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Energie & Management > Mobilität - Rechnungsprüfer zweifeln am Klimapakt
Quelle: Shutterstock / Lightspring
Mobilität

Rechnungsprüfer zweifeln am Klimapakt

Lange galt in Brüssel die Devise: Klimaschutz ist auch gut fürs Wirtschaftswachstum. Davon ist der Europäische Rechnungshof (ECA) nicht mehr überzeugt.
In einem Gutachten haben die Rechnungsprüfer der EU die Strategie zur Dekarbonisierung des Personenverkehrs unter die Lupe genommen. Die Beseitigung der CO2-Emissionen von Pkw sei ein zentrales Element der europäischen Klimastrategie, heißt es da. Dafür müssten erstens der Einsatz von Verbrennermotoren gesenkt, zweitens Optionen für alternative Kraftstoffe ausgelotet und drittens große Mengen batteriegetriebener Fahrzeuge verkauft werden.

Das erste Ziel sei bislang verfehlt worden, das zweite habe sich im großen Maßstab als nicht tragfähig erwiesen. Bei dem dritten Ziel bestehe die Gefahr, dass es sich sowohl für die Industrie als auch für die Verbraucher als zu kostspielig erweise. Im Ergebnis habe die EU zwar in anderen Sektoren ihre Emissionen gesenkt, aber nicht im Verkehr, auf den rund ein Viertel der Treibhausgase entfielen.

„Wir müssen mit Bedauern feststellen, dass die meisten, herkömmlichen Autos trotz ehrgeiziger Ziele und strenger Anforderungen immer noch soviel CO2 ausstoßen wie vor zwölf Jahren“, sagte ECA-Mitglied, Nikolaos Milionis, bei einer Videokonferenz. Und herkömmliche Verbrenner machten noch immer drei Viertel der zugelassenen Neuwagen aus.

Batteriegetriebene Elektroautos (EV) seien zwar die einzige, erkennbare Alternative, sie stellten die Europäer jedoch vor ein Dilemma: die Klimaziele ließen sich nur zulasten der industriepolitischen Ziele der EU erreichen. Die Rechnungsprüfer gehen nicht soweit, den Ausstieg aus dem Verbot von Verbrennerfahrzeugen ab 2035 zu empfehlen. Sie machen aber deutlich, dass sie es für unrealistisch halten, danach nur noch EV zuzulassen, jedenfalls nicht, wenn sie aus europäischer Produktion sein sollen.
 

Europäische Batterieindustrie liegt zurück

Der Bericht stellt fest, „dass die europäische Batterieindustrie im globalen Wettbewerb zurückgeblieben ist“. Auf Europa entfielen gegenwärtig nur 7 Prozent der weltweiten Batterieproduktion, die außerdem überwiegend von außereuropäischen Unternehmen betrieben werde. Drei Viertel der Batterien kämen aus China.
Ein besonderes Problem für die europäischen Batteriehersteller stelle die Abhängigkeit von Rohstoffeinfuhren aus wenigen Drittländern dar: 87 Prozent der Lithium-Importe kämen aus Australien, 80 Prozent des Mangans aus Südafrika, 68 Prozent des Kobalts aus dem Kongo(DRK). Das sei nicht nur teuer sondern, wegen der mangelnden politischen Stabilität vieler Lieferländer, mit geopolitischen Risiken verbunden.

In der EU hergestellte Batterien seien nach wie vor viel teurer als geplant und praktisch nicht wettbewerbsfähig im Vergleich zu anderen, globalen Akteuren. Das könne dazu führen, „dass sich europäische Elektrofahrzeuge für den Großteil der Bevölkerung als unerschwinglich erweisen“. Der Verkauf von EV in der EU habe zwar deutlich zugenommen. Diese Verkäufe seien jedoch stark subventioniert worden. Ohne Subventionen lägen die Kosten für ein neues EV in der Regel über 30.000 Euro, 40 Prozent davon entfielen auf die Batterie.

„Wenn bei den Kapazitäten und der Wettbewerbsfähigkeit der EU keine klare Verbesserung erzielt wird, besteht die Gefahr, dass die Elektroauto-Revolution in Europa auf Importe angewiesen ist und sich letztlich nachteilig auf die europäische Automobilindustrie mit ihren mehr als 3 Millionen Arbeitsplätzen im verarbeitenden Gewerbe auswirkt“.

Die Attraktivität der EV leide außerdem an der nach wie vor schwachen Infrastruktur. In der Praxis gebe es in den meisten EU-Staaten nicht genug Ladepunkte. Bereits 2021 habe der ECA darauf hingewiesen, dass es äußerst schwierig sei, die EU in einem EV zu durchqueren. Trotz des standardisierten Steckers und Förderprogrammen für den Bau von Ladesäulen, habe sich die Lage nicht wirklich verbessert.

Zu wenig Ladepunkte

Es gebe nicht nur zu wenig Ladepunkte, die Verfügbarkeit sei auch von Land zu Land sehr unterschiedlich: 70 Prozent befänden sich in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden. Im Osten der EU sei es jedoch sehr unwahrscheinlich, einer Ladesäule zu begegnen. Außerdem fehle es an aktuellen Informationen und einem harmonisierten Zahlungssystem. Im Ergebnis sei das Reisen in einem EV weiter eher mühsam.

„Die EU muss den Grünen Deal nicht nur mit ihrer industriellen Souveränität in Einklang bringen, sondern auch die finanzielle Belastung für die Verbraucher berücksichtigen.“

Wichtigstes Ziel müsse es sein, den Anschluss an die Entwicklung bei den Batterien zu finden. Die EU und die Mitgliedsstaaten hätten dafür schon 8 Milliarden Euro Subventionen ausgegeben. Die Engpässe in der Rohstoffversorgung seien aber noch nicht vollständig beseitigt. „Die Bemühungen der EU, die Batterieproduktion zu steigern, könnten möglicherweise nicht ausreichen, um die steigende Nachfrage zu decken. Mit der möglichen Folge, dass die EU ihr Nullemissionsziel für 2035 verfehlt.“

Dienstag, 23.04.2024, 09:16 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Mobilität - Rechnungsprüfer zweifeln am Klimapakt
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Rechnungsprüfer zweifeln am Klimapakt
Lange galt in Brüssel die Devise: Klimaschutz ist auch gut fürs Wirtschaftswachstum. Davon ist der Europäische Rechnungshof (ECA) nicht mehr überzeugt.
In einem Gutachten haben die Rechnungsprüfer der EU die Strategie zur Dekarbonisierung des Personenverkehrs unter die Lupe genommen. Die Beseitigung der CO2-Emissionen von Pkw sei ein zentrales Element der europäischen Klimastrategie, heißt es da. Dafür müssten erstens der Einsatz von Verbrennermotoren gesenkt, zweitens Optionen für alternative Kraftstoffe ausgelotet und drittens große Mengen batteriegetriebener Fahrzeuge verkauft werden.

Das erste Ziel sei bislang verfehlt worden, das zweite habe sich im großen Maßstab als nicht tragfähig erwiesen. Bei dem dritten Ziel bestehe die Gefahr, dass es sich sowohl für die Industrie als auch für die Verbraucher als zu kostspielig erweise. Im Ergebnis habe die EU zwar in anderen Sektoren ihre Emissionen gesenkt, aber nicht im Verkehr, auf den rund ein Viertel der Treibhausgase entfielen.

„Wir müssen mit Bedauern feststellen, dass die meisten, herkömmlichen Autos trotz ehrgeiziger Ziele und strenger Anforderungen immer noch soviel CO2 ausstoßen wie vor zwölf Jahren“, sagte ECA-Mitglied, Nikolaos Milionis, bei einer Videokonferenz. Und herkömmliche Verbrenner machten noch immer drei Viertel der zugelassenen Neuwagen aus.

Batteriegetriebene Elektroautos (EV) seien zwar die einzige, erkennbare Alternative, sie stellten die Europäer jedoch vor ein Dilemma: die Klimaziele ließen sich nur zulasten der industriepolitischen Ziele der EU erreichen. Die Rechnungsprüfer gehen nicht soweit, den Ausstieg aus dem Verbot von Verbrennerfahrzeugen ab 2035 zu empfehlen. Sie machen aber deutlich, dass sie es für unrealistisch halten, danach nur noch EV zuzulassen, jedenfalls nicht, wenn sie aus europäischer Produktion sein sollen.
 

Europäische Batterieindustrie liegt zurück

Der Bericht stellt fest, „dass die europäische Batterieindustrie im globalen Wettbewerb zurückgeblieben ist“. Auf Europa entfielen gegenwärtig nur 7 Prozent der weltweiten Batterieproduktion, die außerdem überwiegend von außereuropäischen Unternehmen betrieben werde. Drei Viertel der Batterien kämen aus China.
Ein besonderes Problem für die europäischen Batteriehersteller stelle die Abhängigkeit von Rohstoffeinfuhren aus wenigen Drittländern dar: 87 Prozent der Lithium-Importe kämen aus Australien, 80 Prozent des Mangans aus Südafrika, 68 Prozent des Kobalts aus dem Kongo(DRK). Das sei nicht nur teuer sondern, wegen der mangelnden politischen Stabilität vieler Lieferländer, mit geopolitischen Risiken verbunden.

In der EU hergestellte Batterien seien nach wie vor viel teurer als geplant und praktisch nicht wettbewerbsfähig im Vergleich zu anderen, globalen Akteuren. Das könne dazu führen, „dass sich europäische Elektrofahrzeuge für den Großteil der Bevölkerung als unerschwinglich erweisen“. Der Verkauf von EV in der EU habe zwar deutlich zugenommen. Diese Verkäufe seien jedoch stark subventioniert worden. Ohne Subventionen lägen die Kosten für ein neues EV in der Regel über 30.000 Euro, 40 Prozent davon entfielen auf die Batterie.

„Wenn bei den Kapazitäten und der Wettbewerbsfähigkeit der EU keine klare Verbesserung erzielt wird, besteht die Gefahr, dass die Elektroauto-Revolution in Europa auf Importe angewiesen ist und sich letztlich nachteilig auf die europäische Automobilindustrie mit ihren mehr als 3 Millionen Arbeitsplätzen im verarbeitenden Gewerbe auswirkt“.

Die Attraktivität der EV leide außerdem an der nach wie vor schwachen Infrastruktur. In der Praxis gebe es in den meisten EU-Staaten nicht genug Ladepunkte. Bereits 2021 habe der ECA darauf hingewiesen, dass es äußerst schwierig sei, die EU in einem EV zu durchqueren. Trotz des standardisierten Steckers und Förderprogrammen für den Bau von Ladesäulen, habe sich die Lage nicht wirklich verbessert.

Zu wenig Ladepunkte

Es gebe nicht nur zu wenig Ladepunkte, die Verfügbarkeit sei auch von Land zu Land sehr unterschiedlich: 70 Prozent befänden sich in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden. Im Osten der EU sei es jedoch sehr unwahrscheinlich, einer Ladesäule zu begegnen. Außerdem fehle es an aktuellen Informationen und einem harmonisierten Zahlungssystem. Im Ergebnis sei das Reisen in einem EV weiter eher mühsam.

„Die EU muss den Grünen Deal nicht nur mit ihrer industriellen Souveränität in Einklang bringen, sondern auch die finanzielle Belastung für die Verbraucher berücksichtigen.“

Wichtigstes Ziel müsse es sein, den Anschluss an die Entwicklung bei den Batterien zu finden. Die EU und die Mitgliedsstaaten hätten dafür schon 8 Milliarden Euro Subventionen ausgegeben. Die Engpässe in der Rohstoffversorgung seien aber noch nicht vollständig beseitigt. „Die Bemühungen der EU, die Batterieproduktion zu steigern, könnten möglicherweise nicht ausreichen, um die steigende Nachfrage zu decken. Mit der möglichen Folge, dass die EU ihr Nullemissionsziel für 2035 verfehlt.“

Dienstag, 23.04.2024, 09:16 Uhr
Tom Weingärtner

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