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Energie & Management > Stromspeicher - Österreich plant Mega-Pumpspeicherkraftwerk
Quelle: Fotoliab / bKzenon
Stromspeicher

Österreich plant Mega-Pumpspeicherkraftwerk

Mit 1.000 MW Leistung im Turbinen- sowie im Pumpbetrieb wäre es eines der stärksten Pumpspeicherkraftwerke Österreichs: das "Lünerseewerk II".
Der zu 95 % landeseigene Vorarlberger Energiekonzern Illwerke VKW möchte am Fuße der 2.965 Meter hohen Schesaplana im Silvrettagebirge, etwa 55 Kilometer südlich der Landeshauptstadt Bregenz, das "Lünerseewerk II" errichten, eines der stärksten Pumpspeicherkraftwerke Österreichs.

Vorgesehen ist, das 1.000-MW-Projekt bis 2024 zu konkretisieren. Nach der Genehmigung könnte der Bau um das Jahr 2031 beginnen und bis etwa 2037/38 abgeschlossen werden. Die voraussichtlichen Kosten beziffert der Illwerke-VKW-Konzern mit rund 2 Mrd. Euro.

Mit dem Projekt würde die bestehende Kraftwerksgruppe Obere Ill - Lünersee maßgeblich erweitert. Zu deren wichtigsten Anlagen gehören das erste Lünerseewerk, das 1958 in Betrieb ging und 280 MW leistet, das seit 1969 am Netz befindliche 247 MW starke Kopswerk I und das 2008 fertiggestellte Kopswerk II mit 525 MW.

Das Lünerseewerk II würde den Stausee des Lünerseewerks nutzen. Von dort würden Druckleitungen mit einer Fallhöhe von insgesamt etwa 1.300 Metern zu einem Krafthaus nahe dem Umspannwerk Bürs geführt. Hier ließe sich der Strom ins Hochspannungsnetz einspeisen und abtransportieren. Somit wäre es nicht notwendig, neue Leitungen für die Einbindung des Lünerseewerks II in das Netz zu errichten. Nach Angaben der Illwerke VKW stiege deren Turbinenleistung mit dem neuen Pumpspeicher um etwa 43 %, die Pumpleistung würde sich sogar um etwa 74 % erhöhen.

Förderung oder nicht?

Laut dem Vorstandsvorsitzenden der Illwerke VKW, Christof Germann, könnten diese die Investition grundsätzlich „selbst finanzieren“. Zuschüsse des Landes seien jedoch denkbar. Germann nannte das Projekt aufgrund der zu erwartenden regionalen Wertschöpfung während der Bauzeit „einen wichtigen Impuls für die heimische Wirtschaft“. Überdies könnten die Illwerke VKW aller Voraussicht nach Ökostromförderungen aus dem Paket um das österreichische Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG-Paket) erhalten. Dieses wurde im Sommer vom Bundesparlament beschlossen. Über die Genehmigung des Förderregimes selbst durch die EU-Kommission wird verhandelt. Nach derzeitigem Stand könnten für neue Wasserkraftwerke "Marktprämien" beantragt werden, die den Unterschied zwischen den Kosten für die Stromerzeugung und den Großhandelspreisen für elektrische Energie ausgleichen. Begünstigt sind Anlagen jeder Größe, bei Großprojekten wie dem Lünerseewerk II sind allerdings nur die ersten 25 MW förderbar.

Kaum Widerstand, Grüne dafür

Widerstand seitens der Bevölkerung im westlichsten Bundesland Österreichs ist kaum zu erwarten: Im Unterschied zu manchen anderen österreichischen Energieunternehmen schafften es die Illwerke VKW bislang stets, diese für ihre Anliegen zu gewinnen. Zuletzt war dies beim Bau des 380 MW starken Obervermuntwerks II der Fall, das 2019 in Betrieb ging. Auch diese Anlage ist Teil der Kraftwerksgruppe Obere Ill-Lünersee.

Der Unterstützung durch die Politik kann sich der Konzern sicher sein. Landeshauptmann Markus Wallner (Österreichische Volkspartei, ÖVP) verlautete anlässlich der Projektvorstellung, das Unternehmen habe „schon vielfach bewiesen, dass es Kraftwerksprojekte im vorgegeben Zeit- und Budgetrahmen abwickeln kann. Auch der Ausgleich berechtigter ökologischer, wirtschaftlicher und regionaler Interessen ist dabei immer gelungen.“ Der für Klimapolitik zuständige Vorarlberger Landesrat Johannes Rauch (Grüne) sprach von einem „Schlüsselprojekt für die europäische Energiewende“. Ähnlich äußerte sich der Staatssekretär im Wiener Klima- und Energieministerium (BMK), Magnus Brunner, ein Parteifreund und Landsmann Wallners. Er nannte das Lünerseewerk II ein „Vorarlberger Vorzeigeprojekt“, das Österreich beim Erreichen seiner klima- und energiepolitischen Ziele unterstützen werde. Brunner sollte wissen, wovon er spricht: Er war vor 15 Jahren Bereichsleiter für Unternehmensentwicklung, Kommunikation und strategische Entwicklung der Illwerke VKW.

Vorteilhaft für Deutschland

Vorteilhaft sein könnte das Lünerseewerk II auch für die Energiewende in Deutschland. Schon 1926 schlossen die Vorläufer der Illwerke VKW mit den Vorgängerunternehmen der EnBW den legendären „Illwerkevertrag“. Auf seiner Basis werden die in Vorarlberg befindlichen (Pumpspeicher-)Kraftwerke in engster Abstimmung mit der heutigen EnBW betrieben. Sie sind gut geeignet, die witterungsbedingt schwankende Stromerzeugung von Windparks und Photovoltaikanlagen auszugleichen.

Wenig Vergleichbares

Ähnlich große Vorhaben wie das Lünerseewerk II sind in Österreich rar. Zwar plant die Tiroler Tiwag, ihr Pumpspeicherkraftwerk Kaunertal um etwa 900 MW zu erweitern. Wann dies erfolgt, ist indessen offen. Das Genehmigungsverfahren läuft seit 2015. Zurzeit konzentriert sich die Tiwag auf den in diesem Frühjahr begonnenen Ausbau ihrer Pumpspeicherkraftwerksgruppe Sellrain-Silz. Sie möchte deren Turbinenleistung bis 2026 um rund 130 MW auf etwa 900 MW steigern und plant dafür Investitionen von 1,2 Mrd. Euro.

Eine Gruppe privater Investoren arbeitet an einem Pumpspeicherkraftwerk mit 960 MW Leistung auf der Koralpe in der Weststeiermark. Das aus Gründen des Naturschutzes heftig umstrittene Vorhaben wurde diesen September in erster Instanz genehmigt. Nach Beschwerden von Projektgegnern ist nun das österreichische Bundesverwaltungsgericht als zweite Instanz am Zuge.
 

Freitag, 8.10.2021, 11:54 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Stromspeicher - Österreich plant Mega-Pumpspeicherkraftwerk
Quelle: Fotoliab / bKzenon
Stromspeicher
Österreich plant Mega-Pumpspeicherkraftwerk
Mit 1.000 MW Leistung im Turbinen- sowie im Pumpbetrieb wäre es eines der stärksten Pumpspeicherkraftwerke Österreichs: das "Lünerseewerk II".
Der zu 95 % landeseigene Vorarlberger Energiekonzern Illwerke VKW möchte am Fuße der 2.965 Meter hohen Schesaplana im Silvrettagebirge, etwa 55 Kilometer südlich der Landeshauptstadt Bregenz, das "Lünerseewerk II" errichten, eines der stärksten Pumpspeicherkraftwerke Österreichs.

Vorgesehen ist, das 1.000-MW-Projekt bis 2024 zu konkretisieren. Nach der Genehmigung könnte der Bau um das Jahr 2031 beginnen und bis etwa 2037/38 abgeschlossen werden. Die voraussichtlichen Kosten beziffert der Illwerke-VKW-Konzern mit rund 2 Mrd. Euro.

Mit dem Projekt würde die bestehende Kraftwerksgruppe Obere Ill - Lünersee maßgeblich erweitert. Zu deren wichtigsten Anlagen gehören das erste Lünerseewerk, das 1958 in Betrieb ging und 280 MW leistet, das seit 1969 am Netz befindliche 247 MW starke Kopswerk I und das 2008 fertiggestellte Kopswerk II mit 525 MW.

Das Lünerseewerk II würde den Stausee des Lünerseewerks nutzen. Von dort würden Druckleitungen mit einer Fallhöhe von insgesamt etwa 1.300 Metern zu einem Krafthaus nahe dem Umspannwerk Bürs geführt. Hier ließe sich der Strom ins Hochspannungsnetz einspeisen und abtransportieren. Somit wäre es nicht notwendig, neue Leitungen für die Einbindung des Lünerseewerks II in das Netz zu errichten. Nach Angaben der Illwerke VKW stiege deren Turbinenleistung mit dem neuen Pumpspeicher um etwa 43 %, die Pumpleistung würde sich sogar um etwa 74 % erhöhen.

Förderung oder nicht?

Laut dem Vorstandsvorsitzenden der Illwerke VKW, Christof Germann, könnten diese die Investition grundsätzlich „selbst finanzieren“. Zuschüsse des Landes seien jedoch denkbar. Germann nannte das Projekt aufgrund der zu erwartenden regionalen Wertschöpfung während der Bauzeit „einen wichtigen Impuls für die heimische Wirtschaft“. Überdies könnten die Illwerke VKW aller Voraussicht nach Ökostromförderungen aus dem Paket um das österreichische Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG-Paket) erhalten. Dieses wurde im Sommer vom Bundesparlament beschlossen. Über die Genehmigung des Förderregimes selbst durch die EU-Kommission wird verhandelt. Nach derzeitigem Stand könnten für neue Wasserkraftwerke "Marktprämien" beantragt werden, die den Unterschied zwischen den Kosten für die Stromerzeugung und den Großhandelspreisen für elektrische Energie ausgleichen. Begünstigt sind Anlagen jeder Größe, bei Großprojekten wie dem Lünerseewerk II sind allerdings nur die ersten 25 MW förderbar.

Kaum Widerstand, Grüne dafür

Widerstand seitens der Bevölkerung im westlichsten Bundesland Österreichs ist kaum zu erwarten: Im Unterschied zu manchen anderen österreichischen Energieunternehmen schafften es die Illwerke VKW bislang stets, diese für ihre Anliegen zu gewinnen. Zuletzt war dies beim Bau des 380 MW starken Obervermuntwerks II der Fall, das 2019 in Betrieb ging. Auch diese Anlage ist Teil der Kraftwerksgruppe Obere Ill-Lünersee.

Der Unterstützung durch die Politik kann sich der Konzern sicher sein. Landeshauptmann Markus Wallner (Österreichische Volkspartei, ÖVP) verlautete anlässlich der Projektvorstellung, das Unternehmen habe „schon vielfach bewiesen, dass es Kraftwerksprojekte im vorgegeben Zeit- und Budgetrahmen abwickeln kann. Auch der Ausgleich berechtigter ökologischer, wirtschaftlicher und regionaler Interessen ist dabei immer gelungen.“ Der für Klimapolitik zuständige Vorarlberger Landesrat Johannes Rauch (Grüne) sprach von einem „Schlüsselprojekt für die europäische Energiewende“. Ähnlich äußerte sich der Staatssekretär im Wiener Klima- und Energieministerium (BMK), Magnus Brunner, ein Parteifreund und Landsmann Wallners. Er nannte das Lünerseewerk II ein „Vorarlberger Vorzeigeprojekt“, das Österreich beim Erreichen seiner klima- und energiepolitischen Ziele unterstützen werde. Brunner sollte wissen, wovon er spricht: Er war vor 15 Jahren Bereichsleiter für Unternehmensentwicklung, Kommunikation und strategische Entwicklung der Illwerke VKW.

Vorteilhaft für Deutschland

Vorteilhaft sein könnte das Lünerseewerk II auch für die Energiewende in Deutschland. Schon 1926 schlossen die Vorläufer der Illwerke VKW mit den Vorgängerunternehmen der EnBW den legendären „Illwerkevertrag“. Auf seiner Basis werden die in Vorarlberg befindlichen (Pumpspeicher-)Kraftwerke in engster Abstimmung mit der heutigen EnBW betrieben. Sie sind gut geeignet, die witterungsbedingt schwankende Stromerzeugung von Windparks und Photovoltaikanlagen auszugleichen.

Wenig Vergleichbares

Ähnlich große Vorhaben wie das Lünerseewerk II sind in Österreich rar. Zwar plant die Tiroler Tiwag, ihr Pumpspeicherkraftwerk Kaunertal um etwa 900 MW zu erweitern. Wann dies erfolgt, ist indessen offen. Das Genehmigungsverfahren läuft seit 2015. Zurzeit konzentriert sich die Tiwag auf den in diesem Frühjahr begonnenen Ausbau ihrer Pumpspeicherkraftwerksgruppe Sellrain-Silz. Sie möchte deren Turbinenleistung bis 2026 um rund 130 MW auf etwa 900 MW steigern und plant dafür Investitionen von 1,2 Mrd. Euro.

Eine Gruppe privater Investoren arbeitet an einem Pumpspeicherkraftwerk mit 960 MW Leistung auf der Koralpe in der Weststeiermark. Das aus Gründen des Naturschutzes heftig umstrittene Vorhaben wurde diesen September in erster Instanz genehmigt. Nach Beschwerden von Projektgegnern ist nun das österreichische Bundesverwaltungsgericht als zweite Instanz am Zuge.
 

Freitag, 8.10.2021, 11:54 Uhr
Klaus Fischer

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