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Energie & Management > Gasnetz - Behörde will Einspardruck für Gasnetze erhöhen
Quelle: Shutterstock / CDuschinger
Gasnetz

Behörde will Einspardruck für Gasnetze erhöhen

Der generelle sektorale Produktivitätsfaktor unterstellt, dass die Netzmonopole schneller ihre Produktivität erhöhen können als die Gesamtwirtschaft. Jetzt soll er steigen.
Die Bundesnetzagentur hat eine rückwirkende Erhöhung des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors („Xgen“) in der Gasnetzregulierung zur Konsultation gestellt. Der Xgen soll gemäß einem am 6. September veröffentlichten Festlegungsentwurfes in der vierten Regulierungsperiode, die Anfang des Jahres begonnen hat und Ende 2027 enden wird, bei Gasnetzen auf 0,75 Prozent steigen. In der dritten Regulierungsperiode von 2018 bis 2022 hatte der Xgen für Gas bei 0,49 Prozent gelegen.

Bei Strom liegt er in diesem Jahr, dem letzten Jahr der dritten Regulierungsperiode, noch bei 0,9 Prozent. Zur vierten Regulierungsperiode, die am 1. Januar 2024 beginnt, steht noch kein Beginn der Konsultation fest, teilte die Netzagentur auf Anfrage dieser Redaktion mit. Es steht auch noch kein Xgen im Raum. „Derzeit werden die für die Bestimmung des PF (Produktivitätsfaktors, die Redaktion) Strom erhobenen Daten umfassend plausibilisiert“, hieß es aus Bonn.

Beim Xgen unterstellen der Verordnungsgeber und der Regulierer, dass die Netzwirtschaft ihre Produktivität stärker steigern und günstiger einkaufen kann (zum Beispiel Kabel, Baumaterialien und Fahrzeuge) als der Durchschnitt der deutschen Volkswirtschaft. Dies zumindest, solange es noch Produktivitätsrückstände aus den Zeiten der vertikal integrierten Strom- und Gasmonopole gibt.

Die Verbände der Netzwirtschaft argumentieren dagegen schon länger, dass die Monopolrendite aufgebraucht sei, die Strom- und Gasnetze wegen der Energiewende vor neuen Ausbau-Anforderungen stehen und daher der Xgen ins Regulierungsmuseum gehöre.

Je höher der Xgen ausfällt, desto mehr müssen die Netzbetreiber bestimmte Kosten sparen. Der Xgen wird eine fünfjährige Regulierungsperiode lang vor allem von einem bestimmten anerkannten Inflationsansatz abgezogen und stellt die Netzbetreiber so vor die Wahl, entweder Kosten zu sparen oder auf Netzentgelterlöse und damit auch auf Gewinnanteile zu verzichten. 

Bleibt es bei den vorgeschlagenen 0,75 Prozent Xgen, bekommen Gasnetzbetreiber in diesem Jahr vom Inflationsansatz auf bestimmte anerkannte reale Kosten von 2021, dem sogenannten Basisjahr für die jetzige Regulierungsperiode, 0,75 Prozentpunkte abgezogen. 2024, im zweiten Jahr der Regulierungsperiode Gas, sind es dann zweimal so viel Abzug, also 1,5 Prozentpunkte, 2025 dann dreimal so viel, nämlich 2,25 Prozentpunkte und so fort.

​Berufung auf Wik-Consult und Datenerhebungen

Die Beschlusskammer 4 will den Xgen in Gasnetzen erhöhen und damit auch den dortigen Spardruck. Sie beruft sich dabei auf den zweiten Entwurf eines von ihr an Wik-Consult und Swiss Economics vergebenen Gutachtens, der im Mai fertiggestellt worden ist. Das Wissenschaftliche Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste hatte den ersten Auftrag dazu bereits 2016 erhalten.

Die Netzagentur musste den Produktivitätsfaktor laut Anreizregulierungsverordnung mit Wirkung seit 2018 (Gas) nach dem Stand der Wissenschaft ermitteln, nachdem der Verordnungsgeber für die ersten beiden Regulierungsperioden die Prozentsätze schlicht vorgegeben hatte (1,25 Prozent und dann 1,5 Prozent).

Nur: Die wissenschaftliche Methode und die Datenbasis müssen gerichtsfest sein, und beides zogen Netzbetreiber und ihre Verbände in Zweifel: Hunderte Netzbetreiber fochten 2019 den Xgen für die Regulierungsperiode bis 2022 (Gas) von 0,49 Prozent vor dem Oberlandesgericht Köln mithilfe von Gegengutachten erfolgreich an. Der Bundesgerichtshof dagegen rettete Anfang 2021 in letzter Instanz den damaligen Xgen.

Wik-Consult hält zwei Methoden für geeignet: den Törnqvist-Mengenindex, dem handelsrechtliche Daten zugrunde liegen, und die Malmquist-Methode. Diese wiederum beruht auf Effizienzvergleichs-Daten, die teilnehmende Netzbetreiber dem Regulierer schicken mussten. Die Beschlusskammer hält diese Daten nun für vollständig und von der Abteilung für Energieregulierung im selben Hause für ausreichend plausibilisiert, also von Ausreißern bereinigt. Beides wurde in der Vergangenheit von der Netzwirtschaft bestritten. Die neuen Daten liegen der Branche seit September 2022 vor.

Warum rückwirkend?

Schließlich begründet die Beschlusskammer auch, warum sie den Xgen der laufenden Regulierungsperiode erst rückwirkend festlegt, nachdem mindestens zehn Monate davon bereits vergangen sind. Die Konsultationsfrist endet am 4. Oktober: Die Erhebung und Plausibilisierung der Effizienzvergleich-Daten habe sich durch die regulatorischen Maßnahmen verzögert, die die Netzagentur im Winter 2022/23 umsetzen musste, um eine Gasmangellage zu vermeiden.

Mittwoch, 6.09.2023, 16:39 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Gasnetz - Behörde will Einspardruck für Gasnetze erhöhen
Quelle: Shutterstock / CDuschinger
Gasnetz
Behörde will Einspardruck für Gasnetze erhöhen
Der generelle sektorale Produktivitätsfaktor unterstellt, dass die Netzmonopole schneller ihre Produktivität erhöhen können als die Gesamtwirtschaft. Jetzt soll er steigen.
Die Bundesnetzagentur hat eine rückwirkende Erhöhung des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors („Xgen“) in der Gasnetzregulierung zur Konsultation gestellt. Der Xgen soll gemäß einem am 6. September veröffentlichten Festlegungsentwurfes in der vierten Regulierungsperiode, die Anfang des Jahres begonnen hat und Ende 2027 enden wird, bei Gasnetzen auf 0,75 Prozent steigen. In der dritten Regulierungsperiode von 2018 bis 2022 hatte der Xgen für Gas bei 0,49 Prozent gelegen.

Bei Strom liegt er in diesem Jahr, dem letzten Jahr der dritten Regulierungsperiode, noch bei 0,9 Prozent. Zur vierten Regulierungsperiode, die am 1. Januar 2024 beginnt, steht noch kein Beginn der Konsultation fest, teilte die Netzagentur auf Anfrage dieser Redaktion mit. Es steht auch noch kein Xgen im Raum. „Derzeit werden die für die Bestimmung des PF (Produktivitätsfaktors, die Redaktion) Strom erhobenen Daten umfassend plausibilisiert“, hieß es aus Bonn.

Beim Xgen unterstellen der Verordnungsgeber und der Regulierer, dass die Netzwirtschaft ihre Produktivität stärker steigern und günstiger einkaufen kann (zum Beispiel Kabel, Baumaterialien und Fahrzeuge) als der Durchschnitt der deutschen Volkswirtschaft. Dies zumindest, solange es noch Produktivitätsrückstände aus den Zeiten der vertikal integrierten Strom- und Gasmonopole gibt.

Die Verbände der Netzwirtschaft argumentieren dagegen schon länger, dass die Monopolrendite aufgebraucht sei, die Strom- und Gasnetze wegen der Energiewende vor neuen Ausbau-Anforderungen stehen und daher der Xgen ins Regulierungsmuseum gehöre.

Je höher der Xgen ausfällt, desto mehr müssen die Netzbetreiber bestimmte Kosten sparen. Der Xgen wird eine fünfjährige Regulierungsperiode lang vor allem von einem bestimmten anerkannten Inflationsansatz abgezogen und stellt die Netzbetreiber so vor die Wahl, entweder Kosten zu sparen oder auf Netzentgelterlöse und damit auch auf Gewinnanteile zu verzichten. 

Bleibt es bei den vorgeschlagenen 0,75 Prozent Xgen, bekommen Gasnetzbetreiber in diesem Jahr vom Inflationsansatz auf bestimmte anerkannte reale Kosten von 2021, dem sogenannten Basisjahr für die jetzige Regulierungsperiode, 0,75 Prozentpunkte abgezogen. 2024, im zweiten Jahr der Regulierungsperiode Gas, sind es dann zweimal so viel Abzug, also 1,5 Prozentpunkte, 2025 dann dreimal so viel, nämlich 2,25 Prozentpunkte und so fort.

​Berufung auf Wik-Consult und Datenerhebungen

Die Beschlusskammer 4 will den Xgen in Gasnetzen erhöhen und damit auch den dortigen Spardruck. Sie beruft sich dabei auf den zweiten Entwurf eines von ihr an Wik-Consult und Swiss Economics vergebenen Gutachtens, der im Mai fertiggestellt worden ist. Das Wissenschaftliche Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste hatte den ersten Auftrag dazu bereits 2016 erhalten.

Die Netzagentur musste den Produktivitätsfaktor laut Anreizregulierungsverordnung mit Wirkung seit 2018 (Gas) nach dem Stand der Wissenschaft ermitteln, nachdem der Verordnungsgeber für die ersten beiden Regulierungsperioden die Prozentsätze schlicht vorgegeben hatte (1,25 Prozent und dann 1,5 Prozent).

Nur: Die wissenschaftliche Methode und die Datenbasis müssen gerichtsfest sein, und beides zogen Netzbetreiber und ihre Verbände in Zweifel: Hunderte Netzbetreiber fochten 2019 den Xgen für die Regulierungsperiode bis 2022 (Gas) von 0,49 Prozent vor dem Oberlandesgericht Köln mithilfe von Gegengutachten erfolgreich an. Der Bundesgerichtshof dagegen rettete Anfang 2021 in letzter Instanz den damaligen Xgen.

Wik-Consult hält zwei Methoden für geeignet: den Törnqvist-Mengenindex, dem handelsrechtliche Daten zugrunde liegen, und die Malmquist-Methode. Diese wiederum beruht auf Effizienzvergleichs-Daten, die teilnehmende Netzbetreiber dem Regulierer schicken mussten. Die Beschlusskammer hält diese Daten nun für vollständig und von der Abteilung für Energieregulierung im selben Hause für ausreichend plausibilisiert, also von Ausreißern bereinigt. Beides wurde in der Vergangenheit von der Netzwirtschaft bestritten. Die neuen Daten liegen der Branche seit September 2022 vor.

Warum rückwirkend?

Schließlich begründet die Beschlusskammer auch, warum sie den Xgen der laufenden Regulierungsperiode erst rückwirkend festlegt, nachdem mindestens zehn Monate davon bereits vergangen sind. Die Konsultationsfrist endet am 4. Oktober: Die Erhebung und Plausibilisierung der Effizienzvergleich-Daten habe sich durch die regulatorischen Maßnahmen verzögert, die die Netzagentur im Winter 2022/23 umsetzen musste, um eine Gasmangellage zu vermeiden.

Mittwoch, 6.09.2023, 16:39 Uhr
Georg Eble

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