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Energie & Management > Gas - Regulierer will Entspannungskosten als volatil anerkennen
Quelle: Pixabay / Andreas Lischka
Gas

Regulierer will Entspannungskosten als volatil anerkennen

Gute Nachricht für alle Netzbetreiber, die Gas entspannen müssen: Die Bundesnetzagentur neigt dazu, unter anderem die Vorwärmkosten von vorneherein als schwankend anzusehen.
Die Bundesnetzagentur möchte den seit Herbst 2021 gestiegenen Beschaffungskosten auch insoweit Rechnung tragen, dass sie die Einkaufspreise für Vorwärmgas und für Deodorierungsmittel als volatile Kosten in der Anreizregulierung anerkennt. Das bedeutet, dass die Gasnetzbetreiber aller Druckstufen ihre tatsächlichen Kosten als "nicht beeinflussbar" geltend machen können, ohne dass sie um eine Differenz zum Basisjahr 2015 gekürzt werden. Dies soll rückwirkend bis Anfang 2021 gelten.

Das geht aus einer am 7. September veröffentlichten Verfahrenseinleitung der Beschlusskammer 9 (BK 9) in der Behörde hervor. Die BK 9 stellt bis 5. Oktober den Entwurf einer "Festlegung zu volatilen Kosten für verschiedene Aspekte des Erdgastransports" zur Branchenkonsultation. Sie wird „Volker“ abgekürzt.

Die Konsultation richtet sich an alle deutschen Gasnetzbetreiber, doch die meisten Übergabestationen gehören den Ferngasnetzbetreibern (FNB). Aus ihrem Kreise wurde das Anliegen auch an die BK 9 herangetragen, heißt es in der Begründung. Das bedeutet: Die FNB haben die Beschlusskammer bereits für sich gewonnen.

Es geht um Folgendes: Das zu transportierende Gas muss beim Übergang auf eine niedrigere Druckstufe in der Übergabestation − also etwa vom Fernleitungs- zum Verteilnetz − vorerwärmt werden. Andernfalls würde das sich entspannende Gas und die umliegenden Armaturen einfrieren und so Schäden verursachen. Für das Vorwärmen wird wiederum in der Regel Erdgas verwendet.

Die Kosten für dessen Beschaffung sind für die FNB angeblich durchaus signifikant. Sie in der Anreizregulierung in voller Höhe als "nicht beeinflussbar" anerkannt zu bekommen, war vor dem Herbst 2021 keine Herausforderung, da die Kosten kaum gegenüber jenen des Basisjahres 2015 schwankten. Das ist jetzt anders, aber auch angesichts der stark volatilen Gasgroßhandelsmärkte auch das entsprechende Buchungsverhalten der Transportkunden, steht in der Begründung. Die BK 9 hat sich davon überzeugen lassen, dass Vorwärmgas regulatorisch mit dem Treibgas für den Schub des Transportgases gleichbehandelt werden müsse. Dessen Beschaffungskosten werden nämlich in der Anreizregulierungsverordnung von vorneherein als volatil vorausgesetzt.

Wie viel das Vorwärmen mittlerweile die Gasnetzbetreiber konkret kostet, ist in den bisherigen Kostenprüfungsverfahren der Netzagentur noch gar nicht abgegrenzt worden. Das müsste nach dem eventuellen Beschluss von "Volker" noch geschehen.

Für gallisches Gas ohne G'schmäckle

Im Übrigen haben die FNB Open Grid Europe (OGE) und Fluxys die BK 9 dafür gewonnen, bestimmte Kosten ihrer Deodorierungsstation in Schwörstadt beim schweizerisch-deutschen Grenzkoppelpunkt Wallbach als volatil anzuerkennen. Dies soll den Import für eventuelle deutsche Mangellagen erleichtern. Von Wallbach aus lassen sich auch französische Mengen einführen. In Frankreich wird Gas aber auch auf der Ferngasstufe odoriert, das heißt, mit einem schwefelhaltigen Vergällungsmittel versehen, das auch Laien durch seinen üblen Geruch vor Lecks warnt. In Deutschland geschieht dies nur im Verteilnetz.

Seit 2020 wird in Wallbach deodoriert, um den Frankreich-Import zu ermöglichen und gleichzeitig Schäden an der deutschen Infrastruktur zu vermeiden. Sie würde den höheren Schwefelgehalt odorierten Gases nur teilweise schadlos überstehen.

Nach Wallbach Richtung Deutschland gelangen Mischungen odorierten französischen Gases mit nicht odoriertem Gas aus anderen Ländern. Je nach Mischungsverhältnis und Transportmenge müssen OGE und Fluxys in Schwörstadt das eingesetzte Adsorptionsmittel häufiger oder seltener "thermisch behandeln" oder ersetzen. Diese reinen Mengenschwankungen will die BK 9 als volatil abbilden. Sie will damit bisherige "Fehlanreize" für die FNB gegen notwendige Importe abbauen.

Ein weiterer potenzieller Anwendungsfall wäre der deutsch-französische Koppelpunkt Medelheim. Dort wird künftig eventuell eine weitere Deodorierungsanlage errichtet.

Auch wenn Biomethan-Anlagen ins vorgelagerte Netz einspeisen würden, müsste deodoriert werden. Diese Kosten werden aber schon von der Biogasumlage abgedeckt. Weitere Anwendungsfälle sieht die BK 9 nicht.

​Ebenso Haftungskosten

Schließlich möchte die BK 9 Haftungskosten aller Gasnetzbetreiber für netzbezogene oder marktbezogene Maßnahmen, um Netz- und Versorgungssicherheit zu wahren, ebenfalls als volatil anerkennen. Dies soll dazu beitragen, dass die Netzbetreiber das Nötige tun, ohne vor Haftungsrisiken zurückzuschrecken.

Die Kammer geht davon aus, dass ihr "Volker"-Entwurf die Gasnetzentgelte insgesamt nur moderat steigern würde, da im Wesentlichen nur die anerkannten Kosten der FNB steigen würden (Aktenzeichen: BK9-22-606-1 bis BK9-22-606-5)

Mittwoch, 7.09.2022, 15:17 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Gas - Regulierer will Entspannungskosten als volatil anerkennen
Quelle: Pixabay / Andreas Lischka
Gas
Regulierer will Entspannungskosten als volatil anerkennen
Gute Nachricht für alle Netzbetreiber, die Gas entspannen müssen: Die Bundesnetzagentur neigt dazu, unter anderem die Vorwärmkosten von vorneherein als schwankend anzusehen.
Die Bundesnetzagentur möchte den seit Herbst 2021 gestiegenen Beschaffungskosten auch insoweit Rechnung tragen, dass sie die Einkaufspreise für Vorwärmgas und für Deodorierungsmittel als volatile Kosten in der Anreizregulierung anerkennt. Das bedeutet, dass die Gasnetzbetreiber aller Druckstufen ihre tatsächlichen Kosten als "nicht beeinflussbar" geltend machen können, ohne dass sie um eine Differenz zum Basisjahr 2015 gekürzt werden. Dies soll rückwirkend bis Anfang 2021 gelten.

Das geht aus einer am 7. September veröffentlichten Verfahrenseinleitung der Beschlusskammer 9 (BK 9) in der Behörde hervor. Die BK 9 stellt bis 5. Oktober den Entwurf einer "Festlegung zu volatilen Kosten für verschiedene Aspekte des Erdgastransports" zur Branchenkonsultation. Sie wird „Volker“ abgekürzt.

Die Konsultation richtet sich an alle deutschen Gasnetzbetreiber, doch die meisten Übergabestationen gehören den Ferngasnetzbetreibern (FNB). Aus ihrem Kreise wurde das Anliegen auch an die BK 9 herangetragen, heißt es in der Begründung. Das bedeutet: Die FNB haben die Beschlusskammer bereits für sich gewonnen.

Es geht um Folgendes: Das zu transportierende Gas muss beim Übergang auf eine niedrigere Druckstufe in der Übergabestation − also etwa vom Fernleitungs- zum Verteilnetz − vorerwärmt werden. Andernfalls würde das sich entspannende Gas und die umliegenden Armaturen einfrieren und so Schäden verursachen. Für das Vorwärmen wird wiederum in der Regel Erdgas verwendet.

Die Kosten für dessen Beschaffung sind für die FNB angeblich durchaus signifikant. Sie in der Anreizregulierung in voller Höhe als "nicht beeinflussbar" anerkannt zu bekommen, war vor dem Herbst 2021 keine Herausforderung, da die Kosten kaum gegenüber jenen des Basisjahres 2015 schwankten. Das ist jetzt anders, aber auch angesichts der stark volatilen Gasgroßhandelsmärkte auch das entsprechende Buchungsverhalten der Transportkunden, steht in der Begründung. Die BK 9 hat sich davon überzeugen lassen, dass Vorwärmgas regulatorisch mit dem Treibgas für den Schub des Transportgases gleichbehandelt werden müsse. Dessen Beschaffungskosten werden nämlich in der Anreizregulierungsverordnung von vorneherein als volatil vorausgesetzt.

Wie viel das Vorwärmen mittlerweile die Gasnetzbetreiber konkret kostet, ist in den bisherigen Kostenprüfungsverfahren der Netzagentur noch gar nicht abgegrenzt worden. Das müsste nach dem eventuellen Beschluss von "Volker" noch geschehen.

Für gallisches Gas ohne G'schmäckle

Im Übrigen haben die FNB Open Grid Europe (OGE) und Fluxys die BK 9 dafür gewonnen, bestimmte Kosten ihrer Deodorierungsstation in Schwörstadt beim schweizerisch-deutschen Grenzkoppelpunkt Wallbach als volatil anzuerkennen. Dies soll den Import für eventuelle deutsche Mangellagen erleichtern. Von Wallbach aus lassen sich auch französische Mengen einführen. In Frankreich wird Gas aber auch auf der Ferngasstufe odoriert, das heißt, mit einem schwefelhaltigen Vergällungsmittel versehen, das auch Laien durch seinen üblen Geruch vor Lecks warnt. In Deutschland geschieht dies nur im Verteilnetz.

Seit 2020 wird in Wallbach deodoriert, um den Frankreich-Import zu ermöglichen und gleichzeitig Schäden an der deutschen Infrastruktur zu vermeiden. Sie würde den höheren Schwefelgehalt odorierten Gases nur teilweise schadlos überstehen.

Nach Wallbach Richtung Deutschland gelangen Mischungen odorierten französischen Gases mit nicht odoriertem Gas aus anderen Ländern. Je nach Mischungsverhältnis und Transportmenge müssen OGE und Fluxys in Schwörstadt das eingesetzte Adsorptionsmittel häufiger oder seltener "thermisch behandeln" oder ersetzen. Diese reinen Mengenschwankungen will die BK 9 als volatil abbilden. Sie will damit bisherige "Fehlanreize" für die FNB gegen notwendige Importe abbauen.

Ein weiterer potenzieller Anwendungsfall wäre der deutsch-französische Koppelpunkt Medelheim. Dort wird künftig eventuell eine weitere Deodorierungsanlage errichtet.

Auch wenn Biomethan-Anlagen ins vorgelagerte Netz einspeisen würden, müsste deodoriert werden. Diese Kosten werden aber schon von der Biogasumlage abgedeckt. Weitere Anwendungsfälle sieht die BK 9 nicht.

​Ebenso Haftungskosten

Schließlich möchte die BK 9 Haftungskosten aller Gasnetzbetreiber für netzbezogene oder marktbezogene Maßnahmen, um Netz- und Versorgungssicherheit zu wahren, ebenfalls als volatil anerkennen. Dies soll dazu beitragen, dass die Netzbetreiber das Nötige tun, ohne vor Haftungsrisiken zurückzuschrecken.

Die Kammer geht davon aus, dass ihr "Volker"-Entwurf die Gasnetzentgelte insgesamt nur moderat steigern würde, da im Wesentlichen nur die anerkannten Kosten der FNB steigen würden (Aktenzeichen: BK9-22-606-1 bis BK9-22-606-5)

Mittwoch, 7.09.2022, 15:17 Uhr
Georg Eble

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