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Energie & Management > Europaeische Union - Energieministerrat verabschiedet Gaspaket
Quelle: Fotolia / kreatik
Europaeische Union

Energieministerrat verabschiedet Gaspaket

Wasserstoff und Biogase sollen Erdgas schrittweise verdrängen. Die Energieminister verlängerten außerdem die Notverordnung für den europäischen Gasmarkt um ein Jahr.
Die Energieminister haben die Notverordnung zur Reduzierung des Gasverbrauchs um ein Jahr verlängert. Die Mitgliedsstaaten hatten sich im Sommer vergangenen Jahres verpflichtet, von August 2022 bis März 2023 mindestens 15 Prozent weniger Gas zu verbrauchen als im Durchschnitt des gleichen Zeitraums zwischen 2017 und 2021. Dieses Ziel wurde mit gut 19 Prozent deutlich übertroffen.

Die Kommission hatte kürzlich eine Verlängerung der Verordnung um ein Jahr vorgeschlagen. Dem haben die Mitgliedsstaaten jetzt zugestimmt. Die Verordnung erlaubt es der Kommission außerdem, den Notstand auszurufen, wenn die Sicherheit der Gasversorgung gefährdet ist. Dann können Sparmaßnahmen angeordnet werden. Energiekommissarin Kadri Simson sagte in Brüssel, die Lage habe sich zwar entspannt und die Aussichten für die nächsten Monate seien gut: "Aber wir haben bis jetzt nur die erste Schlacht gewonnen." Nun gehe es darum, auch strukturelle Anpassungen vorzunehmen.

Erster Punkt auf der Tagesordnung des Energieministerrates war das Ende 2021 von der Kommission vorgelegt Gaspaket. Es soll der europäischen Gaswirtschaft den Weg in eine emissionsfreie Zukunft weisen. Kernpunkt des Vorschlages ist die Integration von Wasserstoff und Biomethan in die Gaswirtschaft und die schrittweise Verdrängung von Erdgas. Damit die EU bis 2050 klimaneutral wirtschaftet, werden Lieferverträge für Erdgas, die über 2049 hinausgehen und keine CO2-Einlagerung vorsehen, verboten. Die vorhandene Gasinfrastruktur soll die grünen Gase aufnehmen und sie soll durch ein Wasserstoffnetz ergänzt werden.

Die Voraussetzungen dafür müssen vor allem durch die Regulierung geschaffen werden. Sie muss zunächst die Beimischung der emissionsarmen Gase ermöglichen und später den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft. Dafür soll ein besonderes Wasserstoffnetzwerk (ENNHO) gebildet werden, das für den planmäßigen und abgestimmten Aufbau einer grenzüberschreitenden Infrastruktur für grünen Wasserstoff sorgen und die dort geltenden Regeln erarbeiten soll.

Kompromiss für grünen und roten Wasserstoff
Die Grundsätze, die gegenwärtig für den Umgang mit Erdgas gelten, sollen zunächst auch für den Wasserstoff gelten. Das betrifft insbesondere das sogenannte Unbundling, also die Trennung des Gashandels und der Infrastruktur, und den Zugang aller Anbieter zum Leitungsnetz. Verbraucher sollen ihren Lieferanten für Wasserstoff oder Biogas frei wählen können. Wirtschaftsstaatssekretärin Franziska Brantner forderte für Deutschland Ausnahmen von den Regeln zum Unbundling und längere Übergangsfristen, konnte sich damit aber nicht durchsetzen.

Umstritten war bis zuletzt, ob Wasserstoff, der durch Atomstrom erzeugt wird, als emissionsarm begünstigt werden kann. Dafür setzten sich zwölf Mitgliedsstaaten unter Führung Frankreichs ein. Der jetzt gefundene Kompromiss sieht vor, dass zwischen grünen Gasen aus erneuerbaren Energien und emissionsarmen Gasen zwar unterschieden wird. Beide können jedoch gefördert werden. Für die ersten dürfen die Mitgliedsstaaten Tarifrabatte bis zu 100 Prozent gewähren, für Letztere nur 75 Prozent. Für beide gibt es eine Zertifizierung.

Für die Umsetzung der Wasserstoffregulierung erhalten die Mitgliedsstaaten eine Übergangsfrist bis 2035. Über den Umgang mit grünem Wasserstoff aus Wind oder Sonne und rotem Wasserstoff aus Atomstrom wird allerdings auch im Rahmen der Beratung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie diskutiert. Darüber wird aktuell zwischen dem Europäischen Parlament und dem Umweltrat verhandelt. Die Europäer könnten es sich industriepolitisch nicht erlauben, "emissionsarmen Wasserstoff" zu ignorieren, sagte die französische Energieminister Agnes Pannier-Runacher. Das Gaspaket muss jetzt mit dem Europäischen Parlament verhandelt werden.

Nicht nachlassende Kritik

Kritik am Beschluss der Energieminister kommt aus der deutschen Energiewirtschaft: "Eine unternehmerische Trennung zwischen Gas- und Wasserstoffnetzen würde es vielen Stadtwerken nahezu unmöglich machen, eine investitionssichere Transformation der Gasinfrastruktur einzuleiten und damit die Produktion und die Verteilung von Wasserstoff zu organisieren", sagte der Hauptgeschäftsführer des VKU, Ingbert Liebing.

Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sieht es kritisch, dass die Entflechtungsregeln im Vorschlag der Kommission strenger ausfallen sollen als in der bisherigen Gasrichtlinie. Die Entstehung eines Wasserstoffmarktes wäre dadurch "erheblich gefährdet", heißt es in einer Erklärung des BDEW: "Dies gilt insbesondere für die Verteilnetze. Denn in diesem Fall haben Gasnetzbetreiber keinerlei Anreiz, in die notwendige Ertüchtigung ihrer Netze für den Wasserstofftransport zu investieren."

Mittwoch, 29.03.2023, 15:01 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Europaeische Union - Energieministerrat verabschiedet Gaspaket
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Europaeische Union
Energieministerrat verabschiedet Gaspaket
Wasserstoff und Biogase sollen Erdgas schrittweise verdrängen. Die Energieminister verlängerten außerdem die Notverordnung für den europäischen Gasmarkt um ein Jahr.
Die Energieminister haben die Notverordnung zur Reduzierung des Gasverbrauchs um ein Jahr verlängert. Die Mitgliedsstaaten hatten sich im Sommer vergangenen Jahres verpflichtet, von August 2022 bis März 2023 mindestens 15 Prozent weniger Gas zu verbrauchen als im Durchschnitt des gleichen Zeitraums zwischen 2017 und 2021. Dieses Ziel wurde mit gut 19 Prozent deutlich übertroffen.

Die Kommission hatte kürzlich eine Verlängerung der Verordnung um ein Jahr vorgeschlagen. Dem haben die Mitgliedsstaaten jetzt zugestimmt. Die Verordnung erlaubt es der Kommission außerdem, den Notstand auszurufen, wenn die Sicherheit der Gasversorgung gefährdet ist. Dann können Sparmaßnahmen angeordnet werden. Energiekommissarin Kadri Simson sagte in Brüssel, die Lage habe sich zwar entspannt und die Aussichten für die nächsten Monate seien gut: "Aber wir haben bis jetzt nur die erste Schlacht gewonnen." Nun gehe es darum, auch strukturelle Anpassungen vorzunehmen.

Erster Punkt auf der Tagesordnung des Energieministerrates war das Ende 2021 von der Kommission vorgelegt Gaspaket. Es soll der europäischen Gaswirtschaft den Weg in eine emissionsfreie Zukunft weisen. Kernpunkt des Vorschlages ist die Integration von Wasserstoff und Biomethan in die Gaswirtschaft und die schrittweise Verdrängung von Erdgas. Damit die EU bis 2050 klimaneutral wirtschaftet, werden Lieferverträge für Erdgas, die über 2049 hinausgehen und keine CO2-Einlagerung vorsehen, verboten. Die vorhandene Gasinfrastruktur soll die grünen Gase aufnehmen und sie soll durch ein Wasserstoffnetz ergänzt werden.

Die Voraussetzungen dafür müssen vor allem durch die Regulierung geschaffen werden. Sie muss zunächst die Beimischung der emissionsarmen Gase ermöglichen und später den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft. Dafür soll ein besonderes Wasserstoffnetzwerk (ENNHO) gebildet werden, das für den planmäßigen und abgestimmten Aufbau einer grenzüberschreitenden Infrastruktur für grünen Wasserstoff sorgen und die dort geltenden Regeln erarbeiten soll.

Kompromiss für grünen und roten Wasserstoff
Die Grundsätze, die gegenwärtig für den Umgang mit Erdgas gelten, sollen zunächst auch für den Wasserstoff gelten. Das betrifft insbesondere das sogenannte Unbundling, also die Trennung des Gashandels und der Infrastruktur, und den Zugang aller Anbieter zum Leitungsnetz. Verbraucher sollen ihren Lieferanten für Wasserstoff oder Biogas frei wählen können. Wirtschaftsstaatssekretärin Franziska Brantner forderte für Deutschland Ausnahmen von den Regeln zum Unbundling und längere Übergangsfristen, konnte sich damit aber nicht durchsetzen.

Umstritten war bis zuletzt, ob Wasserstoff, der durch Atomstrom erzeugt wird, als emissionsarm begünstigt werden kann. Dafür setzten sich zwölf Mitgliedsstaaten unter Führung Frankreichs ein. Der jetzt gefundene Kompromiss sieht vor, dass zwischen grünen Gasen aus erneuerbaren Energien und emissionsarmen Gasen zwar unterschieden wird. Beide können jedoch gefördert werden. Für die ersten dürfen die Mitgliedsstaaten Tarifrabatte bis zu 100 Prozent gewähren, für Letztere nur 75 Prozent. Für beide gibt es eine Zertifizierung.

Für die Umsetzung der Wasserstoffregulierung erhalten die Mitgliedsstaaten eine Übergangsfrist bis 2035. Über den Umgang mit grünem Wasserstoff aus Wind oder Sonne und rotem Wasserstoff aus Atomstrom wird allerdings auch im Rahmen der Beratung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie diskutiert. Darüber wird aktuell zwischen dem Europäischen Parlament und dem Umweltrat verhandelt. Die Europäer könnten es sich industriepolitisch nicht erlauben, "emissionsarmen Wasserstoff" zu ignorieren, sagte die französische Energieminister Agnes Pannier-Runacher. Das Gaspaket muss jetzt mit dem Europäischen Parlament verhandelt werden.

Nicht nachlassende Kritik

Kritik am Beschluss der Energieminister kommt aus der deutschen Energiewirtschaft: "Eine unternehmerische Trennung zwischen Gas- und Wasserstoffnetzen würde es vielen Stadtwerken nahezu unmöglich machen, eine investitionssichere Transformation der Gasinfrastruktur einzuleiten und damit die Produktion und die Verteilung von Wasserstoff zu organisieren", sagte der Hauptgeschäftsführer des VKU, Ingbert Liebing.

Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sieht es kritisch, dass die Entflechtungsregeln im Vorschlag der Kommission strenger ausfallen sollen als in der bisherigen Gasrichtlinie. Die Entstehung eines Wasserstoffmarktes wäre dadurch "erheblich gefährdet", heißt es in einer Erklärung des BDEW: "Dies gilt insbesondere für die Verteilnetze. Denn in diesem Fall haben Gasnetzbetreiber keinerlei Anreiz, in die notwendige Ertüchtigung ihrer Netze für den Wasserstofftransport zu investieren."

Mittwoch, 29.03.2023, 15:01 Uhr
Tom Weingärtner

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