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Energie & Management > Recht - Juristische Zweifel an Vorschlag der Bundesnetzagentur
Quelle: Fotolia / H-J Paulsen
Recht

Juristische Zweifel an Vorschlag der Bundesnetzagentur

Die Anwaltskanzlei Assmann Peiffer hat untersucht, inwieweit der Teilnahmezwang steuerbarer Verbraucher im Rahmen des §14a EnWG rechtswidrig sein könnte.
In einem „Kurzvermerk“ kommt Rechtsanwalt und Partner Sebastian Schnurre zu dem Ergebnis, eine Ausgestaltung des §14a EnWG, die einen pauschalen Teilnahmezwang von nicht öffentlichen Ladepunkten, Wärmepumpen, Kälteerzeugungsanlagen und Stromspeichern vorsehe, „dürfte gegen geltendes Recht verstoßen“.

Der Jurist unterzieht das Eckpunktepapier der Bundesnetzagentur vom 24. November 2022 einer ausführlichen Untersuchung. Dieses wurde bis zum 27. Januar 2023 konsultiert und beschreibt ein Zielmodell und Übergangsregelungen zur Steuerung von Verbrauchseinrichtungen und steuerbaren Netzanschlüssen.

In seiner achtseitigen Analyse stellt Schnurre unter anderem die Frage, ob die Ermächtigungsgrundlage des §14a EnWG eine rechtmäßige Grundlage für Zwangsabschaltungen bestimmter Verbraucher sein könnte. Dies sei zweifelhaft, denn warum sollten Wärmepumpen, Wallboxen oder Batteriespeicher schlechter gestellt werden als Verbraucher mit Saunen, Pools oder anderen nicht von §14a EnWG erfassten Anlagen. Hier stehe die Zwangsmaßnahme im Widerspruch zum diskriminierungsfreien Netzzugang und kollidiere mit Europarecht.

Schnurre weist darauf hin, dass an zahlreichen Stellen der Strombinnenmarktverordnung der Grundsatz „Markt vor Zwang“ abzulesen sei. Die von der Bundesnetzagentur vorgeschlagene Ausgestaltung des §14a EnWG mit den vorgesehenen Zwangsmaßnahmen sei offensichtlich kein marktlicher sondern ein ausschließlich ordnungspolitischer Ansatz.

Doch selbst bei Rechtsmäßigkeit der Ermächtigungsgrundlage sei es fraglich, ob Letztverbraucher mit steuerbaren Verbrauchseinrichtungen zu Einschränkungen verpflichtet werden dürfen. Deshalb prüft Schnurre, ob möglicherweise ein Ermessensfehler vorliegt und ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist.

Zwangsmechanismus grundsätzlich unagemessen

„Ein legitimer Zweck dürfte vorliegen“, heißt es im Gutachten. Allerdings erscheine es zweifelhaft, ob eine Zwangsteilnahme der vorgesehenen Verbrauchseinrichtungen erforderlich ist oder ob nicht gleich wirksame Mittel verfügbar sind, die die Verbraucher weniger belasten. In Betracht kommen demnach die Umsetzung der in §14c Abs.1 Satz1 EnWG genannten Flexibilitätsdienstleistungen. Hier geht es um die marktgestützte Beschaffung von Flexibilitäten und damit um Maßnahmen auf freiwilliger Basis.

„Da die Vorschrift bisher allerdings mangels vorliegender Spezifikation der BNetzA gem. §118 Abs. 28 EnWG nicht umgesetzt wurde, ist unklar, ob die Bestimmung als gleich geeignetes Mittel angesehen werden kann. Zudem stellt §14c Abs. 1 S. 2 EnWG klar, dass §14a EnWG unberührt bleibt“, heißt es im Kurzvermerk. Allerdings gelte dieser Anwendungsvorrang nur, wenn auf der Grundlage von §14a Flexibilitätsdienstleistungen genutzt werden. Dies sei jedoch nicht der Fall. Daher hält Schnurre es für möglich, dass eine Zwangsverpflichtung rechtswidrig ist. „Da diese Frage jedoch mangels behördlicher Auseinandersetzung mit dem Instrument des § 14c EnWG aktuell nicht beantwortet werden kann, lässt sich nicht mit Sicherheit beantworten, ob die Zwangsverpflichtung steuerbarer Verbraucher nicht trotzdem erforderlich ist“, schreibt er weiter.

Schließlich zieht der Jurist die Verhältnismäßigkeit der Teilnahmepflicht in Zweifel. So komme ein Eingriff in die verfassungsrechtlich garantierte Eigentumsfreiheit der Letztverbraucher in Betracht. Aus Sicht der Anbieter von Wallboxen, Wärmepumpen und Speichern sei ein Eingriff in die Berufsfreiheit und das Recht am eingerichteten oder ausgeübten Gewerbebetrieb zu prüfen. Denn durch eine zwangsweise eingeschränkte Nutzung der Geräte und Anlagen wirke die Bundesnetzagentur hoheitlich auf die Marktstellung der betroffenen Unternehmen ein.

Zweifelsfrei bestehe ein „überragendes öffentliches Interesse“ an der Versorgungssicherheit. Mit den Übergangsregelungen bis Ende 2028 mit statischer Steuerung in festen Zeitfenstern werde jedoch „kein nennenswerter Beitrag“ zur Verbesserung der Sicherheit der Stromnetze geleistet. Und bis zur Umsetzung des Zielmodells 2029 mit einer dynamischen Steuerung wäre es für die Bundesnetzagentur „ohne weiteres möglich“ die Flexibilitätsbeschaffung nach §14c EnWG zu erproben und dann rechtzeitig zu entscheiden, ob dadurch Zwangsmaßnahmen verzichtbar sind.

„Da Netzbetreiber und Bundesnetzagentur zur Ausgestaltung des Flexibilitätsmechanismus verpflichtet sind, drängt sich diese Vorgehensweise geradezu auf“, heißt es weiter. Vieles spreche dafür, dass ein zwangsweiser 14a-Mechanismus grundsätzlich unangemessen sein dürfte, solange noch keine Umsetzung von §14c erfolgt sei. Deshalb sei zu empfehlen, den 14a-Mechanismus auf freiwilliger Basis auszugestalten.
 

Mittwoch, 1.02.2023, 16:27 Uhr
Fritz Wilhelm
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Juristische Zweifel an Vorschlag der Bundesnetzagentur
Die Anwaltskanzlei Assmann Peiffer hat untersucht, inwieweit der Teilnahmezwang steuerbarer Verbraucher im Rahmen des §14a EnWG rechtswidrig sein könnte.
In einem „Kurzvermerk“ kommt Rechtsanwalt und Partner Sebastian Schnurre zu dem Ergebnis, eine Ausgestaltung des §14a EnWG, die einen pauschalen Teilnahmezwang von nicht öffentlichen Ladepunkten, Wärmepumpen, Kälteerzeugungsanlagen und Stromspeichern vorsehe, „dürfte gegen geltendes Recht verstoßen“.

Der Jurist unterzieht das Eckpunktepapier der Bundesnetzagentur vom 24. November 2022 einer ausführlichen Untersuchung. Dieses wurde bis zum 27. Januar 2023 konsultiert und beschreibt ein Zielmodell und Übergangsregelungen zur Steuerung von Verbrauchseinrichtungen und steuerbaren Netzanschlüssen.

In seiner achtseitigen Analyse stellt Schnurre unter anderem die Frage, ob die Ermächtigungsgrundlage des §14a EnWG eine rechtmäßige Grundlage für Zwangsabschaltungen bestimmter Verbraucher sein könnte. Dies sei zweifelhaft, denn warum sollten Wärmepumpen, Wallboxen oder Batteriespeicher schlechter gestellt werden als Verbraucher mit Saunen, Pools oder anderen nicht von §14a EnWG erfassten Anlagen. Hier stehe die Zwangsmaßnahme im Widerspruch zum diskriminierungsfreien Netzzugang und kollidiere mit Europarecht.

Schnurre weist darauf hin, dass an zahlreichen Stellen der Strombinnenmarktverordnung der Grundsatz „Markt vor Zwang“ abzulesen sei. Die von der Bundesnetzagentur vorgeschlagene Ausgestaltung des §14a EnWG mit den vorgesehenen Zwangsmaßnahmen sei offensichtlich kein marktlicher sondern ein ausschließlich ordnungspolitischer Ansatz.

Doch selbst bei Rechtsmäßigkeit der Ermächtigungsgrundlage sei es fraglich, ob Letztverbraucher mit steuerbaren Verbrauchseinrichtungen zu Einschränkungen verpflichtet werden dürfen. Deshalb prüft Schnurre, ob möglicherweise ein Ermessensfehler vorliegt und ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist.

Zwangsmechanismus grundsätzlich unagemessen

„Ein legitimer Zweck dürfte vorliegen“, heißt es im Gutachten. Allerdings erscheine es zweifelhaft, ob eine Zwangsteilnahme der vorgesehenen Verbrauchseinrichtungen erforderlich ist oder ob nicht gleich wirksame Mittel verfügbar sind, die die Verbraucher weniger belasten. In Betracht kommen demnach die Umsetzung der in §14c Abs.1 Satz1 EnWG genannten Flexibilitätsdienstleistungen. Hier geht es um die marktgestützte Beschaffung von Flexibilitäten und damit um Maßnahmen auf freiwilliger Basis.

„Da die Vorschrift bisher allerdings mangels vorliegender Spezifikation der BNetzA gem. §118 Abs. 28 EnWG nicht umgesetzt wurde, ist unklar, ob die Bestimmung als gleich geeignetes Mittel angesehen werden kann. Zudem stellt §14c Abs. 1 S. 2 EnWG klar, dass §14a EnWG unberührt bleibt“, heißt es im Kurzvermerk. Allerdings gelte dieser Anwendungsvorrang nur, wenn auf der Grundlage von §14a Flexibilitätsdienstleistungen genutzt werden. Dies sei jedoch nicht der Fall. Daher hält Schnurre es für möglich, dass eine Zwangsverpflichtung rechtswidrig ist. „Da diese Frage jedoch mangels behördlicher Auseinandersetzung mit dem Instrument des § 14c EnWG aktuell nicht beantwortet werden kann, lässt sich nicht mit Sicherheit beantworten, ob die Zwangsverpflichtung steuerbarer Verbraucher nicht trotzdem erforderlich ist“, schreibt er weiter.

Schließlich zieht der Jurist die Verhältnismäßigkeit der Teilnahmepflicht in Zweifel. So komme ein Eingriff in die verfassungsrechtlich garantierte Eigentumsfreiheit der Letztverbraucher in Betracht. Aus Sicht der Anbieter von Wallboxen, Wärmepumpen und Speichern sei ein Eingriff in die Berufsfreiheit und das Recht am eingerichteten oder ausgeübten Gewerbebetrieb zu prüfen. Denn durch eine zwangsweise eingeschränkte Nutzung der Geräte und Anlagen wirke die Bundesnetzagentur hoheitlich auf die Marktstellung der betroffenen Unternehmen ein.

Zweifelsfrei bestehe ein „überragendes öffentliches Interesse“ an der Versorgungssicherheit. Mit den Übergangsregelungen bis Ende 2028 mit statischer Steuerung in festen Zeitfenstern werde jedoch „kein nennenswerter Beitrag“ zur Verbesserung der Sicherheit der Stromnetze geleistet. Und bis zur Umsetzung des Zielmodells 2029 mit einer dynamischen Steuerung wäre es für die Bundesnetzagentur „ohne weiteres möglich“ die Flexibilitätsbeschaffung nach §14c EnWG zu erproben und dann rechtzeitig zu entscheiden, ob dadurch Zwangsmaßnahmen verzichtbar sind.

„Da Netzbetreiber und Bundesnetzagentur zur Ausgestaltung des Flexibilitätsmechanismus verpflichtet sind, drängt sich diese Vorgehensweise geradezu auf“, heißt es weiter. Vieles spreche dafür, dass ein zwangsweiser 14a-Mechanismus grundsätzlich unangemessen sein dürfte, solange noch keine Umsetzung von §14c erfolgt sei. Deshalb sei zu empfehlen, den 14a-Mechanismus auf freiwilliger Basis auszugestalten.
 

Mittwoch, 1.02.2023, 16:27 Uhr
Fritz Wilhelm

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