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Energie & Management > Windkraft Onshore - Nordex darf Windpark zerstören und wieder aufbauen
Quelle: Fotolai / pict rider
Windkraft Onshore

Nordex darf Windpark zerstören und wieder aufbauen

Für nahezu die Hälfte der von der Halterner Havarie direkt betroffenen Windenergieanlagen in Deutschland gibt es inzwischen eine Perspektive. RWE will noch 2023 den Park Jüchen beleben.
Der gebeutelte Windturbinenbauer Nordex hat im niederrheinischen Tagebaurevier weiter Kohlen im Feuer: Mit der Betreibergemeinschaft des Windparks „Jüchen 44n“ sind die Hamburger überein gekommen, das halbe Dutzend nun zu demontierender Anlagen auf neuen Türmen in Kürze wiedererrichten zu dürfen. Der Park, der RWE, der Stadt Jüchen und dem Mönchengladbacher Energieversorger NEW gehört, soll dann 2023 endlich ans Netz gehen können.

Die sechs Windkraftwerke im ehemaligen Braunkohletagebau Garzweiler (NRW) sind baugleich zu der Anlage, die im September 2021 im westfälischen Haltern eingestürzt war. Nordex hatte auf Anfrage unserer Redaktion jüngst eingeräumt, alle 17 weiteren, bauidentischen Anlagen deutschlandweit abbauen zu müssen.
 
Verschwindet vollständig, um dann 2023 wiederzuerstehen: Der Windpark "Jüchen 44n" im rheinischen Tagebaurevier
Quelle: RWE

Neben den Jüchener Anlagen wartet am Einsturzort in Haltern eine bereits neu errichtete Turbine auf ihren Netzanschluss noch im September 2022. Damit gibt es Anschlussperspektiven für mindestens sieben der 18 Windkraftanlagen. Im brandenburgischen Jacobsdorf müssen vier weitere Turbinen nach ihrer angekündigten Demontage womöglich zunächst neue Genehmigungshürden überwinden.

Nordex: Sicherheit hat Priorität

Die Hinweise verdichten sich, dass die gewählte Turmkonstruktion die Schwachstelle ist (wir berichteten). Nordex hatte bei 22 projektierten, davon 18 tatsächlich gebauten Anlagen auf die Bauweise des Unternehmens Ventur aus Siegen (Nordrhein-Westfalen) gesetzt. Die Kombination besteht aus vorgefertigten Beton-Teilen mit einem achteckigen Grundriss und aufgesetzten Stahlturm-Segmenten. Über die Verantwortlichkeiten für den Halterner Einsturz schweigen die Beteiligten sich weiter aus. Es drohen Regressforderungen in dreistelliger Millionenhöhe.

Zur getroffenen Vereinbarung mit den Jüchener Windpark-Betreibern über den Austausch der Türme lässt Karsten Brüggemann, Geschäftsführer von Nordex Germany, sich in einer Mitteilung so zitieren: „Sicherheit hat für uns oberste Priorität.“ In der von RWE versendeten Nachricht machen die „Jüchen 44n“-Betreiber erneut „festgestellte Baumängel an den Türmen“ für den nötigen Rückbau verantwortlich. Nun kommt eine Hybrid-Konstruktion in Stahlrohrbauweise zum Einsatz.

Eine Sprecherin von RWE bestätigte auf Anfrage, dass Nordex auch den Wiederaufbau in Jüchen umsetzen werde. Für die sechs Anlagen vom (unveränderten) Typ N149, die jeweils 4,5 MW leisten, sei lediglich eine Änderungsanzeige bei den Genehmigungsbehörden erforderlich. Von aufwändigeren Verfahren beim Neubau des Parks geht RWE nicht aus. Zu den Mehrkosten wollte RWE sich nicht äußern.

Rückbau nicht komplett möglich - Restturm ist zu sprengen

Der Schaden in Jüchen dürfte beträchtlich sein, wenn man sie in Beziehung zu den öffentlich genannten Investitionen der Halterner Betreibergemeinschaft setzt. Für zwei N149-Anlagen im Windpark „Haltern AV 9“ auf einem ehemaligen Zechengelände hatten die RAG Montan Immobilien und die Stadtwerke Haltern 10,8 Mio. Euro in die Hand genommen. In Jüchen dürften die Anfangsausgaben für den jetzt abzubauenden Park also hochgerechnet bei mehr als 30 Mio. Euro gelegen haben. Geld, das nun womöglich noch einmal einzusetzen ist.

Wenngleich Nordex anstrebt, so viele der wesentlichen Bauteile wie möglich wiederverwenden zu wollen. Eine Sprecherin sagte auf Anfrage unserer Redaktion, es sei geplant, das Maschinenhaus, die Nabe, den Triebstrang und die Rotorblätter der ursprünglichen Jüchener Anlagen auf den neuen Türmen wieder einzusetzen.

Auch die Kosten für den noch im August beginnenden Rückbau schlagen zu Buche. Und der ist aufwändig. Um Rotoren, Nabe, Gondel und Stahlturm bei fünf der sechs Jüchener Anlagen zu demontieren, geben die Beteiligten an, zunächst die Betontürme von außen mit zwei Stahlmanschetten verstärken zu wollen. Die unteren Betonsegmente sollen dann gesprengt werden. Dies hatte Nordex bereits bei einer baugleichen Anlage bei Prenzlau in der Uckermark (Brandenburg) durchexerziert.

Das sechste Jüchener Windkraftwerk ist ein Sonderfall. Bei ihm traten bereits im August 2021 Schäden am Turm auf. Aufgrund dieses „besonderen Schadenbilds“ sei, so RWE, ein eigenes Rückbaukonzept in Planung. Wegen der Schäden an diesem Turm – noch verstärkt durch die Halterner Havarie einen Monat später – war der gesamte Park aus Sicherheitsgründen stillgelegt worden. Nordex hatte ihn daher nie vollständig an die Betreibergemeinschaft übergeben können.

Wenigstens ein Lichtblick bleibt in Jüchen: Die zugesagte EEG-Förderung für die sechs Anlagen, so die Nordex-Sprecherin, "bleibt erhalten".

Donnerstag, 25.08.2022, 15:30 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Windkraft Onshore - Nordex darf Windpark zerstören und wieder aufbauen
Quelle: Fotolai / pict rider
Windkraft Onshore
Nordex darf Windpark zerstören und wieder aufbauen
Für nahezu die Hälfte der von der Halterner Havarie direkt betroffenen Windenergieanlagen in Deutschland gibt es inzwischen eine Perspektive. RWE will noch 2023 den Park Jüchen beleben.
Der gebeutelte Windturbinenbauer Nordex hat im niederrheinischen Tagebaurevier weiter Kohlen im Feuer: Mit der Betreibergemeinschaft des Windparks „Jüchen 44n“ sind die Hamburger überein gekommen, das halbe Dutzend nun zu demontierender Anlagen auf neuen Türmen in Kürze wiedererrichten zu dürfen. Der Park, der RWE, der Stadt Jüchen und dem Mönchengladbacher Energieversorger NEW gehört, soll dann 2023 endlich ans Netz gehen können.

Die sechs Windkraftwerke im ehemaligen Braunkohletagebau Garzweiler (NRW) sind baugleich zu der Anlage, die im September 2021 im westfälischen Haltern eingestürzt war. Nordex hatte auf Anfrage unserer Redaktion jüngst eingeräumt, alle 17 weiteren, bauidentischen Anlagen deutschlandweit abbauen zu müssen.
 
Verschwindet vollständig, um dann 2023 wiederzuerstehen: Der Windpark "Jüchen 44n" im rheinischen Tagebaurevier
Quelle: RWE

Neben den Jüchener Anlagen wartet am Einsturzort in Haltern eine bereits neu errichtete Turbine auf ihren Netzanschluss noch im September 2022. Damit gibt es Anschlussperspektiven für mindestens sieben der 18 Windkraftanlagen. Im brandenburgischen Jacobsdorf müssen vier weitere Turbinen nach ihrer angekündigten Demontage womöglich zunächst neue Genehmigungshürden überwinden.

Nordex: Sicherheit hat Priorität

Die Hinweise verdichten sich, dass die gewählte Turmkonstruktion die Schwachstelle ist (wir berichteten). Nordex hatte bei 22 projektierten, davon 18 tatsächlich gebauten Anlagen auf die Bauweise des Unternehmens Ventur aus Siegen (Nordrhein-Westfalen) gesetzt. Die Kombination besteht aus vorgefertigten Beton-Teilen mit einem achteckigen Grundriss und aufgesetzten Stahlturm-Segmenten. Über die Verantwortlichkeiten für den Halterner Einsturz schweigen die Beteiligten sich weiter aus. Es drohen Regressforderungen in dreistelliger Millionenhöhe.

Zur getroffenen Vereinbarung mit den Jüchener Windpark-Betreibern über den Austausch der Türme lässt Karsten Brüggemann, Geschäftsführer von Nordex Germany, sich in einer Mitteilung so zitieren: „Sicherheit hat für uns oberste Priorität.“ In der von RWE versendeten Nachricht machen die „Jüchen 44n“-Betreiber erneut „festgestellte Baumängel an den Türmen“ für den nötigen Rückbau verantwortlich. Nun kommt eine Hybrid-Konstruktion in Stahlrohrbauweise zum Einsatz.

Eine Sprecherin von RWE bestätigte auf Anfrage, dass Nordex auch den Wiederaufbau in Jüchen umsetzen werde. Für die sechs Anlagen vom (unveränderten) Typ N149, die jeweils 4,5 MW leisten, sei lediglich eine Änderungsanzeige bei den Genehmigungsbehörden erforderlich. Von aufwändigeren Verfahren beim Neubau des Parks geht RWE nicht aus. Zu den Mehrkosten wollte RWE sich nicht äußern.

Rückbau nicht komplett möglich - Restturm ist zu sprengen

Der Schaden in Jüchen dürfte beträchtlich sein, wenn man sie in Beziehung zu den öffentlich genannten Investitionen der Halterner Betreibergemeinschaft setzt. Für zwei N149-Anlagen im Windpark „Haltern AV 9“ auf einem ehemaligen Zechengelände hatten die RAG Montan Immobilien und die Stadtwerke Haltern 10,8 Mio. Euro in die Hand genommen. In Jüchen dürften die Anfangsausgaben für den jetzt abzubauenden Park also hochgerechnet bei mehr als 30 Mio. Euro gelegen haben. Geld, das nun womöglich noch einmal einzusetzen ist.

Wenngleich Nordex anstrebt, so viele der wesentlichen Bauteile wie möglich wiederverwenden zu wollen. Eine Sprecherin sagte auf Anfrage unserer Redaktion, es sei geplant, das Maschinenhaus, die Nabe, den Triebstrang und die Rotorblätter der ursprünglichen Jüchener Anlagen auf den neuen Türmen wieder einzusetzen.

Auch die Kosten für den noch im August beginnenden Rückbau schlagen zu Buche. Und der ist aufwändig. Um Rotoren, Nabe, Gondel und Stahlturm bei fünf der sechs Jüchener Anlagen zu demontieren, geben die Beteiligten an, zunächst die Betontürme von außen mit zwei Stahlmanschetten verstärken zu wollen. Die unteren Betonsegmente sollen dann gesprengt werden. Dies hatte Nordex bereits bei einer baugleichen Anlage bei Prenzlau in der Uckermark (Brandenburg) durchexerziert.

Das sechste Jüchener Windkraftwerk ist ein Sonderfall. Bei ihm traten bereits im August 2021 Schäden am Turm auf. Aufgrund dieses „besonderen Schadenbilds“ sei, so RWE, ein eigenes Rückbaukonzept in Planung. Wegen der Schäden an diesem Turm – noch verstärkt durch die Halterner Havarie einen Monat später – war der gesamte Park aus Sicherheitsgründen stillgelegt worden. Nordex hatte ihn daher nie vollständig an die Betreibergemeinschaft übergeben können.

Wenigstens ein Lichtblick bleibt in Jüchen: Die zugesagte EEG-Förderung für die sechs Anlagen, so die Nordex-Sprecherin, "bleibt erhalten".

Donnerstag, 25.08.2022, 15:30 Uhr
Volker Stephan

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