Bei der Präsentation der H2-Bilanz. Quelle: E&M / Davina Spohn
Der deutsche Wasserstoffhochlauf entwickelt sich positiv, verlangsamt sich jedoch. Dieses Fazit zieht Eon in seiner dritten H2-Bilanz und legt Vorschläge zur Beschleunigung vor.
Zweimal im Jahr veröffentlicht der Eon-Konzern seine H2-Bilanz, zuletzt Ende April 2023 die bislang ingesamt zweite. Attestierte die erste Bilanz dem deutschen Wasserstoffhochlauf noch mehrere Unzulänglichkeiten, war der Tenor der zweiten positiver.
So sah es Eon-Vorstand Patrick Lammers im April noch als erfreulich an, dass die geplante Erzeugungskapazität für Wasserstoff in Deutschland gestiegen und die erwartete Importlücke kleiner geworden ist (wir berichteten). In der jetzt dritten vorgelegten H2-Bilanz überwog einmal mehr das Thema Geschwindigkeit, in der der deutsche Wasserstoffhochlauf voranschreitet.
Die bis zum Jahr 2030 durch konkrete Planungen definierte Erzeugungsleistung ist von 8.100
MW im Februar 2023 auf 8.700
MW im August 2023 angewachsen. Zur Erinnerung: In ihrer nationalen Wasserstoffstrategie hat die Bundesregierung die Elektrolyseleistung bis 2030 auf 10.000
MW für Deutschland festgezurrt. Eine Steigerung stehe demnach fest, „allerdings ist die Kurve deutlich abgeflacht“, erklärte Gabriel Clemens, der bei Eon die Wasserstoffeinheit leitet. In der zweiten H2-Bilanz habe die Steigerung der Elektrolysekapazität im Zeitraum Juli 2022 bis Februar 2023 noch bei 45
Prozent gelegen. Dieses Mal sei die geplante Elektrolysekapazität nur um 7
Prozent gestiegen.
Mit seiner Bilanz will der Energiekonzern eigenen Angaben nach das Thema Wasserstoffwirtschaft wissenschaftlich und datenbasiert angehen und dafür sorgen, dass an den richtigen Stellschrauben für einen erfolgreichen Wasserstoff-Hochlauf gedreht wird.
Die Zahlen basieren auf Daten des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln (EWI). In die Analyse fließen konkrete Projektvorhaben bis 2030 und Indikatoren wie die Erzeugungskapazität von grünem Wasserstoff, Importmengen, Infrastruktur und Kosten ein.
Bei der
Wasserstoffinfrastruktur, sprich den in Deutschland betriebenen reinen Wasserstoffleitungen, registriert Eon mit einer derzeitigen Länge von 420
Kilometern kaum eine Bewegung. Anders bei den Planungen für ein Wasserstoffnetz: Konkret in Projekten geplant sei bis 2035 der Bau von 5.708
Kilometern Wasserstoffleitungen, wie Clemens anführte. Damit hätten sich die Planungen von Februar (2.813
Kilometer) nahezu verdoppelt.
Diesen Zuwachs begründet der Energiekonzern mit der politisch beschlossenen Schaffung eines Wasserstoffkernnetzes in den vergangenen Monaten. Just am 14. November gab es diesbezüglich weitere Konkretisierungen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sprach von einem 9.700 Kilometer langen Leitungsnetz bis 2032, dem sogenannten Wasserstoffkernnetz (wir berichteten). Die offensichtliche Differenz zu den 5.708 Kilometern der Eon-Bilanz erklärt der Energiekonzern damit, dass es sich bei der Zahl von Habeck um eine Art Zielmarke handle. In die dritte Eon-Bilanz seien projektbasierte Infrastrukturprojekte eingeflossen, die konkret im Planungsstadium seien. Das von Habeck angekündigte Kernnetz beinhalte demgegenüber zum Teil auch modellierte Leitungsabschnitte und sei damit als Absichtserklärung / Masterplan zu sehen. Der nächste Schritt des Kernnetzes wäre die Überführung in einen Netzentwicklungsplan, der zu einer rechtlichen Verbindlichkeit bis 2032 führt.
Eon sieht die Dynamik bei der Wasserstoffinfrastruktur als Beleg dafür, dass klare politische und regulatorische Rahmenbedingungen den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft unmittelbar beschleunigen. Jedoch gäbe es derzeit noch deutlichen politischen Handlungsbedarf, um bestehende Technologie-, Nachfrage- und Infrastrukturrisiken einzugrenzen. Auch die Produktionskosten insbesondere von grünem Wasserstoff gelte es, wettbewerbsfähig zu machen.
„Nach wie vor bestehen Unsicherheiten bei allen Akteuren entlang der gesamten Wertschöpfungskette“, umriss Clemens die derzeitige Situation. Dies führe zu ausbleibenden Investitionsentscheidungen und damit zu einer fehlenden Marktdynamik. „Aber genau diese Dynamik und diese Investitionsentscheidungen brauchen wir, damit der Hochlauf nicht von Anfang an ausgebremst wird.“ Als Forderungen an die Politik nannte er ein Wasserstoffbeschleunigungsgesetz, eine Importstrategie sowie eine ausgereiftere Förderkulisse für Wasserstoffprojekte.
Instrumente zur Beschleunigung untersucht„Wir brauchen Instrumente, um dem Wasserstoffhochlauf Tempo zu verleihen. Deshalb haben wir eine Studie initiiert, die verschiedene Optionen aufzeigt“, so Clemens. Damit wolle Eon konkrete Impulse liefern und die Politik dabei unterstützen, die nötigen Rahmenbedingungen für einen Erfolg der Wasserstoffwirtschaft zu schaffen. Das Beratungsunternehmen Frontier Economics stellte in den Fokus seiner Studie die Untersuchung von fünf Instrumenten:
- Grüngasquote
- Carbon Contracts for Difference (beispielsweise Klimaschutzverträge)
- feste Prämien
- variable Prämien für die Grüngaserzeugung und
- Steuervergünstigungen
Ein
„Silver Bullet“ für einen schnellen Wasserstoffhochlauf konnten die Berater laut einem Fazit von Eon zwar nicht ausfindig machen. Jedoch seien die Vor- und Nachteile der verschiedenen Instrumente identifiziert worden. Eon wolle mithilfe der Studie zudem aufzeigen, wie diese Instrumente auszugestalten sind, um die Nachteile zu minimieren.
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Christoph Gatzen, Director Frontier Economics, bei der Präsentation der Vor- und Nachteile der Instrumente zur Beschleunigung des H2-Markthochlaufes (zur Vergrößerung bitte auf die Grafik klicken) Quelle: Frontier Economics |
Die Studie
„Herausforderungen und Instrumente zur Unterstützung des Markthochlaufs der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland“ von Frontier Economics stellt Eon auf seiner Internetseite zum Download bereit.
Mittwoch, 15.11.2023, 16:55 Uhr
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