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Energie & Management > Klimaschutz - Verbände klagen Fortschritte bei Wärme und Verkehr ein
Quelle: Fotolia / bluedesign
Klimaschutz

Verbände klagen Fortschritte bei Wärme und Verkehr ein

Der Ausstoß an klimaschädlichen Treibhausgasen ist in Deutschland 2022 nach vorläufigen Zahlen des Umweltbundesamtes um 1,9 Prozent gesunken. Kritiker verlangen mehr Anstrengungen.
Laut Umweltbundesamt (UBA) sind die Emissionen seit 1990 in Deutschland um 40,4 Prozent gesunken, im Vorjahr waren es auf Jahresbasis 1,9 Prozent. Der Gebäudesektor verfehlte sein Reduktionsziel erneut, im Verkehrsbereich stiegen die Emissionen sogar. UBA-Präsident Dirk Messner erinnerte an die Vorgabe des Klimaschutzgesetzes, wonach die Bundesregierung jetzt mit einem Sofortprogramm antworten müsse, um die Ziele zu erreichen.

Vonseiten der Ampelkoalition sagte SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch zur Treibhausgas-Bilanz: „Jedes Kabinettsmitglied muss in seinem Zuständigkeitsbereich die notwendigen Maßnahmen einleiten, damit wir unsere Klimaziele auch zukünftig erreichen.“ Vor allem im Mobilitätsbereich stelle ein Sofortprogramm eine große Herausforderung dar. „Wir können uns hier keine dauerhafte Hängepartie leisten“, mahnte Miersch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). Die Länder seien gefordert, den Ausbau erneuerbarer Energieanlagen zu beschleunigen.

Der Grünen-Verkehrssprecher im Bundestag, Stefan Gelbhaar, kritisierte: „Alles, was in anderen Sektoren erreicht wird, zerrinnt aktuell im Verkehr wieder zwischen den Fingern.“ Echte Klimaschutzmaßnahmen fehlten hier. Vorschläge gebe es genug. Dazu zählten ein Abbau klimaschädlicher Subventionen, massive Investitionen in Bus und Bahn, bessere Bedingungen für den Rad- und Fußverkehr, eine beschleunigte Antriebswende bei Autos und ein Recht auf Homeoffice. „Eine schnelle, wirksame Sofortmaßnahme wäre natürlich auch ein Tempolimit“, erinnerte Gelbhaar.

Umwelthilfe klagt auf Tempolimit

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kündigte an, den Kurswechsel juristisch durchzusetzen. Die bereits 2020 bis 2022 eingereichten Klimaklagen gegen die unzureichenden Maßnahmen in den Sektoren Verkehr und Gebäude würden in diesem Jahr vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg verhandelt.

DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch sagte: „Verkehrsminister Wissing fährt den Klimaschutz im Verkehrssektor mit voller Absicht an die Wand.“ Nachdem bereits der eigene Expertenrat der Bundesregierung das Verkehrs-Sofortprogramm als rechtswidrig bewertet habe, müsse das Gericht ein kurzfristig wirksames Sofortprogramm wie ein Tempolimit verfügen. Dieses würde sofort über 11 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einsparen, sagte Resch.

DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz ergänzte für den Gebäudesektor: „Der Ausstieg aus der Öl- und Gasheizung ist überfällig.“ Ihre Organisation werde die Bundesregierung notfalls vor Gericht dazu zwingen, jetzt den Turbo für die Erneuerbaren im Gebäudesektor einzulegen. „Dazu gehört vor allem die konsequente Sanierung der energetisch schlechtesten Gebäude – nicht nur von privaten Wohngebäuden, sondern auch von öffentlichen Gebäuden wie Schulen und Kindergärten“, erinnerte Metz.

Auch die Umweltverbände WWF und BUND forderten von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gemeinsam mit seinen Ministerien schnell geeignete Maßnahmen, um die Klimaschutzziele zu erreichen und den anhaltenden Rechtsbruch zu beenden. „SPD, FDP und Grüne brechen geltendes Recht“, erklärte die Leiterin des BUND Klimateams, Antje von Broock. Auch ihre Organisation klagt auf Einhaltung der Klimaschutzziele.
 
 
Wissenschaftler fordern schnelle Abhilfe

Die stellvertretende Direktorin der Denkfabrik Agora Verkehrswende, Wiebke Zimmer, erklärte: „Die Kontroversen der vergangenen Wochen und Monate lassen (...) an der politischen Handlungsfähigkeit der Bundesregierung beim Klimaschutz im Verkehr zweifeln.“ Obwohl sich die EU in monatelangen Verhandlungen schon darauf geeinigt hatte, von 2035 an nur noch emissionsfreie Pkw zuzulassen, stelle die Bundesregierung im letzten Moment das Ergebnis infrage. Sie setze damit letztendlich den gesamten europäischen Green Deal, die europäische Zusammenarbeit und die Zukunft der europäischen Automobilindustrie aufs Spiel, kritisierte Zimmer.

Simon Müller, Direktor der Agora Energiewende, erklärte: „Damit Deutschland auf Klimakurs kommt, müssen bis 2030 jährlich rund 40 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden – zweieinhalbmal so viel wie 2022.“ Dafür brauche es echten Klimaschutz in allen Wirtschaftsbereichen: vom Ausbau der Wind- und Solarenergie über die sozial gerechte Wärmewende bis hin zu einer Elektrifizierungsoffensive für die Industrie.

Biokraftstoffhersteller wollen Tanks füllen

Der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) warnte, ohne Biokraftstoffe würden die Klimaschutz-Kosten im Verkehr dramatisch steigen. Umwelt- und Landwirtschaftsministerium planten ungeachtet dessen, Biokraftstoffe aus Anbaumasse nicht mehr für den Tank zuzulassen. „Folgt die Bundesregierung Steffi Lemke und Cem Özdemir, dann werden sehenden Auges die Vorgaben des deutschen Klimaschutzgesetzes und die Ziele der europäischen Lastenverteilungsverordnung gerissen“, erklärte VDB-Geschäftsführer Elmar Baumann mit Bezug auf die beiden zuständigen Minister von den Grünen.

Mittwoch, 15.03.2023, 15:12 Uhr
Susanne Harmsen
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Verbände klagen Fortschritte bei Wärme und Verkehr ein
Der Ausstoß an klimaschädlichen Treibhausgasen ist in Deutschland 2022 nach vorläufigen Zahlen des Umweltbundesamtes um 1,9 Prozent gesunken. Kritiker verlangen mehr Anstrengungen.
Laut Umweltbundesamt (UBA) sind die Emissionen seit 1990 in Deutschland um 40,4 Prozent gesunken, im Vorjahr waren es auf Jahresbasis 1,9 Prozent. Der Gebäudesektor verfehlte sein Reduktionsziel erneut, im Verkehrsbereich stiegen die Emissionen sogar. UBA-Präsident Dirk Messner erinnerte an die Vorgabe des Klimaschutzgesetzes, wonach die Bundesregierung jetzt mit einem Sofortprogramm antworten müsse, um die Ziele zu erreichen.

Vonseiten der Ampelkoalition sagte SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch zur Treibhausgas-Bilanz: „Jedes Kabinettsmitglied muss in seinem Zuständigkeitsbereich die notwendigen Maßnahmen einleiten, damit wir unsere Klimaziele auch zukünftig erreichen.“ Vor allem im Mobilitätsbereich stelle ein Sofortprogramm eine große Herausforderung dar. „Wir können uns hier keine dauerhafte Hängepartie leisten“, mahnte Miersch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). Die Länder seien gefordert, den Ausbau erneuerbarer Energieanlagen zu beschleunigen.

Der Grünen-Verkehrssprecher im Bundestag, Stefan Gelbhaar, kritisierte: „Alles, was in anderen Sektoren erreicht wird, zerrinnt aktuell im Verkehr wieder zwischen den Fingern.“ Echte Klimaschutzmaßnahmen fehlten hier. Vorschläge gebe es genug. Dazu zählten ein Abbau klimaschädlicher Subventionen, massive Investitionen in Bus und Bahn, bessere Bedingungen für den Rad- und Fußverkehr, eine beschleunigte Antriebswende bei Autos und ein Recht auf Homeoffice. „Eine schnelle, wirksame Sofortmaßnahme wäre natürlich auch ein Tempolimit“, erinnerte Gelbhaar.

Umwelthilfe klagt auf Tempolimit

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kündigte an, den Kurswechsel juristisch durchzusetzen. Die bereits 2020 bis 2022 eingereichten Klimaklagen gegen die unzureichenden Maßnahmen in den Sektoren Verkehr und Gebäude würden in diesem Jahr vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg verhandelt.

DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch sagte: „Verkehrsminister Wissing fährt den Klimaschutz im Verkehrssektor mit voller Absicht an die Wand.“ Nachdem bereits der eigene Expertenrat der Bundesregierung das Verkehrs-Sofortprogramm als rechtswidrig bewertet habe, müsse das Gericht ein kurzfristig wirksames Sofortprogramm wie ein Tempolimit verfügen. Dieses würde sofort über 11 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einsparen, sagte Resch.

DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz ergänzte für den Gebäudesektor: „Der Ausstieg aus der Öl- und Gasheizung ist überfällig.“ Ihre Organisation werde die Bundesregierung notfalls vor Gericht dazu zwingen, jetzt den Turbo für die Erneuerbaren im Gebäudesektor einzulegen. „Dazu gehört vor allem die konsequente Sanierung der energetisch schlechtesten Gebäude – nicht nur von privaten Wohngebäuden, sondern auch von öffentlichen Gebäuden wie Schulen und Kindergärten“, erinnerte Metz.

Auch die Umweltverbände WWF und BUND forderten von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gemeinsam mit seinen Ministerien schnell geeignete Maßnahmen, um die Klimaschutzziele zu erreichen und den anhaltenden Rechtsbruch zu beenden. „SPD, FDP und Grüne brechen geltendes Recht“, erklärte die Leiterin des BUND Klimateams, Antje von Broock. Auch ihre Organisation klagt auf Einhaltung der Klimaschutzziele.
 
 
Wissenschaftler fordern schnelle Abhilfe

Die stellvertretende Direktorin der Denkfabrik Agora Verkehrswende, Wiebke Zimmer, erklärte: „Die Kontroversen der vergangenen Wochen und Monate lassen (...) an der politischen Handlungsfähigkeit der Bundesregierung beim Klimaschutz im Verkehr zweifeln.“ Obwohl sich die EU in monatelangen Verhandlungen schon darauf geeinigt hatte, von 2035 an nur noch emissionsfreie Pkw zuzulassen, stelle die Bundesregierung im letzten Moment das Ergebnis infrage. Sie setze damit letztendlich den gesamten europäischen Green Deal, die europäische Zusammenarbeit und die Zukunft der europäischen Automobilindustrie aufs Spiel, kritisierte Zimmer.

Simon Müller, Direktor der Agora Energiewende, erklärte: „Damit Deutschland auf Klimakurs kommt, müssen bis 2030 jährlich rund 40 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden – zweieinhalbmal so viel wie 2022.“ Dafür brauche es echten Klimaschutz in allen Wirtschaftsbereichen: vom Ausbau der Wind- und Solarenergie über die sozial gerechte Wärmewende bis hin zu einer Elektrifizierungsoffensive für die Industrie.

Biokraftstoffhersteller wollen Tanks füllen

Der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) warnte, ohne Biokraftstoffe würden die Klimaschutz-Kosten im Verkehr dramatisch steigen. Umwelt- und Landwirtschaftsministerium planten ungeachtet dessen, Biokraftstoffe aus Anbaumasse nicht mehr für den Tank zuzulassen. „Folgt die Bundesregierung Steffi Lemke und Cem Özdemir, dann werden sehenden Auges die Vorgaben des deutschen Klimaschutzgesetzes und die Ziele der europäischen Lastenverteilungsverordnung gerissen“, erklärte VDB-Geschäftsführer Elmar Baumann mit Bezug auf die beiden zuständigen Minister von den Grünen.

Mittwoch, 15.03.2023, 15:12 Uhr
Susanne Harmsen

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