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Energie & Management > Politik - Netzbetreiber fordern rationale Debatte über steuerbare Verbraucher
Quelle: Fotolia / Tom-Hanisch
Politik

Netzbetreiber fordern rationale Debatte über steuerbare Verbraucher

In einem Brief an das Bundeswirtschaftsministerium beklagen 32 Verteilnetzbetreiber, die Automobilindustrie und andere Unternehmen schürten ungerechtfertigte Ängste der Verbraucher.
Auf „schmerzliche Weise“ drohe sich die Debatte von 2021 zu wiederholen, schreiben die Verteilnetzbetreiber in ihrem Brief, der der Redaktion vorliegt. Schon vor zwei Jahren haben die Diskussionen um den § 14a EnWG gezeigt, wie kontrovers Eingriffe in die Souveränität von Verbrauchern gesehen werden. Dem damaligen Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte die Autolobby eingeredet, Zugriffe der Netzbetreiber auf die Ladeinfrastruktur würden potenzielle Käufer vom Erwerb eines E-Autos abschrecken. Damit war der Entwurf des Steuerbare-Verbrauchseinrichtungen-Gesetzes vom Tisch.

Erst im Januar dieses Jahres hatte eine Reihe von Unternehmen, darunter Tesla und Viessmann, erneut vor einer Steuerung von Wallboxen und Wärmepumpen durch die Verteilnetzbetreiber gewarnt.

Eingriffe sollen auf das Mindeste begrenzt werden

„Die von Teilen der Automobilbranche und anderen Briefunterzeichnern getriebenen Argumente schüren zu Unrecht die ureigenen Ängste der Verbraucherinnen und Verbraucher, die Kontrolle über den Einsatz ihres Fahrzeugs an den Verteilnetzbetreiber abgeben zu müssen“, heißt es in dem auf den 15. Februar 2023 datierten zweiseitigen Schreiben an Staatssekretär Patrick Graichen.

„Wir möchten Sie dringend bitten, die Debatte gemeinsam mit uns auf eine rationale Ebene zurückzuführen. Der Erfolg des Osterpakets aus Ihrem Hause steht auf dem Spiel“, heißt es weiter.

Die Netzbetreiber betonen, sie unterstützen die Ziele des von der Bundesnetzagentur kürzlich vorgelegten Eckpunktepapiers. Dieses markierte den Auftakt des Festlegungsverfahrens „zur Integration von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen und steuerbaren Netzanschlüssen nach §14 a Energiewirtschaftsgesetz“. Die darin vorgeschlagenen Rahmenbedingungen würden „auf pragmatische Weise“ die Basis für die Umsetzung der Energie-, Verkehrs- und Wärmewende schaffen.

Das Ambitionsniveau der Bundesregierung für den Ausbau dezentraler Verbraucher werde fast monatlich ehrgeiziger. Entsprechend könne deren zunehmende Zahl, verbunden mit hohen technischen Anforderungen, die bestehende Netzkapazitäten an ihre Grenzen bringen. Daher sei zwar Netzausbau „das Gebot der Stunde“. Dieser werde jedoch mit dem Bedarf nicht immer schritthalten können. Daher sei die Nutzung von Flexibilitäten erforderlich, nicht zuletzt, um allen Kundenwünschen nach einem schnellen Netzanschluss nachkommen zu können. „Keine Kundin und kein Kunde soll mit einem Umstieg auf E-Mobilität oder Wärmepumpen warten müssen, bis das Netz entsprechend ausgebaut ist“, versichern die Verteilnetzbetreiber. Gleichzeitig müsse aber auch die Netzstabilität höchste Priorität haben. Mit der anstehenden Festlegung der Bundesnetzagentur zur Ausgestaltung des §14 a EnWG könnten genau diese beiden Anforderungen „unter einen Hut“ gebracht werden.

„Dynamische Netzentgelte leisten dies eben nicht“, schreiben sie.
Auch eine rein marktliche Beschaffung von Flexibilitäten zur Vermeidung von Engpässen sei nicht geeignet. Denn aufgrund der Kleinteiligkeit der Engpässe in einzelnen Niederspannungsabgängen, gehen die Netzbetreiber davon aus, dass auf absehbare Zeit keine liquiden Märkte entstehen werden.

Rein marktliche Beschaffung von Flexibilitäten nicht geeignet

Ziel sei es, die Eingriffe „auf das Mindeste zu begrenzen“. Zudem gehe nicht um vollständige Abschaltungen, sondern um eine „dimmende“ Steuerung. Ein marktorientiertes Laden oder Heizen soll „selbstverständlich“ möglich sein.
Abschließend erbitten die Netzbetreiber mehr Realismus in der öffentlichen Debatte und setzen eine Spitze gegen die Automobilhersteller. Wer eine Ertüchtigung von Netzsträngen inklusive der zugehörigen Planungs- und Genehmigungsverfahren innerhalb von zwölf Monaten fordere, solle sich zunächst einmal vergegenwärtigen, dass diese Frist den aktuellen Lieferzeiten für Standard-Elektroautos, die weit weniger Genehmigungserfordernisse haben, entspricht.

Außerdem könne man davon ausgehen, dass mit zunehmender Reichweite der E-Autos das Erfordernis des täglichen Ladens an der heimischen Wallbox abnehme, so wie auch Verbrenner nicht täglich betankt werden.

Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem Eon, die Thüga, die Stadtwerke München, die Westnetz, die Wemag Netz, die Rheinische Netzgesellschaft, die Pfalzwerke Netz, EWE Netz, Bayernwerk Netz, Stromnetz Berlin und Stromnetz Hamburg.
 

Montag, 20.02.2023, 16:53 Uhr
Fritz Wilhelm
Energie & Management > Politik - Netzbetreiber fordern rationale Debatte über steuerbare Verbraucher
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Politik
Netzbetreiber fordern rationale Debatte über steuerbare Verbraucher
In einem Brief an das Bundeswirtschaftsministerium beklagen 32 Verteilnetzbetreiber, die Automobilindustrie und andere Unternehmen schürten ungerechtfertigte Ängste der Verbraucher.
Auf „schmerzliche Weise“ drohe sich die Debatte von 2021 zu wiederholen, schreiben die Verteilnetzbetreiber in ihrem Brief, der der Redaktion vorliegt. Schon vor zwei Jahren haben die Diskussionen um den § 14a EnWG gezeigt, wie kontrovers Eingriffe in die Souveränität von Verbrauchern gesehen werden. Dem damaligen Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte die Autolobby eingeredet, Zugriffe der Netzbetreiber auf die Ladeinfrastruktur würden potenzielle Käufer vom Erwerb eines E-Autos abschrecken. Damit war der Entwurf des Steuerbare-Verbrauchseinrichtungen-Gesetzes vom Tisch.

Erst im Januar dieses Jahres hatte eine Reihe von Unternehmen, darunter Tesla und Viessmann, erneut vor einer Steuerung von Wallboxen und Wärmepumpen durch die Verteilnetzbetreiber gewarnt.

Eingriffe sollen auf das Mindeste begrenzt werden

„Die von Teilen der Automobilbranche und anderen Briefunterzeichnern getriebenen Argumente schüren zu Unrecht die ureigenen Ängste der Verbraucherinnen und Verbraucher, die Kontrolle über den Einsatz ihres Fahrzeugs an den Verteilnetzbetreiber abgeben zu müssen“, heißt es in dem auf den 15. Februar 2023 datierten zweiseitigen Schreiben an Staatssekretär Patrick Graichen.

„Wir möchten Sie dringend bitten, die Debatte gemeinsam mit uns auf eine rationale Ebene zurückzuführen. Der Erfolg des Osterpakets aus Ihrem Hause steht auf dem Spiel“, heißt es weiter.

Die Netzbetreiber betonen, sie unterstützen die Ziele des von der Bundesnetzagentur kürzlich vorgelegten Eckpunktepapiers. Dieses markierte den Auftakt des Festlegungsverfahrens „zur Integration von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen und steuerbaren Netzanschlüssen nach §14 a Energiewirtschaftsgesetz“. Die darin vorgeschlagenen Rahmenbedingungen würden „auf pragmatische Weise“ die Basis für die Umsetzung der Energie-, Verkehrs- und Wärmewende schaffen.

Das Ambitionsniveau der Bundesregierung für den Ausbau dezentraler Verbraucher werde fast monatlich ehrgeiziger. Entsprechend könne deren zunehmende Zahl, verbunden mit hohen technischen Anforderungen, die bestehende Netzkapazitäten an ihre Grenzen bringen. Daher sei zwar Netzausbau „das Gebot der Stunde“. Dieser werde jedoch mit dem Bedarf nicht immer schritthalten können. Daher sei die Nutzung von Flexibilitäten erforderlich, nicht zuletzt, um allen Kundenwünschen nach einem schnellen Netzanschluss nachkommen zu können. „Keine Kundin und kein Kunde soll mit einem Umstieg auf E-Mobilität oder Wärmepumpen warten müssen, bis das Netz entsprechend ausgebaut ist“, versichern die Verteilnetzbetreiber. Gleichzeitig müsse aber auch die Netzstabilität höchste Priorität haben. Mit der anstehenden Festlegung der Bundesnetzagentur zur Ausgestaltung des §14 a EnWG könnten genau diese beiden Anforderungen „unter einen Hut“ gebracht werden.

„Dynamische Netzentgelte leisten dies eben nicht“, schreiben sie.
Auch eine rein marktliche Beschaffung von Flexibilitäten zur Vermeidung von Engpässen sei nicht geeignet. Denn aufgrund der Kleinteiligkeit der Engpässe in einzelnen Niederspannungsabgängen, gehen die Netzbetreiber davon aus, dass auf absehbare Zeit keine liquiden Märkte entstehen werden.

Rein marktliche Beschaffung von Flexibilitäten nicht geeignet

Ziel sei es, die Eingriffe „auf das Mindeste zu begrenzen“. Zudem gehe nicht um vollständige Abschaltungen, sondern um eine „dimmende“ Steuerung. Ein marktorientiertes Laden oder Heizen soll „selbstverständlich“ möglich sein.
Abschließend erbitten die Netzbetreiber mehr Realismus in der öffentlichen Debatte und setzen eine Spitze gegen die Automobilhersteller. Wer eine Ertüchtigung von Netzsträngen inklusive der zugehörigen Planungs- und Genehmigungsverfahren innerhalb von zwölf Monaten fordere, solle sich zunächst einmal vergegenwärtigen, dass diese Frist den aktuellen Lieferzeiten für Standard-Elektroautos, die weit weniger Genehmigungserfordernisse haben, entspricht.

Außerdem könne man davon ausgehen, dass mit zunehmender Reichweite der E-Autos das Erfordernis des täglichen Ladens an der heimischen Wallbox abnehme, so wie auch Verbrenner nicht täglich betankt werden.

Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem Eon, die Thüga, die Stadtwerke München, die Westnetz, die Wemag Netz, die Rheinische Netzgesellschaft, die Pfalzwerke Netz, EWE Netz, Bayernwerk Netz, Stromnetz Berlin und Stromnetz Hamburg.
 

Montag, 20.02.2023, 16:53 Uhr
Fritz Wilhelm

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