E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Europaeische Union - Sozialdemokratische Leitgedanken zur Klimawende
Bild: Shutterstock/Savvapanf Photo
Europaeische Union

Sozialdemokratische Leitgedanken zur Klimawende

Die Sozialdemokraten im Europäischen Parlament wollen die europäischen Klimaziele vor allem auf dem Verordnungsweg erreichen.
Die Sprecher für die Klima- und Umweltpolitik, Timo Wölken und Delara Burkhardt, lehnten in einer Videopressekonferenz die Einführung eines gesonderten Emissionshandels für den Verkehr und Gebäude ab. Mit einem einheitlichen CO2-Preis könne den Problemen sozial schwacher Haushalte nicht ausreichend Rechnung getragen werden. Angesichts des unterschiedlichen Einkommensniveaus zwischen den EU-Mitgliedsstaaten habe der CO2-Preis nicht überall die gleiche Wirkung: "Der CO2-Preis ist entweder zu hoch, um sozial zu sein, oder zu niedrig, um das Verhalten wirklich zu beeinflussen", sagte Wölken. Standards für den Energieverbrauch oder die Emissionen seien zielführender.

Das Klimapaket "Fit for 55", das die EU-Kommission Mitte Juli verabschieden will, wollen die Europaabgeordneten der SPD anhand von "Leitgedanken" beraten. Danach soll sich die Transformation der Wirtschaft vor allem auf staatliche Interventionen stützen. Die Politik dürfe sich nicht auf den Markt verlassen und die Verantwortung damit auf die Verbraucher abwälzen. Das bedeutet für die SPD eine Beibehaltung der Lastenteilung. Diese soll "nachgeschärft" werden, wobei die jeweiligen Potenziale der Mitgliedstaaten stärker ins Gewicht fallen sollten als bisher.

Die SPD-Abgeordneten wollen den bestehenden Emissionshandel (ETS) stärken, indem die Zahl der Zertifikate schneller zurückgeführt und ein Mindestpreis festgelegt wird. In das ETS soll auch der Seeverkehr einbezogen werden, die Airlines sollen deutlich weniger Zertifikate gratis erhalten. Abgeschafft werden soll dagegen die Verrechnung von Senken in der Land- und Forstwirtschaft mit Emissionsrechten. Die Landnutzung solle nicht dazu genutzt werden, Emissionsgutschriften für andere Sektoren zu generieren und so von ihren Bemühungen zur Transformation und Treibhausgasreduktion zu entbinden.

Modernisierungsfonds der EU als Fördertopf

Zusätzliche Einnahmen aus der Versteigerung von Emissionsrechten sollen in den Modernisierungsfonds der EU fließen, aus dem die Transformation der Wirtschaft gefördert wird. Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, sollen durch eine Grenzausgleichsabgabe (CBAM) auf Importe geschützt werden. Man wolle die EU nicht zu einer "Klimafestung" ausbauen, sagte Burkhardt. Die Abwanderung von Betrieben und Arbeitsplätzen in Drittstaaten mit geringeren Umweltauflagen müsse aber verhindert werden. Im Gegenzug müssten die betroffenen Branchen auf die kostenlose Zuteilung von Emissionsrechten verzichten.

Die Einführung des CBAM solle außerdem von Hilfen für die betroffenen Entwicklungs- und Schwellenländer begleitet werden. Zur Finanzierung wollen die Sozialdemokraten einen Teil der Einnahmen aus dem CBAM verwenden.

Verschärfung der CO2-Grenzwerte im Mobilitätssektor

Die "Mobilitätswende" wollen die Abgeordneten der SPD vor allem mit der Verschärfung der CO2-Grenzwerte für Personen- und Nutzfahrzeuge voranbringen. Spätestens 2035 müssten die letzten Autos mit Diesel- oder Ottomotor vom Band laufen, wenn die EU 2050 klimaneutral sein wolle, heißt es in dem Positionspapier. Die Mitgliedstaaten müssten die Mobilitätswende durch den Ausbau der Ladeinfrastruktur und eine Förderung der Batterieherstellung unterstützen. Die EU müsse die Entwicklung durch eine Anpassung ihrer Wettbewerbs- und Beihilfepolitik sowie finanziell unterstützen.

Beim Ausbau der erneuerbaren Energien wollen die Sozialdemokraten ein deutlich höheres Tempo vorlegen. Bis 2030 müssten 45 % des gesamten Energiebedarfs der EU durch Windkraft, Sonne und andere Erneuerbare gedeckt werden. Für jeden Mitgliedstaat soll die EU verbindliche Vorgaben machen. Für öffentliche und gewerbliche Gebäude, die neu gebaut oder grundsaniert werden, soll eine Solarzellenpflicht eingeführt werden.

Klares Nein zu Atomkraft und Gas als Brückentechnologie

Dem Einsatz der Atomkraft erteilen die SPD-Abgeordneten ebenso eine Absage wie der Verwendung von Gas als Brückentechnologie. Ihre Hoffnung ruht auf grünem Wasserstoff. Er soll vor allem in der chemischen und in der Stahlindustrie zum Einsatz kommen. Eine Verwendung im Straßenverkehr oder in Gebäuden wird als "ineffizient" abgelehnt. Dort gebe es bessere Alternativen.

Eine wichtige Rolle im Konzept der SPD spielen die Steuern. Die "unfairen Wettbewerbsvorteile von Kerosin, Gas und Öl" könnten mit einer Novellierung der Energiesteuerrichtlinie beseitigt werden. Statt eines einheitlichen CO2-Preises könnte die EU den Mitgliedstaaten Preiskorridore für die Besteuerung von Energie vorgeben, sagte Woelken. Das würde ihnen auch mehr Spielräume eröffnen, um die Energiewende sozial zu flankieren.

Die Einführung eines einheitlichen CO2-Preises für den Verkehrs- und Gebäudesektor biete dafür nur wenig Möglichkeiten. Der EU fehle die Kompetenz, um eine Rückverteilung der Einnahmen aus diesem Emissionshandel zu erzwingen. Es bestehe deswegen die Gefahr, dass die Verbraucher auf den zusätzlichen Kosten sitzen bleiben. Das wäre nicht nur unsozial, sondern würde auch die Ungleichheit zwischen den Mitgliedstaaten weiter erhöhen.

Dass die einzelnen Regionen der EU unterschiedlich von der Klimapolitik betroffen sind, soll vor allem von der Regionalpolitik der EU ausgeglichen werden. Die zusätzlich geschaffenen Fonds müssten von der EU-Kommission schnell und zielgerichtet unter Mitwirkung der Sozialpartner eingesetzt werden.

Freitag, 9.07.2021, 16:31 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Europaeische Union - Sozialdemokratische Leitgedanken zur Klimawende
Bild: Shutterstock/Savvapanf Photo
Europaeische Union
Sozialdemokratische Leitgedanken zur Klimawende
Die Sozialdemokraten im Europäischen Parlament wollen die europäischen Klimaziele vor allem auf dem Verordnungsweg erreichen.
Die Sprecher für die Klima- und Umweltpolitik, Timo Wölken und Delara Burkhardt, lehnten in einer Videopressekonferenz die Einführung eines gesonderten Emissionshandels für den Verkehr und Gebäude ab. Mit einem einheitlichen CO2-Preis könne den Problemen sozial schwacher Haushalte nicht ausreichend Rechnung getragen werden. Angesichts des unterschiedlichen Einkommensniveaus zwischen den EU-Mitgliedsstaaten habe der CO2-Preis nicht überall die gleiche Wirkung: "Der CO2-Preis ist entweder zu hoch, um sozial zu sein, oder zu niedrig, um das Verhalten wirklich zu beeinflussen", sagte Wölken. Standards für den Energieverbrauch oder die Emissionen seien zielführender.

Das Klimapaket "Fit for 55", das die EU-Kommission Mitte Juli verabschieden will, wollen die Europaabgeordneten der SPD anhand von "Leitgedanken" beraten. Danach soll sich die Transformation der Wirtschaft vor allem auf staatliche Interventionen stützen. Die Politik dürfe sich nicht auf den Markt verlassen und die Verantwortung damit auf die Verbraucher abwälzen. Das bedeutet für die SPD eine Beibehaltung der Lastenteilung. Diese soll "nachgeschärft" werden, wobei die jeweiligen Potenziale der Mitgliedstaaten stärker ins Gewicht fallen sollten als bisher.

Die SPD-Abgeordneten wollen den bestehenden Emissionshandel (ETS) stärken, indem die Zahl der Zertifikate schneller zurückgeführt und ein Mindestpreis festgelegt wird. In das ETS soll auch der Seeverkehr einbezogen werden, die Airlines sollen deutlich weniger Zertifikate gratis erhalten. Abgeschafft werden soll dagegen die Verrechnung von Senken in der Land- und Forstwirtschaft mit Emissionsrechten. Die Landnutzung solle nicht dazu genutzt werden, Emissionsgutschriften für andere Sektoren zu generieren und so von ihren Bemühungen zur Transformation und Treibhausgasreduktion zu entbinden.

Modernisierungsfonds der EU als Fördertopf

Zusätzliche Einnahmen aus der Versteigerung von Emissionsrechten sollen in den Modernisierungsfonds der EU fließen, aus dem die Transformation der Wirtschaft gefördert wird. Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, sollen durch eine Grenzausgleichsabgabe (CBAM) auf Importe geschützt werden. Man wolle die EU nicht zu einer "Klimafestung" ausbauen, sagte Burkhardt. Die Abwanderung von Betrieben und Arbeitsplätzen in Drittstaaten mit geringeren Umweltauflagen müsse aber verhindert werden. Im Gegenzug müssten die betroffenen Branchen auf die kostenlose Zuteilung von Emissionsrechten verzichten.

Die Einführung des CBAM solle außerdem von Hilfen für die betroffenen Entwicklungs- und Schwellenländer begleitet werden. Zur Finanzierung wollen die Sozialdemokraten einen Teil der Einnahmen aus dem CBAM verwenden.

Verschärfung der CO2-Grenzwerte im Mobilitätssektor

Die "Mobilitätswende" wollen die Abgeordneten der SPD vor allem mit der Verschärfung der CO2-Grenzwerte für Personen- und Nutzfahrzeuge voranbringen. Spätestens 2035 müssten die letzten Autos mit Diesel- oder Ottomotor vom Band laufen, wenn die EU 2050 klimaneutral sein wolle, heißt es in dem Positionspapier. Die Mitgliedstaaten müssten die Mobilitätswende durch den Ausbau der Ladeinfrastruktur und eine Förderung der Batterieherstellung unterstützen. Die EU müsse die Entwicklung durch eine Anpassung ihrer Wettbewerbs- und Beihilfepolitik sowie finanziell unterstützen.

Beim Ausbau der erneuerbaren Energien wollen die Sozialdemokraten ein deutlich höheres Tempo vorlegen. Bis 2030 müssten 45 % des gesamten Energiebedarfs der EU durch Windkraft, Sonne und andere Erneuerbare gedeckt werden. Für jeden Mitgliedstaat soll die EU verbindliche Vorgaben machen. Für öffentliche und gewerbliche Gebäude, die neu gebaut oder grundsaniert werden, soll eine Solarzellenpflicht eingeführt werden.

Klares Nein zu Atomkraft und Gas als Brückentechnologie

Dem Einsatz der Atomkraft erteilen die SPD-Abgeordneten ebenso eine Absage wie der Verwendung von Gas als Brückentechnologie. Ihre Hoffnung ruht auf grünem Wasserstoff. Er soll vor allem in der chemischen und in der Stahlindustrie zum Einsatz kommen. Eine Verwendung im Straßenverkehr oder in Gebäuden wird als "ineffizient" abgelehnt. Dort gebe es bessere Alternativen.

Eine wichtige Rolle im Konzept der SPD spielen die Steuern. Die "unfairen Wettbewerbsvorteile von Kerosin, Gas und Öl" könnten mit einer Novellierung der Energiesteuerrichtlinie beseitigt werden. Statt eines einheitlichen CO2-Preises könnte die EU den Mitgliedstaaten Preiskorridore für die Besteuerung von Energie vorgeben, sagte Woelken. Das würde ihnen auch mehr Spielräume eröffnen, um die Energiewende sozial zu flankieren.

Die Einführung eines einheitlichen CO2-Preises für den Verkehrs- und Gebäudesektor biete dafür nur wenig Möglichkeiten. Der EU fehle die Kompetenz, um eine Rückverteilung der Einnahmen aus diesem Emissionshandel zu erzwingen. Es bestehe deswegen die Gefahr, dass die Verbraucher auf den zusätzlichen Kosten sitzen bleiben. Das wäre nicht nur unsozial, sondern würde auch die Ungleichheit zwischen den Mitgliedstaaten weiter erhöhen.

Dass die einzelnen Regionen der EU unterschiedlich von der Klimapolitik betroffen sind, soll vor allem von der Regionalpolitik der EU ausgeglichen werden. Die zusätzlich geschaffenen Fonds müssten von der EU-Kommission schnell und zielgerichtet unter Mitwirkung der Sozialpartner eingesetzt werden.

Freitag, 9.07.2021, 16:31 Uhr
Tom Weingärtner

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.