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Energie & Management > Studien - EU-Erdgasnachfrage sinkt bis 2050 um 80 Prozent
Quelle: Pixabay / Andreas Breitling
Studien

EU-Erdgasnachfrage sinkt bis 2050 um 80 Prozent

Eine Analyse von Deloitte und Öko-Institut sieht einen rapiden Rückgang des Gasbedarfs in Deutschland und der EU in den kommenden Jahrzehnten. Ursache seien Klimaschutzbemühungen.
Eine Einschätzung der Erdgas-Nachfrage in den nächsten Jahrzehnten ist von entscheidender Bedeutung, um den Versorgungsbedarf und seine globalen Auswirkungen auf neue Gasexplorations- und -produktionsprojekte einzuschätzen. Aus diesem Grund haben die Wirtschaftsberatung Deloitte und das Öko-Institut eine Analyse des künftigen Erdgas-Bedarfs erstellt. Diese deutet darauf hin, dass er in Deutschland und Europa bis 2050 erheblich sinken wird, wenn die Klimaschutzziele erreicht werden sollen.

Die Erdgas-Branche stehe im Zuge der globalen Energiewende zur CO2-Neutralität vor grundlegenden Veränderungen, schreiben die zwei Autorinnen und sieben Autoren, darunter Felix Christian Matthes. Darüber hinaus hätten sich die globalen Energiemärkte vor allem in Europa und Asien aufgrund des Ukrainekriegs und der darauffolgenden geopolitischen Destabilisierung erheblich verändert.

Erdgas macht aktuell etwa ein Viertel des Primärenergieverbrauchs aus, sowohl in Deutschland als auch in der Europäischen Union. Dies werde sich zwangsläufig ändern, denn Deutschland hat sich verpflichtet, bis 2045 Netto-Null-Emissionen zu erreichen, die EU bis 2050. Nach dem russischen Angriff und dem anschließenden Drosseln der Gasexporte in die EU kam es auf den Energiemärkten im Sommer 2022 zu erheblichen Turbulenzen.

Vor diesem Hintergrund ziehen einige Regierungen die Unterstützung für neue Erdgasprojekte wieder in Betracht, obwohl sie zuvor auf der Klimaschutzkonferenz Cop 26 im Jahr 2021 zugesagt hatten, die internationale öffentliche Finanzierung unverminderter Projekte im Bereich fossiler Brennstoffe einzustellen.

Rückgang des Erdgasverbrauchs in Deutschland und der EU

Der Ausblick von Deloitte und Öko-Institut basiert auf einem datengesteuerten und szenariobasierten Ansatz, bei dem es den EU-Mitgliedstaaten gelingt, ihre Klimaverpflichtungen zu erfüllen. Die Ergebnisse zeigen, dass Erdgas im deutschen und im EU-Energiesystem auf dem Weg zu Netto-Null naturgemäß an Dynamik verliert. Die Nachfrage sinkt in Deutschland und der EU bis 2030 gegenüber 2018 um mehr als ein Viertel und bis 2050 um 80 Prozent, in Deutschland sogar um 95 Prozent.

So habe Deutschland 2018 noch 900 Milliarden kWh Erdgas verbraucht, was bis 2030 auf 650 Milliarden kWh sinke, jeweils mit größtem Anteil im Gebäudebereich. 2050 liege der Verbrauch nur noch bei 50 Milliarden kWh bei gleichmäßiger Verteilung auf den Einsatz für Gebäudewärme, Industrie und Stromerzeugung, so die Studie.

Der schrittweise Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen, einschließlich Erdgas, werde durch den nachhaltigen Ausbau erneuerbarer Energien, eine verstärkte Elektrifizierung, den Beginn des Marktes für sauberen Wasserstoff und seine Derivate sowie Effizienzmaßnahmen kompensiert. Diese Ergebnisse stünden im Einklang mit den jüngsten Energieaussichten auf deutscher und EU-Ebene, trotz unterschiedlicher Ansichten zu Technologien, politischen Optionen und den wirtschaftlichen Aussichten.
 
Rückgang des EU-weiten Gasverbrauchs bis 2050 (bcm = Milliarden Kubikmeter) -
Zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken
Quelle: Deloitte

Erdgas verliert auch global an Bedeutung

Auf globaler Ebene zeige eine Prüfung von gut 30 aktuellen Modellprojektionen, dass in fast allen Szenarien, die mit einer Begrenzung der globalen Erwärmung unter 2 Grad vereinbar sind, der Anteil von Erdgas im Energiemix bis 2050 deutlich abnimmt. Dabei wird die Nutzung kohlenstofffreier Energieträger erhöht. Für Industrieländer zeigen Wege, mit denen sich die Atmosphäre nur um 1,5 ​Grad erwärmt, einen Rückgang des Erdgasverbrauchs um 20 bis 40 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 2020, gefolgt von einem starken Ausstieg bis zur Mitte des Jahrhunderts.

Im Rest der Welt stabilisiere sich der Verbrauch auf dem aktuellen Niveau, bevor er ab 2030 deutlich zurückgehe und im Jahr 2050 einen Rückgang von 40 bis 50 Prozent im Vergleich zum heutigen Bedarf erreiche, so die Analyse.

Neue Investitionsentscheidungen in Erdgas-Förderprojekte außerhalb der EU, die auf den deutschen und EU-Markt ausgerichtet sind, bergen daher mehrere Risiken, warnen die Autoren. Da die Betriebsdauer in der Regel mehrere Jahrzehnte beträgt, entsprächen neue Upstream-Vorhaben kaum den Zielen des Pariser Abkommens.

Daher besteht ein großes Risiko des Scheiterns, vor allem, wenn sie hauptsächlich auf den Export von Erdgas abzielen. Darüber hinaus würde eine EU-Unterstützung solcher Projekte im Ausland deren Verpflichtungen zur Förderung der globalen Energiewende konterkarieren. Dies könnte die Empfängerländer auch dazu ermutigen, einen Entwicklungspfad einzuschlagen, der entweder nicht nachhaltig oder mit der Eindämmung der globalen Emissionen unvereinbar wäre.

Die englischsprachieg Deloitte-Studie zum Künftigen Erdgasverbrauch in der EU steht im Internet bereit.

Montag, 25.09.2023, 15:34 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Studien - EU-Erdgasnachfrage sinkt bis 2050 um 80 Prozent
Quelle: Pixabay / Andreas Breitling
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EU-Erdgasnachfrage sinkt bis 2050 um 80 Prozent
Eine Analyse von Deloitte und Öko-Institut sieht einen rapiden Rückgang des Gasbedarfs in Deutschland und der EU in den kommenden Jahrzehnten. Ursache seien Klimaschutzbemühungen.
Eine Einschätzung der Erdgas-Nachfrage in den nächsten Jahrzehnten ist von entscheidender Bedeutung, um den Versorgungsbedarf und seine globalen Auswirkungen auf neue Gasexplorations- und -produktionsprojekte einzuschätzen. Aus diesem Grund haben die Wirtschaftsberatung Deloitte und das Öko-Institut eine Analyse des künftigen Erdgas-Bedarfs erstellt. Diese deutet darauf hin, dass er in Deutschland und Europa bis 2050 erheblich sinken wird, wenn die Klimaschutzziele erreicht werden sollen.

Die Erdgas-Branche stehe im Zuge der globalen Energiewende zur CO2-Neutralität vor grundlegenden Veränderungen, schreiben die zwei Autorinnen und sieben Autoren, darunter Felix Christian Matthes. Darüber hinaus hätten sich die globalen Energiemärkte vor allem in Europa und Asien aufgrund des Ukrainekriegs und der darauffolgenden geopolitischen Destabilisierung erheblich verändert.

Erdgas macht aktuell etwa ein Viertel des Primärenergieverbrauchs aus, sowohl in Deutschland als auch in der Europäischen Union. Dies werde sich zwangsläufig ändern, denn Deutschland hat sich verpflichtet, bis 2045 Netto-Null-Emissionen zu erreichen, die EU bis 2050. Nach dem russischen Angriff und dem anschließenden Drosseln der Gasexporte in die EU kam es auf den Energiemärkten im Sommer 2022 zu erheblichen Turbulenzen.

Vor diesem Hintergrund ziehen einige Regierungen die Unterstützung für neue Erdgasprojekte wieder in Betracht, obwohl sie zuvor auf der Klimaschutzkonferenz Cop 26 im Jahr 2021 zugesagt hatten, die internationale öffentliche Finanzierung unverminderter Projekte im Bereich fossiler Brennstoffe einzustellen.

Rückgang des Erdgasverbrauchs in Deutschland und der EU

Der Ausblick von Deloitte und Öko-Institut basiert auf einem datengesteuerten und szenariobasierten Ansatz, bei dem es den EU-Mitgliedstaaten gelingt, ihre Klimaverpflichtungen zu erfüllen. Die Ergebnisse zeigen, dass Erdgas im deutschen und im EU-Energiesystem auf dem Weg zu Netto-Null naturgemäß an Dynamik verliert. Die Nachfrage sinkt in Deutschland und der EU bis 2030 gegenüber 2018 um mehr als ein Viertel und bis 2050 um 80 Prozent, in Deutschland sogar um 95 Prozent.

So habe Deutschland 2018 noch 900 Milliarden kWh Erdgas verbraucht, was bis 2030 auf 650 Milliarden kWh sinke, jeweils mit größtem Anteil im Gebäudebereich. 2050 liege der Verbrauch nur noch bei 50 Milliarden kWh bei gleichmäßiger Verteilung auf den Einsatz für Gebäudewärme, Industrie und Stromerzeugung, so die Studie.

Der schrittweise Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen, einschließlich Erdgas, werde durch den nachhaltigen Ausbau erneuerbarer Energien, eine verstärkte Elektrifizierung, den Beginn des Marktes für sauberen Wasserstoff und seine Derivate sowie Effizienzmaßnahmen kompensiert. Diese Ergebnisse stünden im Einklang mit den jüngsten Energieaussichten auf deutscher und EU-Ebene, trotz unterschiedlicher Ansichten zu Technologien, politischen Optionen und den wirtschaftlichen Aussichten.
 
Rückgang des EU-weiten Gasverbrauchs bis 2050 (bcm = Milliarden Kubikmeter) -
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Quelle: Deloitte

Erdgas verliert auch global an Bedeutung

Auf globaler Ebene zeige eine Prüfung von gut 30 aktuellen Modellprojektionen, dass in fast allen Szenarien, die mit einer Begrenzung der globalen Erwärmung unter 2 Grad vereinbar sind, der Anteil von Erdgas im Energiemix bis 2050 deutlich abnimmt. Dabei wird die Nutzung kohlenstofffreier Energieträger erhöht. Für Industrieländer zeigen Wege, mit denen sich die Atmosphäre nur um 1,5 ​Grad erwärmt, einen Rückgang des Erdgasverbrauchs um 20 bis 40 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 2020, gefolgt von einem starken Ausstieg bis zur Mitte des Jahrhunderts.

Im Rest der Welt stabilisiere sich der Verbrauch auf dem aktuellen Niveau, bevor er ab 2030 deutlich zurückgehe und im Jahr 2050 einen Rückgang von 40 bis 50 Prozent im Vergleich zum heutigen Bedarf erreiche, so die Analyse.

Neue Investitionsentscheidungen in Erdgas-Förderprojekte außerhalb der EU, die auf den deutschen und EU-Markt ausgerichtet sind, bergen daher mehrere Risiken, warnen die Autoren. Da die Betriebsdauer in der Regel mehrere Jahrzehnte beträgt, entsprächen neue Upstream-Vorhaben kaum den Zielen des Pariser Abkommens.

Daher besteht ein großes Risiko des Scheiterns, vor allem, wenn sie hauptsächlich auf den Export von Erdgas abzielen. Darüber hinaus würde eine EU-Unterstützung solcher Projekte im Ausland deren Verpflichtungen zur Förderung der globalen Energiewende konterkarieren. Dies könnte die Empfängerländer auch dazu ermutigen, einen Entwicklungspfad einzuschlagen, der entweder nicht nachhaltig oder mit der Eindämmung der globalen Emissionen unvereinbar wäre.

Die englischsprachieg Deloitte-Studie zum Künftigen Erdgasverbrauch in der EU steht im Internet bereit.

Montag, 25.09.2023, 15:34 Uhr
Susanne Harmsen

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