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Aus Der Aktuellen Print-Ausgabe

Die "Stabilisierer" der Energiewende

Politik und Verbände ringen über die künftige Rolle der KWK. Stadtwerke und Versorger nutzen indes bereits neue KWK-Konzepte.
Die Kraft-Wärme-Kopplung kann „als brennstoffunabhängige Technik künftig eine wesentliche Rolle im Energiesystem einnehmen, als flexibles und dezentrales Backup-System, wenn die Energie aus Sonne und Wind nicht ausreicht“, zeigt sich Claus-Heinrich Stahl, Präsident des Bundesverbands Kraft-Wärme-Kopplung (BKWK), überzeugt. KWK könne außerdem einen Beitrag zur CO2-Reduktion leisten, da sie bereits heute klimaneutral mit biogenen Brennstoffen zu betreiben ist.

Stadtwerke und Energieversorger investieren seit einigen Jahren in neue Versorgungskonzepte in Kombination mit erneuerbaren Energien, Abwärme oder Flusswärme − je nach Situation vor Ort. Eines der öffentlichkeitswirksamsten war die Inbetriebnahme des Küstenkraftwerks in Kiel. Die Modernisierung war notwendig geworden, weil es − wie anderswo auch − zu häufig im Dauerbetrieb war und unflexibel betrieben wurde. „Als Teil des unflexiblen konventionellen Erzeugungssockels führt KWK zu unnötigen Eingriffen in den Netzbetrieb, wodurch Windenergie- und PV-Anlagen abgeregelt werden“, kritisiert beispielsweise der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE).
 
Das Küstenkraftwerk in Kiel
Quelle: Luftbildservice Bernot / Carsten Bernot
 
Auch Achim Zerres, Abteilungsleiter Energieregulierung bei der Bundesnetzagentur, monierte auf dem diesjährigen Jahreskongress des BKWK Anfang November deutlich, dass „kaum ein wärmegeführtes Heizkraftwerk im Sommer bei Flaute anspringt oder im Winter bei Starkwind herunterfährt“. Die derzeit fixe Marktprämie schwäche den dafür nötigen ökonomischen Anreiz zur Flexibilität und konterkariere damit den vernünftigen Förderstundenansatz. Daher unterstrich er, dass man in Deutschland die Förderung grundlegend überdenken müsse.

Flexibler, CO2-ärmer und netzdienlicher ist das Credo

An der Kieler Förde steht seit Anfang 2020 ein KWK-Kraftwerk, das allein aufgrund des Standorts eine flexible Technik benötigt: Wegen des hohen Anteils an Windstrom im Netz muss das Küstenkraftwerk in der Lage sein, innerhalb kürzester Zeit die volle Leistung in das örtliche Netz einzuspeisen, um die Schwankungen durch Wind- und Sonnenenergie bei der Stromgewinnung auszugleichen. Das Kraftwerk wurde daher so ausgelegt, dass es in nur fünf Minuten von null auf Volllast gefahren werden kann − möglich machen das 20 Gasmotoren, die jeweils individuell regelbar sind.

Das modular aufgebaute 190-MW-Kraftwerk kann so die Netzschwankungen auffangen und Strom zur Vermarktung am Regelenergiemarkt liefern. Zur Flexibilität der KWK-Anlage tragen ein 60 Meter hoher Wärmespeicher und ein 35-MW-Elektrodenkessel bei. Mit dem neuen Kraftwerk, das die Kohlebefeuerung obsolet machte, zeigen die Stadtwerke Kiel, wie sich KWK als Ergänzung zur volatilen Erneuerbaren-Erzeugung eignet. Kann zudem das Erdgas noch durch biogene Kraftstoffe oder Wasserstoff ersetzt werden, reduzieren sich die CO2-Emissionen noch einmal.

Ein weiteres Beispiel ist diesen Sommer in Betrieb gegangen und befindet sich in Halle (Saale) im Energiepark Dieselstraße: „Wir betreiben den in seiner Bauart weltweit größten Wärmespeicher mit einem Volumen von 50.000 Kubikmetern. Zudem haben wir vor wenigen Wochen die Modernisierung unserer KWK-Anlage im Kraftwerk Dieselstraße mit drei Gasturbinen abgeschlossen“, sagte Matthias Lux, Vorsitzender Geschäftsführer der Stadtwerke Halle, im August.
 
Als Symbol wird der Wärmespeicher in Halle künftig entsprechend seiner Funktionsweise abends leuchten: rot, wenn er beladen ist und in Form von heißem Wasser Energie speichert, und grün, wenn er entladen wird und die Wärme in die halleschen Wohnungen fließt
Quelle: Agentur Kappa / Adrian Gross
 
Im Energiepark Dieselstraße wurden neben dem Bau des Energie- und Zukunftsspeichers in den beiden vorhandenen Blöcken die Gasturbinen gegen jeweils eine leistungsstärkere ausgetauscht, die Leistung der Dampfturbinen erhöht, Zusatzkessel und Wärmepumpen errichtet sowie die Generatoren überholt. Neben den alten Anlagen entstand ein weiterer Block. Dieser reagiert laut den Stadtwerken innerhalb von Minuten auf Bedarfsschwankungen im Stromnetz. Die Energie des Speichers kann zeitlich entkoppelt bei Bedarf in Form von Fernwärme wieder ausgeliefert werden. Damit ergänze der Energiepark Dieselstraße − ähnlich wie in Kiel − die Produktion von Strom aus regenerativen Quellen.

Mit dieser „Systemdienlichkeit gehen künftig deutlich geringere Betriebsstunden für die jeweilige KWK-Anlage im Jahr einher, bei gleichzeitig hoher installierter KWK-Gesamtleistung in Deutschland, die im Bedarfsfall kurzfristig für die Residuallastdeckung einspringt“, erklärt BKWK-Präsident Stahl.

KWK-Anlagen werden demnach zu „hochflexiblen Speicherkraftwerken, betrieben mit klimaneutralen Brennstoffen und ausgerüstet mit großen Wärmespeichern. Sie dienen der Sicherheit des Energiesystems, denn sie erzeugen genau dann Strom, wenn er benötigt wird, und decken damit die Residuallast, während die Speicherwärme bedarfsgerecht abgegeben und genutzt werden kann“, zeigt Stahl die künftige Richtung auf, in die es gehen muss. Die Beispiele aus Halle an der Saale oder Kiel würden zeigen, wie dieses Konzept bereits heute wirtschaftlich ausgerichtet werden kann.

Innovative KWK-Systeme als Baustein der Wärmeversorgung

Auch das Bundeswirtschaftsministerium geht davon aus, dass KWK einen zentralen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten kann. Daher fördert der Bund diese Technik weiterhin. Mehr Anreize für den Brennstoffwechsel von Kohle auf Gas, für die Flexibilisierung der KWK und für mehr Integration von Erneuerbaren in Wärmenetze sind dabei nun „zentrale Maßnahmen“, so das Ministerium.

Robert Busch, Geschäftsführer des BNE, plädiert dafür, dass allerdings die Förderung fossiler KWK komplett beendet werden muss − spätestens in der nächsten Legislatur. „Nur innovative Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden und flexibel reagieren, haben in einem modernen Energiesystem einen Platz“, so Busch.

In diese Richtung zielen beispielsweise iKWK-Systeme ab, die seit 2018 von der Bundesnetzagentur ausgeschrieben werden − jedoch erlaubt der Gesetzgeber hier fossile Brennstoffe. Solche innovativen KWK-Konzepte unter Nutzung verschiedener Technologien von Solarthermie über Luftwärmepumpen bis hin zu Flusswärmepumpen zeigen aber mögliche Pfade für unterschiedlichste Standorte auf und wie etwa der Umbau der Wärmeversorgung in Bestandsgebieten gelingen kann.

Für ein iKWK-System sehen die Ausschreibungsregeln die Kopplung von KWK-Anlagen mit regenerativen Wärmeerzeugern vor. Dabei müssen diese mindestens 30 % der Referenzwärme erzeugen. Zudem ist ein elektrischer Wärmeerzeuger zu installieren, der 30 % der installierten thermischen KWK-Leistung als Wärme bereitstellen kann. Der für die Ausschreibung zulässige Höchstwert liegt bei 12 Ct/kWh.
 
Das BHKW zur neuen iKWK-Anlage in Bayreuth
Quelle: IfE / Matthias Koppmann

Im bayerischen Bayreuth ist eine innovative KWK-Anlage auf dem Campus der Universität im Herbst als eine der ersten fertiggestellt worden und soll im Januar 2022 in den Dauerbetrieb gehen. Vor der Modernisierung waren bereits zwei Gaskessel, ein Elektrodenkessel mit 6 MW, drei Kältemaschinen und drei Pufferspeicher mit 800 Kubikmeter installiert. Für das iKWK-System kamen zwei Wärmepumpen mit etwa 1,3 MW, ein Blockheizkraftwerk mit 3,3 MW und zwei Kühltürme hinzu.

Ein weiteres Beispiel entsteht in Lemgo (Nordrhein-Westfalen). Dort installiert man am Bruchweg derzeit eine iKWK-Anlage mit zwei Blockheizkraftwerken mit insgesamt 5 MW. Sie wird ergänzt durch eine Solarthermieanlage und eine Flusswasserwärmepumpe. Bis zu 7.500 MWh erneuerbare Wärme können beide Anlagen jährlich erzeugen. Lemgo will im Frühjahr 2022 ans Netz gehen.

Auch Duisburg gilt als eine iKWK-Vorzeigestadt: Die dortigen Stadtwerke werden die Wärme aus dem Abwasser der Kläranlage der Wirtschaftsbetriebe Duisburg (WBD) im Stadtteil Huckingen für das Fernwärmenetz nutzen. Damit ist die Anlage nicht nur ein Gewinn für eine emissionsarme Wärmeerzeugung, sondern leistet auch einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz, indem sie dafür sorgt, dass vor allem in den Sommermonaten nicht zu viel warmes Wasser in den Rhein geleitet wird.

Komplettiert wird die Gesamtanlage durch zwei BHKW mit jeweils 4,5 MW elektrischer und 4,5 MW thermischer Leistung sowie einen Elektrokessel zur Fernwärmeerzeugung. In dieser Kombination sei dies die größte iKWK-Anlage an einer Kläranlage in Deutschland, so der Versorger. Sie soll im Frühjahr 2024 in Betrieb gehen.

Insgesamt 43 solcher iKWK-Systeme, davon 36 von Stadtwerken, sind mittlerweile in den vergangenen Jahren von der Bundesnetzagentur bezuschlagt worden. Durch die flexible Kombination von steuerbarer Leistung (KWK‑Anlage) und erneuerbaren Energiequellen (erneuerbare beziehungsweise elektrische Wärmeerzeuger) können sie zur Integration erneuerbarer Energien beitragen.

„Die KWK ist sich bewusst, dass sie 2045 klimaneutral sein muss“, sagt Stahl. „Wir warten als KWK-Branche darauf, dass man uns die passenden Treibstoffe zur Verfügung stellt.“ Denn es sei der Brennstoff, der aus dieser hocheffizienten Technik eine fossile macht − oder eben auch nicht, betont Stahl: „Die Brennstoffe bestimmen die CO2-Emissionen, nicht die Technik.“

Dienstag, 21.12.2021, 10:02 Uhr
Heidi Roider
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Quelle: E&M
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Die "Stabilisierer" der Energiewende
Politik und Verbände ringen über die künftige Rolle der KWK. Stadtwerke und Versorger nutzen indes bereits neue KWK-Konzepte.
Die Kraft-Wärme-Kopplung kann „als brennstoffunabhängige Technik künftig eine wesentliche Rolle im Energiesystem einnehmen, als flexibles und dezentrales Backup-System, wenn die Energie aus Sonne und Wind nicht ausreicht“, zeigt sich Claus-Heinrich Stahl, Präsident des Bundesverbands Kraft-Wärme-Kopplung (BKWK), überzeugt. KWK könne außerdem einen Beitrag zur CO2-Reduktion leisten, da sie bereits heute klimaneutral mit biogenen Brennstoffen zu betreiben ist.

Stadtwerke und Energieversorger investieren seit einigen Jahren in neue Versorgungskonzepte in Kombination mit erneuerbaren Energien, Abwärme oder Flusswärme − je nach Situation vor Ort. Eines der öffentlichkeitswirksamsten war die Inbetriebnahme des Küstenkraftwerks in Kiel. Die Modernisierung war notwendig geworden, weil es − wie anderswo auch − zu häufig im Dauerbetrieb war und unflexibel betrieben wurde. „Als Teil des unflexiblen konventionellen Erzeugungssockels führt KWK zu unnötigen Eingriffen in den Netzbetrieb, wodurch Windenergie- und PV-Anlagen abgeregelt werden“, kritisiert beispielsweise der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE).
 
Das Küstenkraftwerk in Kiel
Quelle: Luftbildservice Bernot / Carsten Bernot
 
Auch Achim Zerres, Abteilungsleiter Energieregulierung bei der Bundesnetzagentur, monierte auf dem diesjährigen Jahreskongress des BKWK Anfang November deutlich, dass „kaum ein wärmegeführtes Heizkraftwerk im Sommer bei Flaute anspringt oder im Winter bei Starkwind herunterfährt“. Die derzeit fixe Marktprämie schwäche den dafür nötigen ökonomischen Anreiz zur Flexibilität und konterkariere damit den vernünftigen Förderstundenansatz. Daher unterstrich er, dass man in Deutschland die Förderung grundlegend überdenken müsse.

Flexibler, CO2-ärmer und netzdienlicher ist das Credo

An der Kieler Förde steht seit Anfang 2020 ein KWK-Kraftwerk, das allein aufgrund des Standorts eine flexible Technik benötigt: Wegen des hohen Anteils an Windstrom im Netz muss das Küstenkraftwerk in der Lage sein, innerhalb kürzester Zeit die volle Leistung in das örtliche Netz einzuspeisen, um die Schwankungen durch Wind- und Sonnenenergie bei der Stromgewinnung auszugleichen. Das Kraftwerk wurde daher so ausgelegt, dass es in nur fünf Minuten von null auf Volllast gefahren werden kann − möglich machen das 20 Gasmotoren, die jeweils individuell regelbar sind.

Das modular aufgebaute 190-MW-Kraftwerk kann so die Netzschwankungen auffangen und Strom zur Vermarktung am Regelenergiemarkt liefern. Zur Flexibilität der KWK-Anlage tragen ein 60 Meter hoher Wärmespeicher und ein 35-MW-Elektrodenkessel bei. Mit dem neuen Kraftwerk, das die Kohlebefeuerung obsolet machte, zeigen die Stadtwerke Kiel, wie sich KWK als Ergänzung zur volatilen Erneuerbaren-Erzeugung eignet. Kann zudem das Erdgas noch durch biogene Kraftstoffe oder Wasserstoff ersetzt werden, reduzieren sich die CO2-Emissionen noch einmal.

Ein weiteres Beispiel ist diesen Sommer in Betrieb gegangen und befindet sich in Halle (Saale) im Energiepark Dieselstraße: „Wir betreiben den in seiner Bauart weltweit größten Wärmespeicher mit einem Volumen von 50.000 Kubikmetern. Zudem haben wir vor wenigen Wochen die Modernisierung unserer KWK-Anlage im Kraftwerk Dieselstraße mit drei Gasturbinen abgeschlossen“, sagte Matthias Lux, Vorsitzender Geschäftsführer der Stadtwerke Halle, im August.
 
Als Symbol wird der Wärmespeicher in Halle künftig entsprechend seiner Funktionsweise abends leuchten: rot, wenn er beladen ist und in Form von heißem Wasser Energie speichert, und grün, wenn er entladen wird und die Wärme in die halleschen Wohnungen fließt
Quelle: Agentur Kappa / Adrian Gross
 
Im Energiepark Dieselstraße wurden neben dem Bau des Energie- und Zukunftsspeichers in den beiden vorhandenen Blöcken die Gasturbinen gegen jeweils eine leistungsstärkere ausgetauscht, die Leistung der Dampfturbinen erhöht, Zusatzkessel und Wärmepumpen errichtet sowie die Generatoren überholt. Neben den alten Anlagen entstand ein weiterer Block. Dieser reagiert laut den Stadtwerken innerhalb von Minuten auf Bedarfsschwankungen im Stromnetz. Die Energie des Speichers kann zeitlich entkoppelt bei Bedarf in Form von Fernwärme wieder ausgeliefert werden. Damit ergänze der Energiepark Dieselstraße − ähnlich wie in Kiel − die Produktion von Strom aus regenerativen Quellen.

Mit dieser „Systemdienlichkeit gehen künftig deutlich geringere Betriebsstunden für die jeweilige KWK-Anlage im Jahr einher, bei gleichzeitig hoher installierter KWK-Gesamtleistung in Deutschland, die im Bedarfsfall kurzfristig für die Residuallastdeckung einspringt“, erklärt BKWK-Präsident Stahl.

KWK-Anlagen werden demnach zu „hochflexiblen Speicherkraftwerken, betrieben mit klimaneutralen Brennstoffen und ausgerüstet mit großen Wärmespeichern. Sie dienen der Sicherheit des Energiesystems, denn sie erzeugen genau dann Strom, wenn er benötigt wird, und decken damit die Residuallast, während die Speicherwärme bedarfsgerecht abgegeben und genutzt werden kann“, zeigt Stahl die künftige Richtung auf, in die es gehen muss. Die Beispiele aus Halle an der Saale oder Kiel würden zeigen, wie dieses Konzept bereits heute wirtschaftlich ausgerichtet werden kann.

Innovative KWK-Systeme als Baustein der Wärmeversorgung

Auch das Bundeswirtschaftsministerium geht davon aus, dass KWK einen zentralen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten kann. Daher fördert der Bund diese Technik weiterhin. Mehr Anreize für den Brennstoffwechsel von Kohle auf Gas, für die Flexibilisierung der KWK und für mehr Integration von Erneuerbaren in Wärmenetze sind dabei nun „zentrale Maßnahmen“, so das Ministerium.

Robert Busch, Geschäftsführer des BNE, plädiert dafür, dass allerdings die Förderung fossiler KWK komplett beendet werden muss − spätestens in der nächsten Legislatur. „Nur innovative Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden und flexibel reagieren, haben in einem modernen Energiesystem einen Platz“, so Busch.

In diese Richtung zielen beispielsweise iKWK-Systeme ab, die seit 2018 von der Bundesnetzagentur ausgeschrieben werden − jedoch erlaubt der Gesetzgeber hier fossile Brennstoffe. Solche innovativen KWK-Konzepte unter Nutzung verschiedener Technologien von Solarthermie über Luftwärmepumpen bis hin zu Flusswärmepumpen zeigen aber mögliche Pfade für unterschiedlichste Standorte auf und wie etwa der Umbau der Wärmeversorgung in Bestandsgebieten gelingen kann.

Für ein iKWK-System sehen die Ausschreibungsregeln die Kopplung von KWK-Anlagen mit regenerativen Wärmeerzeugern vor. Dabei müssen diese mindestens 30 % der Referenzwärme erzeugen. Zudem ist ein elektrischer Wärmeerzeuger zu installieren, der 30 % der installierten thermischen KWK-Leistung als Wärme bereitstellen kann. Der für die Ausschreibung zulässige Höchstwert liegt bei 12 Ct/kWh.
 
Das BHKW zur neuen iKWK-Anlage in Bayreuth
Quelle: IfE / Matthias Koppmann

Im bayerischen Bayreuth ist eine innovative KWK-Anlage auf dem Campus der Universität im Herbst als eine der ersten fertiggestellt worden und soll im Januar 2022 in den Dauerbetrieb gehen. Vor der Modernisierung waren bereits zwei Gaskessel, ein Elektrodenkessel mit 6 MW, drei Kältemaschinen und drei Pufferspeicher mit 800 Kubikmeter installiert. Für das iKWK-System kamen zwei Wärmepumpen mit etwa 1,3 MW, ein Blockheizkraftwerk mit 3,3 MW und zwei Kühltürme hinzu.

Ein weiteres Beispiel entsteht in Lemgo (Nordrhein-Westfalen). Dort installiert man am Bruchweg derzeit eine iKWK-Anlage mit zwei Blockheizkraftwerken mit insgesamt 5 MW. Sie wird ergänzt durch eine Solarthermieanlage und eine Flusswasserwärmepumpe. Bis zu 7.500 MWh erneuerbare Wärme können beide Anlagen jährlich erzeugen. Lemgo will im Frühjahr 2022 ans Netz gehen.

Auch Duisburg gilt als eine iKWK-Vorzeigestadt: Die dortigen Stadtwerke werden die Wärme aus dem Abwasser der Kläranlage der Wirtschaftsbetriebe Duisburg (WBD) im Stadtteil Huckingen für das Fernwärmenetz nutzen. Damit ist die Anlage nicht nur ein Gewinn für eine emissionsarme Wärmeerzeugung, sondern leistet auch einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz, indem sie dafür sorgt, dass vor allem in den Sommermonaten nicht zu viel warmes Wasser in den Rhein geleitet wird.

Komplettiert wird die Gesamtanlage durch zwei BHKW mit jeweils 4,5 MW elektrischer und 4,5 MW thermischer Leistung sowie einen Elektrokessel zur Fernwärmeerzeugung. In dieser Kombination sei dies die größte iKWK-Anlage an einer Kläranlage in Deutschland, so der Versorger. Sie soll im Frühjahr 2024 in Betrieb gehen.

Insgesamt 43 solcher iKWK-Systeme, davon 36 von Stadtwerken, sind mittlerweile in den vergangenen Jahren von der Bundesnetzagentur bezuschlagt worden. Durch die flexible Kombination von steuerbarer Leistung (KWK‑Anlage) und erneuerbaren Energiequellen (erneuerbare beziehungsweise elektrische Wärmeerzeuger) können sie zur Integration erneuerbarer Energien beitragen.

„Die KWK ist sich bewusst, dass sie 2045 klimaneutral sein muss“, sagt Stahl. „Wir warten als KWK-Branche darauf, dass man uns die passenden Treibstoffe zur Verfügung stellt.“ Denn es sei der Brennstoff, der aus dieser hocheffizienten Technik eine fossile macht − oder eben auch nicht, betont Stahl: „Die Brennstoffe bestimmen die CO2-Emissionen, nicht die Technik.“

Dienstag, 21.12.2021, 10:02 Uhr
Heidi Roider

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