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Energie & Management > Österreich - Wien Energie: Keine Spekulation, aber schlechtes Risikomanagement
Quelle: Pixabay / Jürgen Sieber
Österreich

Wien Energie: Keine Spekulation, aber schlechtes Risikomanagement

Laut dem Kontrollgremium des Wiener Gemeinderats tätigte das Unternehmen zwar keine spekulativen Handelsgeschäfte an den Energiebörsen. Sein Risikomanagement war aber mangelhaft.
Gleich drei Prüfberichte zu den Liquiditätsproblemen der Wien Energie im Spätsommer 2022 veröffentlichte der Wiener Stadtrechnungshof (STRH) als Kontrollgremium des Gemeinderates am 6. Dezember.

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig und weitere Parteien begehrten Auskunft über die Gebarung der Wiener Stadtwerke als Muttergesellschaft der Wien Energie „im Hinblick auf die Geschäfte an den Energiebörsen in den Jahren 2018 bis 2022“.

Wie berichtet, hatte der Bund dem Land Wien seinerzeit eine Kreditlinie über 2 Milliarden Euro eröffnet, die diese zur Deckung des Liquiditätsbedarfs der Wien Energie für die Absicherung ihres Handels an Energiebörsen nutzen konnte. Ohne das Einspringen des Bundes wurde zumindest für einige Tage Ende August 2022 die Gefahr einer Pleite der Wien Energie in den Raum gestellt, wovon rund zwei Millionen Menschen betroffen gewesen wären. In Anspruch genommen wurde die Kreditlinie nie.

Kurz gefasst, erteilt der STRH in seinen Berichten Lob und Tadel. Die ihr oft unterstellten spekulativen Geschäfte tätigte die Wien Energie nicht. Ihr Risikomanagement war allerdings mangelhaft, und die Aufsichtsgremien sahen auch nicht allzu genau hin. Laut dem Stadtrechnungshof dienten die Handelsaktivitäten der Wien Energie, wie vorgegeben, ausschließlich der Absicherung des Energieein- und Verkaufs. Dieser aber ist notwendig, weil die Stromproduktion der Wien Energie überwiegend auf mit Erdgas befeuerten Kraft-Wärme-Kopplungen (KWK) basiert.

Diese jedoch müssen in gewissem Umfang das ganze Jahr über laufen, um den Bedarf der rund 440.000 Wiener Fernwärmekunden an Wärme und Warmwasser zu decken. Auch von einem Finanzskandal, wie ihn ÖVP und FPÖ immer wieder beschworen hatten, kann kaum die Rede sein:

Nachdem die Wien Energie der Stadt die erhaltenen Kredite zurückgezahlt hatte, fanden sich in deren Kassen rund 6,1 Millionen Euro mehr als vor der Vergabe der Mittel. Von der grundsätzlichen Robustheit der Wien Energie dürfte übrigens auch die Ratingagentur Fitch überzeugt sein: Sie beließ ihr Rating des Unternehmens Ende Oktober 2022 unverändert auf „AA-“, stellt der Stadtrechnungshof fest.

Kritik am Risikomanagement

Kritik übt der Stadtrechnungshof indessen am Risikomanagement der Wien Energie. Wie er festhält, hätten das Unternehmen und dessen Aufsichtsorgane weitsichtiger agieren und um das Jahresende 2021, spätestens aber im Frühjahr 2022, auf die massiven Verwerfungen auf den Energiemärkten reagieren sollen.

Zwar verfügen sowohl die Wien Energie als auch die Wiener Stadtwerke über hochentwickelte Risikomanagementsysteme. Allerdings nutzten sie die damit verbundenen Möglichkeiten nicht ausreichend. Die Geschäftsführer der Wien Energie, Michael Strebl und Karl Gruber, verließen sich darauf, dass das Risikomanagement funktionieren würde, obwohl dies nie von unabhängiger Seite überprüft worden war.

In seinem Bericht auf Ansuchen Bürgermeister Ludwigs konstatiert der Stadtrechnungshof: Obwohl die Preissteigerungen im Energiegroßhandel „ab Herbst des Jahres 2021 konzernintern kommuniziert wurden, kam es bei den Geschäften an Energiebörsen zu keiner Neubewertung des Liquiditätsrisikos.“ Diese erfolgte erst nach den Problemen Ende August 2022.

Wie der STRH einräumt, wäre auch mit besserem Risikomanagement der kurzfristige Preisausschlag auf rund 1.000 Euro im Stromgroßhandel Ende August 2022 nicht vorhersehbar gewesen. Dennoch empfiehlt der STRH, „künftig bei den wesentlichen Risiken Stresstests unter Einbeziehung von Worst-Case-Szenarien durchzuführen.“

berdies gibt er eine Reihe weiterer Empfehlungen, darunter die Einrichtung eines „(freiwilligen) Prüfungsausschusses im Aufsichtsrat“ der Wien Energie, die regelmäßige Prüfung des Risikomanagements, die allfällige Anpassung der „Absicherungsstrategien an den Terminmärkten“ sowie die Adaptierung des Risikohandbuchs.

Die Wien Energie zeigt sich einsichtig: Zu nahezu allen Empfehlungen heißt es, sie seien bereits umgesetzt oder wenigstens in Umsetzung begriffen.

Mittwoch, 6.12.2023, 16:17 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Wien Energie: Keine Spekulation, aber schlechtes Risikomanagement
Quelle: Pixabay / Jürgen Sieber
Österreich
Wien Energie: Keine Spekulation, aber schlechtes Risikomanagement
Laut dem Kontrollgremium des Wiener Gemeinderats tätigte das Unternehmen zwar keine spekulativen Handelsgeschäfte an den Energiebörsen. Sein Risikomanagement war aber mangelhaft.
Gleich drei Prüfberichte zu den Liquiditätsproblemen der Wien Energie im Spätsommer 2022 veröffentlichte der Wiener Stadtrechnungshof (STRH) als Kontrollgremium des Gemeinderates am 6. Dezember.

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig und weitere Parteien begehrten Auskunft über die Gebarung der Wiener Stadtwerke als Muttergesellschaft der Wien Energie „im Hinblick auf die Geschäfte an den Energiebörsen in den Jahren 2018 bis 2022“.

Wie berichtet, hatte der Bund dem Land Wien seinerzeit eine Kreditlinie über 2 Milliarden Euro eröffnet, die diese zur Deckung des Liquiditätsbedarfs der Wien Energie für die Absicherung ihres Handels an Energiebörsen nutzen konnte. Ohne das Einspringen des Bundes wurde zumindest für einige Tage Ende August 2022 die Gefahr einer Pleite der Wien Energie in den Raum gestellt, wovon rund zwei Millionen Menschen betroffen gewesen wären. In Anspruch genommen wurde die Kreditlinie nie.

Kurz gefasst, erteilt der STRH in seinen Berichten Lob und Tadel. Die ihr oft unterstellten spekulativen Geschäfte tätigte die Wien Energie nicht. Ihr Risikomanagement war allerdings mangelhaft, und die Aufsichtsgremien sahen auch nicht allzu genau hin. Laut dem Stadtrechnungshof dienten die Handelsaktivitäten der Wien Energie, wie vorgegeben, ausschließlich der Absicherung des Energieein- und Verkaufs. Dieser aber ist notwendig, weil die Stromproduktion der Wien Energie überwiegend auf mit Erdgas befeuerten Kraft-Wärme-Kopplungen (KWK) basiert.

Diese jedoch müssen in gewissem Umfang das ganze Jahr über laufen, um den Bedarf der rund 440.000 Wiener Fernwärmekunden an Wärme und Warmwasser zu decken. Auch von einem Finanzskandal, wie ihn ÖVP und FPÖ immer wieder beschworen hatten, kann kaum die Rede sein:

Nachdem die Wien Energie der Stadt die erhaltenen Kredite zurückgezahlt hatte, fanden sich in deren Kassen rund 6,1 Millionen Euro mehr als vor der Vergabe der Mittel. Von der grundsätzlichen Robustheit der Wien Energie dürfte übrigens auch die Ratingagentur Fitch überzeugt sein: Sie beließ ihr Rating des Unternehmens Ende Oktober 2022 unverändert auf „AA-“, stellt der Stadtrechnungshof fest.

Kritik am Risikomanagement

Kritik übt der Stadtrechnungshof indessen am Risikomanagement der Wien Energie. Wie er festhält, hätten das Unternehmen und dessen Aufsichtsorgane weitsichtiger agieren und um das Jahresende 2021, spätestens aber im Frühjahr 2022, auf die massiven Verwerfungen auf den Energiemärkten reagieren sollen.

Zwar verfügen sowohl die Wien Energie als auch die Wiener Stadtwerke über hochentwickelte Risikomanagementsysteme. Allerdings nutzten sie die damit verbundenen Möglichkeiten nicht ausreichend. Die Geschäftsführer der Wien Energie, Michael Strebl und Karl Gruber, verließen sich darauf, dass das Risikomanagement funktionieren würde, obwohl dies nie von unabhängiger Seite überprüft worden war.

In seinem Bericht auf Ansuchen Bürgermeister Ludwigs konstatiert der Stadtrechnungshof: Obwohl die Preissteigerungen im Energiegroßhandel „ab Herbst des Jahres 2021 konzernintern kommuniziert wurden, kam es bei den Geschäften an Energiebörsen zu keiner Neubewertung des Liquiditätsrisikos.“ Diese erfolgte erst nach den Problemen Ende August 2022.

Wie der STRH einräumt, wäre auch mit besserem Risikomanagement der kurzfristige Preisausschlag auf rund 1.000 Euro im Stromgroßhandel Ende August 2022 nicht vorhersehbar gewesen. Dennoch empfiehlt der STRH, „künftig bei den wesentlichen Risiken Stresstests unter Einbeziehung von Worst-Case-Szenarien durchzuführen.“

berdies gibt er eine Reihe weiterer Empfehlungen, darunter die Einrichtung eines „(freiwilligen) Prüfungsausschusses im Aufsichtsrat“ der Wien Energie, die regelmäßige Prüfung des Risikomanagements, die allfällige Anpassung der „Absicherungsstrategien an den Terminmärkten“ sowie die Adaptierung des Risikohandbuchs.

Die Wien Energie zeigt sich einsichtig: Zu nahezu allen Empfehlungen heißt es, sie seien bereits umgesetzt oder wenigstens in Umsetzung begriffen.

Mittwoch, 6.12.2023, 16:17 Uhr
Klaus Fischer

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