E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Recht - Mehrere Klagen gegen Stromio wegen Lieferstopp laufen
Quelle: Fotolia / Stefan Welz
Recht

Mehrere Klagen gegen Stromio wegen Lieferstopp laufen

Über die Klage des Energiekonzerns EnBW gegen Stromio ist kürzlich vor dem Landgericht Düsseldorf verhandelt worden. Im August verhandelt das Gericht in einem weiteren Verfahren.
In Stuttgart zeigt man sich zuversichtlich. Anfang des Jahres 2022 hatte EnBW Klage gegen den Energiediscounter Stromio vorbereitet. Jetzt steht die Entscheidung in dem Rechtsstreit an. Vor kurzem habe die mündliche Verhandlung stattgefunden, teilt der baden-württembergische Konzern mit. Wegen des noch laufenden Verfahrens könne man keine Einzelheiten nennen. So viel aber doch: „Das Gericht scheint die Auffassung der EnBW zu teilen, dass Stromio der EnBW den Mehraufwand für die ersatzversorgten Kunden erstatten muss“, so ein Unternehmenssprecher gegenüber der Redaktion. Einzelheiten werde das Gericht demnächst in einem Hinweisbeschluss verkünden.

Es geht um viel Geld. Mehr als 40.000 Haushalte übernahm EnBW nach eigenen Angaben in die Grundversorgung, nachdem der Discounter kurzfristig deren Stromverträge gekündigt und die Lieferungen eingestellt hatte. Um die Versorgung zu gewährleisten, habe man Strom zu deutlich gestiegenen Preisen am Markt beschaffen müssen. Stromio wälze die Folgekosten der eigenen Risikostrategie auf ihren eigenen Kundinnen und Kunden und auf andere Markteilnehmer ab, hieß es in Stuttgart damals. Die Klage zielt auf Aufwendungsersatz.

Präzedenzfall mit Schadensersatz-Forderung über 7.000 Euro

Das Düsseldorfer Gericht befasst sich auch mit einer Klage, die das Legal-Tech-Unternehmen Veneko und das Online-Portal Verbraucherhilfe-Stromanbieter auf den Weg gebracht haben. Mehr als 3.000 Verbraucherinnen und Verbraucher, die Schadenersatz wollen, sieht Veneco inzwischen hinter sich. Am 11. August werde in Düsseldorf über einen „Präzedenzfall“ verhandelt, sagt Tobias Hirt, Geschäftsführer des Start-Ups. Es geht um einen Kunden von „gas.de“, der Discounter gehört zur selben Unternehmensgruppe wie Stromio. Die Schadensersatzforderung belaufe sich auf rund 7.000 Euro. Es handle sich um die Mehrkosten für die Ersatz- und Anschlussversorgung, wie Hirt erklärt. „Der Tatbestand ist aus unserer Sicht eindeutig.“ Die Klageerwiderung des Discounters, der die Schadenersatzforderung als ungerechtfertigt ansieht, kann Hirt nicht nachvollziehen.

Noch offen ist ein Verhandlungstermin über die Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentrale Hessen. Die im Mai beim Oberlandesgericht Hamm eingereichte Klage gegen Stromio umfasse „zahlreiche Feststellungsanträge, die allesamt darauf abzielen, dass Betroffene dem Grunde nach einen Anspruch auf Schadensersatz haben, beziehungsweise die einzelnen Voraussetzungen dafür vorliegen, erklärt Rechtsanwalt Peter Lassek. Der Leiter Fachgruppe Recht der Verbraucherzentrale verweist darauf, dass die öffentliche Bekanntmachung im Klageregister des Bundesamts für Justiz bislang noch nicht erfolgt ist. Daher können Interessierte derzeit ihre Rechte noch nicht anmelden. Die Anmeldung werde aber – sofern das Gericht die Klage als zulässig erachtet – demnächst über ein Onlineformular im Klageregister möglich sein.

Verschärfung von Vorschriften „drängt sich nicht zwingend auf“

Während Klagen auf Schadens- oder Aufwendungsersatz laufen, hat die Staatsanwaltschaft Düsseldorf im bereits ihre Voruntersuchungen gegen den Strom- und Gasanbieter beendet und die Aufnahme strafrechtlicher Ermittlungen abgelehnt (wir berichteten). Mehrere Kunden hatten laut Staatsanwaltschaft Verantwortlichen der Anbieter vorgeworfen, „die Lieferverträge wegen erheblich gestiegener Einkaufspreise gekündigt zu haben, während im Bestand vorhandene Energiemengen mit Gewinn an den Großhandel verkauft worden seien“. Ein Anfangsverdacht liege nicht vor, „da der geschilderte Sachverhalt unabhängig von der Frage der Beweisbarkeit unter keine strafrechtliche Vorschrift fällt“, argumentierten die Juristen.
 

Bei EnBW hätte man „sich gewünscht, dass die Ermittlungen Licht ins Dunkel dieser nicht von uns erhobenen bisher unbewiesenen Vorwürfe gebracht hätten“. Gleichwohl: „Wenn es die Wertung der zuständigen Staatsanwaltschaft ist, dass es strafrechtlich unbedenklich ist, den Kunden zu sagen man könne sie aus Kostengründen nicht weiter beliefern, diese Energie aber am Spotmarkt mit hohem Gewinn verkauft, dann kommentieren wir das nicht“, so ein Sprecher des Hauses.

Die Verbraucherzentrale Hessen sieht in diesem Zusammenhang keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf. „Eine Regelungsnotwendigkeit in Richtung Verschärfung der strafrechtlichen Vorschriften drängt sich für uns auch nicht zwingend auf“, sagt Peter Lassek. Der Gesetzgeber habe im Rahmen der Ende Juni verabschiedeten EnWG-Novelle 2022 auf die „Discounter-Krise“ reagiert.
 

Donnerstag, 21.07.2022, 12:22 Uhr
Manfred Fischer
Energie & Management > Recht - Mehrere Klagen gegen Stromio wegen Lieferstopp laufen
Quelle: Fotolia / Stefan Welz
Recht
Mehrere Klagen gegen Stromio wegen Lieferstopp laufen
Über die Klage des Energiekonzerns EnBW gegen Stromio ist kürzlich vor dem Landgericht Düsseldorf verhandelt worden. Im August verhandelt das Gericht in einem weiteren Verfahren.
In Stuttgart zeigt man sich zuversichtlich. Anfang des Jahres 2022 hatte EnBW Klage gegen den Energiediscounter Stromio vorbereitet. Jetzt steht die Entscheidung in dem Rechtsstreit an. Vor kurzem habe die mündliche Verhandlung stattgefunden, teilt der baden-württembergische Konzern mit. Wegen des noch laufenden Verfahrens könne man keine Einzelheiten nennen. So viel aber doch: „Das Gericht scheint die Auffassung der EnBW zu teilen, dass Stromio der EnBW den Mehraufwand für die ersatzversorgten Kunden erstatten muss“, so ein Unternehmenssprecher gegenüber der Redaktion. Einzelheiten werde das Gericht demnächst in einem Hinweisbeschluss verkünden.

Es geht um viel Geld. Mehr als 40.000 Haushalte übernahm EnBW nach eigenen Angaben in die Grundversorgung, nachdem der Discounter kurzfristig deren Stromverträge gekündigt und die Lieferungen eingestellt hatte. Um die Versorgung zu gewährleisten, habe man Strom zu deutlich gestiegenen Preisen am Markt beschaffen müssen. Stromio wälze die Folgekosten der eigenen Risikostrategie auf ihren eigenen Kundinnen und Kunden und auf andere Markteilnehmer ab, hieß es in Stuttgart damals. Die Klage zielt auf Aufwendungsersatz.

Präzedenzfall mit Schadensersatz-Forderung über 7.000 Euro

Das Düsseldorfer Gericht befasst sich auch mit einer Klage, die das Legal-Tech-Unternehmen Veneko und das Online-Portal Verbraucherhilfe-Stromanbieter auf den Weg gebracht haben. Mehr als 3.000 Verbraucherinnen und Verbraucher, die Schadenersatz wollen, sieht Veneco inzwischen hinter sich. Am 11. August werde in Düsseldorf über einen „Präzedenzfall“ verhandelt, sagt Tobias Hirt, Geschäftsführer des Start-Ups. Es geht um einen Kunden von „gas.de“, der Discounter gehört zur selben Unternehmensgruppe wie Stromio. Die Schadensersatzforderung belaufe sich auf rund 7.000 Euro. Es handle sich um die Mehrkosten für die Ersatz- und Anschlussversorgung, wie Hirt erklärt. „Der Tatbestand ist aus unserer Sicht eindeutig.“ Die Klageerwiderung des Discounters, der die Schadenersatzforderung als ungerechtfertigt ansieht, kann Hirt nicht nachvollziehen.

Noch offen ist ein Verhandlungstermin über die Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentrale Hessen. Die im Mai beim Oberlandesgericht Hamm eingereichte Klage gegen Stromio umfasse „zahlreiche Feststellungsanträge, die allesamt darauf abzielen, dass Betroffene dem Grunde nach einen Anspruch auf Schadensersatz haben, beziehungsweise die einzelnen Voraussetzungen dafür vorliegen, erklärt Rechtsanwalt Peter Lassek. Der Leiter Fachgruppe Recht der Verbraucherzentrale verweist darauf, dass die öffentliche Bekanntmachung im Klageregister des Bundesamts für Justiz bislang noch nicht erfolgt ist. Daher können Interessierte derzeit ihre Rechte noch nicht anmelden. Die Anmeldung werde aber – sofern das Gericht die Klage als zulässig erachtet – demnächst über ein Onlineformular im Klageregister möglich sein.

Verschärfung von Vorschriften „drängt sich nicht zwingend auf“

Während Klagen auf Schadens- oder Aufwendungsersatz laufen, hat die Staatsanwaltschaft Düsseldorf im bereits ihre Voruntersuchungen gegen den Strom- und Gasanbieter beendet und die Aufnahme strafrechtlicher Ermittlungen abgelehnt (wir berichteten). Mehrere Kunden hatten laut Staatsanwaltschaft Verantwortlichen der Anbieter vorgeworfen, „die Lieferverträge wegen erheblich gestiegener Einkaufspreise gekündigt zu haben, während im Bestand vorhandene Energiemengen mit Gewinn an den Großhandel verkauft worden seien“. Ein Anfangsverdacht liege nicht vor, „da der geschilderte Sachverhalt unabhängig von der Frage der Beweisbarkeit unter keine strafrechtliche Vorschrift fällt“, argumentierten die Juristen.
 

Bei EnBW hätte man „sich gewünscht, dass die Ermittlungen Licht ins Dunkel dieser nicht von uns erhobenen bisher unbewiesenen Vorwürfe gebracht hätten“. Gleichwohl: „Wenn es die Wertung der zuständigen Staatsanwaltschaft ist, dass es strafrechtlich unbedenklich ist, den Kunden zu sagen man könne sie aus Kostengründen nicht weiter beliefern, diese Energie aber am Spotmarkt mit hohem Gewinn verkauft, dann kommentieren wir das nicht“, so ein Sprecher des Hauses.

Die Verbraucherzentrale Hessen sieht in diesem Zusammenhang keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf. „Eine Regelungsnotwendigkeit in Richtung Verschärfung der strafrechtlichen Vorschriften drängt sich für uns auch nicht zwingend auf“, sagt Peter Lassek. Der Gesetzgeber habe im Rahmen der Ende Juni verabschiedeten EnWG-Novelle 2022 auf die „Discounter-Krise“ reagiert.
 

Donnerstag, 21.07.2022, 12:22 Uhr
Manfred Fischer

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.