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Energie & Management > Gas - Der womöglich letzte Winter in der Gas-Alarmstufe
Quelle: Shutterstock / Mike Mareen
Gas

Der womöglich letzte Winter in der Gas-Alarmstufe

Im Anschluss an die beginnende Heizperiode könnte die Alarmstufe im Notfallplan Gas wieder Geschichte sein. Die Diskussion darüber erwartet die Bundesnetzagentur für das Frühjahr.
Das Wort „Glaskugel“ fiel häufig auf der hochkarätig besetzten Fachkonferenz „Wintervorsorge 2023/2024“ des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) am 7. November. Es galt das Risiko abzuschätzen, ob Deutschland noch eine Gasmangellage droht. Die allgemein optimistische Grundhaltung schürt die Erwartung, dass die Alarmstufe im Notfallplan Gas im kommenden Frühjahr endet.

Aus Sicht der Bundesnetzagentur äußerte Chris Mögelin die Vermutung, dass das von Robert Habeck (Grüne) geführte Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) die Diskussion über die Aufhebung der Alarmstufe nach diesem Winter aufnehmen werde. Der Leiter des Krisenstabs Gas nannte als Voraussetzung dafür allerdings, dass Europa in den kommenden Monaten von den Versorgungskrisen des vergangenen Jahres verschont bleibe. Die Alarmstufe, die zweite von drei Schritten im Notfallplan, hatte das Ministerium am 23. Juni 2022 ausgerufen und bisher nicht wieder aufgehoben.

Für das BMWK gab Alexander Lücke gab in Sachen Alarmstufe zu bedenken, dass ein „zu frühes Rausgehen gut zu überlegen“ sei. Der Unterabteilungsleiter Energiesicherheit im Range eines Ministerialdirigenten ergänzte, das Notfallmanagement erübrige sich „in dem Moment, wenn eine Mangellage relativ sicher ausgeschlossen werden kann“. Dies sei spätestens, wenn die Gasversorgung stabil sei und alle festen LNG-Terminals arbeiteten. Unwägbarkeiten wie Kälteperioden, unsichere Importmengen oder Sabotage an Infrastruktur seien indes nicht auszuschließen. Daher „werden die Vorgaben für die Füllstände der Gasspeicher auch noch länger gelten“, so Lücke.

Krisenübung belegt Tauglichkeit der Sicherheitsplattform Gas

Die randvollen Speicher sorgten für die Schlagzeilen der jüngsten Tage. Die 47 Untertagekavernen in Deutschland fassen insgesamt mehr als 23 Milliarden Kubikmeter Erdgas, was etwa 250 Milliarden kWh entspricht. Diese Menge reicht nach Schätzungen der Bundesregierung für bis zu drei nicht zu kalte Monate.
 
 
Dass Deutschland selbst mit einer Mangellage umzugehen versteht, darauf verwiesen alle fünf Referenten der Konferenz. Ein „Restrisiko Null“ aber könne es nicht geben, sagte Frank Dietzsch, Leiter Ordnungsrahmen Gastechnologien und Energiesysteme beim DVGW und Gastgeber. Was im Falle einer Mangellage greift, hatte die Bundesnetzagentur am 21. September in einer Krisenübung mit etlichen Beteiligten durchgespielt.

Ein großes Lob erhielt in diesem Zusammenhang die Ende September 2022 gestartete „Sicherheitsplattform Gas“. Auf dieser digitalen Informationsplattform pflegen relevante Akteure des Gasmarkts aktuelle Daten ein und erlauben damit eine Analyse und Prognose zu den Verbräuchen. Die Krisenübung hätte gut funktioniert und in der simulierten Mangellage schnell Ergebnisse über die Gaszuteilung erbracht, sagte Chris Mögelin für die Bundesnetzagentur.

Die Behörde hat das Recht, Gasmengen allgemein zu beschränken und individuell zuzuweisen. Gerade die Frage, welche Unternehmen in den wichtigsten Produktionsbereichen während einer Mangellage noch prioritär beliefert werden, ist heikel. Die Verfügungen der Bundesnetzagentur ließen sich gut durchsetzen, bei der Übung seien große Verbraucher über die Sicherheitsplattform „sehr effizient ansprechbar“ gewesen, so Chris Mögelin.

Diese Plattform führt aktuell vor allem Großverbraucher, Versorger, Händler, Bilanzkreisverantwortliche und Fernleitungsnetzbetreiber zusammen. Für den Marktgebietsverantwortlichen in Deutschland, Trading Hub Europe (THE), sagte Geschäftsführer Sebastian Kemper, auch die lokalen Verteilnetzbetreiber (VNB) erhielten in Kürze Zugang zur Sicherheitsplattform. Dies sei für das erste Quartal 2024 geplant, eventuell schon im Februar.

Für den DVGW stellte Vorstandsvorsitzender Gerald Linke ein neues Instrument zur Speicherreichweite vor. Das auf der Verbandswebsite zu findende Tool aktualisiere täglich seine Zahlen und berechne mit den Daten von Bundesnetzagentur und Gas Infrastructure Europe (GIE) unter Rückgriff auf das zurückliegende halbe Jahr die Voraussagen über die Speicherfüllstände für die kommenden sechs Monate. Das Tool erlaube somit Aussagen über die Sicherheit der Erdgasversorgung in Deutschland, so Linke. Die Prognosen lassen sich über Schieberegler, die Veränderungen bei Temperaturszenarien und Gas-Importmengen ermöglichen, jeweils den aktuellen Bedingungen anpassen.

Dienstag, 7.11.2023, 16:05 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Gas - Der womöglich letzte Winter in der Gas-Alarmstufe
Quelle: Shutterstock / Mike Mareen
Gas
Der womöglich letzte Winter in der Gas-Alarmstufe
Im Anschluss an die beginnende Heizperiode könnte die Alarmstufe im Notfallplan Gas wieder Geschichte sein. Die Diskussion darüber erwartet die Bundesnetzagentur für das Frühjahr.
Das Wort „Glaskugel“ fiel häufig auf der hochkarätig besetzten Fachkonferenz „Wintervorsorge 2023/2024“ des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) am 7. November. Es galt das Risiko abzuschätzen, ob Deutschland noch eine Gasmangellage droht. Die allgemein optimistische Grundhaltung schürt die Erwartung, dass die Alarmstufe im Notfallplan Gas im kommenden Frühjahr endet.

Aus Sicht der Bundesnetzagentur äußerte Chris Mögelin die Vermutung, dass das von Robert Habeck (Grüne) geführte Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) die Diskussion über die Aufhebung der Alarmstufe nach diesem Winter aufnehmen werde. Der Leiter des Krisenstabs Gas nannte als Voraussetzung dafür allerdings, dass Europa in den kommenden Monaten von den Versorgungskrisen des vergangenen Jahres verschont bleibe. Die Alarmstufe, die zweite von drei Schritten im Notfallplan, hatte das Ministerium am 23. Juni 2022 ausgerufen und bisher nicht wieder aufgehoben.

Für das BMWK gab Alexander Lücke gab in Sachen Alarmstufe zu bedenken, dass ein „zu frühes Rausgehen gut zu überlegen“ sei. Der Unterabteilungsleiter Energiesicherheit im Range eines Ministerialdirigenten ergänzte, das Notfallmanagement erübrige sich „in dem Moment, wenn eine Mangellage relativ sicher ausgeschlossen werden kann“. Dies sei spätestens, wenn die Gasversorgung stabil sei und alle festen LNG-Terminals arbeiteten. Unwägbarkeiten wie Kälteperioden, unsichere Importmengen oder Sabotage an Infrastruktur seien indes nicht auszuschließen. Daher „werden die Vorgaben für die Füllstände der Gasspeicher auch noch länger gelten“, so Lücke.

Krisenübung belegt Tauglichkeit der Sicherheitsplattform Gas

Die randvollen Speicher sorgten für die Schlagzeilen der jüngsten Tage. Die 47 Untertagekavernen in Deutschland fassen insgesamt mehr als 23 Milliarden Kubikmeter Erdgas, was etwa 250 Milliarden kWh entspricht. Diese Menge reicht nach Schätzungen der Bundesregierung für bis zu drei nicht zu kalte Monate.
 
 
Dass Deutschland selbst mit einer Mangellage umzugehen versteht, darauf verwiesen alle fünf Referenten der Konferenz. Ein „Restrisiko Null“ aber könne es nicht geben, sagte Frank Dietzsch, Leiter Ordnungsrahmen Gastechnologien und Energiesysteme beim DVGW und Gastgeber. Was im Falle einer Mangellage greift, hatte die Bundesnetzagentur am 21. September in einer Krisenübung mit etlichen Beteiligten durchgespielt.

Ein großes Lob erhielt in diesem Zusammenhang die Ende September 2022 gestartete „Sicherheitsplattform Gas“. Auf dieser digitalen Informationsplattform pflegen relevante Akteure des Gasmarkts aktuelle Daten ein und erlauben damit eine Analyse und Prognose zu den Verbräuchen. Die Krisenübung hätte gut funktioniert und in der simulierten Mangellage schnell Ergebnisse über die Gaszuteilung erbracht, sagte Chris Mögelin für die Bundesnetzagentur.

Die Behörde hat das Recht, Gasmengen allgemein zu beschränken und individuell zuzuweisen. Gerade die Frage, welche Unternehmen in den wichtigsten Produktionsbereichen während einer Mangellage noch prioritär beliefert werden, ist heikel. Die Verfügungen der Bundesnetzagentur ließen sich gut durchsetzen, bei der Übung seien große Verbraucher über die Sicherheitsplattform „sehr effizient ansprechbar“ gewesen, so Chris Mögelin.

Diese Plattform führt aktuell vor allem Großverbraucher, Versorger, Händler, Bilanzkreisverantwortliche und Fernleitungsnetzbetreiber zusammen. Für den Marktgebietsverantwortlichen in Deutschland, Trading Hub Europe (THE), sagte Geschäftsführer Sebastian Kemper, auch die lokalen Verteilnetzbetreiber (VNB) erhielten in Kürze Zugang zur Sicherheitsplattform. Dies sei für das erste Quartal 2024 geplant, eventuell schon im Februar.

Für den DVGW stellte Vorstandsvorsitzender Gerald Linke ein neues Instrument zur Speicherreichweite vor. Das auf der Verbandswebsite zu findende Tool aktualisiere täglich seine Zahlen und berechne mit den Daten von Bundesnetzagentur und Gas Infrastructure Europe (GIE) unter Rückgriff auf das zurückliegende halbe Jahr die Voraussagen über die Speicherfüllstände für die kommenden sechs Monate. Das Tool erlaube somit Aussagen über die Sicherheit der Erdgasversorgung in Deutschland, so Linke. Die Prognosen lassen sich über Schieberegler, die Veränderungen bei Temperaturszenarien und Gas-Importmengen ermöglichen, jeweils den aktuellen Bedingungen anpassen.

Dienstag, 7.11.2023, 16:05 Uhr
Volker Stephan

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