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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Direktvermarktungsumfrage: EnBW neue Nummer eins
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung

Direktvermarktungsumfrage: EnBW neue Nummer eins

Hinter den Direktvermarktern liegen aufregende Wochen. Sie haben zu manchen Überraschungen geführt. Das zeigt die Auswertung der 17. E&M-Umfrage zur Direktvermarktung.
Cineasten kennen und lieben Etienne Chatiliez. Der französische Regisseur hat Ende der 1980er-Jahre die Kultkomödie mit dem so prosaisch anmutenden Titel „Das Leben ist ein langer, ruhiger Fluss“ gedreht. Von ruhig, dahinfließend und gemächlich kann im Direktvermarktungsgeschäft der zurückliegenden Wochen nicht die Rede sein. Mit rasant gestiegenen Vermarktungskosten, insbesondere für die Ausgleichsenergie, pfiff den heimischen Direktvermarktern eine steife Brise ins Gesicht.

Zusätzlich sorgte spätestens im Herbst 2022 die Debatte um die von der Bundesregierung forcierte Erlösabschöpfung für reichlich Verunsicherung und erschwerte die Verhandlungen um neue Verträge. Bei diesen Wirbelwinden verwundert es nicht, dass der langjährige Dauerspitzenreiter Statkraft Markets bei der E&M-Branchenerhebung diesmal die Poleposition abgeben musste. Mit einem Plus von gut 2.000 MW katapultierte sich die Energie Baden-Württemberg (EnBW) erstmals mit 10.710 MW an die Spitze. Dagegen verzeichnete die Deutschland-Dependance des norwegischen Staatskonzerns ein Minus von 2.800 MW, was immerhin über 23 Prozent des Portfolios zum Jahresende 2022 entspricht (Tabelle Seite 10). Keine andere der mittlerweile 17 E&M-Umfragen stellte einen größeren Schwund im Direktvermarktungssektor fest. 
 
In ähnlicher Größe wie bei Statkraft schrumpfte auch das Portfolio von BKW Energie/WET Wind Energy Trading über den Jahreswechsel, nämlich um 2.730 MW. Weitere interessante Zahlen in Kürze: Mit Zuwächsen auf insgesamt 8.650 MW robbte sich Quadra Energy eng an Statkraft heran. Auch Next Kraftwerke schaffte dank starker Solar-Performance erstmals den Sprung über 8.000 MW Portfolioumfang. 
 
„Damit haben wir ehrlicherweise nicht gerechnet“
Andreas Bader, EnBW
Quelle: Statkraft

Dass Statkraft − so etwas wie der FC Bayern München der Direktvermarktung − nur auf Platz zwei ins Ziel gekommen ist, löste beim dafür verantwortlichen EnBW-Team Erstaunen aus. „Damit haben wir ehrlicherweise nicht gerechnet“, betont Andreas Bader, Leiter Stromvermarktung Erneuerbare Energien und Batteriespeicher, gegenüber E&M. Für den Sprung an die Spitze habe es nicht den „einen Grund allein“ gegeben, erklärt Bader. Er stand bis vor gut zwei Jahren selbst in Diensten von Statkraft Markets. 
 
„Wir sind nicht nur bei einem regenerativen Energieträger gewachsen, sondern bei fast allen“ − nach Baders Worten wird EnBW im Markt „als extrem stabiler, zuverlässiger und gut erreichbarer Partner“ wahrgenommen, „den es garantiert auch noch in den kommenden Jahren geben wird“. Hinzu komme eine „gute Kommunikation mit unseren Kunden auf allen Plattformen“, ergänzt Bader. „Wir sind immer offen mit den gestiegenen Vermarktungsentgelten umgegangen, aber gleichzeitig haben wir stets auf die gestiegenen Erlöschancen infolge der erhöhten Marktwerte hingewiesen.“ 
 
Gewachsen ist EnBW vor allem bei der Direktvermarktung von Solarstrom. Mit 5.430 MW liegt der Südwest-Konzern nur rund 200 MW hinter dem Solarspitzenreiter Next Kraftwerke. „Das Anlagensegment unter 750 Kilowatt Leistung ist bei uns seit einigen Jahren vollautomatisiert“, erklärt Baders Kollege Pierre Fees diese Entwicklung. „Daher verzeichnen wir hier jährlich immer mehr Angebotsanfragen.“ Immerhin gut drei Viertel des eigenen Solarportfolios entfallen nach Worten Fees, der für Vertrieb & Marketing im Bereich der Stromvermarktung für Erneuerbare zuständig ist, auf das kleinere Anlagensegment mit weniger als 750 kW. 
 
Pierre Fees, EnBW
Quelle: EnBW

Bedröppelte Gesichter gab es bei Statkraft Markets. Dass der bisherige Spitzenplatz gefährdet sein könnte, hatte Marc Kohlenbach schon im zurückliegenden Sommer geahnt. Kohlenbach, der für Statkraft Markets seit 2019 das Direktvermarktungsgeschäft in Deutschland leitet, hatte damals gegenüber E&M einen „ziemlich unruhigen Herbst“ prognostiziert, in dem es „krachen“ könne: „Das kann nach oben, aber auch nach unten gehen.“ 
 
Dass die Deutschland-Dependance des norwegischen Staatskonzerns in den dann folgenden Wochen selbst derartig unter die Räder kam und kräftig Kunden verlor, hatte er sich jedoch nicht in seinen kühnsten Albträumen ausgemalt: Zum 1. Januar 2023 waren bei Statkraft Markets nur noch 9.200 MW zur Direktvermarktung unter Vertrag, ein Minus von fast einem Viertel im Vergleich zu Ende 2022.

Kohlenbach zeigt sich hart im Nehmen, denn mit krassem Auf und Ab hat er Erfahrungen. Auch das Statkraft-Minus von 2.746 MW über den Jahreswechsel 2019/2020 fiel in seine Zeit als Teamleiter für die Direktvermarktung: „Das gehört zum Geschäft, dann ging es wieder bergauf.“ Immerhin umfasste das Statkraft-Portfolio im vergangenen Sommer Verträge mit einem Volumen von mehr als 12.500 MW. Was für Kohlenbach auch nur eine Momentaufnahme ist: „Für uns sind die statistischen Zahlen nicht so wichtig, viel wichtiger ist, dass unser Portfolio nach wie vor profitabel ist.“ Allein das zähle.
 
Kohlenbach sieht für den deutlichen Schwund des Direktvermarktungsportfolios eine Reihe von Gründen: Obenan stehen die deutlich gestiegenen Vermarktungskosten, die im Zuge der im vergangenen Jahr rasant gestiegenen Marktwerke nur eine Richtung kannten: nach oben. Der Statkraft-Mann: „Bei den neuen Verträgen haben wir konservativer kalkuliert, sodass eine Reihe unserer bisherigen Kunden sich von uns getrennt hat.“ 
 
Die im vergangenen Herbst anhaltende Debatte um die Erlösabschöpfung sowie die neuen Redispatch-2.0-Regelungen hätten die Vertragsverhandlungen zusätzlich belastet: „Gerade beim Redispatch, bei dem viele Vorgänge nicht mehr stärker automatisierbar sind, ist es zu Kostensteigerungen gekommen, die wir weitergeben mussten“, so Kohlenbach. 
 
Als passionierter Rennradfahrer, der zahlreiche Bergtouren in der Schweiz, in Österreich oder Frankreich auf dem Buckel hat, weiß er auch persönlich, dass jedem Tal die nächste Anhöhe folgt. Ãœbertragen auf seinen Job heißt das: „Ich gehe fest davon aus, dass wir in diesem Jahr mit unserem Portfolio wieder im fünfstelligen Bereich landen. Was dann über den nächsten Jahreswechsel passiert, steht aber in den Sternen.“ 
 
In den Sternen steht nach seiner Einschätzung auch die Zukunft von so manchen Ãœ20-Windturbinen, also Anlagen, die nach 20-jähriger Förderung aus dem EEG gefallen sind. „Da der Ertrag der Altanlagen wesentlich schlechter prognostizierbar ist, lag die Differenz bei den Vermarktungskosten im Vergleich zu einer neu gebauten Windenergieanlage zuletzt zwischen 15 und 20 Euro“, lässt Kohlenbach durchblicken. „Daher haben einige Altanlagenbetreiber keinen Direktvermarkter gefunden, was nicht im Sinne der Energiewende ist.“
 
Quadra-Energy-Chef Thomas Krings
Quelle: Quadra Energy

Zu den Direktvermarktern, die nach wie vor auf die Ãœ20-Windturbinen setzen, zählt Quadra Energy, die seit April 2021 wie der Windenergieanlagenhersteller Enercon zur Aloys Wobben Stiftung gehört. Bei Quadra umfasst der Ãœ20-Bestand im Gesamtportfolio nach wie vor rund 1.000 MW. Geschäftsführer Thomas Krings dazu: „Bei den Verhandlungen mit unseren Kunden haben wir glaubhaft vermitteln können, wie es zu den höheren Vermarktungskosten gekommen ist.“ 

Überzeugt habe aber auch das speziell auf Betreiber von Enercon-Windturbinen zugeschnittene Kombi-Angebot: Neben der Direktvermarktung bietet Quadra auch ein finanziell angepasstes Servicepaket für die Altanlagen an.
 
Große Wachstumschancen sieht Krings im Ãœ20-Segment allerdings nicht: „Die Zahl der Altanlagen nimmt aufgrund von Repowering-Maßnahmen oder Stilllegungen in den nächsten Jahren tendenziell ab.“  Sorgen um den Zuspruch der Altanlagenbetreiber für die Direktvermarktung macht sich der erfahrene Energiehändler weniger: „Spannend wird die Umsetzung der Erlösabschöpfung sein. Bislang ist die Maßnahme bis Ende Juni vorgesehen, kann aber auch bis April 2024 verlängert werden. Ohne eine schnelle Klarheit, wie es wirklich weitergeht, werden wir mit reichlich Unsicherheit im Markt zu tun haben.“

Zufriedene Gesichter gab es nach der zurückliegenden Vertriebsphase um neue Direktvermarktungsverträge bei MVV Trading. Die Kurpfälzer behaupteten nicht nur ihren Platz unter den zehn größten Direktvermarktern, sondern bauten auch ihr Portfolio von 3.800 auf gut 4.400 MW aus. „Keine Frage, auch wir mussten mit den hohen Vermarktungsentgelten kämpfen und die Entgelte bei unseren Kunden stark erhöhen, haben aber schon früh mit einem branchenweit einzigartigen Angebot auf diese Entwicklung reagiert“, so begründet Stefan Sewckow, Geschäftsführer der Trading-Einheit bei MVV Energie, das Plus.
 
Der Zuwachs basiert auf dem Produkt „DV Switch“. Sewckow: „Für das laufende Jahr 2023, teilweise sogar für 2024, haben wir damit für die Anlagenbetreiber die hohen Preise bei der Terminvermarktung absichern können.“ In den Genuss dieses „Mini-PPA“, so Sewckow, seien aber nur die grünen Kraftwerksbetreiber gekommen, die gleichzeitig einen Direktvermarktungsvertrag mit MVV Trading haben, da hier eine physische Belieferung Voraussetzung ist. Mit „DV Switch“ gewann MVV Trading eine Reihe neuer Kunden. 
 
Ãœber den Jahreswechsel hat MVV auch das Portfolio mit den Ãœ20-Betreibern ausgebaut. Kein Altanlagenbetreiber sei abgelehnt worden, „denn jede grüne Kilowattstunde zahlt auf die Ziele unserer Konzernstrategie ein“, so Sewckow. Danach sollen alle Privat-, Gewerbe- und Industriekunden spätestens von 2035 an nur noch mit Grünstrom beliefert werden. Dies ist die erste Etappe für das große Ziel: Spätestens bis 2040 will MVV Energie als Gesamtunternehmen klimaneutral und danach sogar klimapositiv werden. 
 
Für dieses Jahr sieht Stefan Sewckow die eigene Direktvermarktungseinheit gut aufgestellt. Zugute komme MVV Trading hoffentlich, wie aber auch den Wettbewerbern, dass die Vermarktungsentgelte wieder sinken: „Die letzten Wochen lassen das vermuten, ich gehe aber davon aus, dass wir das Niveau vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine nicht wieder erreichen werden.“ 
 
 
„Wir sind zurück am Markt“
Josef Werum, Inpower
Quelle: Inpower

Josef Werum hat Wort gehalten. Im vergangenen Sommer hatte der Rheinhesse, der hierzulande zu den Pionieren bei der Grünstromdirektvermarktung zählt, angekündigt, wieder Zahlen für die E&M-Branchenerhebung zu liefern. Werum hatte mit seiner früheren Firma Inpower im Sommer 2021 Schiffbruch erlitten. Dank Investoren aus Tschechien ist der erneute Markteintritt unter den Namen „in.power Trading GmbH“ und „in.power Services GmbH“ geschafft. „Mehr als die Hälfte unserer früheren Kunden hat uns die Treue gehalten“, freut sich Werum.

Mit einem Portfolio von rund 300 MW hat die „neue“ Inpower bereits wieder das Vertragsniveau vor der Insolvenz erreicht. Damals umfasste der gesamte Vermarktungspool einige Hundert MW mehr, da Inpower immer zusammen mit Maxpower, einem Tochterunternehmen des Baukonzerns Max Bögl, auftrat: „Für Maxpower sind wir jetzt als Dienstleister tätig“, beschreibt Werum die neue Zusammenarbeit. 
 
Der langjährige Energiemanager spricht von einem erfolgreichen Neustart: „Wir profitieren nicht nur vom Know-how unserer tschechischen Partner bei der Handelsunterstützung, sondern stellen bereits auch neue Mitarbeiter ein.“ Denn neben der klassischen Direktvermarktung sind die beiden Inpower-Gesellschaften auch in zwei neuen Geschäftsfeldern unterwegs: der Vermarktung von flexiblen Batteriespeichern sowie der Ökostrombeschaffung für Industrie- und Gewerbekunden. „Darüber hinaus organisieren wir die weiter steigenden erneuerbaren Erzeugungskapazitäten solcher Unternehmen. Gerade im Industriesektor tut sich einiges.“ Nach Monaten der Tristesse klingt Josef Werum wieder optimistisch: „Wir sind zurück am Markt, mit uns ist wieder zu rechnen.“
Kapital und Know-how kommen von der Prager Second Foundation, einer Gründung von Vojtech Kacena, die zur dortigen Private-Equity-Firma BHM Group gehört und selber mit Strom handelt. Für sie ist es der Markteinstieg in Deutschland.
 
Die vier Gründer der CF Flex Power GmbH (v.l.): Jan Egidi, Max Amir Dieringer, Mirko Thoden, Amani Joas
Quelle: Flexpower

Die Dynamik der Direktvermarktung unterstreichen die Newcomer im Geschäft, die es immer noch gibt. So richtige Greenhorns stecken aber nicht hinter der CF Flex Power GmbH, die erstmals in der E&M-Ãœbersicht auftaucht. Das Gründer-Quartett um Jan Egidi, Max Amir Dieringer, Mirko Thoden und Amani Joas hat zuvor erfolgreich bei Next Kraftwerke in Köln praktiziert. „Wir haben lange Zeit das größte Solarportfolio bundesweit gemanagt und viel Erfahrung im Intradayhandel gesammelt“ − mit diesen Worten blickt Amani Joas, einer der vier gleichberechtigten Geschäftsführer, von Hamburg aus auf die Zeit im Rheinland zurück. 
 
Den Sprung in die Selbstständigkeit hat dem Quartett die in London ansässige CF-Partners-Gruppe mit einigem Startkapital ermöglicht. „Klar hätten wir uns weniger turbulente Zeiten als zuletzt für den Einstieg gewünscht“, räumt Amani Joas ein, doch: „Wir alle sind Energiewende-Enthusiasten, wir schaffen das.“ Die zuletzt rasant gestiegenen Vermarktungsentgelte haben bei Flexpower − so die interne Bezeichnung − das erste Portfolio kleiner ausfallen lassen als gewünscht. „Wir rechnen nun im ersten und zweiten Quartal mit reichlich Verträgen und neuen Kunden“, so Joas.

In Hamburg haben die Gründer zusammen mit 15 „erfahrenen Energiemarktspezialisten“ losgelegt. Neben erneuerbaren Energien hat sich Flexpower vorgenommen, das Flexibilitätspotenzial von stationären Batteriespeichern zu vermarkten. „Darüber hinaus sind wir auch für White-Label-Aktivitäten zu gewinnen“, so rundet Joas das Portfolio ab. „Wir sind jedenfalls gekommen, um zu bleiben.“ 
 
Auch Energy Cubes hat erstmals an der E&M-Direktvermarktungsumfrage teilgenommen. Die unter der Marke „Leag Energy Cubes“ 2019 etablierte Geschäftseinheit der Leag-Unternehmensgruppe bündelt eine Reihe von Servicepaketen − von der Direktvermarktung über Power Purchase Agreements (PPA) bis hin zur Regelenergievermarktung. „Wir sind sozusagen der grüne Vermarktungsarm der Leag“, erläutert Geschäftsführer Harald Altmann. Seit Ende 2021 bündelt die Leag alle diese Tätigkeiten in einer eigenen GmbH. 

Zu Beginn dieses Jahres ist das Unternehmen mit Sitz in Cottbus mit einem Portfolio von gut 800 MW gestartet. Allein 240 MW davon entfallen auf die Flexibilitätsvermarktung von Batteriespeichern. In diesem Geschäftsfeld hat Energy Cubes damit nach der aktuellen E&M-Erhebung bundesweit mit Abstand die Nase vorn. 
 
Mit der sogenannten Gigawatt-Factory und dem damit verbundenen geplanten Ausbau von 7.000 MW erneuerbarer Energie bis 2030 sei der Braunkohlekonzern Leag als Muttergesellschaft „klar auf Transformationskurs hin zu einem der größten grünen Energieproduzenten im Land“, so Altmann. „Die virtuellen Kraftwerke der Energy Cubes werden dabei als Aggregator und zur intelligenten Steuerung der verschiedenen Assets dienen.“

Wie sich diese Entwicklung in Zahlen bemerkbar macht, wird die nächste Direktvermarktungsumfrage von E&M zeigen. Ob EnBW in der Poleposition bleibt, darauf fällt Andreas Bader die Antwort schwer: „Die berühmte Glaskugel habe ich auch nicht. Aber unser klares Ziel ist, im wachsenden Markt der Erneuerbaren weiterhin eine führende Rolle einzunehmen.“ Die Zeiten, in denen es einen einsamen Spitzenreiter bei der E&M-Branchenerhebung gegeben hat, scheinen vorbei zu sein.
 
Die Ãœbersichtstabelle der Direktvermarktungsumfrage als PDF.
Zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken
Quelle. E&M


Die E&M-Direktvermarktungsumfrage für das Gesamtjahr 2022
Für ihre mittlerweile 17. Direktvermarktungsumfrage hat die E&M-Redaktion wieder
über 200 Unternehmen angeschrieben, die bei den vier Ãœbertragungsnetzbetreibern
einen Bilanzkreis für das Managementprämienmodell beantragt haben.
In die Portfolioübersicht sind die Daten von 49 Unternehmen eingeflossen.
Mit der CF Flex Power und den Energy Cubes gibt es wie schon
zur Sommerumfrage 2022 zwei Unternehmen, die erstmals an der Erhebung
teilgenommen haben. Dagegen wird es keine Daten mehr von Endanet 
geben, da sich das Unternehmen aus der Direktvermarktung zurückgezogen hat.
Nach wie vor ist die E&M-Branchenerhebung zur Direktvermarktung mit der
Gesamtresonanz die mit Abstand größte und umfassendste in der deutschsprachigen Energie-Publizistik.

Neben den einzelnen Größen der Portfolios sind auch folgende Ergebnisse interessant:
  • Fast alle Unternehmen, die auf diese Frage geantwortet haben, gehen für 2023 von einem wachsenden Portfolio für dieses Jahr aus. Umgekehrt verhält es sich bei BKW Energie/WET und dem Verbund. Die Stadtwerke München (SWM) erwarten, wieder auf dem gleichen Niveau zu landen.
  • Das Gros der hierzulande tätigen Unternehmen vermarktet über White-Label-Verträge Portfolios Dritter. Mit BKW Energie/WET und Pure Energy gibt es aber nur noch zwei Unternehmen, die ein externes Portfolio mit mehr als 1.000 MW Leistung betreuen.
  • Zu den drei großen Gewinnern, die eine zusätzliche Direktvermarktungsleistung von mehr als 500 MW durch die Einführung von Redispatch 2.0 gewannen, zählen EnBW, SWM und Statkraft.
  • Die Stimmung im Kreise der Direktvermarktung hierzulande ist schon einmal besser gewesen: Immerhin 21 Unternehmen befürchten sinkende Vermarktungschancen durch die jüngsten Gesetze wie die Erlösabschöpfung. 
  • In etwa die Waage halten sich die Antworten auf die Frage nach positiver oder negativer Einschätzung für die künftigen Chancen und Risiken bei der Direktvermarktung.
  • Mittlerweile haben 14 Unternehmen, die an der Umfrage teilgenommen haben, angegeben, auch den Strom von Batteriespeichern zu vermarkten. Nur zwei von ihnen haben bislang eine Kapazität von mehr als 100 MW unter Vertrag, nämlich Energy Cubes mit 240 MW und Energy2Market mit 104 MW.
  • Immerhin gut 30 Unternehmen bejahen den Trend, dass sie sich schwer mit der Stromvermarktung kleinerer Solaranlagen mit weniger als 500 kW Leistung tun. Aufwand und Ertrag stehen für sie in keinem Verhältnis, hieß es bei den von E&M geführten Gesprächen. 
 
 Die fünf führenden Anbieter* 
 UnternehmenMW
1EnBW10.710
2Statkraft Markets9.200
3Quadra Energy8.650
4Next Kraftwerke8.017
5Baywa Re Energy Trading6.180
*Stichtag: 1. Januar 2022
 
 Die fünf größten Zuwächse* 
 UnternehmenMW
1EnBW1.865
2Baywa Re Energy Trading1.182
3MVV Trading600
4RWE Supply & Trading511
5Alpiq400
*Stichtag: Jahreswechsel 2021/2022
 
 Die fünf größten Rückgänge 
 UnternehmenMW
1Statkraft Markrets2.800
2BKW Energie/WET2.730
3Eon Energie Deutschland1.700
4EWE Trading675
5Stadtwerke München650
*Stichtag: Jahreswechsel 2021/2022
 
 Die drei größten Windstrom-Direktvermarkter 
 UnternehmenMW
1Statkraft Markets8.500
2Quadra Energy7.700
3EnBW4.930
*Stichtag: 1. Januar 2022
 
 Die drei größten Solarstrom-Direktvermarkter 
 UnternehmenMW
1Next Kraftwerke5.649
2EnBW5.430
3Sunnic Lighthouse2.300
* Stichtag: 1. Januar 2022
 
 Die drei größten Biomassestrom-Direktvermarkter 
 UnternehmenMW
1Energy2market1.906
2Next Kraftwerke1.678
3EWE Trading975
*Stichtag: Jahreswechsel 2021/2022

Donnerstag, 9.02.2023, 09:01 Uhr
Ralf Köpke
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Direktvermarktungsumfrage: EnBW neue Nummer eins
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung
Direktvermarktungsumfrage: EnBW neue Nummer eins
Hinter den Direktvermarktern liegen aufregende Wochen. Sie haben zu manchen Überraschungen geführt. Das zeigt die Auswertung der 17. E&M-Umfrage zur Direktvermarktung.
Cineasten kennen und lieben Etienne Chatiliez. Der französische Regisseur hat Ende der 1980er-Jahre die Kultkomödie mit dem so prosaisch anmutenden Titel „Das Leben ist ein langer, ruhiger Fluss“ gedreht. Von ruhig, dahinfließend und gemächlich kann im Direktvermarktungsgeschäft der zurückliegenden Wochen nicht die Rede sein. Mit rasant gestiegenen Vermarktungskosten, insbesondere für die Ausgleichsenergie, pfiff den heimischen Direktvermarktern eine steife Brise ins Gesicht.

Zusätzlich sorgte spätestens im Herbst 2022 die Debatte um die von der Bundesregierung forcierte Erlösabschöpfung für reichlich Verunsicherung und erschwerte die Verhandlungen um neue Verträge. Bei diesen Wirbelwinden verwundert es nicht, dass der langjährige Dauerspitzenreiter Statkraft Markets bei der E&M-Branchenerhebung diesmal die Poleposition abgeben musste. Mit einem Plus von gut 2.000 MW katapultierte sich die Energie Baden-Württemberg (EnBW) erstmals mit 10.710 MW an die Spitze. Dagegen verzeichnete die Deutschland-Dependance des norwegischen Staatskonzerns ein Minus von 2.800 MW, was immerhin über 23 Prozent des Portfolios zum Jahresende 2022 entspricht (Tabelle Seite 10). Keine andere der mittlerweile 17 E&M-Umfragen stellte einen größeren Schwund im Direktvermarktungssektor fest. 
 
In ähnlicher Größe wie bei Statkraft schrumpfte auch das Portfolio von BKW Energie/WET Wind Energy Trading über den Jahreswechsel, nämlich um 2.730 MW. Weitere interessante Zahlen in Kürze: Mit Zuwächsen auf insgesamt 8.650 MW robbte sich Quadra Energy eng an Statkraft heran. Auch Next Kraftwerke schaffte dank starker Solar-Performance erstmals den Sprung über 8.000 MW Portfolioumfang. 
 
„Damit haben wir ehrlicherweise nicht gerechnet“
Andreas Bader, EnBW
Quelle: Statkraft

Dass Statkraft − so etwas wie der FC Bayern München der Direktvermarktung − nur auf Platz zwei ins Ziel gekommen ist, löste beim dafür verantwortlichen EnBW-Team Erstaunen aus. „Damit haben wir ehrlicherweise nicht gerechnet“, betont Andreas Bader, Leiter Stromvermarktung Erneuerbare Energien und Batteriespeicher, gegenüber E&M. Für den Sprung an die Spitze habe es nicht den „einen Grund allein“ gegeben, erklärt Bader. Er stand bis vor gut zwei Jahren selbst in Diensten von Statkraft Markets. 
 
„Wir sind nicht nur bei einem regenerativen Energieträger gewachsen, sondern bei fast allen“ − nach Baders Worten wird EnBW im Markt „als extrem stabiler, zuverlässiger und gut erreichbarer Partner“ wahrgenommen, „den es garantiert auch noch in den kommenden Jahren geben wird“. Hinzu komme eine „gute Kommunikation mit unseren Kunden auf allen Plattformen“, ergänzt Bader. „Wir sind immer offen mit den gestiegenen Vermarktungsentgelten umgegangen, aber gleichzeitig haben wir stets auf die gestiegenen Erlöschancen infolge der erhöhten Marktwerte hingewiesen.“ 
 
Gewachsen ist EnBW vor allem bei der Direktvermarktung von Solarstrom. Mit 5.430 MW liegt der Südwest-Konzern nur rund 200 MW hinter dem Solarspitzenreiter Next Kraftwerke. „Das Anlagensegment unter 750 Kilowatt Leistung ist bei uns seit einigen Jahren vollautomatisiert“, erklärt Baders Kollege Pierre Fees diese Entwicklung. „Daher verzeichnen wir hier jährlich immer mehr Angebotsanfragen.“ Immerhin gut drei Viertel des eigenen Solarportfolios entfallen nach Worten Fees, der für Vertrieb & Marketing im Bereich der Stromvermarktung für Erneuerbare zuständig ist, auf das kleinere Anlagensegment mit weniger als 750 kW. 
 
Pierre Fees, EnBW
Quelle: EnBW

Bedröppelte Gesichter gab es bei Statkraft Markets. Dass der bisherige Spitzenplatz gefährdet sein könnte, hatte Marc Kohlenbach schon im zurückliegenden Sommer geahnt. Kohlenbach, der für Statkraft Markets seit 2019 das Direktvermarktungsgeschäft in Deutschland leitet, hatte damals gegenüber E&M einen „ziemlich unruhigen Herbst“ prognostiziert, in dem es „krachen“ könne: „Das kann nach oben, aber auch nach unten gehen.“ 
 
Dass die Deutschland-Dependance des norwegischen Staatskonzerns in den dann folgenden Wochen selbst derartig unter die Räder kam und kräftig Kunden verlor, hatte er sich jedoch nicht in seinen kühnsten Albträumen ausgemalt: Zum 1. Januar 2023 waren bei Statkraft Markets nur noch 9.200 MW zur Direktvermarktung unter Vertrag, ein Minus von fast einem Viertel im Vergleich zu Ende 2022.

Kohlenbach zeigt sich hart im Nehmen, denn mit krassem Auf und Ab hat er Erfahrungen. Auch das Statkraft-Minus von 2.746 MW über den Jahreswechsel 2019/2020 fiel in seine Zeit als Teamleiter für die Direktvermarktung: „Das gehört zum Geschäft, dann ging es wieder bergauf.“ Immerhin umfasste das Statkraft-Portfolio im vergangenen Sommer Verträge mit einem Volumen von mehr als 12.500 MW. Was für Kohlenbach auch nur eine Momentaufnahme ist: „Für uns sind die statistischen Zahlen nicht so wichtig, viel wichtiger ist, dass unser Portfolio nach wie vor profitabel ist.“ Allein das zähle.
 
Kohlenbach sieht für den deutlichen Schwund des Direktvermarktungsportfolios eine Reihe von Gründen: Obenan stehen die deutlich gestiegenen Vermarktungskosten, die im Zuge der im vergangenen Jahr rasant gestiegenen Marktwerke nur eine Richtung kannten: nach oben. Der Statkraft-Mann: „Bei den neuen Verträgen haben wir konservativer kalkuliert, sodass eine Reihe unserer bisherigen Kunden sich von uns getrennt hat.“ 
 
Die im vergangenen Herbst anhaltende Debatte um die Erlösabschöpfung sowie die neuen Redispatch-2.0-Regelungen hätten die Vertragsverhandlungen zusätzlich belastet: „Gerade beim Redispatch, bei dem viele Vorgänge nicht mehr stärker automatisierbar sind, ist es zu Kostensteigerungen gekommen, die wir weitergeben mussten“, so Kohlenbach. 
 
Als passionierter Rennradfahrer, der zahlreiche Bergtouren in der Schweiz, in Österreich oder Frankreich auf dem Buckel hat, weiß er auch persönlich, dass jedem Tal die nächste Anhöhe folgt. Ãœbertragen auf seinen Job heißt das: „Ich gehe fest davon aus, dass wir in diesem Jahr mit unserem Portfolio wieder im fünfstelligen Bereich landen. Was dann über den nächsten Jahreswechsel passiert, steht aber in den Sternen.“ 
 
In den Sternen steht nach seiner Einschätzung auch die Zukunft von so manchen Ãœ20-Windturbinen, also Anlagen, die nach 20-jähriger Förderung aus dem EEG gefallen sind. „Da der Ertrag der Altanlagen wesentlich schlechter prognostizierbar ist, lag die Differenz bei den Vermarktungskosten im Vergleich zu einer neu gebauten Windenergieanlage zuletzt zwischen 15 und 20 Euro“, lässt Kohlenbach durchblicken. „Daher haben einige Altanlagenbetreiber keinen Direktvermarkter gefunden, was nicht im Sinne der Energiewende ist.“
 
Quadra-Energy-Chef Thomas Krings
Quelle: Quadra Energy

Zu den Direktvermarktern, die nach wie vor auf die Ãœ20-Windturbinen setzen, zählt Quadra Energy, die seit April 2021 wie der Windenergieanlagenhersteller Enercon zur Aloys Wobben Stiftung gehört. Bei Quadra umfasst der Ãœ20-Bestand im Gesamtportfolio nach wie vor rund 1.000 MW. Geschäftsführer Thomas Krings dazu: „Bei den Verhandlungen mit unseren Kunden haben wir glaubhaft vermitteln können, wie es zu den höheren Vermarktungskosten gekommen ist.“ 

Überzeugt habe aber auch das speziell auf Betreiber von Enercon-Windturbinen zugeschnittene Kombi-Angebot: Neben der Direktvermarktung bietet Quadra auch ein finanziell angepasstes Servicepaket für die Altanlagen an.
 
Große Wachstumschancen sieht Krings im Ãœ20-Segment allerdings nicht: „Die Zahl der Altanlagen nimmt aufgrund von Repowering-Maßnahmen oder Stilllegungen in den nächsten Jahren tendenziell ab.“  Sorgen um den Zuspruch der Altanlagenbetreiber für die Direktvermarktung macht sich der erfahrene Energiehändler weniger: „Spannend wird die Umsetzung der Erlösabschöpfung sein. Bislang ist die Maßnahme bis Ende Juni vorgesehen, kann aber auch bis April 2024 verlängert werden. Ohne eine schnelle Klarheit, wie es wirklich weitergeht, werden wir mit reichlich Unsicherheit im Markt zu tun haben.“

Zufriedene Gesichter gab es nach der zurückliegenden Vertriebsphase um neue Direktvermarktungsverträge bei MVV Trading. Die Kurpfälzer behaupteten nicht nur ihren Platz unter den zehn größten Direktvermarktern, sondern bauten auch ihr Portfolio von 3.800 auf gut 4.400 MW aus. „Keine Frage, auch wir mussten mit den hohen Vermarktungsentgelten kämpfen und die Entgelte bei unseren Kunden stark erhöhen, haben aber schon früh mit einem branchenweit einzigartigen Angebot auf diese Entwicklung reagiert“, so begründet Stefan Sewckow, Geschäftsführer der Trading-Einheit bei MVV Energie, das Plus.
 
Der Zuwachs basiert auf dem Produkt „DV Switch“. Sewckow: „Für das laufende Jahr 2023, teilweise sogar für 2024, haben wir damit für die Anlagenbetreiber die hohen Preise bei der Terminvermarktung absichern können.“ In den Genuss dieses „Mini-PPA“, so Sewckow, seien aber nur die grünen Kraftwerksbetreiber gekommen, die gleichzeitig einen Direktvermarktungsvertrag mit MVV Trading haben, da hier eine physische Belieferung Voraussetzung ist. Mit „DV Switch“ gewann MVV Trading eine Reihe neuer Kunden. 
 
Ãœber den Jahreswechsel hat MVV auch das Portfolio mit den Ãœ20-Betreibern ausgebaut. Kein Altanlagenbetreiber sei abgelehnt worden, „denn jede grüne Kilowattstunde zahlt auf die Ziele unserer Konzernstrategie ein“, so Sewckow. Danach sollen alle Privat-, Gewerbe- und Industriekunden spätestens von 2035 an nur noch mit Grünstrom beliefert werden. Dies ist die erste Etappe für das große Ziel: Spätestens bis 2040 will MVV Energie als Gesamtunternehmen klimaneutral und danach sogar klimapositiv werden. 
 
Für dieses Jahr sieht Stefan Sewckow die eigene Direktvermarktungseinheit gut aufgestellt. Zugute komme MVV Trading hoffentlich, wie aber auch den Wettbewerbern, dass die Vermarktungsentgelte wieder sinken: „Die letzten Wochen lassen das vermuten, ich gehe aber davon aus, dass wir das Niveau vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine nicht wieder erreichen werden.“ 
 
 
„Wir sind zurück am Markt“
Josef Werum, Inpower
Quelle: Inpower

Josef Werum hat Wort gehalten. Im vergangenen Sommer hatte der Rheinhesse, der hierzulande zu den Pionieren bei der Grünstromdirektvermarktung zählt, angekündigt, wieder Zahlen für die E&M-Branchenerhebung zu liefern. Werum hatte mit seiner früheren Firma Inpower im Sommer 2021 Schiffbruch erlitten. Dank Investoren aus Tschechien ist der erneute Markteintritt unter den Namen „in.power Trading GmbH“ und „in.power Services GmbH“ geschafft. „Mehr als die Hälfte unserer früheren Kunden hat uns die Treue gehalten“, freut sich Werum.

Mit einem Portfolio von rund 300 MW hat die „neue“ Inpower bereits wieder das Vertragsniveau vor der Insolvenz erreicht. Damals umfasste der gesamte Vermarktungspool einige Hundert MW mehr, da Inpower immer zusammen mit Maxpower, einem Tochterunternehmen des Baukonzerns Max Bögl, auftrat: „Für Maxpower sind wir jetzt als Dienstleister tätig“, beschreibt Werum die neue Zusammenarbeit. 
 
Der langjährige Energiemanager spricht von einem erfolgreichen Neustart: „Wir profitieren nicht nur vom Know-how unserer tschechischen Partner bei der Handelsunterstützung, sondern stellen bereits auch neue Mitarbeiter ein.“ Denn neben der klassischen Direktvermarktung sind die beiden Inpower-Gesellschaften auch in zwei neuen Geschäftsfeldern unterwegs: der Vermarktung von flexiblen Batteriespeichern sowie der Ökostrombeschaffung für Industrie- und Gewerbekunden. „Darüber hinaus organisieren wir die weiter steigenden erneuerbaren Erzeugungskapazitäten solcher Unternehmen. Gerade im Industriesektor tut sich einiges.“ Nach Monaten der Tristesse klingt Josef Werum wieder optimistisch: „Wir sind zurück am Markt, mit uns ist wieder zu rechnen.“
Kapital und Know-how kommen von der Prager Second Foundation, einer Gründung von Vojtech Kacena, die zur dortigen Private-Equity-Firma BHM Group gehört und selber mit Strom handelt. Für sie ist es der Markteinstieg in Deutschland.
 
Die vier Gründer der CF Flex Power GmbH (v.l.): Jan Egidi, Max Amir Dieringer, Mirko Thoden, Amani Joas
Quelle: Flexpower

Die Dynamik der Direktvermarktung unterstreichen die Newcomer im Geschäft, die es immer noch gibt. So richtige Greenhorns stecken aber nicht hinter der CF Flex Power GmbH, die erstmals in der E&M-Ãœbersicht auftaucht. Das Gründer-Quartett um Jan Egidi, Max Amir Dieringer, Mirko Thoden und Amani Joas hat zuvor erfolgreich bei Next Kraftwerke in Köln praktiziert. „Wir haben lange Zeit das größte Solarportfolio bundesweit gemanagt und viel Erfahrung im Intradayhandel gesammelt“ − mit diesen Worten blickt Amani Joas, einer der vier gleichberechtigten Geschäftsführer, von Hamburg aus auf die Zeit im Rheinland zurück. 
 
Den Sprung in die Selbstständigkeit hat dem Quartett die in London ansässige CF-Partners-Gruppe mit einigem Startkapital ermöglicht. „Klar hätten wir uns weniger turbulente Zeiten als zuletzt für den Einstieg gewünscht“, räumt Amani Joas ein, doch: „Wir alle sind Energiewende-Enthusiasten, wir schaffen das.“ Die zuletzt rasant gestiegenen Vermarktungsentgelte haben bei Flexpower − so die interne Bezeichnung − das erste Portfolio kleiner ausfallen lassen als gewünscht. „Wir rechnen nun im ersten und zweiten Quartal mit reichlich Verträgen und neuen Kunden“, so Joas.

In Hamburg haben die Gründer zusammen mit 15 „erfahrenen Energiemarktspezialisten“ losgelegt. Neben erneuerbaren Energien hat sich Flexpower vorgenommen, das Flexibilitätspotenzial von stationären Batteriespeichern zu vermarkten. „Darüber hinaus sind wir auch für White-Label-Aktivitäten zu gewinnen“, so rundet Joas das Portfolio ab. „Wir sind jedenfalls gekommen, um zu bleiben.“ 
 
Auch Energy Cubes hat erstmals an der E&M-Direktvermarktungsumfrage teilgenommen. Die unter der Marke „Leag Energy Cubes“ 2019 etablierte Geschäftseinheit der Leag-Unternehmensgruppe bündelt eine Reihe von Servicepaketen − von der Direktvermarktung über Power Purchase Agreements (PPA) bis hin zur Regelenergievermarktung. „Wir sind sozusagen der grüne Vermarktungsarm der Leag“, erläutert Geschäftsführer Harald Altmann. Seit Ende 2021 bündelt die Leag alle diese Tätigkeiten in einer eigenen GmbH. 

Zu Beginn dieses Jahres ist das Unternehmen mit Sitz in Cottbus mit einem Portfolio von gut 800 MW gestartet. Allein 240 MW davon entfallen auf die Flexibilitätsvermarktung von Batteriespeichern. In diesem Geschäftsfeld hat Energy Cubes damit nach der aktuellen E&M-Erhebung bundesweit mit Abstand die Nase vorn. 
 
Mit der sogenannten Gigawatt-Factory und dem damit verbundenen geplanten Ausbau von 7.000 MW erneuerbarer Energie bis 2030 sei der Braunkohlekonzern Leag als Muttergesellschaft „klar auf Transformationskurs hin zu einem der größten grünen Energieproduzenten im Land“, so Altmann. „Die virtuellen Kraftwerke der Energy Cubes werden dabei als Aggregator und zur intelligenten Steuerung der verschiedenen Assets dienen.“

Wie sich diese Entwicklung in Zahlen bemerkbar macht, wird die nächste Direktvermarktungsumfrage von E&M zeigen. Ob EnBW in der Poleposition bleibt, darauf fällt Andreas Bader die Antwort schwer: „Die berühmte Glaskugel habe ich auch nicht. Aber unser klares Ziel ist, im wachsenden Markt der Erneuerbaren weiterhin eine führende Rolle einzunehmen.“ Die Zeiten, in denen es einen einsamen Spitzenreiter bei der E&M-Branchenerhebung gegeben hat, scheinen vorbei zu sein.
 
Die Ãœbersichtstabelle der Direktvermarktungsumfrage als PDF.
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Quelle. E&M


Die E&M-Direktvermarktungsumfrage für das Gesamtjahr 2022
Für ihre mittlerweile 17. Direktvermarktungsumfrage hat die E&M-Redaktion wieder
über 200 Unternehmen angeschrieben, die bei den vier Ãœbertragungsnetzbetreibern
einen Bilanzkreis für das Managementprämienmodell beantragt haben.
In die Portfolioübersicht sind die Daten von 49 Unternehmen eingeflossen.
Mit der CF Flex Power und den Energy Cubes gibt es wie schon
zur Sommerumfrage 2022 zwei Unternehmen, die erstmals an der Erhebung
teilgenommen haben. Dagegen wird es keine Daten mehr von Endanet 
geben, da sich das Unternehmen aus der Direktvermarktung zurückgezogen hat.
Nach wie vor ist die E&M-Branchenerhebung zur Direktvermarktung mit der
Gesamtresonanz die mit Abstand größte und umfassendste in der deutschsprachigen Energie-Publizistik.

Neben den einzelnen Größen der Portfolios sind auch folgende Ergebnisse interessant:
  • Fast alle Unternehmen, die auf diese Frage geantwortet haben, gehen für 2023 von einem wachsenden Portfolio für dieses Jahr aus. Umgekehrt verhält es sich bei BKW Energie/WET und dem Verbund. Die Stadtwerke München (SWM) erwarten, wieder auf dem gleichen Niveau zu landen.
  • Das Gros der hierzulande tätigen Unternehmen vermarktet über White-Label-Verträge Portfolios Dritter. Mit BKW Energie/WET und Pure Energy gibt es aber nur noch zwei Unternehmen, die ein externes Portfolio mit mehr als 1.000 MW Leistung betreuen.
  • Zu den drei großen Gewinnern, die eine zusätzliche Direktvermarktungsleistung von mehr als 500 MW durch die Einführung von Redispatch 2.0 gewannen, zählen EnBW, SWM und Statkraft.
  • Die Stimmung im Kreise der Direktvermarktung hierzulande ist schon einmal besser gewesen: Immerhin 21 Unternehmen befürchten sinkende Vermarktungschancen durch die jüngsten Gesetze wie die Erlösabschöpfung. 
  • In etwa die Waage halten sich die Antworten auf die Frage nach positiver oder negativer Einschätzung für die künftigen Chancen und Risiken bei der Direktvermarktung.
  • Mittlerweile haben 14 Unternehmen, die an der Umfrage teilgenommen haben, angegeben, auch den Strom von Batteriespeichern zu vermarkten. Nur zwei von ihnen haben bislang eine Kapazität von mehr als 100 MW unter Vertrag, nämlich Energy Cubes mit 240 MW und Energy2Market mit 104 MW.
  • Immerhin gut 30 Unternehmen bejahen den Trend, dass sie sich schwer mit der Stromvermarktung kleinerer Solaranlagen mit weniger als 500 kW Leistung tun. Aufwand und Ertrag stehen für sie in keinem Verhältnis, hieß es bei den von E&M geführten Gesprächen. 
 
 Die fünf führenden Anbieter* 
 UnternehmenMW
1EnBW10.710
2Statkraft Markets9.200
3Quadra Energy8.650
4Next Kraftwerke8.017
5Baywa Re Energy Trading6.180
*Stichtag: 1. Januar 2022
 
 Die fünf größten Zuwächse* 
 UnternehmenMW
1EnBW1.865
2Baywa Re Energy Trading1.182
3MVV Trading600
4RWE Supply & Trading511
5Alpiq400
*Stichtag: Jahreswechsel 2021/2022
 
 Die fünf größten Rückgänge 
 UnternehmenMW
1Statkraft Markrets2.800
2BKW Energie/WET2.730
3Eon Energie Deutschland1.700
4EWE Trading675
5Stadtwerke München650
*Stichtag: Jahreswechsel 2021/2022
 
 Die drei größten Windstrom-Direktvermarkter 
 UnternehmenMW
1Statkraft Markets8.500
2Quadra Energy7.700
3EnBW4.930
*Stichtag: 1. Januar 2022
 
 Die drei größten Solarstrom-Direktvermarkter 
 UnternehmenMW
1Next Kraftwerke5.649
2EnBW5.430
3Sunnic Lighthouse2.300
* Stichtag: 1. Januar 2022
 
 Die drei größten Biomassestrom-Direktvermarkter 
 UnternehmenMW
1Energy2market1.906
2Next Kraftwerke1.678
3EWE Trading975
*Stichtag: Jahreswechsel 2021/2022

Donnerstag, 9.02.2023, 09:01 Uhr
Ralf Köpke

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