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Energie & Management > Europaeische Union - Netzbetreiber legen Ausbauszenarien vor
Bild: Shutterstock, Lightspring
Europaeische Union

Netzbetreiber legen Ausbauszenarien vor

Die Verbände der europäischen Netzbetreiber "ENTSO-E" und "ENTSOG" haben die Szenarien für den Ausbau der Strom- und Gasnetze veröffentlicht.

Die beiden Dachverbände sind vom europäischen Gesetzgeber damit beauftragt, einen zehnjährigen Ausbauplan (TYNDP) für die Strom- und Gas-Übertragungsnetze vorzulegen. Daran sollen sich Genehmigungsbehörden, Investoren oder Dienstleister orientieren. Der TYNDP ist auch die Grundlage für die Förderung von Projekten zum Netzausbau durch die EU. Den nächsten TYNDP wollen Entso-E und Entsog in einem Jahr vorlegen.

Grundlage für die Planung sind drei Szenarien, nach denen sich die europäische Energiewirtschaft in den nächsten zehn Jahren entwickeln könnte. Das Szenario „Nationale Trends“ beschreibt die Umsetzung der nationalen Energie- und Klimapläne, die von den Mitgliedstaaten aufgestellt werden. Zusätzlich beschreiben die Verbände eine Umsetzung des europäischen Klimaziels (Reduzierung der CO2-Emissionen um 55 %) in einer zentralisierten und einer dezentralisierten Energiewirtschaft.

Unterschiedliche Lösungsansätze

Das dezentrale Szenario, „Distributed Energie“ (DE) genannt, ist durch den Ãœbergang zu lokalen und regionalen Lösungen, mit autonomen „Prosumers“, einer hohen Autonomie auf der Grundlage erneuerbarer Energiequellen und digitaler Integration gekennzeichnet. In der Erzeugung dominiert die Nutzung der Photovoltaik und von Batterien, im Verbrauch Wärmepumpen und Kraft-Wärme-Kopplung. Der Mobilitätsbedarf wird vorwiegend durch Elektrofahrzeuge gedeckt.

Das industrielle Szenario, „Global Ambition“ (GA) genannt, ist in die globale Energiewirtschaft integriert und setzt neben der Stromerzeugung aus Wind und Sonne auch auf den Import von Energie. Zwar sinkt auch hier der Energieverbrauch, der Schwerpunkt liegt jedoch auf der Versorgung mit preisgünstiger Energie aus großen Windparks, auf leistungsfähigen Großspeichern und einer wettbewerbsfähigen Industrie. Im GA-Szenario haben auch Atomkraftwerke und die CCS-Technik Platz. Im Verkehrssektor sind Elektroautos (EV) genauso vertreten wie Fahrzeuge mit Brennstoffzelle (FCEV) oder Verbrennungsmotor mit Biokraftstoff.

In beiden Szenarios würden die Treibhausgase in der EU bis 2030 um 55 % gesenkt und 2050 würden „netto“ gar keine Treibhausgase mehr ausgestoßen. Rund die Hälfte des Energieverbrauchs der privaten Haushalte und im Dienstleistungssektor entfiele 2050 auf Elektrizität, in der Industrie wären es mindestens 40 % und im Verkehr (einschließlich See- und Luftverkehr) wären es 25 %. In der Landwirtschaft rund 20 %. Die Energieintensität wäre im Szenario DE nur leicht geringer als in GA.

Wärmepumpen im Fokus

Im Szenario DE werden Heizungen im großen Stil auf Wärmepumpen umgestellt. Ob es dabei zu einer Senkung des Verbrauchs komme, sei jedoch nicht ausgemacht, heißt es im Bericht von Entso-E und Entsog, denn die Wärmepumpen könnten im Sommer als Klimaanlage eingesetzt werden. Im Szenario GA kämen auch „hybride Wärmepumpen“ zum Einsatz, das sind kombinierte Anlagen, die bei sehr niedrigen Temperaturen Gas verwenden.

Im Gebäudesektor kämen daher auch Methan und Wasserstoff zum Einsatz. Der Bedarf könnte auch durch Importe gedeckt werden. Wärmepumpen würden danach 2050 zwischen 43 und 54 % des Wärmebedarfs im Gebäudesektor decken, „hybride“ Lösungen zwischen 9 und 18 %. Heizwerke kämen auf einen Marktanteil zwischen 15 und 32 %. Andere Technologien wie Brennstoffzellen spielten nur eine untergeordnete Rolle.

Auch im Verkehrsmarkt bliebe die Bedeutung der FCEV-Technik begrenzt, bis 2050 rechnet der Bericht mit einem Anteil zwischen 6 und 16 %. Elektrofahrzeuge könnten bis dahin einen Anteil von mindestens 74 % erreichen oder sogar 89 %. Für den Güterverkehr geben die Autoren keine Prognose. Sie weisen aber darauf hin, dass in GA die Brennstoffzelle eine größere Rolle spielen dürfte als in DE.

Im Hinblick auf das Angebot gehen Entso-E und Entsog davon aus, dass bis 2050 ein Potenzial von 4.600 GW Solarenergie und 8.362 GW Windkraft erschlossen werden kann. Im Szenario DE würden vor allem PV-Anlagen und Onshore-Wind ausgebaut, in GA eher Off-Shore-Windparks und große Solarkraftwerke. Die Erzeugung könnte durch Atomkraft und Importe optimiert werden.

Die installierte Leistung der PV-Anlagen könnte zwischen 930 und 2.000 GW liegen, die der Onshore-Windräder zwischen 840 und 8.362 sowie Offshore-Windparks bis zu 270 GW. Die Kapazität der AKW würde noch mindestens 19 GW betragen, könnte aber bis dahin auch auf 99 GW erweitert werden. Öl- und Gasimporte (einschließlich Wasserstoff) könnten noch 1.850 bis 2.000 Mrd. kWh erreichen, wobei Wasserstoff im DE-Szenario überwiegend aus heimischem Ökostrom erzeugt wird, im GA-Szenario kann der Wasserstoff auch importiert werden, aus fossilem Strom (mit CCS-Technik) oder aus Nuklearstrom entstehen.

Wichtige Eckwerte, die für die Planung der Netze benötigt werden, fehlen in dem Bericht noch, beispielsweise Angaben über den Spitzenverbrauch bei Strom und Gas oder über Angebot und Nachfrage auf dem Gasmarkt. Sie sollen in den nächsten Monaten entwickelt und im Sommer veröffentlicht werden. Weiter Informationen zu den Szenarien für den Ausbau der Strom- und Gasnetze auf der Internetseite der Netzbetreiber.


Dienstag, 4.05.2021, 09:19 Uhr
Tom Weingärtner
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Bild: Shutterstock, Lightspring
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Netzbetreiber legen Ausbauszenarien vor
Die Verbände der europäischen Netzbetreiber "ENTSO-E" und "ENTSOG" haben die Szenarien für den Ausbau der Strom- und Gasnetze veröffentlicht.

Die beiden Dachverbände sind vom europäischen Gesetzgeber damit beauftragt, einen zehnjährigen Ausbauplan (TYNDP) für die Strom- und Gas-Übertragungsnetze vorzulegen. Daran sollen sich Genehmigungsbehörden, Investoren oder Dienstleister orientieren. Der TYNDP ist auch die Grundlage für die Förderung von Projekten zum Netzausbau durch die EU. Den nächsten TYNDP wollen Entso-E und Entsog in einem Jahr vorlegen.

Grundlage für die Planung sind drei Szenarien, nach denen sich die europäische Energiewirtschaft in den nächsten zehn Jahren entwickeln könnte. Das Szenario „Nationale Trends“ beschreibt die Umsetzung der nationalen Energie- und Klimapläne, die von den Mitgliedstaaten aufgestellt werden. Zusätzlich beschreiben die Verbände eine Umsetzung des europäischen Klimaziels (Reduzierung der CO2-Emissionen um 55 %) in einer zentralisierten und einer dezentralisierten Energiewirtschaft.

Unterschiedliche Lösungsansätze

Das dezentrale Szenario, „Distributed Energie“ (DE) genannt, ist durch den Ãœbergang zu lokalen und regionalen Lösungen, mit autonomen „Prosumers“, einer hohen Autonomie auf der Grundlage erneuerbarer Energiequellen und digitaler Integration gekennzeichnet. In der Erzeugung dominiert die Nutzung der Photovoltaik und von Batterien, im Verbrauch Wärmepumpen und Kraft-Wärme-Kopplung. Der Mobilitätsbedarf wird vorwiegend durch Elektrofahrzeuge gedeckt.

Das industrielle Szenario, „Global Ambition“ (GA) genannt, ist in die globale Energiewirtschaft integriert und setzt neben der Stromerzeugung aus Wind und Sonne auch auf den Import von Energie. Zwar sinkt auch hier der Energieverbrauch, der Schwerpunkt liegt jedoch auf der Versorgung mit preisgünstiger Energie aus großen Windparks, auf leistungsfähigen Großspeichern und einer wettbewerbsfähigen Industrie. Im GA-Szenario haben auch Atomkraftwerke und die CCS-Technik Platz. Im Verkehrssektor sind Elektroautos (EV) genauso vertreten wie Fahrzeuge mit Brennstoffzelle (FCEV) oder Verbrennungsmotor mit Biokraftstoff.

In beiden Szenarios würden die Treibhausgase in der EU bis 2030 um 55 % gesenkt und 2050 würden „netto“ gar keine Treibhausgase mehr ausgestoßen. Rund die Hälfte des Energieverbrauchs der privaten Haushalte und im Dienstleistungssektor entfiele 2050 auf Elektrizität, in der Industrie wären es mindestens 40 % und im Verkehr (einschließlich See- und Luftverkehr) wären es 25 %. In der Landwirtschaft rund 20 %. Die Energieintensität wäre im Szenario DE nur leicht geringer als in GA.

Wärmepumpen im Fokus

Im Szenario DE werden Heizungen im großen Stil auf Wärmepumpen umgestellt. Ob es dabei zu einer Senkung des Verbrauchs komme, sei jedoch nicht ausgemacht, heißt es im Bericht von Entso-E und Entsog, denn die Wärmepumpen könnten im Sommer als Klimaanlage eingesetzt werden. Im Szenario GA kämen auch „hybride Wärmepumpen“ zum Einsatz, das sind kombinierte Anlagen, die bei sehr niedrigen Temperaturen Gas verwenden.

Im Gebäudesektor kämen daher auch Methan und Wasserstoff zum Einsatz. Der Bedarf könnte auch durch Importe gedeckt werden. Wärmepumpen würden danach 2050 zwischen 43 und 54 % des Wärmebedarfs im Gebäudesektor decken, „hybride“ Lösungen zwischen 9 und 18 %. Heizwerke kämen auf einen Marktanteil zwischen 15 und 32 %. Andere Technologien wie Brennstoffzellen spielten nur eine untergeordnete Rolle.

Auch im Verkehrsmarkt bliebe die Bedeutung der FCEV-Technik begrenzt, bis 2050 rechnet der Bericht mit einem Anteil zwischen 6 und 16 %. Elektrofahrzeuge könnten bis dahin einen Anteil von mindestens 74 % erreichen oder sogar 89 %. Für den Güterverkehr geben die Autoren keine Prognose. Sie weisen aber darauf hin, dass in GA die Brennstoffzelle eine größere Rolle spielen dürfte als in DE.

Im Hinblick auf das Angebot gehen Entso-E und Entsog davon aus, dass bis 2050 ein Potenzial von 4.600 GW Solarenergie und 8.362 GW Windkraft erschlossen werden kann. Im Szenario DE würden vor allem PV-Anlagen und Onshore-Wind ausgebaut, in GA eher Off-Shore-Windparks und große Solarkraftwerke. Die Erzeugung könnte durch Atomkraft und Importe optimiert werden.

Die installierte Leistung der PV-Anlagen könnte zwischen 930 und 2.000 GW liegen, die der Onshore-Windräder zwischen 840 und 8.362 sowie Offshore-Windparks bis zu 270 GW. Die Kapazität der AKW würde noch mindestens 19 GW betragen, könnte aber bis dahin auch auf 99 GW erweitert werden. Öl- und Gasimporte (einschließlich Wasserstoff) könnten noch 1.850 bis 2.000 Mrd. kWh erreichen, wobei Wasserstoff im DE-Szenario überwiegend aus heimischem Ökostrom erzeugt wird, im GA-Szenario kann der Wasserstoff auch importiert werden, aus fossilem Strom (mit CCS-Technik) oder aus Nuklearstrom entstehen.

Wichtige Eckwerte, die für die Planung der Netze benötigt werden, fehlen in dem Bericht noch, beispielsweise Angaben über den Spitzenverbrauch bei Strom und Gas oder über Angebot und Nachfrage auf dem Gasmarkt. Sie sollen in den nächsten Monaten entwickelt und im Sommer veröffentlicht werden. Weiter Informationen zu den Szenarien für den Ausbau der Strom- und Gasnetze auf der Internetseite der Netzbetreiber.


Dienstag, 4.05.2021, 09:19 Uhr
Tom Weingärtner

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