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Energie & Management > Österreich - Stadt Wien lässt Wien Energie prüfen
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich

Stadt Wien lässt Wien Energie prüfen

Laut Bürgermeister Michael Ludwig gibt es nichts zu verbergen. Erneut wehrt sich die Wien Energie gegen Spekulationsvorwürfe. Die Gespräche über eine Kreditlinie laufen konstruktiv.
Der Rechnungshof der Stadt Wien wird die Gebarung der Wien Energie prüfen. Dies berichtete Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (Sozialdemokratische Partei Österreichs, SPÖ) bei einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz mit Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) und dem für Energiefragen zuständigen Vorstand der Wiener Stadtwerke, Peter Weinelt, am 30. August.

Ludwig zufolge werden zu der außerordentlichen Prüfung auch externe Gutachter beigezogen. Zu verbergen gebe es nichts: "Es gibt keine Geheimnisse und keine Intransparenz." Laut dem Bürgermeister verlaufen die Gespräche mit dem Bund über die finanzielle Unterstützung der Wien Energie konstruktiv. Konkret geht es um eine Kreditlinie der Bundesfinanzierungsagentur für die Stadt Wien in der Höhe von bis zu 10 Mrd. Euro. Diese könnte die Stadt der Wien Energie erforderlichenfalls für die Absicherung von Termingeschäften zur Verfügung stellen.

Ludwig betonte, Bundesländern Kreditlinien der Bundesfinanzierungsagentur zu eröffnen, sei keineswegs außergewöhnlich. Im vergangenen Jahr hätten "fast alle" Länder derartige Instrumente in Anspruch genommen. Hanke zufolge ist offen, ob die Kreditlinie jemals benötigt wird: "Es kann sein, dass wir sie gar nicht brauchen." Das hänge von der Preisentwicklung auf den Großhandelsmärkten für Strom und Gas ab. Leider verlaufe diese seit einiger Zeit "verrückt" und sei kaum absehbar. So habe die Wien Energie wegen der seit dem Wochenende gesunkenen Strom- und Gaspreise am Morgen des 30. August seitens der Leipziger Strombörse EEX eine Kautionsrückzahlung von 798 Mio. Euro erhalten: "Wir wissen aber nicht, wie die Preise in einer Woche aussehen werden." Deshalb plädiere die Stadt Wien für einen "Sicherheitsschirm" für die gesamte Energiewirtschaft, wie es diesen in Deutschland und der Schweiz bereits gebe.

"Spekulationsgeschäfte verboten"

Weinelt, der auch Vorsitzender des Aufsichtsrates der Wien Energie ist, begrüßte die Sonderprüfung durch den Stadtrechnungshof. Er bekräftigte einmal mehr, die Wien Energie betreibe keinerlei Spekulationsgeschäfte. Im Gegenteil seien derartige Transaktionen gemäß den Risikomanagement-Vorgaben der Wiener Stadtwerke ausdrücklich verboten. Vor allem die berüchtigten "Leerverkäufe" sind laut Weinelt strengstens untersagt.

Der Liquiditätsengpass trat ihm zufolge wegen der Absicherung eines Vertrags über einen Stromverkauf für das erste Quartal 2023 auf. Der Hintergrund: Der überwiegende Teil der Stromerzeugung der Wien Energie erfolgt in mit Erdgas befeuerten Kraft-Wärme-Kopplungen (KWK). Im Jahr 2021 entfielen knapp 80 % der Produktion auf diese Anlagen. Wiederum der Großteil der Stromproduktion erfolgt im Winterhalbjahr, in dem die KWK zur Wärmeerzeugung gefahren werden. Vom dabei anfallenden Strom benötigt die Wien Energie einen erheblichen Teil nicht zur Versorgung ihrer eigenen Kunden und verkauft diesen daher, nicht zuletzt auch an der EEX.

Sie ist somit gerade im ersten und im vierten Quartal jedes Jahres auf den Börsenhandel angewiesen, um Strom verkaufen zu können. Und um zum Handel an der Börse berechtigt zu sein, müsse die Wien Energie wie jedes andere Unternehmen ausreichende Sicherheiten hinterlegen. Wegen der "Explosion" der Strompreise Ende vergangener Woche mussten diese kurzfristig um rund 1,75 Mrd. Euro erhöht werden. "Aber wie gesagt: Mit Spekulation hat das nichts zu tun", betonte Weinelt.

In einer Aussendung nahm die Wien Energie zu Behauptungen Stellung, sie habe Handelsgeschäfte mit einem Volumen von rund 18 Mrd. kWh Strom getätigt, was etwa dem Dreifachen ihrer Jahreserzeugung entsprechen würde. Dem Unternehmen zufolge ist das ein Missverständnis: Zwar sei im Finanzbericht der Wiener Stadtwerke für das Jahr 2021 von etwa 16,9 Mrd. kWh die Rede. Doch diese Zahl beinhalte auch die Transaktionen für die Jahre 2022 und 2023 sowie "konzerninterne Lieferungen". So beschaffe die Wien Energie GmbH für ihre Tochter Wien Energie Vertrieb GmbH & Co. KG Strom an den europäischen Börsen. Diesen gebe sie der Tochtergesellschaft weiter, die damit ihre Kunden beliefere: "Dadurch scheint diese Menge bilanziell doppelt auf, ohne dass ein Risiko entsteht."

Rechnungshof und E-Control prüfen

Unterdessen kündigte der Rechnungshof (RH) der Republik Österreich an, die Wien Energie aufgrund der Vorgänge der vergangenen Tage einer außerordentlichen Prüfung zu unterziehen. "Die finanzielle Lage, der Finanzbedarf und die Transparenz im Lichte der Versorgungssicherheit werden zentrale Fragen sein. Der Rechnungshof wird außerdem einen Blick darauf werfen, wie sich das bei anderen Energieversorgern darstellt", teilte RH-Sprecher Christian Neuwirth mit.

Ferner überprüft die Regulierungsbehörde E-Control auf Ersuchen von Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) die finanzielle Lage aller großen österreichischen Energieversorger. Bis wann die Ergebnisse der Prüfungen vorliegen, lässt sich nicht absehen.

Dienstag, 30.08.2022, 16:18 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Stadt Wien lässt Wien Energie prüfen
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Österreich
Stadt Wien lässt Wien Energie prüfen
Laut Bürgermeister Michael Ludwig gibt es nichts zu verbergen. Erneut wehrt sich die Wien Energie gegen Spekulationsvorwürfe. Die Gespräche über eine Kreditlinie laufen konstruktiv.
Der Rechnungshof der Stadt Wien wird die Gebarung der Wien Energie prüfen. Dies berichtete Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (Sozialdemokratische Partei Österreichs, SPÖ) bei einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz mit Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) und dem für Energiefragen zuständigen Vorstand der Wiener Stadtwerke, Peter Weinelt, am 30. August.

Ludwig zufolge werden zu der außerordentlichen Prüfung auch externe Gutachter beigezogen. Zu verbergen gebe es nichts: "Es gibt keine Geheimnisse und keine Intransparenz." Laut dem Bürgermeister verlaufen die Gespräche mit dem Bund über die finanzielle Unterstützung der Wien Energie konstruktiv. Konkret geht es um eine Kreditlinie der Bundesfinanzierungsagentur für die Stadt Wien in der Höhe von bis zu 10 Mrd. Euro. Diese könnte die Stadt der Wien Energie erforderlichenfalls für die Absicherung von Termingeschäften zur Verfügung stellen.

Ludwig betonte, Bundesländern Kreditlinien der Bundesfinanzierungsagentur zu eröffnen, sei keineswegs außergewöhnlich. Im vergangenen Jahr hätten "fast alle" Länder derartige Instrumente in Anspruch genommen. Hanke zufolge ist offen, ob die Kreditlinie jemals benötigt wird: "Es kann sein, dass wir sie gar nicht brauchen." Das hänge von der Preisentwicklung auf den Großhandelsmärkten für Strom und Gas ab. Leider verlaufe diese seit einiger Zeit "verrückt" und sei kaum absehbar. So habe die Wien Energie wegen der seit dem Wochenende gesunkenen Strom- und Gaspreise am Morgen des 30. August seitens der Leipziger Strombörse EEX eine Kautionsrückzahlung von 798 Mio. Euro erhalten: "Wir wissen aber nicht, wie die Preise in einer Woche aussehen werden." Deshalb plädiere die Stadt Wien für einen "Sicherheitsschirm" für die gesamte Energiewirtschaft, wie es diesen in Deutschland und der Schweiz bereits gebe.

"Spekulationsgeschäfte verboten"

Weinelt, der auch Vorsitzender des Aufsichtsrates der Wien Energie ist, begrüßte die Sonderprüfung durch den Stadtrechnungshof. Er bekräftigte einmal mehr, die Wien Energie betreibe keinerlei Spekulationsgeschäfte. Im Gegenteil seien derartige Transaktionen gemäß den Risikomanagement-Vorgaben der Wiener Stadtwerke ausdrücklich verboten. Vor allem die berüchtigten "Leerverkäufe" sind laut Weinelt strengstens untersagt.

Der Liquiditätsengpass trat ihm zufolge wegen der Absicherung eines Vertrags über einen Stromverkauf für das erste Quartal 2023 auf. Der Hintergrund: Der überwiegende Teil der Stromerzeugung der Wien Energie erfolgt in mit Erdgas befeuerten Kraft-Wärme-Kopplungen (KWK). Im Jahr 2021 entfielen knapp 80 % der Produktion auf diese Anlagen. Wiederum der Großteil der Stromproduktion erfolgt im Winterhalbjahr, in dem die KWK zur Wärmeerzeugung gefahren werden. Vom dabei anfallenden Strom benötigt die Wien Energie einen erheblichen Teil nicht zur Versorgung ihrer eigenen Kunden und verkauft diesen daher, nicht zuletzt auch an der EEX.

Sie ist somit gerade im ersten und im vierten Quartal jedes Jahres auf den Börsenhandel angewiesen, um Strom verkaufen zu können. Und um zum Handel an der Börse berechtigt zu sein, müsse die Wien Energie wie jedes andere Unternehmen ausreichende Sicherheiten hinterlegen. Wegen der "Explosion" der Strompreise Ende vergangener Woche mussten diese kurzfristig um rund 1,75 Mrd. Euro erhöht werden. "Aber wie gesagt: Mit Spekulation hat das nichts zu tun", betonte Weinelt.

In einer Aussendung nahm die Wien Energie zu Behauptungen Stellung, sie habe Handelsgeschäfte mit einem Volumen von rund 18 Mrd. kWh Strom getätigt, was etwa dem Dreifachen ihrer Jahreserzeugung entsprechen würde. Dem Unternehmen zufolge ist das ein Missverständnis: Zwar sei im Finanzbericht der Wiener Stadtwerke für das Jahr 2021 von etwa 16,9 Mrd. kWh die Rede. Doch diese Zahl beinhalte auch die Transaktionen für die Jahre 2022 und 2023 sowie "konzerninterne Lieferungen". So beschaffe die Wien Energie GmbH für ihre Tochter Wien Energie Vertrieb GmbH & Co. KG Strom an den europäischen Börsen. Diesen gebe sie der Tochtergesellschaft weiter, die damit ihre Kunden beliefere: "Dadurch scheint diese Menge bilanziell doppelt auf, ohne dass ein Risiko entsteht."

Rechnungshof und E-Control prüfen

Unterdessen kündigte der Rechnungshof (RH) der Republik Österreich an, die Wien Energie aufgrund der Vorgänge der vergangenen Tage einer außerordentlichen Prüfung zu unterziehen. "Die finanzielle Lage, der Finanzbedarf und die Transparenz im Lichte der Versorgungssicherheit werden zentrale Fragen sein. Der Rechnungshof wird außerdem einen Blick darauf werfen, wie sich das bei anderen Energieversorgern darstellt", teilte RH-Sprecher Christian Neuwirth mit.

Ferner überprüft die Regulierungsbehörde E-Control auf Ersuchen von Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) die finanzielle Lage aller großen österreichischen Energieversorger. Bis wann die Ergebnisse der Prüfungen vorliegen, lässt sich nicht absehen.

Dienstag, 30.08.2022, 16:18 Uhr
Klaus Fischer

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