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Energie & Management > Europaeische Union - Länder fordern billigen Strom für die Industrie
Quelle: Pixabay / Markus Distelrath
Europaeische Union

Länder fordern billigen Strom für die Industrie

Die Ministerpräsidenten treffen sich am 6. September mit den Spitzen der EU-Kommission. Sie wollen ihrem Wunsch nach einem günstigen Strompreis für die Industrie Nachdruck verleihen.
 In einer „Brüsseler Erklärung“, die im Vorfeld der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) bekannt wurde, verweisen die Länderchefs darauf, dass die steigenden Energiekosten eine Gefahr für die konjunkturelle Erholung darstellten: „Es muss daher den Mitgliedstaaten für einen Ãœbergangszeitraum möglich sein, einen wettbewerbsfähigen Brückenstrompreis vor allem für energieintensive und im internationalen Wettbewerb stehende Unternehmen zu etablieren, bis bezahlbare, erneuerbare Energien in hinreichendem Umfang zur Verfügung stehen.“

 Die deutschen Länder akzeptierten den europäischen Klimapakt (Green Deal) zwar als „zentrale strategische Weichenstellung“ für den Ãœbergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft, Ziele und Fristen müssten jedoch kohärent und in der Praxis umsetzbar sein. Unternehmen und private Haushalte dürften nicht überfordert werden: „Hinsichtlich des Tempos zur Erreichung der Klimaneutralität ist darauf zu achten, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie der EU erhalten und die Akzeptanz in der Bevölkerung gewährleistet bleiben“, heißt es in der Erklärung, die die MPK verabschieden will.

Widersprüche zwischen Klima- und Industriepoltik

Bei den nötigen Investitionen brauchten der Mittelstand und die Haushalte mit kleinem Einkommen besondere Unterstützung. In Teilnehmerkreisen der MPK wird darauf hingewiesen, dass sich die Erklärung sowohl an die Kommission als auch an die Regierungskoalition in Berlin richtet. Die Ministerpräsidenten sind sich einig, dass die Einführung eines „Brückenstrompreises“ notwendig ist und sie gehen davon aus, dass die Diskussion darüber in Deutschland gerade erst begonnen hat. In diesem Zusammenhang soll der in Berlin erhobene Einwand, dass ein deutscher Industriestrompreis unvereinbar mit den europäischen Beihilferegeln sei, entkräftet werden.

Die Gespräche mit der Kommission dienten insofern „dem vorbeugenden Brandschutz“, heißt es. Die Ministerpräsidenten wollen in Brüssel darauf hinweisen, dass Widersprüche zwischen der Klima- und Industriepolitik der EU beseitigt werden müssen. „Unendlich lange“ Genehmigungsverfahren für sogenannte PCI-Projekte etwa behinderten die Transformation. Die Versorgung der Industrie mit wichtigen Rohstoffen und Chemikalien müsse gesichert bleiben.

Es ergebe keinen Sinn, Grundstoffe, die etwa für den Bau von Windrädern benötigt würden, durch klimapolitische Auflagen zu verteuern. Als Beispiel wird auf einen Vorschlag der niedersächsischen Landesregierung vom April dieses Jahres verwiesen. Er sieht einen Strompreis von 7 Cents je Kilowattstunde für 10 Jahre vor. Er soll allen energieintensiven Unternehmen gewährt werden, die bereits heute begünstigt werden, also insbesondere die chemische, die Stahl-, Zement-, Keramik- und die Düngemittelindustrie, soweit sie sich „in der Transformation“ befinden.

Abwanderung entgegenwirken

Damit soll der Abwanderung dieser Branchen entgegengewirkt werden. Darüber hinaus soll die Ansiedlung „strategisch wichtiger Branchen“ begünstigt werden, deren Produkte der Energiesicherheit und der Transformation der Industrie insgesamt dienen wie die Herstellung von Batterie oder die Produktion von Windkraft- und Solaranlagen. In Brüssel habe man schon im Frühjahr erkennen lassen, dass ein solches Beihilfenmodell grundsätzlich genehmigungsfähig sei, heißt es in Hannover.

Die Ministerpräsidenten seien sich einig mit dem Bundeskanzler, dass es keine unbefristeten Beihilfen für die Industrie geben dürfe. In der aktuellen, internationalen Lage könne man Schlüsselindustrien, die unverzichtbar für wichtige Wertschöpfungsketten seien, aber nicht alleine lassen. Mit der „internationalen Lage“ sind vor allem das IRA-Programm der USA und die Unterstützung chinesischer Anbieter durch die Regierung in Peking gemeint. Die Hauptkonkurrenten der Europäer auf dem Weltmarkt aber auch auf dem Binnenmarkt der EU verfügten über deutlich mehr staatliche Unterstützung als auf europäischer Ebene bereitgestellt werde.

Die Ministerpräsidenten verlangen deswegen einen zumindest vorübergehenden Kurswechsel in der europäischen Beihilfenpolitik, die bislang auf gleiche Wettbewerbschancen innerhalb der EU abzielt. Dieser Ansatz werde der neuen Situation nicht mehr gerecht, weil es nicht mehr darum gehe, ob eine neue Fabrik in Deutschland, Spanien oder Polen gebaut werde. In den nächsten Jahren gehe es darum, ob in der EU investiert werde oder in Drittstaaten, die bessere Rahmenbedingungen böten. Dazu gehöre auch der Energiepreis.

Niemandem in der EU sei geholfen, wenn der Industriestandort Deutschland geschwächt werde, heißt es. Davon könnten die anderen EU-Staaten nicht mehr profitieren. Die Kommission sieht das bislang anders. Sie hat angekündigt, dass sie vom nächsten Jahr an, Beihilfen der Mitgliedsstaaten wieder genauer auf ihre wettbewerbsverzerrende Wirkung hin untersuchen und notfalls auch verbieten will.

Dienstag, 5.09.2023, 15:47 Uhr
Tom Weingärtner
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Quelle: Pixabay / Markus Distelrath
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Länder fordern billigen Strom für die Industrie
Die Ministerpräsidenten treffen sich am 6. September mit den Spitzen der EU-Kommission. Sie wollen ihrem Wunsch nach einem günstigen Strompreis für die Industrie Nachdruck verleihen.
 In einer „Brüsseler Erklärung“, die im Vorfeld der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) bekannt wurde, verweisen die Länderchefs darauf, dass die steigenden Energiekosten eine Gefahr für die konjunkturelle Erholung darstellten: „Es muss daher den Mitgliedstaaten für einen Ãœbergangszeitraum möglich sein, einen wettbewerbsfähigen Brückenstrompreis vor allem für energieintensive und im internationalen Wettbewerb stehende Unternehmen zu etablieren, bis bezahlbare, erneuerbare Energien in hinreichendem Umfang zur Verfügung stehen.“

 Die deutschen Länder akzeptierten den europäischen Klimapakt (Green Deal) zwar als „zentrale strategische Weichenstellung“ für den Ãœbergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft, Ziele und Fristen müssten jedoch kohärent und in der Praxis umsetzbar sein. Unternehmen und private Haushalte dürften nicht überfordert werden: „Hinsichtlich des Tempos zur Erreichung der Klimaneutralität ist darauf zu achten, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie der EU erhalten und die Akzeptanz in der Bevölkerung gewährleistet bleiben“, heißt es in der Erklärung, die die MPK verabschieden will.

Widersprüche zwischen Klima- und Industriepoltik

Bei den nötigen Investitionen brauchten der Mittelstand und die Haushalte mit kleinem Einkommen besondere Unterstützung. In Teilnehmerkreisen der MPK wird darauf hingewiesen, dass sich die Erklärung sowohl an die Kommission als auch an die Regierungskoalition in Berlin richtet. Die Ministerpräsidenten sind sich einig, dass die Einführung eines „Brückenstrompreises“ notwendig ist und sie gehen davon aus, dass die Diskussion darüber in Deutschland gerade erst begonnen hat. In diesem Zusammenhang soll der in Berlin erhobene Einwand, dass ein deutscher Industriestrompreis unvereinbar mit den europäischen Beihilferegeln sei, entkräftet werden.

Die Gespräche mit der Kommission dienten insofern „dem vorbeugenden Brandschutz“, heißt es. Die Ministerpräsidenten wollen in Brüssel darauf hinweisen, dass Widersprüche zwischen der Klima- und Industriepolitik der EU beseitigt werden müssen. „Unendlich lange“ Genehmigungsverfahren für sogenannte PCI-Projekte etwa behinderten die Transformation. Die Versorgung der Industrie mit wichtigen Rohstoffen und Chemikalien müsse gesichert bleiben.

Es ergebe keinen Sinn, Grundstoffe, die etwa für den Bau von Windrädern benötigt würden, durch klimapolitische Auflagen zu verteuern. Als Beispiel wird auf einen Vorschlag der niedersächsischen Landesregierung vom April dieses Jahres verwiesen. Er sieht einen Strompreis von 7 Cents je Kilowattstunde für 10 Jahre vor. Er soll allen energieintensiven Unternehmen gewährt werden, die bereits heute begünstigt werden, also insbesondere die chemische, die Stahl-, Zement-, Keramik- und die Düngemittelindustrie, soweit sie sich „in der Transformation“ befinden.

Abwanderung entgegenwirken

Damit soll der Abwanderung dieser Branchen entgegengewirkt werden. Darüber hinaus soll die Ansiedlung „strategisch wichtiger Branchen“ begünstigt werden, deren Produkte der Energiesicherheit und der Transformation der Industrie insgesamt dienen wie die Herstellung von Batterie oder die Produktion von Windkraft- und Solaranlagen. In Brüssel habe man schon im Frühjahr erkennen lassen, dass ein solches Beihilfenmodell grundsätzlich genehmigungsfähig sei, heißt es in Hannover.

Die Ministerpräsidenten seien sich einig mit dem Bundeskanzler, dass es keine unbefristeten Beihilfen für die Industrie geben dürfe. In der aktuellen, internationalen Lage könne man Schlüsselindustrien, die unverzichtbar für wichtige Wertschöpfungsketten seien, aber nicht alleine lassen. Mit der „internationalen Lage“ sind vor allem das IRA-Programm der USA und die Unterstützung chinesischer Anbieter durch die Regierung in Peking gemeint. Die Hauptkonkurrenten der Europäer auf dem Weltmarkt aber auch auf dem Binnenmarkt der EU verfügten über deutlich mehr staatliche Unterstützung als auf europäischer Ebene bereitgestellt werde.

Die Ministerpräsidenten verlangen deswegen einen zumindest vorübergehenden Kurswechsel in der europäischen Beihilfenpolitik, die bislang auf gleiche Wettbewerbschancen innerhalb der EU abzielt. Dieser Ansatz werde der neuen Situation nicht mehr gerecht, weil es nicht mehr darum gehe, ob eine neue Fabrik in Deutschland, Spanien oder Polen gebaut werde. In den nächsten Jahren gehe es darum, ob in der EU investiert werde oder in Drittstaaten, die bessere Rahmenbedingungen böten. Dazu gehöre auch der Energiepreis.

Niemandem in der EU sei geholfen, wenn der Industriestandort Deutschland geschwächt werde, heißt es. Davon könnten die anderen EU-Staaten nicht mehr profitieren. Die Kommission sieht das bislang anders. Sie hat angekündigt, dass sie vom nächsten Jahr an, Beihilfen der Mitgliedsstaaten wieder genauer auf ihre wettbewerbsverzerrende Wirkung hin untersuchen und notfalls auch verbieten will.

Dienstag, 5.09.2023, 15:47 Uhr
Tom Weingärtner

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