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Energie & Management > Gas - Teuerungsschub hat Höchststand noch nicht erreicht
Quelle: Pixabay / Andreas Lischka
Gas

Teuerungsschub hat Höchststand noch nicht erreicht

Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) warnt vor den gesamtwirtschaftlichen Folgen einer weiteren Verteuerung von Erdgas.
Die gegen Russland verhängten Sanktionen hätten gezeigt, dass die Gasversorgung „die Achillesferse der europäischen Wirtschaft“ sei, heißt es in einer Untersuchung des IW. Aus dem Terminhandel für Öl und Gas ziehen die Autoren den Schluss, dass „der Teuerungsschub seinen Höchststand noch nicht erreicht hat“. Mit einer Entspannung sei erst im Laufe des nächsten Jahres zu rechnen. Unabhängig davon, ob es zu einem kompletten Ausfall der russischen Gaslieferungen komme, müsse mit „gravierenden wirtschaftlichen Folgen“ gerechnet werden.

Ãœber die Folgen eines russischen Gasembargos für Deutschland herrsche allerdings große Unsicherheit. Schätzungen seien angesichts des absehbaren Strukturbruchs mit den herkömmlichen Modellen kaum möglich, weil die bekannten Wirkungszusammenhänge aufgelöst würden. Historische Daten seien nicht auf die neue Situation übertragbar. „Zu einer kompletten Abkoppelung von russischem Gas gibt es keine Erfahrungswerte“, so die Studienautoren.

Die Gemeinschaftsprognose der führenden Konjunkturforscher erwartet bei einem Lieferstopp von russischem Öl und Gas (ab April) einen Rückgang des Wachstums im nächsten Jahr um 0,8 % bis 5,3 %. Engpässe gebe es vor allem im verarbeitenden Gewerbe, wo nicht nur die direkt betroffenen Unternehmen weniger produzieren könnten, sondern auch deren Kunden. In der Folge komme es zu einem Rückgang der Investitionstätigkeit und des privaten Verbrauchs: „Aus dem Angebotsschock wird ein Nachfrageschock.“ 2022 und 2023 werde der Produktionsausfall 220 Mrd. Euro oder 6,5 % des BIP betragen und mit steigender Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit einhergehen.

Andere Studien kommen zu wesentlich positiveren Ergebnissen. Sie gehen dabei jedoch von einer kleineren „Gaslücke“ und optimistischeren Voraussetzungen im Hinblick auf die Substituierbarkeit von russischem Gas aus. Ausfälle von gasintensiven Produkten könnten durch Importe aus anderen EU-Ländern ersetzt werden, so dass die indirekten Auswirkungen eines Gasembargos begrenzt würden.

Deutschland hat ein hohes Rezessionsrisiko

In jedem Fall besteht nach Ansicht des IW jedoch in Deutschland, dem wirtschaftlich stärksten Land der EU, ein „hohes Rezessionsrisiko“. Denn der Lieferausfall werde „Kaskadeneffekte“ weit über die direkt betroffenen Sektoren haben, auch wenn diese im Einzelnen schwer abzuschätzen seien. Das gelte grundsätzlich auch für die EU. Eine Rezession sei hier ebenso wie in Deutschland „bei einem Gasembargo unausweichlich“.

Beschädigt werde Europa als Wirtschaftsstandort aber auch, wenn die Energiekosten hoch blieben. Und das IW geht davon aus, dass dies auch dann der Fall ist, wenn es nicht zu einem kompletten Ausfall der russischen Gaslieferungen kommt. Es sei „unwahrscheinlich, dass die Preise für Gas und Öl auf Vorkriegsniveau zurückkehren“.

Wichtige Konkurrenten der europäischen Unternehmen in den USA, China und Japan hätten inzwischen wesentlich geringere Energiekosten. Die USA hätten als Produzent einen natürlichen Kostenvorteil, China und Japan bezögen Gas über langfristige Verträge zu günstigeren Preisen als die Europäer.

Selbst wenn der Ölpreis bis Ende nächsten Jahres um 20 % und der Gaspreis um 30 % zurückgingen (gegenüber dem zweiten Quartal 2022), müsse 2023 mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit in Deutschland um 0,4 % bis 0,6 % gerechnet werden, das wären etwa 300 000 Arbeitslose mehr. Das BIP würde 2023 um 2 % geringer ausfallen. „Die Energiepreise werden also zur nachhaltigen Belastung für deutsche Unternehmen und Verbraucher.“ Damit erhöhe sich auch das Rezessionsrisiko im Euroraum. Langfristig könnten ganze Industriezweige die EU verlassen. Bereits jetzt hätten einzelne Unternehmen ihre Produktion wegen der hohen Energiekosten gedrosselt.

Die IW-Untersuchung "Europa an der Schwelle zur Rezession?" kann auf der Webseite des IW heruntergeladen werden.
 

Montag, 15.08.2022, 16:21 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Gas - Teuerungsschub hat Höchststand noch nicht erreicht
Quelle: Pixabay / Andreas Lischka
Gas
Teuerungsschub hat Höchststand noch nicht erreicht
Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) warnt vor den gesamtwirtschaftlichen Folgen einer weiteren Verteuerung von Erdgas.
Die gegen Russland verhängten Sanktionen hätten gezeigt, dass die Gasversorgung „die Achillesferse der europäischen Wirtschaft“ sei, heißt es in einer Untersuchung des IW. Aus dem Terminhandel für Öl und Gas ziehen die Autoren den Schluss, dass „der Teuerungsschub seinen Höchststand noch nicht erreicht hat“. Mit einer Entspannung sei erst im Laufe des nächsten Jahres zu rechnen. Unabhängig davon, ob es zu einem kompletten Ausfall der russischen Gaslieferungen komme, müsse mit „gravierenden wirtschaftlichen Folgen“ gerechnet werden.

Ãœber die Folgen eines russischen Gasembargos für Deutschland herrsche allerdings große Unsicherheit. Schätzungen seien angesichts des absehbaren Strukturbruchs mit den herkömmlichen Modellen kaum möglich, weil die bekannten Wirkungszusammenhänge aufgelöst würden. Historische Daten seien nicht auf die neue Situation übertragbar. „Zu einer kompletten Abkoppelung von russischem Gas gibt es keine Erfahrungswerte“, so die Studienautoren.

Die Gemeinschaftsprognose der führenden Konjunkturforscher erwartet bei einem Lieferstopp von russischem Öl und Gas (ab April) einen Rückgang des Wachstums im nächsten Jahr um 0,8 % bis 5,3 %. Engpässe gebe es vor allem im verarbeitenden Gewerbe, wo nicht nur die direkt betroffenen Unternehmen weniger produzieren könnten, sondern auch deren Kunden. In der Folge komme es zu einem Rückgang der Investitionstätigkeit und des privaten Verbrauchs: „Aus dem Angebotsschock wird ein Nachfrageschock.“ 2022 und 2023 werde der Produktionsausfall 220 Mrd. Euro oder 6,5 % des BIP betragen und mit steigender Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit einhergehen.

Andere Studien kommen zu wesentlich positiveren Ergebnissen. Sie gehen dabei jedoch von einer kleineren „Gaslücke“ und optimistischeren Voraussetzungen im Hinblick auf die Substituierbarkeit von russischem Gas aus. Ausfälle von gasintensiven Produkten könnten durch Importe aus anderen EU-Ländern ersetzt werden, so dass die indirekten Auswirkungen eines Gasembargos begrenzt würden.

Deutschland hat ein hohes Rezessionsrisiko

In jedem Fall besteht nach Ansicht des IW jedoch in Deutschland, dem wirtschaftlich stärksten Land der EU, ein „hohes Rezessionsrisiko“. Denn der Lieferausfall werde „Kaskadeneffekte“ weit über die direkt betroffenen Sektoren haben, auch wenn diese im Einzelnen schwer abzuschätzen seien. Das gelte grundsätzlich auch für die EU. Eine Rezession sei hier ebenso wie in Deutschland „bei einem Gasembargo unausweichlich“.

Beschädigt werde Europa als Wirtschaftsstandort aber auch, wenn die Energiekosten hoch blieben. Und das IW geht davon aus, dass dies auch dann der Fall ist, wenn es nicht zu einem kompletten Ausfall der russischen Gaslieferungen kommt. Es sei „unwahrscheinlich, dass die Preise für Gas und Öl auf Vorkriegsniveau zurückkehren“.

Wichtige Konkurrenten der europäischen Unternehmen in den USA, China und Japan hätten inzwischen wesentlich geringere Energiekosten. Die USA hätten als Produzent einen natürlichen Kostenvorteil, China und Japan bezögen Gas über langfristige Verträge zu günstigeren Preisen als die Europäer.

Selbst wenn der Ölpreis bis Ende nächsten Jahres um 20 % und der Gaspreis um 30 % zurückgingen (gegenüber dem zweiten Quartal 2022), müsse 2023 mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit in Deutschland um 0,4 % bis 0,6 % gerechnet werden, das wären etwa 300 000 Arbeitslose mehr. Das BIP würde 2023 um 2 % geringer ausfallen. „Die Energiepreise werden also zur nachhaltigen Belastung für deutsche Unternehmen und Verbraucher.“ Damit erhöhe sich auch das Rezessionsrisiko im Euroraum. Langfristig könnten ganze Industriezweige die EU verlassen. Bereits jetzt hätten einzelne Unternehmen ihre Produktion wegen der hohen Energiekosten gedrosselt.

Die IW-Untersuchung "Europa an der Schwelle zur Rezession?" kann auf der Webseite des IW heruntergeladen werden.
 

Montag, 15.08.2022, 16:21 Uhr
Tom Weingärtner

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