenleiter am Fraunhofer IKTS.

Wasserstoff mit diesem Reinheitsgrad lässt sich bereits für verschiedene Anwendungen nutzen, beispielsweise in der Stahlproduktion. Für die Verwendung in Brennstoffzellen zur Rückverstromung ist der Reinheitsgrad allerdings bislang noch zu gering.

Montag, 6.09.2021, 09:02 Uhr
Peter Koller

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