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Energie & Management > Wirtschaft - Gas: Die fetten Jahre sind vorbei
Gasförderplattform. Quelle: Shutterstock / Red ivory
Wirtschaft

Gas: Die fetten Jahre sind vorbei

Auf dem internationalen Gasmarkt zeichnet sich nach einem Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) mittelfristig eine Entspannung ab.
Russland hat mit dem Krieg in der Ukraine das Ende eines goldenen Zeitalters für den Energieträger Gas eingeleitet. Zu diesem Ergebnis kommt der jüngste Bericht der IEA über den internationalen Gasmarkt.

Danach nahm der globale Gasverbrauch zwischen 2011 und 2021 um rund ein Viertel zu, mehr als jeder andere Brennstoff. Ursache für das starke Wachstum waren der Trend zu saubereren Energiequellen und Gasvorkommen, die zu geringen Kosten erschlossen werden konnten. Diese Entwicklung sei durch die Energiekrise des letzten Jahres zu einem Abschluss gekommen, heißt es in dem Bericht der Pariser Energieagentur.

Die Preise hätten sich seit Anfang des Jahres zwar normalisiert, blieben aber strukturell höher als vor 2022, so die IEA. Damit werde die Nachfrage langsamer wachsen als in der Vergangenheit. Die Preise an den internationalen Gasmärkten sind aber nicht nur höher, sondern sie schwanken auch stärker. Die IEA hat ihren Prognosezeitraum deswegen auf drei Jahre verkürzt.

Volle Speicher keine Garantie für stabile Preise

Die Lage bleibe trotz der hohen Speicherstände in Europa angespannt. Volle Speicher seien keine Garantie für stabile Preise in diesem Winter, heißt es weiter in dem Bericht, der vor dem jüngsten Angriff der Hamas auf Israel fertig gestellt wurde. Allerdings sieht man in Paris zur Zeit nur begrenzte Auswirkungen der Nahost-Krise auf die weltweite Gasversorgung. Unmittelbar betroffen sei die Förderung der Tamar-Vorkommen vor der israelischen Küste. Israel müsse dafür Ersatz auf dem internationalen Markt beschaffen und könne kein Gas mehr an Ägypten liefern. Das werde die ägyptischen LNG-Exporte beeinträchtigen, sagte ein Sprecher der IEA in Paris.

Die russischen Lieferkürzungen des letzten Jahres hätten die Wettbewerbsfähigkeit von Gas nachhaltig beschädigt, heißt es im Bericht weiter: zum einen habe Gas sein Image als sicherer und zuverlässiger Energieträger verloren, zum anderen begünstigten die hohen Gaspreise andere Energieträger. Russland selbst wird nach Schätzungen der IEA 2026 rund 85 bcm weniger Gas fördern als 2021. Die IEA erwartet deswegen, dass das globale Wachstum der Nachfrage nach Gas von 2,5 Prozent pro Jahr (2017-2022) auf 1,6 Prozent (2022-2026) zurückgeht.

In diesem Jahr würden die Zuwächse in Asien und dem Mittleren Osten nahezu vollständig ausgeglichen durch den Rückgang der Nachfrage in Europa und Lateinamerika. Erst 2024 erwarten die Energieexperten in Paris einen leichten Anstieg des weltweiten Gasverbrauchs, 2025-2026 würden neue Anlagen zur Verflüssigung von Erdgas für ein „robusteres“ Wachstum sorgen. Auf den „reifen“ Gasmärkten Europas, Nordamerikas und am Pazifik (Japan, Südkorea, Singapur, Australien, Neusseland) erwartet die IEA bis 2026 einen Rückgang der Nachfrage um 1 Prozent p.a. Verantwortlich dafür seien höhere Effizienzstandards, mehr erneuerbare Energien und eine Elektrifizierung des Wärmemarktes, im pazifischen Raum auch der Ausbau der Atomenergie.

25 Prozent Rückgang in Europa

In Europa rechnet die IEA mit einem Rückgang der Gasnachfrage um 25 Prozent (2022-2026), auch weil gasintensive Sektoren ihre Produktion an andere Standorte verlagern. Dem stünden die schnell wachsenden Wirtschaftsräume in Afrika, dem Mittleren Osten und Südostasien gegenüber. Dort werde mehr Gas für die Industrie und die Stromerzeugung benötigt. Diesen Ländern, die über eine gute Infrastruktur verfügten, stehe ab 2025 ein größeres LNG-Angebot zur Verfügung, was die „preissensitive Nachfrage“ erhöhen werde.

Vor allem in Ländern mit eigener Produktion wie dem Iran, Saudi Arabien oder in Israel rechnet die IEA mit einem Aufschwung der gasintensiven Industrie. Die Nachfrage in Afrika werde vor allem vom hohen Wachsum der Bevölkerung angetrieben.

Insgesamt geht man in Paris davon aus, dass 2026 weltweit 4330 bcm Gas verbraucht werden, 270 bcm mehr als 2022. Dem stehe eine Ausweitung der LNG-Produktion um 25 Prozent gegenüber oder 130 bcm p.a. Siebzig Prozent davon komme allerdings erst 2025 und 2026 auf den Markt. Die Hälfte dieser Produktionsausweitung entfalle auf die USA, die ihren Anteil am globalen LNG-Markt zwischen 2022 und 2026 von 20 auf 30 Prozent erhöhen würden. Da ein großer Teil dieses Angebotes über den Henry-Hub beziehungsweise zu den dort notierten Preisen abgewickelt werde und nicht vertraglich gebunden ist, werde die Flexibilität und die Liquidität des internationalen Gashandels zunehmen.

Die IEA erwartet davon mehr Anpassungs- und Widerstandsfähigkeit gegenüber kurzfristigen Angebots- oder Nachfrageschocks. Die regionalen Gasmärkte würden stärker integriert aber auch abhängiger von der globalen Entwicklung, heißt es in dem Bericht: „Ein zunehmend globalisierter Markt unterstreicht die Notwendigkeit eines Dialogs zwischen Anbietern und Verbrauchern über die Versorgungssicherheit.“

Das Angebot an emissionsarmen Gasen wächst nach dem Bericht zwar schnell (plus 12 bcm bis 2026), bleibt aber vorerst eine Nische auf dem globalen Gasmarkt. 7  Prozent des Wachstums entfällt auf Europa und Nordamerika, wo der Einsatz von Biomethan oder grünem Wasserstoff großzügig gefördert wird. Insgesamt erwartet die IEA, dass 2026 global 16 bcm „nachhaltige“ Gase zur Verfügung stehen, 11 bcm Biomethan und 5 bcm grüner Wasserstoff.

Dienstag, 10.10.2023, 13:58 Uhr
Tom Weingärtner
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Gasförderplattform. Quelle: Shutterstock / Red ivory
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Gas: Die fetten Jahre sind vorbei
Auf dem internationalen Gasmarkt zeichnet sich nach einem Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) mittelfristig eine Entspannung ab.
Russland hat mit dem Krieg in der Ukraine das Ende eines goldenen Zeitalters für den Energieträger Gas eingeleitet. Zu diesem Ergebnis kommt der jüngste Bericht der IEA über den internationalen Gasmarkt.

Danach nahm der globale Gasverbrauch zwischen 2011 und 2021 um rund ein Viertel zu, mehr als jeder andere Brennstoff. Ursache für das starke Wachstum waren der Trend zu saubereren Energiequellen und Gasvorkommen, die zu geringen Kosten erschlossen werden konnten. Diese Entwicklung sei durch die Energiekrise des letzten Jahres zu einem Abschluss gekommen, heißt es in dem Bericht der Pariser Energieagentur.

Die Preise hätten sich seit Anfang des Jahres zwar normalisiert, blieben aber strukturell höher als vor 2022, so die IEA. Damit werde die Nachfrage langsamer wachsen als in der Vergangenheit. Die Preise an den internationalen Gasmärkten sind aber nicht nur höher, sondern sie schwanken auch stärker. Die IEA hat ihren Prognosezeitraum deswegen auf drei Jahre verkürzt.

Volle Speicher keine Garantie für stabile Preise

Die Lage bleibe trotz der hohen Speicherstände in Europa angespannt. Volle Speicher seien keine Garantie für stabile Preise in diesem Winter, heißt es weiter in dem Bericht, der vor dem jüngsten Angriff der Hamas auf Israel fertig gestellt wurde. Allerdings sieht man in Paris zur Zeit nur begrenzte Auswirkungen der Nahost-Krise auf die weltweite Gasversorgung. Unmittelbar betroffen sei die Förderung der Tamar-Vorkommen vor der israelischen Küste. Israel müsse dafür Ersatz auf dem internationalen Markt beschaffen und könne kein Gas mehr an Ägypten liefern. Das werde die ägyptischen LNG-Exporte beeinträchtigen, sagte ein Sprecher der IEA in Paris.

Die russischen Lieferkürzungen des letzten Jahres hätten die Wettbewerbsfähigkeit von Gas nachhaltig beschädigt, heißt es im Bericht weiter: zum einen habe Gas sein Image als sicherer und zuverlässiger Energieträger verloren, zum anderen begünstigten die hohen Gaspreise andere Energieträger. Russland selbst wird nach Schätzungen der IEA 2026 rund 85 bcm weniger Gas fördern als 2021. Die IEA erwartet deswegen, dass das globale Wachstum der Nachfrage nach Gas von 2,5 Prozent pro Jahr (2017-2022) auf 1,6 Prozent (2022-2026) zurückgeht.

In diesem Jahr würden die Zuwächse in Asien und dem Mittleren Osten nahezu vollständig ausgeglichen durch den Rückgang der Nachfrage in Europa und Lateinamerika. Erst 2024 erwarten die Energieexperten in Paris einen leichten Anstieg des weltweiten Gasverbrauchs, 2025-2026 würden neue Anlagen zur Verflüssigung von Erdgas für ein „robusteres“ Wachstum sorgen. Auf den „reifen“ Gasmärkten Europas, Nordamerikas und am Pazifik (Japan, Südkorea, Singapur, Australien, Neusseland) erwartet die IEA bis 2026 einen Rückgang der Nachfrage um 1 Prozent p.a. Verantwortlich dafür seien höhere Effizienzstandards, mehr erneuerbare Energien und eine Elektrifizierung des Wärmemarktes, im pazifischen Raum auch der Ausbau der Atomenergie.

25 Prozent Rückgang in Europa

In Europa rechnet die IEA mit einem Rückgang der Gasnachfrage um 25 Prozent (2022-2026), auch weil gasintensive Sektoren ihre Produktion an andere Standorte verlagern. Dem stünden die schnell wachsenden Wirtschaftsräume in Afrika, dem Mittleren Osten und Südostasien gegenüber. Dort werde mehr Gas für die Industrie und die Stromerzeugung benötigt. Diesen Ländern, die über eine gute Infrastruktur verfügten, stehe ab 2025 ein größeres LNG-Angebot zur Verfügung, was die „preissensitive Nachfrage“ erhöhen werde.

Vor allem in Ländern mit eigener Produktion wie dem Iran, Saudi Arabien oder in Israel rechnet die IEA mit einem Aufschwung der gasintensiven Industrie. Die Nachfrage in Afrika werde vor allem vom hohen Wachsum der Bevölkerung angetrieben.

Insgesamt geht man in Paris davon aus, dass 2026 weltweit 4330 bcm Gas verbraucht werden, 270 bcm mehr als 2022. Dem stehe eine Ausweitung der LNG-Produktion um 25 Prozent gegenüber oder 130 bcm p.a. Siebzig Prozent davon komme allerdings erst 2025 und 2026 auf den Markt. Die Hälfte dieser Produktionsausweitung entfalle auf die USA, die ihren Anteil am globalen LNG-Markt zwischen 2022 und 2026 von 20 auf 30 Prozent erhöhen würden. Da ein großer Teil dieses Angebotes über den Henry-Hub beziehungsweise zu den dort notierten Preisen abgewickelt werde und nicht vertraglich gebunden ist, werde die Flexibilität und die Liquidität des internationalen Gashandels zunehmen.

Die IEA erwartet davon mehr Anpassungs- und Widerstandsfähigkeit gegenüber kurzfristigen Angebots- oder Nachfrageschocks. Die regionalen Gasmärkte würden stärker integriert aber auch abhängiger von der globalen Entwicklung, heißt es in dem Bericht: „Ein zunehmend globalisierter Markt unterstreicht die Notwendigkeit eines Dialogs zwischen Anbietern und Verbrauchern über die Versorgungssicherheit.“

Das Angebot an emissionsarmen Gasen wächst nach dem Bericht zwar schnell (plus 12 bcm bis 2026), bleibt aber vorerst eine Nische auf dem globalen Gasmarkt. 7  Prozent des Wachstums entfällt auf Europa und Nordamerika, wo der Einsatz von Biomethan oder grünem Wasserstoff großzügig gefördert wird. Insgesamt erwartet die IEA, dass 2026 global 16 bcm „nachhaltige“ Gase zur Verfügung stehen, 11 bcm Biomethan und 5 bcm grüner Wasserstoff.

Dienstag, 10.10.2023, 13:58 Uhr
Tom Weingärtner

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