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Energie & Management > Österreich -  Debatten um burgenländische Ökostrom-
Quelle: Pixabay / slon_pics
Österreich

Debatten um burgenländische Ökostrom-"Erdrosselungssteuer"

Eine anstehende Novelle zum Raumplanungsgesetz sei sachlich nicht gerechtfertigt und verletze Verfassungs- sowie EU-Recht, konstatiert ein Verfassungsjurist. Das Land wehrt sich.
Die geplante Erhöhung der sogenannten „Landschaftsbild-Abgabe“ für Windkraft- und Photovoltaikanlagen im Burgenland ist mutmaßlich „unsachlich, verfassungswidrig und verletzt EU-Recht.“ Zu diesem Schluss kommt der Verfassungsjurist Heinz Mayer in einem Gutachten für die Interessengemeinschaft Windkraft (IG Windkraft) sowie den Bundesverband Photovoltaic Austria.

Die Landschaftsbild-Abgabe wurde vergangenes Jahr mit einer Novelle zum burgenländischen Raumplanungsgesetz (RPG) eingeführt. Diesem zufolge haben Errichter sowie Betreiber von Windkraft- und PV-Anlagen „als Ausgleich für die bewirkte Belastung des Landschaftsbildes“ eine Abgabe zu entrichten. Für PV-Anlagen beträgt diese maximal 1.400 Euro pro Hektar und Jahr, für Windräder maximal 3.000 Euro pro MW und Jahr. Mit einer neuerlichen Novelle will das Burgenland nun die Abgabe für neu zu errichtende Windräder auf 17.600 Euro nahezu versechsfachen, für PV-Anlagen auf 6.500 Euro in etwa verfünffachen. Möglich ist ferner eine rückwirkende Erhöhung der Abgabe: Für in Betrieb befindliche Windräder wären künftig 7.900 Euro pro MW und Jahr zu bezahlen, für PV-bestehende PV-Anlagen 3.250 Euro pro Hektar und Jahr. Innerhalb von vier Jahren würden die Höhe dieser Abgaben jener für Neuanlagen angeglichen.
 

"In Wahrheit auf Abschöpfung der Übergewinne gerichtet"

Nach Ansicht Mayers besteht dafür keinerlei sachliche Rechtfertigung: In dem Gesetzesantrag an das burgenländische Landesparlament (Landtag) werde nicht mit dem Landschaftsbild argumentiert, sondern mit den „derzeit enorm steigenden Energiepreisen“, die die Bevölkerung belasten. Somit scheine die Novelle „in Wahrheit auf eine Abschöpfung der Übergewinne gerichtet zu sein“, die die Energieunternehmen angeblich erzielen. Das aber habe mit dem Landschaftsbild nichts zu tun. Somit könnten entsprechende Regelungen nicht mit einer Novelle des RPG getroffen werden.

Überdies überschreite es die Kompetenz des Landesgesetzgebers, Bestimmungen zum Abschöpfen von „Übergewinnen“ zu schaffen. Damit sei die geplante RPG-Novelle verfassungswidrig. Dies gelte noch aus einem weiteren Grund: Da die Regelung auch rückwirkend gelten solle, bedeute sie laut der Rechtssprechung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) einen unzulässigen „Eingriff von erheblichem Gewicht“ in die Rechtslage, auf deren Geltung die Betreiber bestehender Windkraft- und PV-Anlagen vertrauen dürften. Sie würden „plötzlich mit einer Abgabenbelastung konfrontiert, mit der sie nicht rechnen mussten. Die Neuregelung mache Finanzplanungen zur Makulatur, was insbesondere im Fall von Fremdfinanzierung höchst problematisch ist; durch eine allfällige Rückwirkung wird dieser Effekt verschärft und kann den weiteren Ausbau solcher Anlagen verhindern.“ Der VfGH bezeichne entsprechende Regelungen als „Erdrosselungssteuern“.

Weil die RPG-Novelle aber unter Umständen den Ausbau der Windkraft und der PV verhindere, widerspreche sie auch dem EU-Recht: Sowohl das österreichische Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) als auch die EU-Richtlinie „zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen“ vom Dezember 2018 führten Förderungen für Ökostromanlagen ein. Damit aber sei es den EU-Mitgliedsstaaten verboten, Bestimmungen zu erlassen, die die Rentabilität solcher Anlagen beeinträchtigen.

Konter des Landes

Das Büro des zuständigen Mitglieds der burgenländischen Landesregierung, Landesrat Heinrich Dorner (Sozialdemokratische Partei Österreichs, SPÖ), wies die Kritik auf Anfrage der Redaktion zurück. Die gesetzliche Grundlage für die Abgabe stamme aus der Zeit „vor der drastischen Preisentwicklung der letzten Monate. Der Landesgesetzgeber hat von Anfang an festgelegt, dass sich die Höhe der Abgabe an den Energiepreisen und damit am von den Energieerzeugern erwirtschafteten Ertrag orientiert.“

Damit sei „gewährleistet, dass die Abgabe an die volatile Entwicklung der Energiepreise angepasst werden kann. Sobald die Preise fallen, wird auch die Höhe der Abgabe zu reduzieren sein.“ Das Land habe die geplante Novelle gutachterlich prüfen lassen und, wie im österreichischen Finanzverfassungsgesetz vorgeschrieben, der Bundesregierung vorgelegt. Eine Beeinspruchung durch den Bund sei nicht erfolgt. Daher „gehen wir davon aus, dass der Bund keine Einwände gegen die burgenländische Windkraft- und Photovoltaikabgabe hat.“

Das Burgenland betrachte sich als Vorreiter hinsichtlich der Klimapolitik und des Ökostrom-Ausbaus. Bereits für das Jahr 2030 werde die „Klimaneutralität“ des Landes angestrebt, ein Ziel, das der Bund erst für 2040 verfolge.

Donnerstag, 10.11.2022, 15:05 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich -  Debatten um burgenländische Ökostrom-
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Österreich
Debatten um burgenländische Ökostrom-"Erdrosselungssteuer"
Eine anstehende Novelle zum Raumplanungsgesetz sei sachlich nicht gerechtfertigt und verletze Verfassungs- sowie EU-Recht, konstatiert ein Verfassungsjurist. Das Land wehrt sich.
Die geplante Erhöhung der sogenannten „Landschaftsbild-Abgabe“ für Windkraft- und Photovoltaikanlagen im Burgenland ist mutmaßlich „unsachlich, verfassungswidrig und verletzt EU-Recht.“ Zu diesem Schluss kommt der Verfassungsjurist Heinz Mayer in einem Gutachten für die Interessengemeinschaft Windkraft (IG Windkraft) sowie den Bundesverband Photovoltaic Austria.

Die Landschaftsbild-Abgabe wurde vergangenes Jahr mit einer Novelle zum burgenländischen Raumplanungsgesetz (RPG) eingeführt. Diesem zufolge haben Errichter sowie Betreiber von Windkraft- und PV-Anlagen „als Ausgleich für die bewirkte Belastung des Landschaftsbildes“ eine Abgabe zu entrichten. Für PV-Anlagen beträgt diese maximal 1.400 Euro pro Hektar und Jahr, für Windräder maximal 3.000 Euro pro MW und Jahr. Mit einer neuerlichen Novelle will das Burgenland nun die Abgabe für neu zu errichtende Windräder auf 17.600 Euro nahezu versechsfachen, für PV-Anlagen auf 6.500 Euro in etwa verfünffachen. Möglich ist ferner eine rückwirkende Erhöhung der Abgabe: Für in Betrieb befindliche Windräder wären künftig 7.900 Euro pro MW und Jahr zu bezahlen, für PV-bestehende PV-Anlagen 3.250 Euro pro Hektar und Jahr. Innerhalb von vier Jahren würden die Höhe dieser Abgaben jener für Neuanlagen angeglichen.
 

"In Wahrheit auf Abschöpfung der Übergewinne gerichtet"

Nach Ansicht Mayers besteht dafür keinerlei sachliche Rechtfertigung: In dem Gesetzesantrag an das burgenländische Landesparlament (Landtag) werde nicht mit dem Landschaftsbild argumentiert, sondern mit den „derzeit enorm steigenden Energiepreisen“, die die Bevölkerung belasten. Somit scheine die Novelle „in Wahrheit auf eine Abschöpfung der Übergewinne gerichtet zu sein“, die die Energieunternehmen angeblich erzielen. Das aber habe mit dem Landschaftsbild nichts zu tun. Somit könnten entsprechende Regelungen nicht mit einer Novelle des RPG getroffen werden.

Überdies überschreite es die Kompetenz des Landesgesetzgebers, Bestimmungen zum Abschöpfen von „Übergewinnen“ zu schaffen. Damit sei die geplante RPG-Novelle verfassungswidrig. Dies gelte noch aus einem weiteren Grund: Da die Regelung auch rückwirkend gelten solle, bedeute sie laut der Rechtssprechung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) einen unzulässigen „Eingriff von erheblichem Gewicht“ in die Rechtslage, auf deren Geltung die Betreiber bestehender Windkraft- und PV-Anlagen vertrauen dürften. Sie würden „plötzlich mit einer Abgabenbelastung konfrontiert, mit der sie nicht rechnen mussten. Die Neuregelung mache Finanzplanungen zur Makulatur, was insbesondere im Fall von Fremdfinanzierung höchst problematisch ist; durch eine allfällige Rückwirkung wird dieser Effekt verschärft und kann den weiteren Ausbau solcher Anlagen verhindern.“ Der VfGH bezeichne entsprechende Regelungen als „Erdrosselungssteuern“.

Weil die RPG-Novelle aber unter Umständen den Ausbau der Windkraft und der PV verhindere, widerspreche sie auch dem EU-Recht: Sowohl das österreichische Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) als auch die EU-Richtlinie „zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen“ vom Dezember 2018 führten Förderungen für Ökostromanlagen ein. Damit aber sei es den EU-Mitgliedsstaaten verboten, Bestimmungen zu erlassen, die die Rentabilität solcher Anlagen beeinträchtigen.

Konter des Landes

Das Büro des zuständigen Mitglieds der burgenländischen Landesregierung, Landesrat Heinrich Dorner (Sozialdemokratische Partei Österreichs, SPÖ), wies die Kritik auf Anfrage der Redaktion zurück. Die gesetzliche Grundlage für die Abgabe stamme aus der Zeit „vor der drastischen Preisentwicklung der letzten Monate. Der Landesgesetzgeber hat von Anfang an festgelegt, dass sich die Höhe der Abgabe an den Energiepreisen und damit am von den Energieerzeugern erwirtschafteten Ertrag orientiert.“

Damit sei „gewährleistet, dass die Abgabe an die volatile Entwicklung der Energiepreise angepasst werden kann. Sobald die Preise fallen, wird auch die Höhe der Abgabe zu reduzieren sein.“ Das Land habe die geplante Novelle gutachterlich prüfen lassen und, wie im österreichischen Finanzverfassungsgesetz vorgeschrieben, der Bundesregierung vorgelegt. Eine Beeinspruchung durch den Bund sei nicht erfolgt. Daher „gehen wir davon aus, dass der Bund keine Einwände gegen die burgenländische Windkraft- und Photovoltaikabgabe hat.“

Das Burgenland betrachte sich als Vorreiter hinsichtlich der Klimapolitik und des Ökostrom-Ausbaus. Bereits für das Jahr 2030 werde die „Klimaneutralität“ des Landes angestrebt, ein Ziel, das der Bund erst für 2040 verfolge.

Donnerstag, 10.11.2022, 15:05 Uhr
Klaus Fischer

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