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Energie & Management > Gaskraftwerke - Netzagentur prognostiziert
Quelle: Fotolia / Ralf Urner
Gaskraftwerke

Netzagentur prognostiziert "guten Jahresabschluss" bei Gas

Deutschland hat in der Woche bis Weihnachten wesentlich weniger Gas verbraucht. Die Sparappelle der Netzagentur richten sich derweil an alle, nur nicht an die Kraftwerksbetreiber.
Bundesnetzagentur-Präsident Klaus Müller hat den Gasverbrauch Deutschlands in der Woche vom 19. bis 25. Dezember in Verbindung mit anderen Fundamentaldaten positiv hervorgehoben. Am 29. Dezember twitterte der Behördenchef auf seinem privaten Account: "Warme Temperaturen & mehr Windenergie helfen, Gasspeicherstände steigen, bedeutet guter Jahresabsschluss (sic!)."

Laut den Zahlen des Regulierers, die vor allem vom deutschen Gasmarktgebiets-Betreiber THE kommen, verbrauchte Deutschland in der Woche bis Weihnachten mit durchschnittlich 2,86 Milliarden kWh pro Tag 24 Prozent weniger Erdgas als im vierjährigen Durchschnitt. Gegenüber der Vorwoche sank der Verbrauch sogar um gut 37 Prozent. Doch temperaturbereinigt betrug das Minus nur gut 12 Prozent, was die Behörde und Müller als "kritisch" bezeichneten. Deutschland müsse im gesamten Winter nach wie vor ein Sparziel von 20 Prozent erreichen, die ersten Flüssigerdgas-Importe müssten sich Anfang 2023 wie vorgesehen bemerkbar machen, und das Sinken der Pipegas-Importe müsse ebenso moderat bleiben wie der Anstieg der Exporte von einem "besonders niedrigen" Stand aus.

Die Gasversorgung, schreibt die Behörde, sei "stabil" und sicher, die Lage bleibe "angespannt", und eine Verschlechterung sei nicht auszuschließen. Der Füllstand der deutschen Gasspeicher erhöhte sich vom 26. auf den 27. Dezember um 0,22 Punkte auf 88,84 Prozent, der größte Speicher Rehden bei Bremen erreichte sogar 90,54 Prozent. Seit Weihnachten wird − ungewöhnlich in der Heizperiode − per Saldo eingespeichert.

Am meisten ging der Gasverbrauch, sowohl nominell als auch prozentual, in der Woche bis Weihnachten in der "Industrie" zurück, nämlich um gut 31 Prozent auf im Mittel 1,28 Milliarden kWh pro Tag. Bei den Haushalten und Gewerbebetrieben stand unter dem Strich ein Minus von fast 17 Prozent auf 1,58 Milliarden kWh.

Verbrauchsprognose: weiterer Rückgang

Dies lag vor allem an den beginnenden Werksferien in der Industrie und an den relativ milden Temperaturen. Diese bewegten sich um 2,3 Grad über dem mehrjährigen Schnitt. Die Netzagentur prognostizierte einen weiter rückläufigen Gasverbrauch im Rest des Jahres bei Temperaturdurchschnitten von +6,8 Grad. Es wurde das wärmste Silvester seit 1881 erwartet.

Verbrauch von Kraftwerksgas wird versteckt

Die Netzagentur fasst allerdings auf ihrer Landingpage zur Gasversorgung unter "Industrie" sowohl das produzierende Gewerbe mit registrierender Leistungsmessung (RLM) als auch die Kraftwerke (ebenfalls RLM-Kunden) zusammen. Das ist merkwürdig
  • angesichts dessen, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) schon Ende Februar, am Tag vier des Ukrainekrieges, öffentlich darauf gedrängt hatte, den Verbrauch von Kraftwerksgas zurückzufahren.
  • Es ist auch seltsam vor dem Hintergrund, dass die Industrie einer anderen Verbrauchslogik folgt als der Kraftwerksbereich.
Die Netzagentur erklärt auf Anfrage, eine Differenzierung sei nicht vorgesehen, "da es um eine Einschätzung des gesamten Verbrauchs geht".

Habecks Worten folgten wenig durchschlagende Taten. Die Stromproduktion von Gaskraftwerken legte während der dreiwöchigen Dunkelflaute bis Mitte Dezember enorm zu: Hatten Gasblöcke laut einer anderen Transparenzplattform der Netzagentur, Smard.de, seit dem Krieg nur an drei August-Tagen hintereinander mehr als 250 Mio. kWh Strom produziert und lag die Tagesproduktion aus Erdgas fast den gesamten November unter 200 Mio. kWh, stieg sie während der Dunkelflaute in Wellen teilweise über 300 Mio. kWh mit einem Spitzenwert von 396 Mio. kWh am 16. Dezember.

Aus Sicht der Netzagentur ging das nicht anders: Neben der geringen Wind- und PV-Einspeisung bestand ein hoher Strombedarf, auch aus Frankreich, das mit der Verfügbarkeit von Atommeilern Probleme hat. Und die deutschen Braun- und Steinkohle-Blöcke liefen seit etwa 28. November "weitgehend mit voller Kapazität". Die Gasblöcke deckten den Restbedarf, und ihr Hochfahren sei eine rein betriebswirtschaftliche Entscheidung der Betreiber im Rahmen der Day-ahead-Stromauktion.

Seit einschließlich dem ersten Weihnachtsfeiertag erzeugen die deutschen Gaskraftwerke nur noch unter 70 Mio. kWh Strom täglich, unter anderem wegen einer größeren Windkraft-Einspeisung.

Freitag, 30.12.2022, 16:02 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Gaskraftwerke - Netzagentur prognostiziert
Quelle: Fotolia / Ralf Urner
Gaskraftwerke
Netzagentur prognostiziert "guten Jahresabschluss" bei Gas
Deutschland hat in der Woche bis Weihnachten wesentlich weniger Gas verbraucht. Die Sparappelle der Netzagentur richten sich derweil an alle, nur nicht an die Kraftwerksbetreiber.
Bundesnetzagentur-Präsident Klaus Müller hat den Gasverbrauch Deutschlands in der Woche vom 19. bis 25. Dezember in Verbindung mit anderen Fundamentaldaten positiv hervorgehoben. Am 29. Dezember twitterte der Behördenchef auf seinem privaten Account: "Warme Temperaturen & mehr Windenergie helfen, Gasspeicherstände steigen, bedeutet guter Jahresabsschluss (sic!)."

Laut den Zahlen des Regulierers, die vor allem vom deutschen Gasmarktgebiets-Betreiber THE kommen, verbrauchte Deutschland in der Woche bis Weihnachten mit durchschnittlich 2,86 Milliarden kWh pro Tag 24 Prozent weniger Erdgas als im vierjährigen Durchschnitt. Gegenüber der Vorwoche sank der Verbrauch sogar um gut 37 Prozent. Doch temperaturbereinigt betrug das Minus nur gut 12 Prozent, was die Behörde und Müller als "kritisch" bezeichneten. Deutschland müsse im gesamten Winter nach wie vor ein Sparziel von 20 Prozent erreichen, die ersten Flüssigerdgas-Importe müssten sich Anfang 2023 wie vorgesehen bemerkbar machen, und das Sinken der Pipegas-Importe müsse ebenso moderat bleiben wie der Anstieg der Exporte von einem "besonders niedrigen" Stand aus.

Die Gasversorgung, schreibt die Behörde, sei "stabil" und sicher, die Lage bleibe "angespannt", und eine Verschlechterung sei nicht auszuschließen. Der Füllstand der deutschen Gasspeicher erhöhte sich vom 26. auf den 27. Dezember um 0,22 Punkte auf 88,84 Prozent, der größte Speicher Rehden bei Bremen erreichte sogar 90,54 Prozent. Seit Weihnachten wird − ungewöhnlich in der Heizperiode − per Saldo eingespeichert.

Am meisten ging der Gasverbrauch, sowohl nominell als auch prozentual, in der Woche bis Weihnachten in der "Industrie" zurück, nämlich um gut 31 Prozent auf im Mittel 1,28 Milliarden kWh pro Tag. Bei den Haushalten und Gewerbebetrieben stand unter dem Strich ein Minus von fast 17 Prozent auf 1,58 Milliarden kWh.

Verbrauchsprognose: weiterer Rückgang

Dies lag vor allem an den beginnenden Werksferien in der Industrie und an den relativ milden Temperaturen. Diese bewegten sich um 2,3 Grad über dem mehrjährigen Schnitt. Die Netzagentur prognostizierte einen weiter rückläufigen Gasverbrauch im Rest des Jahres bei Temperaturdurchschnitten von +6,8 Grad. Es wurde das wärmste Silvester seit 1881 erwartet.

Verbrauch von Kraftwerksgas wird versteckt

Die Netzagentur fasst allerdings auf ihrer Landingpage zur Gasversorgung unter "Industrie" sowohl das produzierende Gewerbe mit registrierender Leistungsmessung (RLM) als auch die Kraftwerke (ebenfalls RLM-Kunden) zusammen. Das ist merkwürdig
  • angesichts dessen, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) schon Ende Februar, am Tag vier des Ukrainekrieges, öffentlich darauf gedrängt hatte, den Verbrauch von Kraftwerksgas zurückzufahren.
  • Es ist auch seltsam vor dem Hintergrund, dass die Industrie einer anderen Verbrauchslogik folgt als der Kraftwerksbereich.
Die Netzagentur erklärt auf Anfrage, eine Differenzierung sei nicht vorgesehen, "da es um eine Einschätzung des gesamten Verbrauchs geht".

Habecks Worten folgten wenig durchschlagende Taten. Die Stromproduktion von Gaskraftwerken legte während der dreiwöchigen Dunkelflaute bis Mitte Dezember enorm zu: Hatten Gasblöcke laut einer anderen Transparenzplattform der Netzagentur, Smard.de, seit dem Krieg nur an drei August-Tagen hintereinander mehr als 250 Mio. kWh Strom produziert und lag die Tagesproduktion aus Erdgas fast den gesamten November unter 200 Mio. kWh, stieg sie während der Dunkelflaute in Wellen teilweise über 300 Mio. kWh mit einem Spitzenwert von 396 Mio. kWh am 16. Dezember.

Aus Sicht der Netzagentur ging das nicht anders: Neben der geringen Wind- und PV-Einspeisung bestand ein hoher Strombedarf, auch aus Frankreich, das mit der Verfügbarkeit von Atommeilern Probleme hat. Und die deutschen Braun- und Steinkohle-Blöcke liefen seit etwa 28. November "weitgehend mit voller Kapazität". Die Gasblöcke deckten den Restbedarf, und ihr Hochfahren sei eine rein betriebswirtschaftliche Entscheidung der Betreiber im Rahmen der Day-ahead-Stromauktion.

Seit einschließlich dem ersten Weihnachtsfeiertag erzeugen die deutschen Gaskraftwerke nur noch unter 70 Mio. kWh Strom täglich, unter anderem wegen einer größeren Windkraft-Einspeisung.

Freitag, 30.12.2022, 16:02 Uhr
Georg Eble

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