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Energie & Management > Ukraine-Krise - Stromverbund der Ukraine mit der EU soll schneller kommen
Quelle: Shutterstock / Savvapanf Photo
Ukraine-Krise

Stromverbund der Ukraine mit der EU soll schneller kommen

Die EU hat der Ukraine Hilfe bei der Aufrechterhaltung ihrer Energieversorgung angeboten. Das ukrainische Stromnetz soll so schnell wie möglich mit dem der EU verbunden werden.
"In dieser außergewöhnlichen Lager, in der das Militär vor unserer Haustüre operiert, müssen wir auf drei Feldern handeln", sagte die französische Energieministerin Barbara Pompili nach einem außerordentlichen Rat der Energieminister in Brüssel, der sich mit den Folgen des russischen Überfalls auf die Ukraine befasste. "Wir müssen die Ukraine praktisch unterstützen, wir müssen die Widerstandsfähigkeit des europäischen Energiesystems stärken und wir müssen den Trend der Energiepreise in den Griff kriegen." Selbst wenn Russland seine Exporte einstellte, wofür es gegenwärtig keine Hinweise gebe, sei die Versorgung der EU gesichert.

Der von der Ukraine gewünschte Anschluss ihres Stromnetzes an das der EU, der ursprünglich für kommendes Jahr vorgesehen war, soll jetzt beschleunigt werden. Dabei geht es insbesondere um die Synchronisierung. Die Ukraine wünsche keine Verbindung mehr mit dem russischen Verbundnetz, sagte Energiekommissarin Kadri Simson. Im Ministerrat habe es deswegen eine große Unterstützung für eine "Not-Synchronisierung" des ukrainischen mit dem europäischen Netz gegeben. Daran arbeite die Kommission in enger Abstimmung mit Entso-E, der Organisation der Übertragungsnetzbetreiber. Das betreffe auch das Übertragungsnetz der Republik Moldau.

Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) zeigte sich aufgeschlossen gegenüber der ukrainischen Forderung, ans europäische Stromnetz angeschlossen zu werden. "Das muss aber nach EU-Standards sicher sein", sagte der Minister. "Nicht dass es, wenn die russische Armee ein Kraftwerk erobert oder Cyberangriffe betreibt, in ganz Europa einen Black-out gibt."

Deutschland im EU-Vergleich abhängiger von Energie-Importen

Selbstkritisch zeigte sich Habeck mit Blick auf die deutsche Energiepolitik. Sie habe in der Vergangenheit zu sehr auf russische Importe gesetzt. "Deutschland hat eine höhere Abhängigkeit von Gas, Öl und Kohle als andere europäische Länder." Kurz- und mittelfristig müssten andere Lieferanten gefunden und zwei LNG-Terminals gebaut werden. Langfristig müsse der Verbrauch fossiler Energieträger drastisch reduziert werden. "Der Einbau von neuen Gasheizungen in dieser Situation ist politisch falsch und nicht mehr zu verantworten", sagte Habeck.

Mitgliedsstaaten haben sich nach den Worten der Energiekommissarin Simson bereit erklärt, die Ukraine unter anderem mit Gas, Diesel und Generatoren zu beliefern. In den vergangenen Wochen habe die Ukraine bereits Gas über Ungarn erhalten. Jetzt werde versucht, die Kapazität der Gas-Leitungen von der EU in die Ukraine zu erhöhen.
 
 
Ein Rückgang der russischen Gas- oder Öllieferungen könne zwar nicht ausgeschlossen werden, die EU importiere jedoch 10 bcm Flüssiggas pro Monat, deutlich mehr als in der Vergangenheit. Die Speicher der EU seien noch zu 30 % gefüllt und die Wetterprognosen ließen keinen ungewöhnlich hohen Verbrauch erwarten. Im April rechnet die Kommission mit einem Speicherstand von 18 %. Im April der letzten Jahren waren es rund 30 %.

Laufende Anpassung der Notfallpläne

Die Mitgliedsstaaten würden ihre Notfallpläne laufend anpassen, so Simson. Einzelne Regierungen hätten gesetzliche Regelungen auf den Weg gebracht, um Gasreserven anzulegen. Es gehe jetzt darum, die Speicher über den Sommer wieder auf ein angemessenes Niveau für den nächsten Winter zu bringen. Beim Aufbau einer strategischen Reserve würden auch gemeinsame Einkäufe der Mitgliedsstaaten ins Auge gefasst. Eine enge, regionale Zusammenarbeit sei notwendig, weil nicht alle Mitgliedsstaaten über eigene Gasspeicher verfügten. Die dafür notwendigen Vereinbarungen müssten jetzt zügig abgeschlossen werden.

Innerhalb der Internationalen Energieagentur (IEA) werde überlegt, einen Teil der strategischen Ölreserven freizugeben, um den Ölpreis zu stabilisieren. Die EU stimme sich dabei eng mit den Vereinigten Staaten ab, sagte Simson weiter. Das Thema steht heute auf der Tagesordnung der IEA.

Die Europäische Kommission will ihre für den 2. März geplante Kommunikation, die sich mit den gestiegenen Gaspreisen und möglichen sozialen Erleichterungen befassen soll, um eine Woche verschieben. Angesichts der eingetretenen Entwicklung müsse sie überarbeitet werden, hieß es in der Behörde.

Dienstag, 1.03.2022, 10:21 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Ukraine-Krise - Stromverbund der Ukraine mit der EU soll schneller kommen
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Ukraine-Krise
Stromverbund der Ukraine mit der EU soll schneller kommen
Die EU hat der Ukraine Hilfe bei der Aufrechterhaltung ihrer Energieversorgung angeboten. Das ukrainische Stromnetz soll so schnell wie möglich mit dem der EU verbunden werden.
"In dieser außergewöhnlichen Lager, in der das Militär vor unserer Haustüre operiert, müssen wir auf drei Feldern handeln", sagte die französische Energieministerin Barbara Pompili nach einem außerordentlichen Rat der Energieminister in Brüssel, der sich mit den Folgen des russischen Überfalls auf die Ukraine befasste. "Wir müssen die Ukraine praktisch unterstützen, wir müssen die Widerstandsfähigkeit des europäischen Energiesystems stärken und wir müssen den Trend der Energiepreise in den Griff kriegen." Selbst wenn Russland seine Exporte einstellte, wofür es gegenwärtig keine Hinweise gebe, sei die Versorgung der EU gesichert.

Der von der Ukraine gewünschte Anschluss ihres Stromnetzes an das der EU, der ursprünglich für kommendes Jahr vorgesehen war, soll jetzt beschleunigt werden. Dabei geht es insbesondere um die Synchronisierung. Die Ukraine wünsche keine Verbindung mehr mit dem russischen Verbundnetz, sagte Energiekommissarin Kadri Simson. Im Ministerrat habe es deswegen eine große Unterstützung für eine "Not-Synchronisierung" des ukrainischen mit dem europäischen Netz gegeben. Daran arbeite die Kommission in enger Abstimmung mit Entso-E, der Organisation der Übertragungsnetzbetreiber. Das betreffe auch das Übertragungsnetz der Republik Moldau.

Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) zeigte sich aufgeschlossen gegenüber der ukrainischen Forderung, ans europäische Stromnetz angeschlossen zu werden. "Das muss aber nach EU-Standards sicher sein", sagte der Minister. "Nicht dass es, wenn die russische Armee ein Kraftwerk erobert oder Cyberangriffe betreibt, in ganz Europa einen Black-out gibt."

Deutschland im EU-Vergleich abhängiger von Energie-Importen

Selbstkritisch zeigte sich Habeck mit Blick auf die deutsche Energiepolitik. Sie habe in der Vergangenheit zu sehr auf russische Importe gesetzt. "Deutschland hat eine höhere Abhängigkeit von Gas, Öl und Kohle als andere europäische Länder." Kurz- und mittelfristig müssten andere Lieferanten gefunden und zwei LNG-Terminals gebaut werden. Langfristig müsse der Verbrauch fossiler Energieträger drastisch reduziert werden. "Der Einbau von neuen Gasheizungen in dieser Situation ist politisch falsch und nicht mehr zu verantworten", sagte Habeck.

Mitgliedsstaaten haben sich nach den Worten der Energiekommissarin Simson bereit erklärt, die Ukraine unter anderem mit Gas, Diesel und Generatoren zu beliefern. In den vergangenen Wochen habe die Ukraine bereits Gas über Ungarn erhalten. Jetzt werde versucht, die Kapazität der Gas-Leitungen von der EU in die Ukraine zu erhöhen.
 
 
Ein Rückgang der russischen Gas- oder Öllieferungen könne zwar nicht ausgeschlossen werden, die EU importiere jedoch 10 bcm Flüssiggas pro Monat, deutlich mehr als in der Vergangenheit. Die Speicher der EU seien noch zu 30 % gefüllt und die Wetterprognosen ließen keinen ungewöhnlich hohen Verbrauch erwarten. Im April rechnet die Kommission mit einem Speicherstand von 18 %. Im April der letzten Jahren waren es rund 30 %.

Laufende Anpassung der Notfallpläne

Die Mitgliedsstaaten würden ihre Notfallpläne laufend anpassen, so Simson. Einzelne Regierungen hätten gesetzliche Regelungen auf den Weg gebracht, um Gasreserven anzulegen. Es gehe jetzt darum, die Speicher über den Sommer wieder auf ein angemessenes Niveau für den nächsten Winter zu bringen. Beim Aufbau einer strategischen Reserve würden auch gemeinsame Einkäufe der Mitgliedsstaaten ins Auge gefasst. Eine enge, regionale Zusammenarbeit sei notwendig, weil nicht alle Mitgliedsstaaten über eigene Gasspeicher verfügten. Die dafür notwendigen Vereinbarungen müssten jetzt zügig abgeschlossen werden.

Innerhalb der Internationalen Energieagentur (IEA) werde überlegt, einen Teil der strategischen Ölreserven freizugeben, um den Ölpreis zu stabilisieren. Die EU stimme sich dabei eng mit den Vereinigten Staaten ab, sagte Simson weiter. Das Thema steht heute auf der Tagesordnung der IEA.

Die Europäische Kommission will ihre für den 2. März geplante Kommunikation, die sich mit den gestiegenen Gaspreisen und möglichen sozialen Erleichterungen befassen soll, um eine Woche verschieben. Angesichts der eingetretenen Entwicklung müsse sie überarbeitet werden, hieß es in der Behörde.

Dienstag, 1.03.2022, 10:21 Uhr
Tom Weingärtner

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