E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Windkraft Onshore - Ein Wunder, dass dieser Windpark in Betrieb gegangen ist
Links Christian Ilgner vom Investor Reichmuth bei der Inbetriebnahme des Windparks mit Ministerpräsident Markus Söder (Mitte). Quelle: Qair
Windkraft Onshore

Ein Wunder, dass dieser Windpark in Betrieb gegangen ist

Erst geht der Turbinenhersteller pleite, dann der Projektierer. Vom nächsten Hersteller stürzt anderswo ein neues Windrad ein. Trotzdem ist der Windpark "Green Force" in Betrieb.
Der Investor Reichmuth & Co. und der Projektentwickler Qair haben am 22. April zusammen mit Ministerpräsident Markus Söder (CSU) den Windpark "Green Force" in der Rhöngemeinde Fuchsstadt in Betrieb genommen. Diese Redaktion hat dazu Christian Ilgner befragt. Er ist Leiter Energie bei Reichmuth & Co.

Denn diese Inbetriebnahme grenzt an ein Wunder −, und zwar nicht nur, weil der Windpark in Bayern liegt, mit dessen restriktiver 10H-Regel, wonach die nächste Siedlung zehnmal so weit entfernt sein muss, wie der Windpark in die Höhe geht. Der Waldwindpark bekam die immissionsrechtliche Genehmigung Ende 2019 trotzdem, vom Landratsamt Bad Kissingen. Bayerische Kommunen können nämlich eine Bauleitplanung erstellen, um 10H zu durchbrechen. Nein, vielmehr war das Projekt buchstäblich von Pleiten, Pech und Pannen verfolgt.

Das erste Desaster: Senvion

Seit 2015/16 hatte die Green City Energy AG den Windpark aus drei Windrädern entwickelt und die Flächen gesichert. Doch erst ging im April 2019 der Windturbinen-Hersteller Senvion pleite. Irgendwann danach war auch klar, dass die drei bestellten Windräder nicht mehr zu holen waren.
 
Ein Hauch von Volksfest mit Blaskapelle und Bierbänken am 22. April 2023 bei der Inbetriebnahme des Windparks "Green Force" in der 1.800-Einwohner-Gemeinde Fuchsstadt (Bayern). Er besteht aus drei Nordex N-149 / 4.5
Quelle: Qair

Die Reichmuth & Co. Investment Management AG, ein auf Erneuerbaren-Anlagen in Europa spezialisierter Investor mit Hauptsitz in Luzern, kaufte das Eigentum an dem Windpark gut anderthalb Jahre später vom Projektierer Green City aus München. "Ich erinnere mich noch genau, wann die Vertragsunterzeichnung war", sagt Reichmuth-Leiter Energie, Christian Ilgner, "denn das war am 24. Dezember 2020." Die Bescherung war aber nicht nur schön.

Als Hersteller sprang die Nordex aus Rostock und Hamburg mit ihrem neuen Typen N-149 in die Bresche, die Leistung pro Windrad steigerte sich dadurch von 3,7 auf 4,5 MW. Die Nabenhöhe blieb mit 164 Metern gleich, die Rotorblätter wurden mit 149 Metern etwas länger. Dadurch wurde es nötig, die ursprüngliche immissionsrechtliche Genehmigung von 2019 umzuschreiben.

Desaster Nummer zwei: Havarie in Haltern

Die drei Betontürme standen schon, da stürzte im September 2021 eine fertig installierte N-149 in Haltern am See (Nordrhein-Westfalen) ein (wir berichteten). Nordex stritt sich mit dem rheinland-pfälzischen Betonbauer Ventur darüber, wer daran schuld war. In der bayerischen Rhön hätte der Windpark noch im vierten Quartal in Betrieb gehen sollen. Statiker garantierten aber nicht mehr die Standfestigkeit der fertig errichteten Türme.

Das dritte Desaster: Green City

Kurz danach das nächste Desaster: Der Projektierer Green City rauschte im Januar 2022 in die Pleite. Reichmuth & Co. stand ohne Generalunternehmer und ohne Projektierer da. "Wir haben dann aktives Projektmanagement betrieben, Verträge mit Subunternehmern von Green City übernommen und teilweise neu verhandelt. Das Schwierige waren gleichzeitige Verhandlungen mit vielen Betroffenen gleichzeitig: mit der Bank, mit dem Insolvenzverwalter (Axel Bierbach, Anmerkung der Redaktion), mit Nordex, mit den Subunternehmern, mit den Kollegen von Green City, die die lokalen Gegebenheiten sehr gut kennen."

Die Bankgespräche und der Zeitdruck, um den anzulegenden Wert aus einer EEG-Ausschreibung zu behalten − insgesamt ging der Windpark in zwei Ausschreibungen −, brachten Ilgner und seine Partner dazu, ein Sanierungskonzept mit den bestehenden Türmen zu verwerfen. "Das wäre günstiger gewesen", so Ilgner, "hätte aber länger gedauert und womöglich letztlich nicht funktioniert." Er entschied sich mit den Partnern, die zwischen der A7 und dem Truppenübungsplatz Hammelburg gelegenen Türme sprengen zu lassen − wie andere N-149-Käufer anderswo auch.

Mit neuem Projektierer geht es bergauf

Das geschah im Juni 2022. Im selben Monat kaufte der französische Projektierer Qair Green City Energy aus der Insolvenz auf. Ilgner ist voll des Lobes: "Qair hat mit uns auch in schwierigen Zeiten weitergearbeitet."

Als neuer Turmhersteller sprang Deutschland-Marktführer Max Bögl mit seinem Hybridturm aus nur 80 Meter hohen Beton-Drittelringen und einer Stahlspitze ein. Die alten Fundamente mussten entfernt, neue gegossen werden. Die Mehrkosten im Millionenbereich teilt sich Qair nach eigenen Angaben mit Nordex. Christian Ilgner von Reichmuth resümiert, Fuchsstadt sei "sicherlich ein schwieriges Projekt" gewesen. "Aber auch ein tragbares." Selbstverständlich, darf man hinzufügen, hatten die seit 2021 steigenden Strompreise die Projektaussichten auch von "Wolkig" auf "Heiter" umstellen helfen.

Montag, 24.04.2023, 17:39 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Windkraft Onshore - Ein Wunder, dass dieser Windpark in Betrieb gegangen ist
Links Christian Ilgner vom Investor Reichmuth bei der Inbetriebnahme des Windparks mit Ministerpräsident Markus Söder (Mitte). Quelle: Qair
Windkraft Onshore
Ein Wunder, dass dieser Windpark in Betrieb gegangen ist
Erst geht der Turbinenhersteller pleite, dann der Projektierer. Vom nächsten Hersteller stürzt anderswo ein neues Windrad ein. Trotzdem ist der Windpark "Green Force" in Betrieb.
Der Investor Reichmuth & Co. und der Projektentwickler Qair haben am 22. April zusammen mit Ministerpräsident Markus Söder (CSU) den Windpark "Green Force" in der Rhöngemeinde Fuchsstadt in Betrieb genommen. Diese Redaktion hat dazu Christian Ilgner befragt. Er ist Leiter Energie bei Reichmuth & Co.

Denn diese Inbetriebnahme grenzt an ein Wunder −, und zwar nicht nur, weil der Windpark in Bayern liegt, mit dessen restriktiver 10H-Regel, wonach die nächste Siedlung zehnmal so weit entfernt sein muss, wie der Windpark in die Höhe geht. Der Waldwindpark bekam die immissionsrechtliche Genehmigung Ende 2019 trotzdem, vom Landratsamt Bad Kissingen. Bayerische Kommunen können nämlich eine Bauleitplanung erstellen, um 10H zu durchbrechen. Nein, vielmehr war das Projekt buchstäblich von Pleiten, Pech und Pannen verfolgt.

Das erste Desaster: Senvion

Seit 2015/16 hatte die Green City Energy AG den Windpark aus drei Windrädern entwickelt und die Flächen gesichert. Doch erst ging im April 2019 der Windturbinen-Hersteller Senvion pleite. Irgendwann danach war auch klar, dass die drei bestellten Windräder nicht mehr zu holen waren.
 
Ein Hauch von Volksfest mit Blaskapelle und Bierbänken am 22. April 2023 bei der Inbetriebnahme des Windparks "Green Force" in der 1.800-Einwohner-Gemeinde Fuchsstadt (Bayern). Er besteht aus drei Nordex N-149 / 4.5
Quelle: Qair

Die Reichmuth & Co. Investment Management AG, ein auf Erneuerbaren-Anlagen in Europa spezialisierter Investor mit Hauptsitz in Luzern, kaufte das Eigentum an dem Windpark gut anderthalb Jahre später vom Projektierer Green City aus München. "Ich erinnere mich noch genau, wann die Vertragsunterzeichnung war", sagt Reichmuth-Leiter Energie, Christian Ilgner, "denn das war am 24. Dezember 2020." Die Bescherung war aber nicht nur schön.

Als Hersteller sprang die Nordex aus Rostock und Hamburg mit ihrem neuen Typen N-149 in die Bresche, die Leistung pro Windrad steigerte sich dadurch von 3,7 auf 4,5 MW. Die Nabenhöhe blieb mit 164 Metern gleich, die Rotorblätter wurden mit 149 Metern etwas länger. Dadurch wurde es nötig, die ursprüngliche immissionsrechtliche Genehmigung von 2019 umzuschreiben.

Desaster Nummer zwei: Havarie in Haltern

Die drei Betontürme standen schon, da stürzte im September 2021 eine fertig installierte N-149 in Haltern am See (Nordrhein-Westfalen) ein (wir berichteten). Nordex stritt sich mit dem rheinland-pfälzischen Betonbauer Ventur darüber, wer daran schuld war. In der bayerischen Rhön hätte der Windpark noch im vierten Quartal in Betrieb gehen sollen. Statiker garantierten aber nicht mehr die Standfestigkeit der fertig errichteten Türme.

Das dritte Desaster: Green City

Kurz danach das nächste Desaster: Der Projektierer Green City rauschte im Januar 2022 in die Pleite. Reichmuth & Co. stand ohne Generalunternehmer und ohne Projektierer da. "Wir haben dann aktives Projektmanagement betrieben, Verträge mit Subunternehmern von Green City übernommen und teilweise neu verhandelt. Das Schwierige waren gleichzeitige Verhandlungen mit vielen Betroffenen gleichzeitig: mit der Bank, mit dem Insolvenzverwalter (Axel Bierbach, Anmerkung der Redaktion), mit Nordex, mit den Subunternehmern, mit den Kollegen von Green City, die die lokalen Gegebenheiten sehr gut kennen."

Die Bankgespräche und der Zeitdruck, um den anzulegenden Wert aus einer EEG-Ausschreibung zu behalten − insgesamt ging der Windpark in zwei Ausschreibungen −, brachten Ilgner und seine Partner dazu, ein Sanierungskonzept mit den bestehenden Türmen zu verwerfen. "Das wäre günstiger gewesen", so Ilgner, "hätte aber länger gedauert und womöglich letztlich nicht funktioniert." Er entschied sich mit den Partnern, die zwischen der A7 und dem Truppenübungsplatz Hammelburg gelegenen Türme sprengen zu lassen − wie andere N-149-Käufer anderswo auch.

Mit neuem Projektierer geht es bergauf

Das geschah im Juni 2022. Im selben Monat kaufte der französische Projektierer Qair Green City Energy aus der Insolvenz auf. Ilgner ist voll des Lobes: "Qair hat mit uns auch in schwierigen Zeiten weitergearbeitet."

Als neuer Turmhersteller sprang Deutschland-Marktführer Max Bögl mit seinem Hybridturm aus nur 80 Meter hohen Beton-Drittelringen und einer Stahlspitze ein. Die alten Fundamente mussten entfernt, neue gegossen werden. Die Mehrkosten im Millionenbereich teilt sich Qair nach eigenen Angaben mit Nordex. Christian Ilgner von Reichmuth resümiert, Fuchsstadt sei "sicherlich ein schwieriges Projekt" gewesen. "Aber auch ein tragbares." Selbstverständlich, darf man hinzufügen, hatten die seit 2021 steigenden Strompreise die Projektaussichten auch von "Wolkig" auf "Heiter" umstellen helfen.

Montag, 24.04.2023, 17:39 Uhr
Georg Eble

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.