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Energie & Management > Politik - Staatssekretär Patrick Graichen unter Druck
Quelle: E&M / Harmsen
Politik

Staatssekretär Patrick Graichen unter Druck

Wegen persönlicher Verflechtungen bei der Besetzung eines Spitzenpostens ist Staatssekretär Patrick Graichen unter Druck geraten.
(dpa) - Womöglich muss der Geschäftsführer-Posten bei der Deutschen Energie-Agentur (Dena) neu besetzt werden. Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) laut Ministerium zu Wochenbeginn darüber informiert, dass der neue Dena-Geschäftsführer, Michael Schäfer, sein Trauzeuge war − Graichen war aber Mitglied einer Findungskommission, die Schäfer für den Posten vorgeschlagen hatte. Das Wirtschaftsministerium zog nun Konsequenzen. Das Verfahren zur Neubesetzung des Dena-Postens soll überprüft und gegebenenfalls neu aufgesetzt werden, wie das Ministerium mitteilte.

Der Koalitionspartner FDP forderte Vizekanzler Habeck zur Aufklärung auf. Bereits zuvor schon hatte es zum Teil scharfe Kritik an familiären Verflechtungen wichtiger Mitarbeiter Habecks gegeben. Dabei steht wiederum Graichen im Zentrum.
Eine Sprecherin Habecks sprach am 28. April mit Blick auf die Neubesetzung des Dena-Postens von einem „bedauerlichen Fehler“, der aber „heilbar“ sei. Es liege kein reiner Rechtsverstoß vor. Es könnte aber der Anschein einer möglichen Befangenheit Graichens entstanden sein. Habeck habe zu Wochenbeginn um interne Prüfung gebeten.

Wirtschaftsstaatssekretär Stefan Wenzel als Aufsichtsratsvorsitzender der Dena habe am 27. April den Aufsichtsrat gebeten, das Verfahren zu überprüfen und gegebenenfalls neu aufzusetzen. Die Dena hatte Anfang April mitgeteilt, Gesellschafter und Aufsichtsrat hätten Schäfer mit Wirkung zum 15. Juni 2023 zum neuen Vorsitzenden der Geschäftsführung bestellt. Der Verwaltungswissenschaftler werde die Geschäfte gemeinsam mit Kristina Haverkamp führen, deren Vertrag verlängert wurde.

Schäfer war zuvor unter anderem Mitglied der Geschäftsleitung des Naturschutzbundes Deutschland und saß für die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus. Der Aufsichtsrat habe sich nach einem Auswahlgespräch aufgrund der „herausragenden Qualifikation“ einstimmig für Schäfer entschieden, so das Ministerium. Die Gesellschafterversammlung habe zugestimmt. Zuvor hatte eine Findungskommission Schäfer aus einer Reihe von Kandidaten vorgeschlagen − der Kommission gehörte auch Graichen an.

Vizekanzler Habeck nimmt in Kritik geratenen Staatssekretär in Schutz

Familiäre Verflechtungen wichtiger Mitarbeiter Habecks hatten bereits für Irritationen bei der Opposition gesorgt. Der CDU-Abgeordnete Tilman Kuban hatte am 26. April im Bundestag von „mafiösen Tendenzen“ gesprochen, Stephan Brandner von der AfD, auf deren Betreiben der Bundestag in Berlin das Thema in einer Aktuellen Stunde diskutierte, redete von „grünen Clan-Strukturen“. Vertreter der Ampel-Fraktionen betonten, es seien keine Regeln verletzt worden.

Zwei hochrangige Mitarbeiter Habecks haben familiäre Bindungen zum Öko-Institut, einer ökologisch ausgerichteten Forschungseinrichtung. Die Schwester des für Energiefragen zuständigen Staatssekretärs Graichen, Verena Graichen, arbeitet bei der Naturschutzorganisation BUND und, wie auch ein weiterer Bruder, beim Öko-Institut, wie unter anderem der SPD-Abgeordnete Markus Hümpfer zusammenfasste. Verena Graichen ist wiederum verheiratet mit dem parlamentarischen Wirtschaftsstaatssekretär Michael Kellner (Grüne). Das Wirtschaftsministerium erklärte, dass Vorkehrungen zur Verhinderung von Interessenkonflikten getroffen worden seien.

Der FDP-Energiepolitiker Michael Kruse sagte, eine Empfehlung des eigenen Trauzeugen für eine Führungsposition sei eine „Grenzüberschreitung“, die jedes Fingerspitzengefühl vermissen lasse. „Wenn es stimmt, dass Patrick Graichen in einer Vorauswahl seinen Trauzeugen empfohlen hat, dann ist das Maß überschritten. Staatssekretäre müssen über jeden Verdacht der Vorteilsannahme erhaben sein. Robert Habeck muss diesen Sachverhalt schnell aufklären und erläutern, wie er verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen will.“

Habeck verteidigte Graichen hingegen. „Ohne die konsequente Art von Patrick Graichen wäre Deutschland heute in einer schweren Wirtschaftskrise“, sagte der Minister der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. „Er hat in Windeseile das Gesetz zur Befüllung der Gasspeicher durchgebracht und die rechtzeitige Einspeicherung von Gas gewährleistet, den Bau von LNG-Terminals für eine sichere Gasversorgung vorangetrieben, den Gasversorger Uniper stabilisiert und alte Kohlekraftwerke zurück ans Netz geholt.“

Die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International Deutschland kritisierte, das Ministerium habe den Auswahlprozess für den Dena-Vorsitz von vornherein anders handhaben müssen.

Freitag, 28.04.2023, 14:52 Uhr
dpa
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Staatssekretär Patrick Graichen unter Druck
Wegen persönlicher Verflechtungen bei der Besetzung eines Spitzenpostens ist Staatssekretär Patrick Graichen unter Druck geraten.
(dpa) - Womöglich muss der Geschäftsführer-Posten bei der Deutschen Energie-Agentur (Dena) neu besetzt werden. Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) laut Ministerium zu Wochenbeginn darüber informiert, dass der neue Dena-Geschäftsführer, Michael Schäfer, sein Trauzeuge war − Graichen war aber Mitglied einer Findungskommission, die Schäfer für den Posten vorgeschlagen hatte. Das Wirtschaftsministerium zog nun Konsequenzen. Das Verfahren zur Neubesetzung des Dena-Postens soll überprüft und gegebenenfalls neu aufgesetzt werden, wie das Ministerium mitteilte.

Der Koalitionspartner FDP forderte Vizekanzler Habeck zur Aufklärung auf. Bereits zuvor schon hatte es zum Teil scharfe Kritik an familiären Verflechtungen wichtiger Mitarbeiter Habecks gegeben. Dabei steht wiederum Graichen im Zentrum.
Eine Sprecherin Habecks sprach am 28. April mit Blick auf die Neubesetzung des Dena-Postens von einem „bedauerlichen Fehler“, der aber „heilbar“ sei. Es liege kein reiner Rechtsverstoß vor. Es könnte aber der Anschein einer möglichen Befangenheit Graichens entstanden sein. Habeck habe zu Wochenbeginn um interne Prüfung gebeten.

Wirtschaftsstaatssekretär Stefan Wenzel als Aufsichtsratsvorsitzender der Dena habe am 27. April den Aufsichtsrat gebeten, das Verfahren zu überprüfen und gegebenenfalls neu aufzusetzen. Die Dena hatte Anfang April mitgeteilt, Gesellschafter und Aufsichtsrat hätten Schäfer mit Wirkung zum 15. Juni 2023 zum neuen Vorsitzenden der Geschäftsführung bestellt. Der Verwaltungswissenschaftler werde die Geschäfte gemeinsam mit Kristina Haverkamp führen, deren Vertrag verlängert wurde.

Schäfer war zuvor unter anderem Mitglied der Geschäftsleitung des Naturschutzbundes Deutschland und saß für die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus. Der Aufsichtsrat habe sich nach einem Auswahlgespräch aufgrund der „herausragenden Qualifikation“ einstimmig für Schäfer entschieden, so das Ministerium. Die Gesellschafterversammlung habe zugestimmt. Zuvor hatte eine Findungskommission Schäfer aus einer Reihe von Kandidaten vorgeschlagen − der Kommission gehörte auch Graichen an.

Vizekanzler Habeck nimmt in Kritik geratenen Staatssekretär in Schutz

Familiäre Verflechtungen wichtiger Mitarbeiter Habecks hatten bereits für Irritationen bei der Opposition gesorgt. Der CDU-Abgeordnete Tilman Kuban hatte am 26. April im Bundestag von „mafiösen Tendenzen“ gesprochen, Stephan Brandner von der AfD, auf deren Betreiben der Bundestag in Berlin das Thema in einer Aktuellen Stunde diskutierte, redete von „grünen Clan-Strukturen“. Vertreter der Ampel-Fraktionen betonten, es seien keine Regeln verletzt worden.

Zwei hochrangige Mitarbeiter Habecks haben familiäre Bindungen zum Öko-Institut, einer ökologisch ausgerichteten Forschungseinrichtung. Die Schwester des für Energiefragen zuständigen Staatssekretärs Graichen, Verena Graichen, arbeitet bei der Naturschutzorganisation BUND und, wie auch ein weiterer Bruder, beim Öko-Institut, wie unter anderem der SPD-Abgeordnete Markus Hümpfer zusammenfasste. Verena Graichen ist wiederum verheiratet mit dem parlamentarischen Wirtschaftsstaatssekretär Michael Kellner (Grüne). Das Wirtschaftsministerium erklärte, dass Vorkehrungen zur Verhinderung von Interessenkonflikten getroffen worden seien.

Der FDP-Energiepolitiker Michael Kruse sagte, eine Empfehlung des eigenen Trauzeugen für eine Führungsposition sei eine „Grenzüberschreitung“, die jedes Fingerspitzengefühl vermissen lasse. „Wenn es stimmt, dass Patrick Graichen in einer Vorauswahl seinen Trauzeugen empfohlen hat, dann ist das Maß überschritten. Staatssekretäre müssen über jeden Verdacht der Vorteilsannahme erhaben sein. Robert Habeck muss diesen Sachverhalt schnell aufklären und erläutern, wie er verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen will.“

Habeck verteidigte Graichen hingegen. „Ohne die konsequente Art von Patrick Graichen wäre Deutschland heute in einer schweren Wirtschaftskrise“, sagte der Minister der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. „Er hat in Windeseile das Gesetz zur Befüllung der Gasspeicher durchgebracht und die rechtzeitige Einspeicherung von Gas gewährleistet, den Bau von LNG-Terminals für eine sichere Gasversorgung vorangetrieben, den Gasversorger Uniper stabilisiert und alte Kohlekraftwerke zurück ans Netz geholt.“

Die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International Deutschland kritisierte, das Ministerium habe den Auswahlprozess für den Dena-Vorsitz von vornherein anders handhaben müssen.

Freitag, 28.04.2023, 14:52 Uhr
dpa

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