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Energie & Management > Windkraft Onshore -
Quelle: Fotolia / Mellimage
Windkraft Onshore

"Hersteller verlangen hohe Preise für Fernumstellung"

Windräder dürfen in diesem Winter ohne neues Schallgutachten weiterlaufen − so will es das Osterpaket. Doch die Betreiber können nicht einfach den Einschaltknopf drücken.
Es verdichten sich Indizien, dass Windturbinen-Hersteller an dem vorgesehenen Weiterbetrieb deutscher Windenergieanlagen während des Winters 2022/23 mit schallimmissionsrechtlichen Erleichterungen gut mitverdienen. Denn die Anlagenbetreiber können nicht einfach die für den Winter programmierten Abschaltzeiten umprogrammieren. Das können nur die Hersteller (OEM).

Seit 13. Oktober können Windanlagen-Betreiber den entsprechenden Antrag an die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbehörde zum durchgehenden Winterbetrieb stellen. Eine neue schallgutachterliche Bewertung beizubringen, ist nicht mehr nötig. Ziel dieser Änderung im Osterpaket ist es, den Stromerzeugungsmarkt auch durch zusätzliche Windkraft durch den Winter zu bringen und die Preise zu dämpfen. Meldet sich die Behörde binnen eines Monats nicht, gilt der durchlaufende Winterbetrieb als genehmigt. Wolfram Axthelm, Geschäftsführer des Bundesverbandes Windenergie (BWE), appellierte am 28. Oktober in einem Policy Briefing, an die Genehmigungsbehörden, die Anträge zu genehmigen.

Axthelm empfahl der Branche auch, den Musterantrag "auf Abweichung nach § 31k Bundesimmisionschutzgesetz" zu verwenden, den die Genehmigungsbehörde des Kreises Borken (NRW) erstellt hat.

In dem Policy Briefing behauptete Thomas Griffith, Geschäftsführer des Bürgerwindparks Veer Dörper in Nordfriesland, der Windturbinen-Hersteller Enercon verlange von ihm für die Fernumstellung einer Anlage vom Typ E-70 auf Dauerbetrieb 3.200 Euro. Dem BWE lagen bis dato keine Erkenntnisse über hohe Preise für die ferngesteuerte Umstellung vor. Enercon nahm zu der Angabe bis Redaktionsschluss nicht Stellung.

Wolfram Axthelm berichtete zudem, es liefen "Diskussionen" mit der Bundespolitik, die auf den nächsten Winter befristete schallimmissionsrechtliche Ausnahme zu verlängern.

"Der Erlösabschöpfung wohnt das Scheitern inne"

Gegen die geleakten Überlegungen der Bundesregierung, wie sie die EU-Erlösabschöpfung national umsetzen möchte, sprechen sich nach wie vor BWE, Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE), Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und Verband kommunaler Unternehmen (VKU) aus.

Wolfram Axthelm nannte das Papier einen "so bürokratischen Mechanismus, dem das Scheitern schon innewohnt". So umgesetzt, würde es viele Rechtsstreitigkeiten nach sich ziehen und "de facto kein Geld ins Staatssäckel" bringen, meinte er. Der Widerstand aus der Branche richtet sich gegen die "verfassungswidrige" Rückwirkung zum 1. März 2022 sowie gegen die Art der Abschöpfung.

Laut dem Papier sollen die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) die Erlöse abschöpfen, und zwar 90 % der am Spotmarkt erzielten Umsätze oberhalb eines technologiespezifischen Referenzwertes nach Abzug eines "Sicherheitsabschlags" von 3 Ct/MWh. Die Skizze geht laut Axthelm von der "naiven Annahme" aus, die ÜNB könnten "einen Knopf drücken", um Erlöse zuzuordnen, abzuziehen und die Abschläge vorzunehmen. Die Weitergabe der Abschöpfung sei ebenfalls unklar bis hin zu der Frage, wie die 80 % historischer Stromverbrauch bei Umzügen und Neubezügen zu berechnen sind, die mit den Erlösen subventioniert werden sollen.

Prognose: Marktwerte unter 12 Cent

Als Gegenmodell schlug Axthelm eine steuerrechtliche Abschöpfung von Gewinnen statt Umsätzen in einer "Solidaritätsabgabe" vor. Der August, als Windstrom im Mittel 46 bis 48 Ct/kWh erlöste, sei ein "Ausrutschermonat" gewesen. "Niemand habe so hohe Marktwerte erwartet.Die Marktwerte seien im Oktober "voraussichtlich" unter 12 Ct/kWh gerutscht, weil mehr Wind wehte und die Rückkehr zu Gaspreisen von Ende Juni die Marktwerte Erneuerbarer nicht mehr so nach oben ziehe. Die Übertragungsnetzbetreiber vermelden die Marktwerte in der Regel bis zum 10. Tag nach einem Monatswechsel.

​"Staat macht auch Zufallsgewinne"

Im Übrigen senke Grünstrom die Strompreise, wie ein Vergleich mit den atomkraftlastigen Preisen in Frankreich und der Schweiz ergebe. Und schließlich mache der deutsche Staat demnächst selbst 126 Milliarden Euro "Zufallsgewinne", mit denen er die Preise dämpfen könne, sagte Axthelm mit Bezug zur aktuellen Steuerschätzung.

Mit dem Bundeswirtschaftsministerium hat der BWE laut Axthelm seit dem Auftauchen des Papiers vier Gespräche darüber geführt und die Erlösabschöpfung auch auf einem Runden Tisch zum Ausbau der Stromerzeugungskapazität angesprochen. "Ganz große Diskussionen auf Fachebene" gebe es dabei zur Frage, wie der (nichtphysische) Terminmarkt inklusive PPA-Markt mit seiner "Fülle an Vertragskonstruktionen" abgeschöpft werden soll.

Axthelm ist zuversichtlich, dass die (Diskussions-) Plattform "Klimaneutrales Strommarktdesign" noch bis Jahresende zum Laufen kommt. Das Forum, das verschiedene Beratungsgremien und Stakeholder-Dialoge zu dem Thema zusammenführen würde, war Ende 2021 von der Bundesregierung angekündigt worden.

Auftragseingang steigt im dritten Quartal

Derweil ist der Eingang von Windturbinen-Aufträgen bei den europäischen Herstellern im dritten Quartal gegenüber dem zweiten Quartal gestiegen, aber auf Jahresbasis um 36 Prozent auf 2.000 MW gesunken. Das hat der Dachverband Windeurope anhand öffentlicher Zahlen von OEM und einer eigenen Hochrechnung auf die Gesamtleistung bekanntgegeben. 

Demnach kamen Aufträge aus neun Ländern und bezogen sich nur auf Onshore-Turbinen. Hauptzielland war mit 322 MW Finnland, gefolgt von Schweden und dann erst Deutschland.

Freitag, 28.10.2022, 17:16 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Windkraft Onshore -
Quelle: Fotolia / Mellimage
Windkraft Onshore
"Hersteller verlangen hohe Preise für Fernumstellung"
Windräder dürfen in diesem Winter ohne neues Schallgutachten weiterlaufen − so will es das Osterpaket. Doch die Betreiber können nicht einfach den Einschaltknopf drücken.
Es verdichten sich Indizien, dass Windturbinen-Hersteller an dem vorgesehenen Weiterbetrieb deutscher Windenergieanlagen während des Winters 2022/23 mit schallimmissionsrechtlichen Erleichterungen gut mitverdienen. Denn die Anlagenbetreiber können nicht einfach die für den Winter programmierten Abschaltzeiten umprogrammieren. Das können nur die Hersteller (OEM).

Seit 13. Oktober können Windanlagen-Betreiber den entsprechenden Antrag an die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbehörde zum durchgehenden Winterbetrieb stellen. Eine neue schallgutachterliche Bewertung beizubringen, ist nicht mehr nötig. Ziel dieser Änderung im Osterpaket ist es, den Stromerzeugungsmarkt auch durch zusätzliche Windkraft durch den Winter zu bringen und die Preise zu dämpfen. Meldet sich die Behörde binnen eines Monats nicht, gilt der durchlaufende Winterbetrieb als genehmigt. Wolfram Axthelm, Geschäftsführer des Bundesverbandes Windenergie (BWE), appellierte am 28. Oktober in einem Policy Briefing, an die Genehmigungsbehörden, die Anträge zu genehmigen.

Axthelm empfahl der Branche auch, den Musterantrag "auf Abweichung nach § 31k Bundesimmisionschutzgesetz" zu verwenden, den die Genehmigungsbehörde des Kreises Borken (NRW) erstellt hat.

In dem Policy Briefing behauptete Thomas Griffith, Geschäftsführer des Bürgerwindparks Veer Dörper in Nordfriesland, der Windturbinen-Hersteller Enercon verlange von ihm für die Fernumstellung einer Anlage vom Typ E-70 auf Dauerbetrieb 3.200 Euro. Dem BWE lagen bis dato keine Erkenntnisse über hohe Preise für die ferngesteuerte Umstellung vor. Enercon nahm zu der Angabe bis Redaktionsschluss nicht Stellung.

Wolfram Axthelm berichtete zudem, es liefen "Diskussionen" mit der Bundespolitik, die auf den nächsten Winter befristete schallimmissionsrechtliche Ausnahme zu verlängern.

"Der Erlösabschöpfung wohnt das Scheitern inne"

Gegen die geleakten Überlegungen der Bundesregierung, wie sie die EU-Erlösabschöpfung national umsetzen möchte, sprechen sich nach wie vor BWE, Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE), Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und Verband kommunaler Unternehmen (VKU) aus.

Wolfram Axthelm nannte das Papier einen "so bürokratischen Mechanismus, dem das Scheitern schon innewohnt". So umgesetzt, würde es viele Rechtsstreitigkeiten nach sich ziehen und "de facto kein Geld ins Staatssäckel" bringen, meinte er. Der Widerstand aus der Branche richtet sich gegen die "verfassungswidrige" Rückwirkung zum 1. März 2022 sowie gegen die Art der Abschöpfung.

Laut dem Papier sollen die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) die Erlöse abschöpfen, und zwar 90 % der am Spotmarkt erzielten Umsätze oberhalb eines technologiespezifischen Referenzwertes nach Abzug eines "Sicherheitsabschlags" von 3 Ct/MWh. Die Skizze geht laut Axthelm von der "naiven Annahme" aus, die ÜNB könnten "einen Knopf drücken", um Erlöse zuzuordnen, abzuziehen und die Abschläge vorzunehmen. Die Weitergabe der Abschöpfung sei ebenfalls unklar bis hin zu der Frage, wie die 80 % historischer Stromverbrauch bei Umzügen und Neubezügen zu berechnen sind, die mit den Erlösen subventioniert werden sollen.

Prognose: Marktwerte unter 12 Cent

Als Gegenmodell schlug Axthelm eine steuerrechtliche Abschöpfung von Gewinnen statt Umsätzen in einer "Solidaritätsabgabe" vor. Der August, als Windstrom im Mittel 46 bis 48 Ct/kWh erlöste, sei ein "Ausrutschermonat" gewesen. "Niemand habe so hohe Marktwerte erwartet.Die Marktwerte seien im Oktober "voraussichtlich" unter 12 Ct/kWh gerutscht, weil mehr Wind wehte und die Rückkehr zu Gaspreisen von Ende Juni die Marktwerte Erneuerbarer nicht mehr so nach oben ziehe. Die Übertragungsnetzbetreiber vermelden die Marktwerte in der Regel bis zum 10. Tag nach einem Monatswechsel.

​"Staat macht auch Zufallsgewinne"

Im Übrigen senke Grünstrom die Strompreise, wie ein Vergleich mit den atomkraftlastigen Preisen in Frankreich und der Schweiz ergebe. Und schließlich mache der deutsche Staat demnächst selbst 126 Milliarden Euro "Zufallsgewinne", mit denen er die Preise dämpfen könne, sagte Axthelm mit Bezug zur aktuellen Steuerschätzung.

Mit dem Bundeswirtschaftsministerium hat der BWE laut Axthelm seit dem Auftauchen des Papiers vier Gespräche darüber geführt und die Erlösabschöpfung auch auf einem Runden Tisch zum Ausbau der Stromerzeugungskapazität angesprochen. "Ganz große Diskussionen auf Fachebene" gebe es dabei zur Frage, wie der (nichtphysische) Terminmarkt inklusive PPA-Markt mit seiner "Fülle an Vertragskonstruktionen" abgeschöpft werden soll.

Axthelm ist zuversichtlich, dass die (Diskussions-) Plattform "Klimaneutrales Strommarktdesign" noch bis Jahresende zum Laufen kommt. Das Forum, das verschiedene Beratungsgremien und Stakeholder-Dialoge zu dem Thema zusammenführen würde, war Ende 2021 von der Bundesregierung angekündigt worden.

Auftragseingang steigt im dritten Quartal

Derweil ist der Eingang von Windturbinen-Aufträgen bei den europäischen Herstellern im dritten Quartal gegenüber dem zweiten Quartal gestiegen, aber auf Jahresbasis um 36 Prozent auf 2.000 MW gesunken. Das hat der Dachverband Windeurope anhand öffentlicher Zahlen von OEM und einer eigenen Hochrechnung auf die Gesamtleistung bekanntgegeben. 

Demnach kamen Aufträge aus neun Ländern und bezogen sich nur auf Onshore-Turbinen. Hauptzielland war mit 322 MW Finnland, gefolgt von Schweden und dann erst Deutschland.

Freitag, 28.10.2022, 17:16 Uhr
Georg Eble

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