E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Recht - Handelsgericht kippt Verbund-Preiserhöhung
Quelle: Shutterstock
Recht

Handelsgericht kippt Verbund-Preiserhöhung

Da der österreichische Energiekonzern den Großteil seines Stroms mit Wasserkraftwerken erzeugt, darf er seine Preise für Endkunden nicht an die Entwicklungen im Stromgroßhandel koppeln.
Laut einem Urteil des Handelsgerichts Wien war die Preiserhöhung des Stromkonzerns Verbund vom Mai 2022 für seine Haushalts- und Gewerbekunden rechtswidrig. Das berichtete der Verein für Konsumenteninformation (VKI), der gegen den Verbund im Auftrag des österreichischen Sozialministeriums geklagt hatte. Mit dem Urteil erklärt das Gericht eine Klausel in den bis November 2022 geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für rechtswidrig und untersagt dem Unternehmen deren weitere Verwendung. In dem Verfahren hatte der Verbund argumentiert, die seit November 2022 geltenden neuen AGB enthielten die Klausel nicht mehr. Somit sei es unnötig, deren weitere Verwendung zu untersagen. Dem hielt das Gericht entgegen, dass sich der Verbund bei Verträgen, die vor der Neufassung der ABG geschlossen wurden, weiterhin auf deren „alte“ Fassung und somit auf die Klausel berufen könne, wenn ihm dies nicht verboten werde.

Der Klausel mit dem Titel „Wertsicherung Arbeitspreis“ zufolge war der mit den Endkunden vereinbarte Strompreis pro kWh (Arbeitspreis) durch den Österreichischen Strompreisindex (ÖSPI) wertgesichert, der seinerseits an die Großhandelspreise an den Leipziger EEX gekoppelt ist. In seinem Urteil stellt das Gericht fest, entgegen der Behauptung des Verbunds gehe es bei der Klausel nicht um „Wertsicherungen“, sondern um Preisanpassungen entsprechend der Entwicklungen an der EEX. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der ÖSPI „eine Prognose des Großhandelspreises für den nächsten Monat“ darstelle: „Der Kunde erwartet nicht, dass der Arbeitspreis anhand eines Indizes geändert werden kann/muss, der den Großhandelspreis für den nächsten Monat prognostiziert.“ Somit sei die Bezeichnung der Klausel „Wertsicherung Arbeitspreis“ für die Kunden irreführend und unzulässig.

Gestehungskosten unverändert

Ausdrücklich hebt das Gericht hervor: Der Verbund als „beklagte Partei“ bewerbe seine Energielieferverträge unter anderem „mit dem Verbund-Sauberkeitsnachweis, der dem Endkunden 100 Prozent Wasserkraft aus Österreich garantieren soll. In der Korrespondenz mit Endkunden nennt sich die beklagte Partei selbst einen der größten Erzeuger von Strom aus Wasserkraft. Weiters gibt die beklagte Partei an, dass ihre Endkunden mit Strom aus 100 Prozent Wasserkraft aus Österreich versorgt werden.“ Allerdings hätten sich die Stromgestehungskosten von Wasserkraftwerken nicht verändert. Daher gebe es keinen Grund, den Strompreis für die Endkunden zu erhöhen, wenn die Börsenpreise für elektrische Energie steigen.

Folglich sei die Klausel nicht sachgerecht und damit nichtig: Sie ermögliche dem Verbund nämlich, in Abhängigkeit von den Börsenpreisen „Zufallsgewinne“ zu erzielen. Maßgebliche Umstände, die zur Erhöhung von Strompreisen für die Endkunden berechtigen, seien unter anderem Steigerungen des Personal- oder Sachaufwands sowie der Verwaltungskosten, aber auch „Kosten aufgrund neuer hoheitlich initiierter Belastungen.“ Keine Berechtigung haben Preiserhöhungen dem Urteil zufolge dagegen, „wenn sich durch die Nachfrage am Markt die Gewinnspanne des Unternehmers verändert.“

Auswirkungen unklar

In wie weit das Urteil auch auf Kunden des Verbunds in Deutschland Auswirkungen hat oder darüber hinaus sogar für allfällige ähnliche Klauseln deutscher Versorger von Bedeutung sein könnte, ist vorerst unklar. Ein Jurist, der nicht namentlich genannt werden wollte, verwies gegenüber der Redaktion darauf, dass das Urteil nicht rechtskräftig ist und der Verbund dagegen berufen kann. Erst, wenn die Causa ausjudiziert sei, ließen sich deren weitergehende Konsequenzen abschätzen. Ob der Verbund berufen wird, ist offen. Generaldirektor Michael Strugl erklärte, es handle sich um ein laufendes Verfahren, das er nicht kommentiere.

Der VKI forderte den Konzern auf, entsprechende Rückzahlungen an die Kunden zu leisten. Die Kunden hätten den Verbund nicht zuletzt deshalb als Versorger gewählt, weil dieser angebe, den ihnen gelieferten Strom mittels Wasserkraft zu erzeugen.

Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) konstatierte am Rande einer Pressekonferenz, sie erwartet eine Berufung des Verbunds gegen das Urteil. Die Ministerin ergänzte, es gelte, „sehr genau darauf zu achten, wie Preiserhöhungen funktionieren. Es darf nicht sein, dass die Energieunternehmen Preissteigerungen im Großhandel sehr schnell weitergeben, Preissenkungen dagegen nur langsam.“ Ausdrücklich begrüßte Gewessler die Einrichtung einer „Task Force“ der Regulierungsbehörde E-Control und der Bundeswettbewerbsbehörde, die sich mit diesem Thema befasst.

Donnerstag, 23.02.2023, 14:17 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Recht - Handelsgericht kippt Verbund-Preiserhöhung
Quelle: Shutterstock
Recht
Handelsgericht kippt Verbund-Preiserhöhung
Da der österreichische Energiekonzern den Großteil seines Stroms mit Wasserkraftwerken erzeugt, darf er seine Preise für Endkunden nicht an die Entwicklungen im Stromgroßhandel koppeln.
Laut einem Urteil des Handelsgerichts Wien war die Preiserhöhung des Stromkonzerns Verbund vom Mai 2022 für seine Haushalts- und Gewerbekunden rechtswidrig. Das berichtete der Verein für Konsumenteninformation (VKI), der gegen den Verbund im Auftrag des österreichischen Sozialministeriums geklagt hatte. Mit dem Urteil erklärt das Gericht eine Klausel in den bis November 2022 geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für rechtswidrig und untersagt dem Unternehmen deren weitere Verwendung. In dem Verfahren hatte der Verbund argumentiert, die seit November 2022 geltenden neuen AGB enthielten die Klausel nicht mehr. Somit sei es unnötig, deren weitere Verwendung zu untersagen. Dem hielt das Gericht entgegen, dass sich der Verbund bei Verträgen, die vor der Neufassung der ABG geschlossen wurden, weiterhin auf deren „alte“ Fassung und somit auf die Klausel berufen könne, wenn ihm dies nicht verboten werde.

Der Klausel mit dem Titel „Wertsicherung Arbeitspreis“ zufolge war der mit den Endkunden vereinbarte Strompreis pro kWh (Arbeitspreis) durch den Österreichischen Strompreisindex (ÖSPI) wertgesichert, der seinerseits an die Großhandelspreise an den Leipziger EEX gekoppelt ist. In seinem Urteil stellt das Gericht fest, entgegen der Behauptung des Verbunds gehe es bei der Klausel nicht um „Wertsicherungen“, sondern um Preisanpassungen entsprechend der Entwicklungen an der EEX. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der ÖSPI „eine Prognose des Großhandelspreises für den nächsten Monat“ darstelle: „Der Kunde erwartet nicht, dass der Arbeitspreis anhand eines Indizes geändert werden kann/muss, der den Großhandelspreis für den nächsten Monat prognostiziert.“ Somit sei die Bezeichnung der Klausel „Wertsicherung Arbeitspreis“ für die Kunden irreführend und unzulässig.

Gestehungskosten unverändert

Ausdrücklich hebt das Gericht hervor: Der Verbund als „beklagte Partei“ bewerbe seine Energielieferverträge unter anderem „mit dem Verbund-Sauberkeitsnachweis, der dem Endkunden 100 Prozent Wasserkraft aus Österreich garantieren soll. In der Korrespondenz mit Endkunden nennt sich die beklagte Partei selbst einen der größten Erzeuger von Strom aus Wasserkraft. Weiters gibt die beklagte Partei an, dass ihre Endkunden mit Strom aus 100 Prozent Wasserkraft aus Österreich versorgt werden.“ Allerdings hätten sich die Stromgestehungskosten von Wasserkraftwerken nicht verändert. Daher gebe es keinen Grund, den Strompreis für die Endkunden zu erhöhen, wenn die Börsenpreise für elektrische Energie steigen.

Folglich sei die Klausel nicht sachgerecht und damit nichtig: Sie ermögliche dem Verbund nämlich, in Abhängigkeit von den Börsenpreisen „Zufallsgewinne“ zu erzielen. Maßgebliche Umstände, die zur Erhöhung von Strompreisen für die Endkunden berechtigen, seien unter anderem Steigerungen des Personal- oder Sachaufwands sowie der Verwaltungskosten, aber auch „Kosten aufgrund neuer hoheitlich initiierter Belastungen.“ Keine Berechtigung haben Preiserhöhungen dem Urteil zufolge dagegen, „wenn sich durch die Nachfrage am Markt die Gewinnspanne des Unternehmers verändert.“

Auswirkungen unklar

In wie weit das Urteil auch auf Kunden des Verbunds in Deutschland Auswirkungen hat oder darüber hinaus sogar für allfällige ähnliche Klauseln deutscher Versorger von Bedeutung sein könnte, ist vorerst unklar. Ein Jurist, der nicht namentlich genannt werden wollte, verwies gegenüber der Redaktion darauf, dass das Urteil nicht rechtskräftig ist und der Verbund dagegen berufen kann. Erst, wenn die Causa ausjudiziert sei, ließen sich deren weitergehende Konsequenzen abschätzen. Ob der Verbund berufen wird, ist offen. Generaldirektor Michael Strugl erklärte, es handle sich um ein laufendes Verfahren, das er nicht kommentiere.

Der VKI forderte den Konzern auf, entsprechende Rückzahlungen an die Kunden zu leisten. Die Kunden hätten den Verbund nicht zuletzt deshalb als Versorger gewählt, weil dieser angebe, den ihnen gelieferten Strom mittels Wasserkraft zu erzeugen.

Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) konstatierte am Rande einer Pressekonferenz, sie erwartet eine Berufung des Verbunds gegen das Urteil. Die Ministerin ergänzte, es gelte, „sehr genau darauf zu achten, wie Preiserhöhungen funktionieren. Es darf nicht sein, dass die Energieunternehmen Preissteigerungen im Großhandel sehr schnell weitergeben, Preissenkungen dagegen nur langsam.“ Ausdrücklich begrüßte Gewessler die Einrichtung einer „Task Force“ der Regulierungsbehörde E-Control und der Bundeswettbewerbsbehörde, die sich mit diesem Thema befasst.

Donnerstag, 23.02.2023, 14:17 Uhr
Klaus Fischer

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.