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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe - Wärmewende geht nicht ohne Wasserstoff
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe

Wärmewende geht nicht ohne Wasserstoff

Ist grüner Wasserstoff zu schade zum Verheizen? Das Thema wird schon seit geraumer Zeit kontrovers beurteilt − Stichwort Champagner-Diskussion. Die Meinung von Experten ist eindeutig.
Das Thema „Wasserstoff im Wärmemarkt − Champagner oder Grundnahrungsmittel“ erörterten beim Gat/Wat-Kongress in Köln mehrere Experten aus unterschiedlichen Fachrichtungen. Dass die Umstellung des Wärmemarkts ein weites und bei Weitem nicht einfaches Feld ist, darüber herrschte Einigkeit. Ebenso darüber, dass die Champagner-Diskussion obsolet ist und der Start mit der Beimischung von Wasserstoff zum Erdgas erfolgen muss.

Für Bauingenieur Christoph Gatzen von der Unternehmensberatung Frontier ist die Sache klar: Ohne grünen Wasserstoff wird es bei dem enormen Energiebedarf des Wärmesektors mit 700 Mrd. kWh im Jahr allein für die Haushalte nicht funktionieren. Die Stromnetze, die durch E-Mobilität, zusätzliche Wärmepumpen, Atom- und Kohleausstieg ohnehin ans Limit kommen, könnten das gar nicht auffangen. Man dürfe „nicht auch noch die ganze Wärmewende darauf loslassen“, so Gatzen. Neue Gaskraftwerke seien unumgänglich, ebenso die Umstellung von Heizungen auf Wasserstoff, zunächst als Beimischung zum Erdgas.

Die Entlastung der Stromnetze durch Wasserstoff wird aktuell in der Branche erörtert. Etwa durch Konzepte, bei denen der Wasserstoff direkt auf Offshore-Windanlagen hergestellt und dann in den Süden der Republik transportiert wird, um dort zum Beispiel Gaskraftwerke zu befeuern. Das könnte zumindest zu einer Dämpfung beim Stromnetzausbau führen, zeigte sich der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW), Prof. Gerald Linke, im Gespräch mit E&M überzeugt.

Norbert Scholz vom Versorger EWE brachte Biomethan als Übergangslösung ins Spiel, das gerade in Niedersachsen und Bayern reichlich zur Verfügung steht. Er regte an, hier von der Stromerzeugung wegzukommen und das Biomethan in die Gasnetze einzuspeisen, wo es wesentlich effizienter in KWK-Anlagen genutzt werden kann. Gerade im Hinblick auf die derzeitige Preisentwicklung sei dies eine interessante Option. Jürgen Grönner, Geschäftsführer bei Westnetz, erklärte, man müsse sich auf den Import von grünem Wasserstoff einstellen.

Rolf Albus, geschäftsführender Vorstand des Gas- und Wärmeinstituts (GWI), berichtete über Untersuchungen zur Beimischung von Wasserstoff in Erdgasnetzen. Ein Anteil von 20 % sei schon heute sicher möglich, Laborversuche hätten auch bis 40 % hervorragende Ergebnisse gezeigt, ohne Einschränkung bei der Betriebssicherheit. Darüber hinaus arbeiteten die Hersteller aktuell an Herden und Heizgeräten, die mit 100 % Wasserstoff funktionieren, und sie seien dabei auf einem sehr guten Weg.

Jens Wichtermann von der Vaillant Group wies auf die enormen Defizite hin, die derzeit noch im Gebäudesektor und bei den Heizungsanlagen herrschen. 12 Mio. ineffiziente Heizkessel seien noch in Betrieb, die heutigen Austauschraten von 1,3 Mio. Geräten im Jahr gelte es zu verdoppeln.

Im Hinblick auf die Klimaneutralität 2045, da herrscht in der Branche Einigkeit, müssen jetzt schon flexible Geräte installiert werden. Welche Schwierigkeiten auf dem Weg liegen, machten die Experten ebenfalls deutlich: 42 Mio. Wohnungen in Deutschland sind vor 1980 gebaut worden und müssten energetisch saniert werden. 75 % der Heizungen laufen noch mit Gas und Öl. Die heutigen Sanierungs- und Austauschraten reichen jedoch bei Weitem nicht aus, die Betriebe sind jetzt schon an der Grenze dessen, was sie mit dem vorhandenen Personal hinkriegen können. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Immobilienbesitzer die Kosten scheuen oder unsicher sind, welches die richtige Technologie ist.

Donnerstag, 13.01.2022, 08:45 Uhr
Günter Drewnitzky
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe - Wärmewende geht nicht ohne Wasserstoff
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Wärmewende geht nicht ohne Wasserstoff
Ist grüner Wasserstoff zu schade zum Verheizen? Das Thema wird schon seit geraumer Zeit kontrovers beurteilt − Stichwort Champagner-Diskussion. Die Meinung von Experten ist eindeutig.
Das Thema „Wasserstoff im Wärmemarkt − Champagner oder Grundnahrungsmittel“ erörterten beim Gat/Wat-Kongress in Köln mehrere Experten aus unterschiedlichen Fachrichtungen. Dass die Umstellung des Wärmemarkts ein weites und bei Weitem nicht einfaches Feld ist, darüber herrschte Einigkeit. Ebenso darüber, dass die Champagner-Diskussion obsolet ist und der Start mit der Beimischung von Wasserstoff zum Erdgas erfolgen muss.

Für Bauingenieur Christoph Gatzen von der Unternehmensberatung Frontier ist die Sache klar: Ohne grünen Wasserstoff wird es bei dem enormen Energiebedarf des Wärmesektors mit 700 Mrd. kWh im Jahr allein für die Haushalte nicht funktionieren. Die Stromnetze, die durch E-Mobilität, zusätzliche Wärmepumpen, Atom- und Kohleausstieg ohnehin ans Limit kommen, könnten das gar nicht auffangen. Man dürfe „nicht auch noch die ganze Wärmewende darauf loslassen“, so Gatzen. Neue Gaskraftwerke seien unumgänglich, ebenso die Umstellung von Heizungen auf Wasserstoff, zunächst als Beimischung zum Erdgas.

Die Entlastung der Stromnetze durch Wasserstoff wird aktuell in der Branche erörtert. Etwa durch Konzepte, bei denen der Wasserstoff direkt auf Offshore-Windanlagen hergestellt und dann in den Süden der Republik transportiert wird, um dort zum Beispiel Gaskraftwerke zu befeuern. Das könnte zumindest zu einer Dämpfung beim Stromnetzausbau führen, zeigte sich der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW), Prof. Gerald Linke, im Gespräch mit E&M überzeugt.

Norbert Scholz vom Versorger EWE brachte Biomethan als Übergangslösung ins Spiel, das gerade in Niedersachsen und Bayern reichlich zur Verfügung steht. Er regte an, hier von der Stromerzeugung wegzukommen und das Biomethan in die Gasnetze einzuspeisen, wo es wesentlich effizienter in KWK-Anlagen genutzt werden kann. Gerade im Hinblick auf die derzeitige Preisentwicklung sei dies eine interessante Option. Jürgen Grönner, Geschäftsführer bei Westnetz, erklärte, man müsse sich auf den Import von grünem Wasserstoff einstellen.

Rolf Albus, geschäftsführender Vorstand des Gas- und Wärmeinstituts (GWI), berichtete über Untersuchungen zur Beimischung von Wasserstoff in Erdgasnetzen. Ein Anteil von 20 % sei schon heute sicher möglich, Laborversuche hätten auch bis 40 % hervorragende Ergebnisse gezeigt, ohne Einschränkung bei der Betriebssicherheit. Darüber hinaus arbeiteten die Hersteller aktuell an Herden und Heizgeräten, die mit 100 % Wasserstoff funktionieren, und sie seien dabei auf einem sehr guten Weg.

Jens Wichtermann von der Vaillant Group wies auf die enormen Defizite hin, die derzeit noch im Gebäudesektor und bei den Heizungsanlagen herrschen. 12 Mio. ineffiziente Heizkessel seien noch in Betrieb, die heutigen Austauschraten von 1,3 Mio. Geräten im Jahr gelte es zu verdoppeln.

Im Hinblick auf die Klimaneutralität 2045, da herrscht in der Branche Einigkeit, müssen jetzt schon flexible Geräte installiert werden. Welche Schwierigkeiten auf dem Weg liegen, machten die Experten ebenfalls deutlich: 42 Mio. Wohnungen in Deutschland sind vor 1980 gebaut worden und müssten energetisch saniert werden. 75 % der Heizungen laufen noch mit Gas und Öl. Die heutigen Sanierungs- und Austauschraten reichen jedoch bei Weitem nicht aus, die Betriebe sind jetzt schon an der Grenze dessen, was sie mit dem vorhandenen Personal hinkriegen können. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Immobilienbesitzer die Kosten scheuen oder unsicher sind, welches die richtige Technologie ist.

Donnerstag, 13.01.2022, 08:45 Uhr
Günter Drewnitzky

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