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Energie & Management > Recht - Stadtwerke Münster auf Kollisionskurs mit Militärhubschraubern
Quelle: Fotolia / H-J Paulsen
Recht

Stadtwerke Münster auf Kollisionskurs mit Militärhubschraubern

Die Stadtwerke Münster gehen frontal gegen Hubschrauber der Bundeswehr vor. Der Zusammenstoß erfolgt rechtlich: Das OVG Münster muss einen Streit um eine Windturbine klären.
Stehen Militärhubschrauber auch unter Artenschutz? Diese – zugegebenermaßen überspitzte – Frage hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster zu klären. Kläger sind die Stadtwerke Münster. Sie möchten in Lemgo im Kreis Lippe eine Windenergieanlage errichten, dürfen dies aber – Stand jetzt – nicht.

Die besondere „Art“, die es gegen die gewünschte Windturbine zu schützen gilt, sind Hubschrauber der Bundeswehr. Für sie gibt es einen Sicherheitskorridor, der auch den Luftraum der lippischen Stadt Lemgo berührt. Mit diesem Verweis, dass die Windkraftanlage die Sicherheit der Hubschrauber gefährde, legte die Bundeswehr über das Bundesamt für Infrastruktur ihr Veto gegen das Vorhaben ein.

Die Bezirksregierung Münster war als Luftaufsichtsbehörde für NRW
zuständig, folgte der Argumentation und versagte die erforderliche Zustimmung für das Windkraft-Projekt. Danach blieb dem Kreis Lippe, der nun beklagt ist, nichts anderes übrig, als die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu verweigern.

Das Militär macht es bundesweit der Windkraft schwer

Nun sind Luftsicherheits-Bedenken oft der Todesstoß für Windprojekte. Der Bundesverband Windenergie (BWE) verweist dabei darauf, dass nicht – wie früher – zivile und militärische Radaranlagen das größte Problem für die Windkraft darstellten. In seiner jüngsten Berechnung von Januar 2022 sagt der BWE vielmehr, dass rein militärische Fragen den Ausbau der Erneuerbaren weitaus höher belasteten: 953 Anlagen mit 4.800 MW Leistung waren demnach Ende 2021 blockiert.

Der Lemgoer Fall reiht sich also ein in die lange Liste der wegen Hubschrauber-Tiefflugstrecken verhinderten Genehmigungen: Belange von Helikoptern lösen laut BWE inzwischen fast jede zweite Ablehnung mit militärischem Hintergrund aus (46,5 Prozent). Der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE NRW) erinnert auf Anfrage unserer Redaktion daran, dass Nordrhein-Westfalen nach Niedersachsen das am meisten betroffene Bundesland sei. Hier sei dringend Abhilfe zu schaffen. Fast jede fünfte vom Militär blockierte Anlage (17,3 Prozent) lag Ende 2021 in NRW auf Eis.
 
 
Das erzürnt aktuell zum Beispiel besonders die betroffenen Stadtwerke Münster. Sie würzen die beim OVG eingereichte Klage mit dem Hinweis, dass ihre Windturbine keine Extrawurst sei, sondern in einer existierenden Windvorrangzone Lemgos entstehen solle. Und drei der dort bereits vorhandenen Anlagen anderer Betreiber lägen auch noch exakt in dem von der Bundeswehr als Ablehnungsgrund vorgetragenen Flugsicherheitskorridor.

Tipp zur Güte: Etwas weiter im Osten fliegen

Für eine Sprecherin der Stadtwerke ist die Argumentation der Bundeswehr daher alles andere als „schlüssig“. Zumal die Truppe während des Aufstellungsverfahrens für den betreffenden Flächennutzungsplan keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Vorrangfläche im Sicherheitskorridor vorgebracht habe.

Für den westfälischen Versorger ist die Entwicklung von Windkraftstandorten außerhalb des Stadtgebiets übrigens Alltagsgeschäft. 13 der 17 eigenen Anlagen erzeugen ihren Ökostrom auswärts. Im Kreis Detmold und auf der Nordseeinsel Borkum drehen sich bereits Münsteraner Rotoren. Zusammen kommen die existierenden Windkraftwerke auf eine Leistung von 37 MW.

Das Potenzial im Stadtgebiet selbst sei ausgeschöpft, so die Sprecherin. In Münster verfügt der Versorger über vier Anlagen und weitere vier, für die er die Betriebsführung leistet. Daher planen die Stadtwerke andernorts, in Vorbereitung sind seit kurzem drei Turbinen des Herstellers Nordex (zusammen 17 MW) im benachbarten Südlohn. Weitere Projekte im Münsterland sind für Dülmen und Sendenhorst vorgesehen.

Die Klage der Stadtwerke enthält letztlich noch einen Tipp zur Güte. Das Problem ließe sich für alle Seiten zufriedenstellend lösen, wenn die Bundeswehr den Sicherheitskorridor einfach etwas nach Osten verschöbe. Das sei möglich und sinnvoll, schließlich würden die Tiefflieger dann nicht länger eine Wohngegend streifen wie bisher, sondern nur noch ein Gewerbegebiet. Folgt das OVG in seiner Abwägung diesem Ansinnen, wäre der Windkraftanlage im Wortsinne Luft verschafft.

Donnerstag, 2.03.2023, 16:52 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Recht - Stadtwerke Münster auf Kollisionskurs mit Militärhubschraubern
Quelle: Fotolia / H-J Paulsen
Recht
Stadtwerke Münster auf Kollisionskurs mit Militärhubschraubern
Die Stadtwerke Münster gehen frontal gegen Hubschrauber der Bundeswehr vor. Der Zusammenstoß erfolgt rechtlich: Das OVG Münster muss einen Streit um eine Windturbine klären.
Stehen Militärhubschrauber auch unter Artenschutz? Diese – zugegebenermaßen überspitzte – Frage hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster zu klären. Kläger sind die Stadtwerke Münster. Sie möchten in Lemgo im Kreis Lippe eine Windenergieanlage errichten, dürfen dies aber – Stand jetzt – nicht.

Die besondere „Art“, die es gegen die gewünschte Windturbine zu schützen gilt, sind Hubschrauber der Bundeswehr. Für sie gibt es einen Sicherheitskorridor, der auch den Luftraum der lippischen Stadt Lemgo berührt. Mit diesem Verweis, dass die Windkraftanlage die Sicherheit der Hubschrauber gefährde, legte die Bundeswehr über das Bundesamt für Infrastruktur ihr Veto gegen das Vorhaben ein.

Die Bezirksregierung Münster war als Luftaufsichtsbehörde für NRW
zuständig, folgte der Argumentation und versagte die erforderliche Zustimmung für das Windkraft-Projekt. Danach blieb dem Kreis Lippe, der nun beklagt ist, nichts anderes übrig, als die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu verweigern.

Das Militär macht es bundesweit der Windkraft schwer

Nun sind Luftsicherheits-Bedenken oft der Todesstoß für Windprojekte. Der Bundesverband Windenergie (BWE) verweist dabei darauf, dass nicht – wie früher – zivile und militärische Radaranlagen das größte Problem für die Windkraft darstellten. In seiner jüngsten Berechnung von Januar 2022 sagt der BWE vielmehr, dass rein militärische Fragen den Ausbau der Erneuerbaren weitaus höher belasteten: 953 Anlagen mit 4.800 MW Leistung waren demnach Ende 2021 blockiert.

Der Lemgoer Fall reiht sich also ein in die lange Liste der wegen Hubschrauber-Tiefflugstrecken verhinderten Genehmigungen: Belange von Helikoptern lösen laut BWE inzwischen fast jede zweite Ablehnung mit militärischem Hintergrund aus (46,5 Prozent). Der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE NRW) erinnert auf Anfrage unserer Redaktion daran, dass Nordrhein-Westfalen nach Niedersachsen das am meisten betroffene Bundesland sei. Hier sei dringend Abhilfe zu schaffen. Fast jede fünfte vom Militär blockierte Anlage (17,3 Prozent) lag Ende 2021 in NRW auf Eis.
 
 
Das erzürnt aktuell zum Beispiel besonders die betroffenen Stadtwerke Münster. Sie würzen die beim OVG eingereichte Klage mit dem Hinweis, dass ihre Windturbine keine Extrawurst sei, sondern in einer existierenden Windvorrangzone Lemgos entstehen solle. Und drei der dort bereits vorhandenen Anlagen anderer Betreiber lägen auch noch exakt in dem von der Bundeswehr als Ablehnungsgrund vorgetragenen Flugsicherheitskorridor.

Tipp zur Güte: Etwas weiter im Osten fliegen

Für eine Sprecherin der Stadtwerke ist die Argumentation der Bundeswehr daher alles andere als „schlüssig“. Zumal die Truppe während des Aufstellungsverfahrens für den betreffenden Flächennutzungsplan keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Vorrangfläche im Sicherheitskorridor vorgebracht habe.

Für den westfälischen Versorger ist die Entwicklung von Windkraftstandorten außerhalb des Stadtgebiets übrigens Alltagsgeschäft. 13 der 17 eigenen Anlagen erzeugen ihren Ökostrom auswärts. Im Kreis Detmold und auf der Nordseeinsel Borkum drehen sich bereits Münsteraner Rotoren. Zusammen kommen die existierenden Windkraftwerke auf eine Leistung von 37 MW.

Das Potenzial im Stadtgebiet selbst sei ausgeschöpft, so die Sprecherin. In Münster verfügt der Versorger über vier Anlagen und weitere vier, für die er die Betriebsführung leistet. Daher planen die Stadtwerke andernorts, in Vorbereitung sind seit kurzem drei Turbinen des Herstellers Nordex (zusammen 17 MW) im benachbarten Südlohn. Weitere Projekte im Münsterland sind für Dülmen und Sendenhorst vorgesehen.

Die Klage der Stadtwerke enthält letztlich noch einen Tipp zur Güte. Das Problem ließe sich für alle Seiten zufriedenstellend lösen, wenn die Bundeswehr den Sicherheitskorridor einfach etwas nach Osten verschöbe. Das sei möglich und sinnvoll, schließlich würden die Tiefflieger dann nicht länger eine Wohngegend streifen wie bisher, sondern nur noch ein Gewerbegebiet. Folgt das OVG in seiner Abwägung diesem Ansinnen, wäre der Windkraftanlage im Wortsinne Luft verschafft.

Donnerstag, 2.03.2023, 16:52 Uhr
Volker Stephan

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