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Energie & Management > Kernenergie - Neckarwestheim und Isar als Notreserve
Das GKN in Neckarwestheim bei Heilbronn. Quelle: EnBW
Kernenergie

Neckarwestheim und Isar als Notreserve

Die drei verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland sollen zwar planmäßig Ende 2022 vom Netz gehen. Zwei sollen aber für Notfälle noch bis zum Frühjahr einsatzbereit bleiben.
Von den drei verbliebenen Atomkraftwerken in Deutschland sollen zwei bis Mitte April als Notreserve dienen. Das erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Montag, 5. September, während der Vorstellung der Ergebnisse eines zweiten Netzstresstests. "Die beiden AKW Isar 2 und Neckarwestheim sollen bis Mitte April 2023 noch zur Verfügung stehen, um falls nötig, über den Winter einen zusätzlichen Beitrag im Stromnetz in Süddeutschland 2022/23 leisten zu können", so der Grünen-Politiker. 

Der zweite Netzstresstest komme zu dem Ergebnis, "dass stundenweise krisenhafte Situationen im Stromsystem im Winter 22/23 zwar sehr unwahrscheinlich sind, aktuell aber nicht vollständig ausgeschlossen werden können", hieß es in der Mitteilung. 

Trotz der Überführung von zwei Atomkraftwerken in eine befristete Reserve sollen alle drei Kernkraftwerke in Deutschland planmäßig Ende 2022 vom Netz gehen. "Am Atomausstieg, wie er im Atomgesetz geregelt ist, halten wir fest", sagte Habeck. "Neue Brennelemente werden nicht geladen und Mitte April 2023 ist auch für die Reserve Schluss." Atomkraft bleibe eine Hochrisikotechnologie und die hochradioaktiven Abfälle würden zig nachfolgende Generationen belasten. "Mit der Atomkraft ist nicht zu spielen."

Habeck bringt auch Sicherheitszustand der Reaktoren ins Spiel

Eine pauschale Laufzeitverlängerung wäre auch im Hinblick auf den Sicherheitszustand der Atomkraftwerke nicht vertretbar. "Mit der Einsatzreserve tragen wir den Risiken der Atom-Technologie und der Sondersituation im Winter 22/23 Rechnung."

Mit Blick auf das Ergebnis des Stresstests betonte der Grünen-Politiker: "Wir haben eine hohe Versorgungssicherheit. Wir sind ein Stromexportland. Wir haben eine große Netzstabilität." Man habe genug Energie in Deutschland und versorge die europäischen Nachbarn mit. 

Die am 17. Juli übermittelten Szenarien für den Stresstest hätten nachgeschärft werden müssen. "Wir haben immer gedacht, 300 Euro pro Megawattstunde Gas ist ein extremes Szenario. Während der letzten Wochen wurde der Preis über 300 Euro noch erreicht und wir hatten zwischendurch Spitzen von 350 Euro", so Habeck. Die Trockenheit habe nicht nur in Südeuropa, sondern auch Nordeuropa Auswirkungen. "Entsprechend ist die Situation an den Kohlekraftwerken, so dass wir oder die Ãœbertragungsnetzbetreiber während der Arbeit gesagt haben, wir müssen die Szenarien nachschärfen, und das wurde auch getan", sagte Habeck.

Defizite bei Windkraft, Verzögerungen bei Stromtrassen

Die Entscheidung bildet vor allem auch die Tatsache ab, dass gerade im Süden Deutschlands großer Energiebedarf herrscht, es aber wenig Eigenstromerzeugung gibt. Verschärfend wirkt sich aus, dass hier der Windkraftausbau nur stockend vorankommt und sich der Bau der großen Stromtrassen Südlink und Südostlink um viele Jahre verzögert hat.

Sie sollen große Mengen Windkraftstrom nach Bayern und Baden-Württemberg bringen und hätten ursprünglich pünktlich zur Abschaltung der Kernkraftwerke Ende 2022 fertig sein sollen. Die Nord-Süd-Verbindungen mussten aber nach der politischen Entscheidung, die Trassen unterirdisch zu verlegen und nicht als Freileitung, völlig neu geplant werden. Zudem vervielfachten sich dadurch die Kosten: Allein für den Südlink werden jetzt rund 10 Mrd. Euro veranschlagt. Aktuell gibt es weitere Verzögerungen durch zahllose juristische Einsprüche und Betretungsverbote, die die Bodenerkundungen durch die Netzbetreiber Tennet und Transnet BW behindern. In neuesten Schätzungen ist von einer Inbetriebnahme 2027 die Rede.

Um die Lücke abzusichern, werden für hunderte Mio. Euro auch noch extra Notfall-Gaskraftwerke gebaut, die allerdings nur bei gravierenden Störfällen zum Einsatz kommen sollen.

Verantwortungsvoller und schmerzhafter Schritt

Entsprechend äußerte sich noch am Abend der schleswig-holsteinische Umwelt- und Energiewendeministers Tobias Goldschmidt. Für ihn ist das Ergebnis des Strom-Stresstests die Quittung energiepolitischer Versäumnisse im Süden des Landes. Vor allem handele es sich um einen Offenbarungseid für die bayerische Energiepolitik, sagte der Grünen-Politiker in Kiel. "Der Vorschlag des Bundeswirtschaftsministers, zwei Atomkraftwerke in Süddeutschland für einige Monate in eine Notreserve zu überführen, ist ein gleichsam verantwortungsvoller wie schmerzhafter Schritt."

Montag, 5.09.2022, 19:10 Uhr
dpa / Günter Drewnitzky
Energie & Management > Kernenergie - Neckarwestheim und Isar als Notreserve
Das GKN in Neckarwestheim bei Heilbronn. Quelle: EnBW
Kernenergie
Neckarwestheim und Isar als Notreserve
Die drei verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland sollen zwar planmäßig Ende 2022 vom Netz gehen. Zwei sollen aber für Notfälle noch bis zum Frühjahr einsatzbereit bleiben.
Von den drei verbliebenen Atomkraftwerken in Deutschland sollen zwei bis Mitte April als Notreserve dienen. Das erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Montag, 5. September, während der Vorstellung der Ergebnisse eines zweiten Netzstresstests. "Die beiden AKW Isar 2 und Neckarwestheim sollen bis Mitte April 2023 noch zur Verfügung stehen, um falls nötig, über den Winter einen zusätzlichen Beitrag im Stromnetz in Süddeutschland 2022/23 leisten zu können", so der Grünen-Politiker. 

Der zweite Netzstresstest komme zu dem Ergebnis, "dass stundenweise krisenhafte Situationen im Stromsystem im Winter 22/23 zwar sehr unwahrscheinlich sind, aktuell aber nicht vollständig ausgeschlossen werden können", hieß es in der Mitteilung. 

Trotz der Überführung von zwei Atomkraftwerken in eine befristete Reserve sollen alle drei Kernkraftwerke in Deutschland planmäßig Ende 2022 vom Netz gehen. "Am Atomausstieg, wie er im Atomgesetz geregelt ist, halten wir fest", sagte Habeck. "Neue Brennelemente werden nicht geladen und Mitte April 2023 ist auch für die Reserve Schluss." Atomkraft bleibe eine Hochrisikotechnologie und die hochradioaktiven Abfälle würden zig nachfolgende Generationen belasten. "Mit der Atomkraft ist nicht zu spielen."

Habeck bringt auch Sicherheitszustand der Reaktoren ins Spiel

Eine pauschale Laufzeitverlängerung wäre auch im Hinblick auf den Sicherheitszustand der Atomkraftwerke nicht vertretbar. "Mit der Einsatzreserve tragen wir den Risiken der Atom-Technologie und der Sondersituation im Winter 22/23 Rechnung."

Mit Blick auf das Ergebnis des Stresstests betonte der Grünen-Politiker: "Wir haben eine hohe Versorgungssicherheit. Wir sind ein Stromexportland. Wir haben eine große Netzstabilität." Man habe genug Energie in Deutschland und versorge die europäischen Nachbarn mit. 

Die am 17. Juli übermittelten Szenarien für den Stresstest hätten nachgeschärft werden müssen. "Wir haben immer gedacht, 300 Euro pro Megawattstunde Gas ist ein extremes Szenario. Während der letzten Wochen wurde der Preis über 300 Euro noch erreicht und wir hatten zwischendurch Spitzen von 350 Euro", so Habeck. Die Trockenheit habe nicht nur in Südeuropa, sondern auch Nordeuropa Auswirkungen. "Entsprechend ist die Situation an den Kohlekraftwerken, so dass wir oder die Ãœbertragungsnetzbetreiber während der Arbeit gesagt haben, wir müssen die Szenarien nachschärfen, und das wurde auch getan", sagte Habeck.

Defizite bei Windkraft, Verzögerungen bei Stromtrassen

Die Entscheidung bildet vor allem auch die Tatsache ab, dass gerade im Süden Deutschlands großer Energiebedarf herrscht, es aber wenig Eigenstromerzeugung gibt. Verschärfend wirkt sich aus, dass hier der Windkraftausbau nur stockend vorankommt und sich der Bau der großen Stromtrassen Südlink und Südostlink um viele Jahre verzögert hat.

Sie sollen große Mengen Windkraftstrom nach Bayern und Baden-Württemberg bringen und hätten ursprünglich pünktlich zur Abschaltung der Kernkraftwerke Ende 2022 fertig sein sollen. Die Nord-Süd-Verbindungen mussten aber nach der politischen Entscheidung, die Trassen unterirdisch zu verlegen und nicht als Freileitung, völlig neu geplant werden. Zudem vervielfachten sich dadurch die Kosten: Allein für den Südlink werden jetzt rund 10 Mrd. Euro veranschlagt. Aktuell gibt es weitere Verzögerungen durch zahllose juristische Einsprüche und Betretungsverbote, die die Bodenerkundungen durch die Netzbetreiber Tennet und Transnet BW behindern. In neuesten Schätzungen ist von einer Inbetriebnahme 2027 die Rede.

Um die Lücke abzusichern, werden für hunderte Mio. Euro auch noch extra Notfall-Gaskraftwerke gebaut, die allerdings nur bei gravierenden Störfällen zum Einsatz kommen sollen.

Verantwortungsvoller und schmerzhafter Schritt

Entsprechend äußerte sich noch am Abend der schleswig-holsteinische Umwelt- und Energiewendeministers Tobias Goldschmidt. Für ihn ist das Ergebnis des Strom-Stresstests die Quittung energiepolitischer Versäumnisse im Süden des Landes. Vor allem handele es sich um einen Offenbarungseid für die bayerische Energiepolitik, sagte der Grünen-Politiker in Kiel. "Der Vorschlag des Bundeswirtschaftsministers, zwei Atomkraftwerke in Süddeutschland für einige Monate in eine Notreserve zu überführen, ist ein gleichsam verantwortungsvoller wie schmerzhafter Schritt."

Montag, 5.09.2022, 19:10 Uhr
dpa / Günter Drewnitzky

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