E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Europaeische Union - Fuest geht mit europäischer Taxonomie ins Gericht
Bild: Shutterstock/jorisvo
Europaeische Union

Fuest geht mit europäischer Taxonomie ins Gericht

Der Chef des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, hat der EU Widersprüche in ihrer Klimapolitik vorgeworfen.
Die einzelnen Teile der europäischen Klimapolitik, sagte Fuest in einer Videokonferenz der Brüsseler Denkfabrik ERCST, seien zwar so konzipiert, dass sie einen Beitrag zu den klimapolitischen Zielen der EU leisten könnten. Es fehle jedoch sowohl die Konsistenz innerhalb der Klimapolitik als auch die Vereinbarkeit mit anderen politischen Zielen, die die EU verfolge.

Das gelte insbesondere für die Taxonomie-Verordnung. Sie legt die Kriterien für „nachhaltige Investitionen“ fest. Auf dieser Grundlage können Unternehmen nachweisen, ob sie nachhaltig produzieren. Banken und andere Investoren belegen damit, dass ihr Kapital zum Klimaschutz beiträgt. Sie können dafür grüne Anleihen ausgeben und Kreditinstitute brauchen weniger eigene Mittel vorhalten. Damit soll Kapital in privatwirtschaftliche Anlagen gelenkt werden, die dem Klimaschutz dienen.

Mehr Transparenz auf dem Kapitalmarkt sei zwar grundsätzlich richtig, sagte Fuest. Es sei jedoch eine Illusion, dass eine staatlich organisierte Information der Investoren den bestehenden, privatwirtschaftlichen Mechanismen überlegen ist. Er geht davon aus, dass die gut organisierte Lobby in Brüssel erheblichen Einfluss auf die Empfehlungen der Kommission nehmen wird.

Risiken gibt es auch bei grünen Anlagen

Der Ansatz der Kommission habe „einen starken Geruch von zentraler Planung“, sagte Fuest. In Brüssel glaube man offensichtlich wieder mehr an Dirigismus und Planung als an den Markt. Insgesamt gebe es jedoch wenig gute Erfahrungen mit Versuchen des Staates, Kapitalflüsse in die „richtige“ Richtung zu lenken.

Erleichterungen bei der Kapitalunterlegung von nachhaltigen Investitionen sind nach Ansicht von Fuest nicht gerechtfertigt, weil „auch grüne Anlagen mit Risiken verbunden sind“. Die Bankenregulierung diene der Stabilität des Finanzsystems. Sie sei aus gutem Grund in den letzten Jahren verschärft worden. Er erinnerte an die Finanzkrise, die nicht zuletzt dadurch ausgelöst worden sei, dass die US-Regierung sozial schwachen Haushalten Zugang zu Wohneigentum eröffnen wollte. Die Taxonomie-Regeln seien zwar gut gemeint, stünden aber in einem Interessenkonflikt zur Finanzmarktstabilität.

Klimapolitisch stehe die Taxonomie in Konkurrenz zu anderen Instrumenten wie dem Emissionshandel (ETS) oder der geplanten Grenzausgleichsabgabe Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM). Ziel des ETS sei es, in der EU einen einheitlichen CO2-Preis in den betroffenen Sektoren durchzusetzen. Das sei die Voraussetzung dafür, dass Kapital in die effizienteste Verwendung gelenkt und die klimapolitischen Ziele mit den geringsten Kosten erreicht würden.

Eine zusätzliche Beeinflussung der Kapitalströme könne dieses Ergebnis nicht verbessern, sondern nur beeinträchtigen. Das gelte auch dort, wo der Kohlenstoffmarkt nicht vollkommen funktioniere. Denn die Taxonomie sei auf punktuelles Marktversagen nicht zugeschnitten.

Es sei klar, dass der Einsatz fossiler Brennstoffe teurer werde, wenn die Klimaziele der EU erreicht werden sollten. Widersprüche in der Klimapolitik, wie sie durch die Taxonomie erzeugt würden, seien aber geeignet, die Kosten für die Wirtschaft und die privaten Haushalte zusätzlich in die Höhe zu treiben.

Dienstag, 29.06.2021, 10:39 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Europaeische Union - Fuest geht mit europäischer Taxonomie ins Gericht
Bild: Shutterstock/jorisvo
Europaeische Union
Fuest geht mit europäischer Taxonomie ins Gericht
Der Chef des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, hat der EU Widersprüche in ihrer Klimapolitik vorgeworfen.
Die einzelnen Teile der europäischen Klimapolitik, sagte Fuest in einer Videokonferenz der Brüsseler Denkfabrik ERCST, seien zwar so konzipiert, dass sie einen Beitrag zu den klimapolitischen Zielen der EU leisten könnten. Es fehle jedoch sowohl die Konsistenz innerhalb der Klimapolitik als auch die Vereinbarkeit mit anderen politischen Zielen, die die EU verfolge.

Das gelte insbesondere für die Taxonomie-Verordnung. Sie legt die Kriterien für „nachhaltige Investitionen“ fest. Auf dieser Grundlage können Unternehmen nachweisen, ob sie nachhaltig produzieren. Banken und andere Investoren belegen damit, dass ihr Kapital zum Klimaschutz beiträgt. Sie können dafür grüne Anleihen ausgeben und Kreditinstitute brauchen weniger eigene Mittel vorhalten. Damit soll Kapital in privatwirtschaftliche Anlagen gelenkt werden, die dem Klimaschutz dienen.

Mehr Transparenz auf dem Kapitalmarkt sei zwar grundsätzlich richtig, sagte Fuest. Es sei jedoch eine Illusion, dass eine staatlich organisierte Information der Investoren den bestehenden, privatwirtschaftlichen Mechanismen überlegen ist. Er geht davon aus, dass die gut organisierte Lobby in Brüssel erheblichen Einfluss auf die Empfehlungen der Kommission nehmen wird.

Risiken gibt es auch bei grünen Anlagen

Der Ansatz der Kommission habe „einen starken Geruch von zentraler Planung“, sagte Fuest. In Brüssel glaube man offensichtlich wieder mehr an Dirigismus und Planung als an den Markt. Insgesamt gebe es jedoch wenig gute Erfahrungen mit Versuchen des Staates, Kapitalflüsse in die „richtige“ Richtung zu lenken.

Erleichterungen bei der Kapitalunterlegung von nachhaltigen Investitionen sind nach Ansicht von Fuest nicht gerechtfertigt, weil „auch grüne Anlagen mit Risiken verbunden sind“. Die Bankenregulierung diene der Stabilität des Finanzsystems. Sie sei aus gutem Grund in den letzten Jahren verschärft worden. Er erinnerte an die Finanzkrise, die nicht zuletzt dadurch ausgelöst worden sei, dass die US-Regierung sozial schwachen Haushalten Zugang zu Wohneigentum eröffnen wollte. Die Taxonomie-Regeln seien zwar gut gemeint, stünden aber in einem Interessenkonflikt zur Finanzmarktstabilität.

Klimapolitisch stehe die Taxonomie in Konkurrenz zu anderen Instrumenten wie dem Emissionshandel (ETS) oder der geplanten Grenzausgleichsabgabe Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM). Ziel des ETS sei es, in der EU einen einheitlichen CO2-Preis in den betroffenen Sektoren durchzusetzen. Das sei die Voraussetzung dafür, dass Kapital in die effizienteste Verwendung gelenkt und die klimapolitischen Ziele mit den geringsten Kosten erreicht würden.

Eine zusätzliche Beeinflussung der Kapitalströme könne dieses Ergebnis nicht verbessern, sondern nur beeinträchtigen. Das gelte auch dort, wo der Kohlenstoffmarkt nicht vollkommen funktioniere. Denn die Taxonomie sei auf punktuelles Marktversagen nicht zugeschnitten.

Es sei klar, dass der Einsatz fossiler Brennstoffe teurer werde, wenn die Klimaziele der EU erreicht werden sollten. Widersprüche in der Klimapolitik, wie sie durch die Taxonomie erzeugt würden, seien aber geeignet, die Kosten für die Wirtschaft und die privaten Haushalte zusätzlich in die Höhe zu treiben.

Dienstag, 29.06.2021, 10:39 Uhr
Tom Weingärtner

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.