E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Politik - Taxonomie:  Viel Aufwand, wenig Ertrag
Quelle: Pixabay / NakNakNak
Politik

Taxonomie: Viel Aufwand, wenig Ertrag

Die deutschen Banken halten die Taxonomievorschriften der EU für wenig hilfreich, um nachhaltige Investitionen zu finanzieren.
Der Bundesverband deutscher Banken(BdB) stellte am 4. September eine Untersuchung der sogenannten „Green Asset Ratio“(GAR) von 450 europäischen Unternehmen vor. Die GAR gibt den Anteil der Umsätze an, die ein Unternehmen mit „nachhaltigen“ Geschäften erzielt. Die Nachhaltigkeit wird dabei aufgrund von mehreren hundert Daten errechnet, über die das Unternehmen berichten muss. Die GAR muss vom Geschäftsjahr 2024 an für jedes Unternehmen ab einer bestimmten Größe ausgewiesen werden. Die Banken weisen auf der Grundlage der GAR nach, wie „grün“ ihr Portefolio ist.

Nach Ansicht des BdB ist die GAR aber nur begrenzt aussagefähig, weil sie das Nachhaltigkeitsprofil eines Unternehmens nur unzureichend abbildet. Zur Begründung verweist BdB-Hauptgeschäftsführer Heiner Herkenhoff auf den begrenzten Wirkungsbereich der Taxonomie. So seien nur Unternehmen ab einer bestimmten Größe dazu verpflichtet, eine GAR auszuweisen. In die Kalkulation gingen auch nur bestimmte „taxonomiefähige“ Umsätze ein.

Letztere müssten einen „substantiellen Beitrag“ zum Klimaschutz, zur Klimaanpassung, zur Biodiversität, dem Schutz der Wasserressourcen, der Vermeidung von Umweltverschmutzung oder zur Kreislaufwirtschaft leisten und sozialen Mindeststandards genügen ohne dabei andere Umweltziele zu beeinträchtigen. Insgesamt seien von den Umsätzen der untersuchten Unternehmen nur 30 Prozent „taxonomiefähig“ und nur 7 Prozent „taxonomiekonform“, also „nachhaltig“ im oben definierten Sinn. 70 Prozent der Unternehmen könnten damit im regulatorischen Sinn nicht nachhaltig sein.

Von den untersuchten DAX-Gesellschaften waren nur 3 Prozent der Umsätze taxonomiekonform. Dabei schwanke der Anteil stark zwischen den Sektoren. So sei der Gebäudesektor zu fast 95 Prozent taxonomiefähig und zu rund 18 Prozent taxonomiekonform, die chemische Industrie jedoch nur zu 16,5 Prozent taxonomiefähig und zu weniger als 2 Prozent -konform.

Unsicherheiten bei Finanzierung nachhaltiger Investitionen

Ein großer Teil der Unternehmen zum Beispiel im Gesundheitssektor, in der Lebensmittel- oder Papierindustrie, Hersteller von Halbleitern oder Logistikfirmen würden von den Anforderungen der Taxonomie nicht erfasst. Das betreffe etwa auch die allermeisten Projektgesellschaften für Windkraftanlagen, weil sie den Schwellenwert von 250 Beschäftigten nicht erreichten. In den Bilanzen der Banken habe die Finanzierung der Windräder aber einen hohen Stellenwert.

Die geringe, gesamtwirtschaftliche Abdeckung der Taxonomie bedeute, dass die GAR auch in den Bilanzen der Banken nur gering ausfalle und „das Nachhaltigkeitsprofil der Banken nur sehr eingeschränkt abbildet“, sagt Herkenhoff. Für die Industrie bedeute die „Schwarz-Weiß-Logik“ der GAR Unsicherheit im Hinblick auf die Finanzierung nachhaltiger Investitionen. Für die Banken sei die GAR keine zuverlässige Steuerungsgröße: „Wir stehen erst am Anfang der Transformation und sollten uns vom 'Grün-oder-nicht-grün-Denken“ verabschieden.“

Regulatorische Folgen habe eine niedrige GAR für die Kreditinstitute allerdings nicht, räumt Herkenhoff ein. Der Bankenverband warnt allerdings vor einer Ausweitung der Taxonomie in der geltenden Form. Kleinere Unternehmen seien mit der notwendigen Bürokratie überfordert. Der BdB macht sich statt dessen für einen Systemwechsel stark. Die Taxonomie sollte sich nicht auf den Ausweis statischer Kennziffern wie der GAR konzentrieren, sondern die Transitionspfade einzelner Branchen definieren und die Transitionsaktivitäten eines Unternehmens in den Blick nehmen. Dafür brauche die Wirtschaft einen „prinzipiengeleiteten Rahmen“.


 

Montag, 4.09.2023, 13:21 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Politik - Taxonomie:  Viel Aufwand, wenig Ertrag
Quelle: Pixabay / NakNakNak
Politik
Taxonomie: Viel Aufwand, wenig Ertrag
Die deutschen Banken halten die Taxonomievorschriften der EU für wenig hilfreich, um nachhaltige Investitionen zu finanzieren.
Der Bundesverband deutscher Banken(BdB) stellte am 4. September eine Untersuchung der sogenannten „Green Asset Ratio“(GAR) von 450 europäischen Unternehmen vor. Die GAR gibt den Anteil der Umsätze an, die ein Unternehmen mit „nachhaltigen“ Geschäften erzielt. Die Nachhaltigkeit wird dabei aufgrund von mehreren hundert Daten errechnet, über die das Unternehmen berichten muss. Die GAR muss vom Geschäftsjahr 2024 an für jedes Unternehmen ab einer bestimmten Größe ausgewiesen werden. Die Banken weisen auf der Grundlage der GAR nach, wie „grün“ ihr Portefolio ist.

Nach Ansicht des BdB ist die GAR aber nur begrenzt aussagefähig, weil sie das Nachhaltigkeitsprofil eines Unternehmens nur unzureichend abbildet. Zur Begründung verweist BdB-Hauptgeschäftsführer Heiner Herkenhoff auf den begrenzten Wirkungsbereich der Taxonomie. So seien nur Unternehmen ab einer bestimmten Größe dazu verpflichtet, eine GAR auszuweisen. In die Kalkulation gingen auch nur bestimmte „taxonomiefähige“ Umsätze ein.

Letztere müssten einen „substantiellen Beitrag“ zum Klimaschutz, zur Klimaanpassung, zur Biodiversität, dem Schutz der Wasserressourcen, der Vermeidung von Umweltverschmutzung oder zur Kreislaufwirtschaft leisten und sozialen Mindeststandards genügen ohne dabei andere Umweltziele zu beeinträchtigen. Insgesamt seien von den Umsätzen der untersuchten Unternehmen nur 30 Prozent „taxonomiefähig“ und nur 7 Prozent „taxonomiekonform“, also „nachhaltig“ im oben definierten Sinn. 70 Prozent der Unternehmen könnten damit im regulatorischen Sinn nicht nachhaltig sein.

Von den untersuchten DAX-Gesellschaften waren nur 3 Prozent der Umsätze taxonomiekonform. Dabei schwanke der Anteil stark zwischen den Sektoren. So sei der Gebäudesektor zu fast 95 Prozent taxonomiefähig und zu rund 18 Prozent taxonomiekonform, die chemische Industrie jedoch nur zu 16,5 Prozent taxonomiefähig und zu weniger als 2 Prozent -konform.

Unsicherheiten bei Finanzierung nachhaltiger Investitionen

Ein großer Teil der Unternehmen zum Beispiel im Gesundheitssektor, in der Lebensmittel- oder Papierindustrie, Hersteller von Halbleitern oder Logistikfirmen würden von den Anforderungen der Taxonomie nicht erfasst. Das betreffe etwa auch die allermeisten Projektgesellschaften für Windkraftanlagen, weil sie den Schwellenwert von 250 Beschäftigten nicht erreichten. In den Bilanzen der Banken habe die Finanzierung der Windräder aber einen hohen Stellenwert.

Die geringe, gesamtwirtschaftliche Abdeckung der Taxonomie bedeute, dass die GAR auch in den Bilanzen der Banken nur gering ausfalle und „das Nachhaltigkeitsprofil der Banken nur sehr eingeschränkt abbildet“, sagt Herkenhoff. Für die Industrie bedeute die „Schwarz-Weiß-Logik“ der GAR Unsicherheit im Hinblick auf die Finanzierung nachhaltiger Investitionen. Für die Banken sei die GAR keine zuverlässige Steuerungsgröße: „Wir stehen erst am Anfang der Transformation und sollten uns vom 'Grün-oder-nicht-grün-Denken“ verabschieden.“

Regulatorische Folgen habe eine niedrige GAR für die Kreditinstitute allerdings nicht, räumt Herkenhoff ein. Der Bankenverband warnt allerdings vor einer Ausweitung der Taxonomie in der geltenden Form. Kleinere Unternehmen seien mit der notwendigen Bürokratie überfordert. Der BdB macht sich statt dessen für einen Systemwechsel stark. Die Taxonomie sollte sich nicht auf den Ausweis statischer Kennziffern wie der GAR konzentrieren, sondern die Transitionspfade einzelner Branchen definieren und die Transitionsaktivitäten eines Unternehmens in den Blick nehmen. Dafür brauche die Wirtschaft einen „prinzipiengeleiteten Rahmen“.


 

Montag, 4.09.2023, 13:21 Uhr
Tom Weingärtner

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.