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Energie & Management > Kernkraft - Macron verspricht Einigung über Strommarktreform
Quelle: Shutterstock / Vaclav Volrab
Kernkraft

Macron verspricht Einigung über Strommarktreform

Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron rechnet mit einer baldigen Einigung im Streit über die Reform des europäischen Elektrizitätsmarktes.
Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron rechnet mit einer baldigen Einigung im Streit über die Reform des europäischen Elektrizitätsmarktes. Macron sagte nach den deutsch-französischen Konsultationen in Hamburg, er hoffe, dass eine Lösung „bis zum Monatsende“ gefunden werde: „Ich glaube, es wäre ein historischer Fehler, sich in kurzfristigen Spaltungen zu verlieren, weil man entweder die erneuerbaren Energien oder die Atomenergie bevorzugt.“

Er warnte davor, die erneuerbaren Energien gegen die Atomkraft auszuspielen. In der Energiepolitik sollten beide Seiten nicht ihre Gegensätze betonen, sondern davon ausgehen, dass sich ihre unterschiedlichen Wege zur Klimaneutralität gegenseitig ergänzten. Darüber sei in Hamburg „offen und vertrauensvoll“ gesprochen worden, sagte Macron weiter.

Um die europäische Stromerzeugung bis zur Mitte des Jahrhunderts zu dekarbonisieren, sei der Ausstieg aus der Kohle und dem Erdgas erforderlich. Dieses Ziel könne nur durch eine höhere Energieeffizienz, mehr erneuerbare Energien und mehr Atomkraft erreicht werden: „Wenn man eine dieser drei Möglichkeiten wegnimmt, funktioniert es nicht – es wird zu teuer. Insofern gibt es eine totale, deutsch-französische Komplementarität. Auch wenn die nationalen Modelle unterschiedlich sind.“ Europa brauche eine Strategie, um seine Wettbewerbsfähigkeit, auch gegenüber den USA, zu erhalten.

Bundeskanzler Olaf Scholz betonte, Deutschland und Frankreich hätten das gleiche Ziel, beschritten aber unterschiedliche Wege. In der Frage des europäischen Strommarktes bewegten sich beide Seiten aufeinander zu. Die Energieminister der EU wollen in der nächsten Woche erneut versuchen, sich über das sogenannte Strommarktdesign zu verständigen.

Streit um billigen Atomstrom

Dabei geht es vordergründig um die Ausgestaltung sogenannter Differenzverträge (CfD), die nach den Vorstellungen der EU-Kommission das zentrale Instrument zur Förderung einer emissionsfreien Stromerzeugung werden sollen. Im Rahmen der CfD würde Investoren ein Mindestpreis für ihren grünen Strom garantiert. Gleichzeitig müssten sie Erlöse abführen, wenn ein ebenfalls festgelegter Höchstpreis im Stromgroßhandel überschritten wird.

Die Regierung in Paris möchte dieses Instrument auch für ihre Atomkraftwerke einsetzen und die dabei eventuell entstehenden Einnahmen verwenden, um der französischen Industrie verbilligten Industriestrom anzubieten. In der Auseinandersetzung zwischen Berlin und Paris ist dieser letzte Aspekt inzwischen in den Vordergrund gerückt. Beide Seiten haben in den letzten Monaten konstatiert, dass die Energiewende teurer wird als man zunächst dachte und diese Kosten, verstärkt durch die Inflation und höhere Zinsen, die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie bedrohen. Dabei wird in Berlin noch darüber diskutiert, ob das Problem durch billigen Industriestrom gelöst werden kann. In Paris hat man daran nie gezweifelt. Mit den CfD hätte man auch ein Instrument, um die nötigen Subventionen dauerhaft zu finanzieren. Die Bundesregierung sieht darin eine massive Bedrohung des Industriestandortes Deutschland. Denn Frankreich will nicht nur neue Anlagen mit den CfD unterstützen sondern auch seine bestehenden Atomkraftwerke. Damit wäre praktisch die gesamte, französische Stromerzeugung „CfD-fähig“. Der französische Staatskonzern EDF könnte den Unternehmen des Landes damit Strom zu Preisen von sieben bis acht Cent pro kWh anbieten.

Unsicherheit für Investoren wächst

In Berlin fürchtet man, dass dann auch manches deutsche, energieintensive Unternehmen versucht sein könnte, in Frankreich statt in Deutschland zu produzieren. In Paris akzeptiert man, dass Deutschland seine Atomkraftwerke stillgelegt und seine Kohlekraftwerke, zumindest vorübergehend wieder hochgefahren hat. Das könne jedoch nicht bedeuten, dass die französischen Atommeiler, die weitgehend abgeschrieben sind, ihre niedrigen Kosten nicht an die französischen Verbraucher weitergeben dürften.

In der nächsten Woche werden die Energieminister versuchen, eine Lösung in diesem Streit zu finden, über den das eigentliche Ziel des neuen Strommarktdesigns, die Beschleunigung der Energiewende, etwas in Vergessenheit geraten ist. Die Zeit drängt, denn je länger die industriepolitische Fehde zwischen Deutsche und Franzosen dauert, desto größer wird die Unsicherheit für Investoren. Der Ausbau der erneuerbaren Energien, von Speichern oder neuen Leitungen wird damit in der ganzen EU weiter auf die lange Bank geschoben.

Mittwoch, 11.10.2023, 13:11 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Kernkraft - Macron verspricht Einigung über Strommarktreform
Quelle: Shutterstock / Vaclav Volrab
Kernkraft
Macron verspricht Einigung über Strommarktreform
Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron rechnet mit einer baldigen Einigung im Streit über die Reform des europäischen Elektrizitätsmarktes.
Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron rechnet mit einer baldigen Einigung im Streit über die Reform des europäischen Elektrizitätsmarktes. Macron sagte nach den deutsch-französischen Konsultationen in Hamburg, er hoffe, dass eine Lösung „bis zum Monatsende“ gefunden werde: „Ich glaube, es wäre ein historischer Fehler, sich in kurzfristigen Spaltungen zu verlieren, weil man entweder die erneuerbaren Energien oder die Atomenergie bevorzugt.“

Er warnte davor, die erneuerbaren Energien gegen die Atomkraft auszuspielen. In der Energiepolitik sollten beide Seiten nicht ihre Gegensätze betonen, sondern davon ausgehen, dass sich ihre unterschiedlichen Wege zur Klimaneutralität gegenseitig ergänzten. Darüber sei in Hamburg „offen und vertrauensvoll“ gesprochen worden, sagte Macron weiter.

Um die europäische Stromerzeugung bis zur Mitte des Jahrhunderts zu dekarbonisieren, sei der Ausstieg aus der Kohle und dem Erdgas erforderlich. Dieses Ziel könne nur durch eine höhere Energieeffizienz, mehr erneuerbare Energien und mehr Atomkraft erreicht werden: „Wenn man eine dieser drei Möglichkeiten wegnimmt, funktioniert es nicht – es wird zu teuer. Insofern gibt es eine totale, deutsch-französische Komplementarität. Auch wenn die nationalen Modelle unterschiedlich sind.“ Europa brauche eine Strategie, um seine Wettbewerbsfähigkeit, auch gegenüber den USA, zu erhalten.

Bundeskanzler Olaf Scholz betonte, Deutschland und Frankreich hätten das gleiche Ziel, beschritten aber unterschiedliche Wege. In der Frage des europäischen Strommarktes bewegten sich beide Seiten aufeinander zu. Die Energieminister der EU wollen in der nächsten Woche erneut versuchen, sich über das sogenannte Strommarktdesign zu verständigen.

Streit um billigen Atomstrom

Dabei geht es vordergründig um die Ausgestaltung sogenannter Differenzverträge (CfD), die nach den Vorstellungen der EU-Kommission das zentrale Instrument zur Förderung einer emissionsfreien Stromerzeugung werden sollen. Im Rahmen der CfD würde Investoren ein Mindestpreis für ihren grünen Strom garantiert. Gleichzeitig müssten sie Erlöse abführen, wenn ein ebenfalls festgelegter Höchstpreis im Stromgroßhandel überschritten wird.

Die Regierung in Paris möchte dieses Instrument auch für ihre Atomkraftwerke einsetzen und die dabei eventuell entstehenden Einnahmen verwenden, um der französischen Industrie verbilligten Industriestrom anzubieten. In der Auseinandersetzung zwischen Berlin und Paris ist dieser letzte Aspekt inzwischen in den Vordergrund gerückt. Beide Seiten haben in den letzten Monaten konstatiert, dass die Energiewende teurer wird als man zunächst dachte und diese Kosten, verstärkt durch die Inflation und höhere Zinsen, die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie bedrohen. Dabei wird in Berlin noch darüber diskutiert, ob das Problem durch billigen Industriestrom gelöst werden kann. In Paris hat man daran nie gezweifelt. Mit den CfD hätte man auch ein Instrument, um die nötigen Subventionen dauerhaft zu finanzieren. Die Bundesregierung sieht darin eine massive Bedrohung des Industriestandortes Deutschland. Denn Frankreich will nicht nur neue Anlagen mit den CfD unterstützen sondern auch seine bestehenden Atomkraftwerke. Damit wäre praktisch die gesamte, französische Stromerzeugung „CfD-fähig“. Der französische Staatskonzern EDF könnte den Unternehmen des Landes damit Strom zu Preisen von sieben bis acht Cent pro kWh anbieten.

Unsicherheit für Investoren wächst

In Berlin fürchtet man, dass dann auch manches deutsche, energieintensive Unternehmen versucht sein könnte, in Frankreich statt in Deutschland zu produzieren. In Paris akzeptiert man, dass Deutschland seine Atomkraftwerke stillgelegt und seine Kohlekraftwerke, zumindest vorübergehend wieder hochgefahren hat. Das könne jedoch nicht bedeuten, dass die französischen Atommeiler, die weitgehend abgeschrieben sind, ihre niedrigen Kosten nicht an die französischen Verbraucher weitergeben dürften.

In der nächsten Woche werden die Energieminister versuchen, eine Lösung in diesem Streit zu finden, über den das eigentliche Ziel des neuen Strommarktdesigns, die Beschleunigung der Energiewende, etwas in Vergessenheit geraten ist. Die Zeit drängt, denn je länger die industriepolitische Fehde zwischen Deutsche und Franzosen dauert, desto größer wird die Unsicherheit für Investoren. Der Ausbau der erneuerbaren Energien, von Speichern oder neuen Leitungen wird damit in der ganzen EU weiter auf die lange Bank geschoben.

Mittwoch, 11.10.2023, 13:11 Uhr
Tom Weingärtner

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