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Energie & Management > Ukraine-Krieg - Streit um Embargo von Gas-Importen aus Russland
Quelle: Fotolia / photochris
Ukraine-Krieg

Streit um Embargo von Gas-Importen aus Russland

Während der bayrische Wirtschaftsverband warnt, dass ein Stopp russischer Gas-Importe deutschen Unternehmen schwer schaden würde, plädiert die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag dafür.
Als Reaktion auf den Krieg Russlands in der Ukraine forderte die Unionsfraktion im Bundestag einen Stopp des Gasbezugs über die Pipeline Nord Stream 1. Dies würde "eine neue Qualität in den Sanktionen bedeuten", sagte Fraktionschef Friedrich Merz. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatten jüngst einen Stopp von Brennstoffimporten aus Russland bereits abgelehnt. Dieser schade der deutschen Energieversorgung und gefährde wegen steigender Preise hunderttausende Arbeitsplätze und den sozialen Frieden.

Die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (VBW) erinnerte nun daran, dass allein im Freistaat Unternehmen mit mindestens 220.000 Beschäftigen von einer stabilen Energieversorgung abhängen. VBW-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt sagte am 10. März: "Wer da über einen Gas- oder Ölboykott gegen Russland diskutiert oder ihn gar fordert, verkennt die Lage."

Versorgungssicherheit stärken

Die deutsche Industriegesellschaft sei auf eine sichere und bezahlbare Energieversorgung angewiesen, diese Versorgung sei ernsthaft gefährdet. "Ein Kaufstopp würde unserer Gesellschaft und unserer Wirtschaft schwer schaden, gleichzeitig würde nicht ein einziger russischer Panzer weniger in die Ukraine eindringen", sagte Brossardt. Er plädierte dafür, alles zu unternehmen, um die Lage zu entspannen und nicht weiter zu verschärfen.

Bayern und Deutschland sind derzeit überwiegend von russischen Energielieferungen abhängig, am stärksten von Erdgas. Mehr als die Hälfte davon kommt aus Russland. "Vor allem beim Heizen und bei industriellen Prozessen fehlt es an Alternativen, die einen sofortigen Stopp der russischen Gasimporte auffangen könnten", verdeutlichte Brossardt. "Stattdessen müssen wir uns auf die Gewährleistung der Versorgungssicherheit und dringend benötigte Maßnahmen konzentrieren, um die hohen Energiepreise zu dämpfen", forderte er.
 
 
Energiepreise durch Steuersenkungen dämpfen

Die VBW stehe hinter den Sanktionsmaßnahmen der EU und begrüße die Haltung der Bundesregierung, statt auf Eskalation durch ein Energieembargo auf die Verringerung von Abhängigkeiten zu setzen. Ein möglichst sicherer Gasbezug und hohe Füllstände der Speicher müssten im Fokus stehen. "Wir brauchen die rasche Diversifizierung unserer Energie-Importe und die Ertüchtigung der Infrastruktur", so Brossardt. Kurzfristig fordert die VBW die Begrenzung der Energiekosten, etwa durch die Absenkung der Stromsteuer, ein Moratorium beim nationalen Emissionshandelssystem und die Bezuschussung der Netzentgelte, wie im Kohleausstiegsgesetz festgelegt.

Angesichts der jetzt schon explodierenden Energiepreise forderten die Unionsabgeordneten im Bundestag die Bundesregierung dazu auf, die Mineralölsteuer zu senken und die Mehrwertsteuer auf Benzin von 19 auf 7 % zu reduzieren. Der Liter Benzin könnte so um etwa 40 Ct je Liter billiger werden, rechnete Friedrich Merz vor. Die Maßnahmen sollten für einen Zeitraum von drei Monaten gelten. Sie plädierten zugleich für eine Laufzeitverlängerung der letzten deutschen Kernkraftwerke.

Alternative Gasquellen erschließen

Für die Gaswirtschaft sagte Timm Kehler, Vorstand von Zukunft Gas, für eine Diversifizierung der Gaslieferanten benötige Deutschland drei Terminals für Flüssigerdgas (LNG), das per Schiff geliefert wird. Da bisher kein einziger existiere, müssten nun die Planungen und Genehmigungen dafür forciert werden und Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Investoren ein wirtschaftliches Umfeld auch über die geplante Klimaneutralität 2045 sichern. Dann müsse klimaneutrales Gas dort angeliefert werden können.

Zudem könne die Produktion aus niedersächsischen Erdgasfeldern für den Übergang um 20 % erhöht werden durch neue Bohrungen. Von dort kommt derzeit 5 % der deutschen Erdgasversorgung. Gleichzeitig solle die Biogasproduktion in Deutschland und Europa forciert werden. "Diese einheimische nachhaltige Energie ist in der Vergangenheit leider vernachlässigt worden", bedauerte Kehler.

Dazu sollten staatliche Begrenzungs-"Deckel" aufgehoben werden und Biogas europaweit als nachhaltig zertifiziert werden. Der europäische Biogasverband hatte Anfang März angekündigt, bis 2030 jährlich 35 Mrd. m3 grünes Gas zusätzlich produzieren zu können, bei entsprechendem Anlagenzubau. Das wären zwei Drittel der Kapazität der umstrittenen Nord-Stream-2-Pipeline.

Donnerstag, 10.03.2022, 15:30 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Ukraine-Krieg - Streit um Embargo von Gas-Importen aus Russland
Quelle: Fotolia / photochris
Ukraine-Krieg
Streit um Embargo von Gas-Importen aus Russland
Während der bayrische Wirtschaftsverband warnt, dass ein Stopp russischer Gas-Importe deutschen Unternehmen schwer schaden würde, plädiert die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag dafür.
Als Reaktion auf den Krieg Russlands in der Ukraine forderte die Unionsfraktion im Bundestag einen Stopp des Gasbezugs über die Pipeline Nord Stream 1. Dies würde "eine neue Qualität in den Sanktionen bedeuten", sagte Fraktionschef Friedrich Merz. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatten jüngst einen Stopp von Brennstoffimporten aus Russland bereits abgelehnt. Dieser schade der deutschen Energieversorgung und gefährde wegen steigender Preise hunderttausende Arbeitsplätze und den sozialen Frieden.

Die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (VBW) erinnerte nun daran, dass allein im Freistaat Unternehmen mit mindestens 220.000 Beschäftigen von einer stabilen Energieversorgung abhängen. VBW-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt sagte am 10. März: "Wer da über einen Gas- oder Ölboykott gegen Russland diskutiert oder ihn gar fordert, verkennt die Lage."

Versorgungssicherheit stärken

Die deutsche Industriegesellschaft sei auf eine sichere und bezahlbare Energieversorgung angewiesen, diese Versorgung sei ernsthaft gefährdet. "Ein Kaufstopp würde unserer Gesellschaft und unserer Wirtschaft schwer schaden, gleichzeitig würde nicht ein einziger russischer Panzer weniger in die Ukraine eindringen", sagte Brossardt. Er plädierte dafür, alles zu unternehmen, um die Lage zu entspannen und nicht weiter zu verschärfen.

Bayern und Deutschland sind derzeit überwiegend von russischen Energielieferungen abhängig, am stärksten von Erdgas. Mehr als die Hälfte davon kommt aus Russland. "Vor allem beim Heizen und bei industriellen Prozessen fehlt es an Alternativen, die einen sofortigen Stopp der russischen Gasimporte auffangen könnten", verdeutlichte Brossardt. "Stattdessen müssen wir uns auf die Gewährleistung der Versorgungssicherheit und dringend benötigte Maßnahmen konzentrieren, um die hohen Energiepreise zu dämpfen", forderte er.
 
 
Energiepreise durch Steuersenkungen dämpfen

Die VBW stehe hinter den Sanktionsmaßnahmen der EU und begrüße die Haltung der Bundesregierung, statt auf Eskalation durch ein Energieembargo auf die Verringerung von Abhängigkeiten zu setzen. Ein möglichst sicherer Gasbezug und hohe Füllstände der Speicher müssten im Fokus stehen. "Wir brauchen die rasche Diversifizierung unserer Energie-Importe und die Ertüchtigung der Infrastruktur", so Brossardt. Kurzfristig fordert die VBW die Begrenzung der Energiekosten, etwa durch die Absenkung der Stromsteuer, ein Moratorium beim nationalen Emissionshandelssystem und die Bezuschussung der Netzentgelte, wie im Kohleausstiegsgesetz festgelegt.

Angesichts der jetzt schon explodierenden Energiepreise forderten die Unionsabgeordneten im Bundestag die Bundesregierung dazu auf, die Mineralölsteuer zu senken und die Mehrwertsteuer auf Benzin von 19 auf 7 % zu reduzieren. Der Liter Benzin könnte so um etwa 40 Ct je Liter billiger werden, rechnete Friedrich Merz vor. Die Maßnahmen sollten für einen Zeitraum von drei Monaten gelten. Sie plädierten zugleich für eine Laufzeitverlängerung der letzten deutschen Kernkraftwerke.

Alternative Gasquellen erschließen

Für die Gaswirtschaft sagte Timm Kehler, Vorstand von Zukunft Gas, für eine Diversifizierung der Gaslieferanten benötige Deutschland drei Terminals für Flüssigerdgas (LNG), das per Schiff geliefert wird. Da bisher kein einziger existiere, müssten nun die Planungen und Genehmigungen dafür forciert werden und Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Investoren ein wirtschaftliches Umfeld auch über die geplante Klimaneutralität 2045 sichern. Dann müsse klimaneutrales Gas dort angeliefert werden können.

Zudem könne die Produktion aus niedersächsischen Erdgasfeldern für den Übergang um 20 % erhöht werden durch neue Bohrungen. Von dort kommt derzeit 5 % der deutschen Erdgasversorgung. Gleichzeitig solle die Biogasproduktion in Deutschland und Europa forciert werden. "Diese einheimische nachhaltige Energie ist in der Vergangenheit leider vernachlässigt worden", bedauerte Kehler.

Dazu sollten staatliche Begrenzungs-"Deckel" aufgehoben werden und Biogas europaweit als nachhaltig zertifiziert werden. Der europäische Biogasverband hatte Anfang März angekündigt, bis 2030 jährlich 35 Mrd. m3 grünes Gas zusätzlich produzieren zu können, bei entsprechendem Anlagenzubau. Das wären zwei Drittel der Kapazität der umstrittenen Nord-Stream-2-Pipeline.

Donnerstag, 10.03.2022, 15:30 Uhr
Susanne Harmsen

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