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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Printausgabe - Aus dem Boden gestampft
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Printausgabe

Aus dem Boden gestampft

Darauf sind alle Beteiligten ziemlich stolz: Der LNG-Anleger in Wilhelmshaven ist in nur 194 Tagen gebaut worden. Auch die anderen Projekte kommen schnell voran.
Die Menschen und Unternehmen im Land sollen gut über den Winter kommen. Ohne zu frieren die einen und ohne Einschränkungen in der Produktion die anderen. Auch wenn kein Erdgas mehr aus Russland kommt. Neben einer höheren Produktion in anderen europäischen Ländern wie Norwegen soll das vor allem Flüssigerdgas aus anderen Weltregionen möglich machen. Aus den Golfstaaten zum Beispiel oder aus den USA. Bisher war ein direkter Bezug nicht möglich: Deutschland hatte keine eigenen Terminals, an denen LNG-Tanker anlegen und ihre Ladung löschen können. Auch die nötige weitere Infrastruktur fehlte.
 
Die Esperanza sorgt in Wilhelmshaven für die Entgegennahme des verflüssigten Erdgases
Quelle: Höegh LNG

Das hat sich in Windeseile geändert. Mehrere Projekte wurden und werden derzeit verwirklicht − und die Redewendung „aus dem Boden gestampft“ könnte kaum für irgendwelche Vorhaben besser passen. In erster Linie wird dabei auf die FSRU-Technik gesetzt. Das bedeutet, dass Spezialschiffe dauerhaft an den Terminals festgemacht werden, die sogenannten Floating Storage and Regasification Units.

Neben denen können die LNG-Tanker anlegen. Die FSRU-Einheit übernimmt dann das minus 161 Grad Celsius kalte LNG, speichert es zwischen und versetzt es wieder in gasförmigen Zustand. Über Leitungen, die an den Terminals neu gebaut wurden, kann der Brennstoff ins Erdgasnetz eingespeist werden. Die Kapazität, die ein LNG-Tanker zur Verfügung stellen kann, ist enorm: Das Volumen des Erdgases reduziert sich durch die Verflüssigung auf ein Sechhundertstel.

Gefeiert wurde in diesen Tagen die Fertigstellung des LNG-Terminals in Wilhelmshaven − nach 194 Tagen Bauzeit. Deutschlandrekord für ein Projekt dieser Dimension. Und entsprechendes Lob gab es zu diesem Anlass natürlich auch: Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) sprach von einem Infrastrukturprojekt von nationaler Bedeutung, von einem großen Schritt für eine sichere Energieversorgung und von der genau richtigen Entscheidung, Wilhelmshaven als LNG-Drehscheibe zu wählen.

Aufkommende Kritik am weiteren Ausbau der Gasinfrastruktur versuchte Umwelt- und Energieminister Christian Meyer von den Grünen mit dem Hinweis auf die zukünftige Ausrichtung der Anlage zu entkräften: „Ziel ist es, schnellstmöglich auf klimaneutrale grüne Gase umzustellen und Wilhelmshaven zur Drehscheibe für grünen Wasserstoff und den Import von erneuerbaren Energien aus der Nordsee zu machen“, erklärte er.

Mit 10 Milliarden Kubikmeter pro Jahr soll es losgehen

Die unter der Verantwortung der Hafengesellschaft Niedersachsen Ports entstandene LNG-Infrastruktur ist nach der Fertigstellung an den Energiekonzern Uniper übergegangen, der hier für Mitte Dezember das FSRU-Schiff Esperanza des norwegischen LNG-Spezialisten Höegh erwartet. Zur Frage, woher das erste Flüssigerdgas kommen wird, wollte man sich bei Uniper aus Wettbewerbsgründen nicht näher äußern. Bisher wurde lediglich bekannt, dass ein Vertrag mit der asiatischen Tochter des australischen Energiekonzerns Woodside Energy abgeschlossen wurde, darüber hinaus ist von Verhandlungen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, Israel und Katar die Rede.
 
Bauarbeiten am Spundwandkasten in Lubmin, wo das FSRU-Schiff festmacht
Quelle: Deutsche Regas


Rund 10 Milliarden Kubikmeter sollen zunächst über die 28 Kilometer lange OGE-Pipeline, die das Terminal mit dem überregionalen Gasnetz verbindet, jährlich eingespeist werden. Zum Vergleich: Der Gasverbrauch in Deutschland liegt bei rund 90 Milliarden Kubikmetern pro Jahr. Für Ende 2023 ist in Wilhelmshaven die Inbetriebnahme eines zweiten LNG-Terminals geplant.

Ebenfalls noch in diesem Jahr soll das LNG-Terminal in Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) mit einer Kapazität von vorerst 3,5 Milliarden Kubikmetern einsatzbereit sein. Die erste Lieferung erwartet der RWE-Konzern, der die Anlage als Hauptinvestor zusammen mit Höegh LNG und der Hamburger Marine Service GmbH betreibt, aus Dubai. Zunächst ist der Anschluss der Einheit ans Gasverteilnetz geplant, Ende kommenden Jahres ist die Fertigstellung einer 54 Kilometer langen Pipeline vorgesehen, die eine Verbindung zum europäischen Fernleitungsnetz herstellt. Bis 2026 soll hier aber auch ein fester LNG-Umschlagplatz zur Verfügung stehen.

Auch Lubmin will noch dieses Jahr startklar sein

Ebenfalls nach Plan läuft alles in Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern), wo bisher russisches Erdgas über die Nord-Stream-1-Pipeline angekommen ist. Auch hier will man schon im Dezember 2022 bereit sein für die FSRU-Einheit Neptune und die ersten LNG-Tanker. Das Projekt der Deutschen Regas ist das erste und bisher einzige privat finanzierte schwimmende Flüssigerdgasterminal in der Bundesrepublik. Mitte September hatten die Bauarbeiten begonnen.

Der Hafen wurde für größere Schiffe vorbereitet, stärkere Poller wurden eingebaut und ein Spundwandkasten errichtet. „Das gesamte Team der Deutschen Regas arbeitet nahezu rund um die Uhr mit Hochdruck daran, alle Voraussetzungen zu erfüllen, damit das LNG-Terminal Deutsche Ostsee noch 2022 in Betrieb gehen kann“, erklärte Stephan Knabe, Aufsichtsratsvorsitzender der Regas, gegenüber E&M.
 
Luftaufnahme des LNG-Terminals Wilhelmshaven
Quelle: NPorts/Wolfhard Scheer

Und: Das Terminal werde − nach Abschluss des Verfahrens für die Vergabe von langfristigen Regasifizierungskapazitäten − ab Dezember ausgelastet sein. 11,7 Milliarden Kubikmeter LNG sollen in Lubmin jährlich angelandet werden. Mit der 450 Meter langen Anbindungsleitung war Gascade beschäftigt, auch hier ist alles schnell und nach Plan verlaufen, wie eine Sprecherin betonte. Ein zweites Terminal in Lubmin, das derzeit von RWE und dem norwegischen Unternehmen Stena Power errichtet wird, soll ab Ende 2023 für LNG-Lieferungen bereit stehen.

Große Pläne und interessante Konzepte in Stade

Den gleichen Zeitplan verfolgt man auch im niedersächsischen Stade. Hier gibt es allerdings − neben den Vorbereitungen für die Entgegennahme des LNG über eine FSRU-Einheit − noch ganz andere Vorstellungen, wie es mit dem flüssigen Erdgas und später mit grünem Wasserstoff weitergehen könnte: Bis 2026 will die Hanseatic Energy Hub GmbH im Industriepark für 1 Milliarde Euro einen festen Umschlagplatz für LNG mit einer Regasifizierungskapazität von mehr als 13 Milliarden Kubikmetern und zwei großen Lagertanks errichten.

Für die Umwandlung des LNG in gasförmigen Zustand soll die Abwärme eines Werks des amerikanischen Chemiekonzerns Dow in der Nachbarschaft genutzt werden, das im Industriepark ansässig ist. Abnehmer für das Gas gibt es vor Ort ebenfalls reichlich und auch ein Großkunde ist schon unter Vertrag: EnBW will jährlich mindestens 3 Milliarden Kubikmeter Erdgas über Stade beziehen. Das dortige Projekt, so verlautete der baden-württembergische Energiekonzern, verfüge über einen hohen Reifegrad. Vor allem das Zero-Emissionskonzept sei überzeugend. Von Anfang an soll die Anlage für Energieträger auf Wasserstoffbasis ausgelegt werden. 
 
Funktionsweise eines schwimmenden LNG-Terminals
Quelle: RWE

 

Dienstag, 20.12.2022, 09:13 Uhr
Günter Drewnitzky
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Printausgabe - Aus dem Boden gestampft
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Printausgabe
Aus dem Boden gestampft
Darauf sind alle Beteiligten ziemlich stolz: Der LNG-Anleger in Wilhelmshaven ist in nur 194 Tagen gebaut worden. Auch die anderen Projekte kommen schnell voran.
Die Menschen und Unternehmen im Land sollen gut über den Winter kommen. Ohne zu frieren die einen und ohne Einschränkungen in der Produktion die anderen. Auch wenn kein Erdgas mehr aus Russland kommt. Neben einer höheren Produktion in anderen europäischen Ländern wie Norwegen soll das vor allem Flüssigerdgas aus anderen Weltregionen möglich machen. Aus den Golfstaaten zum Beispiel oder aus den USA. Bisher war ein direkter Bezug nicht möglich: Deutschland hatte keine eigenen Terminals, an denen LNG-Tanker anlegen und ihre Ladung löschen können. Auch die nötige weitere Infrastruktur fehlte.
 
Die Esperanza sorgt in Wilhelmshaven für die Entgegennahme des verflüssigten Erdgases
Quelle: Höegh LNG

Das hat sich in Windeseile geändert. Mehrere Projekte wurden und werden derzeit verwirklicht − und die Redewendung „aus dem Boden gestampft“ könnte kaum für irgendwelche Vorhaben besser passen. In erster Linie wird dabei auf die FSRU-Technik gesetzt. Das bedeutet, dass Spezialschiffe dauerhaft an den Terminals festgemacht werden, die sogenannten Floating Storage and Regasification Units.

Neben denen können die LNG-Tanker anlegen. Die FSRU-Einheit übernimmt dann das minus 161 Grad Celsius kalte LNG, speichert es zwischen und versetzt es wieder in gasförmigen Zustand. Über Leitungen, die an den Terminals neu gebaut wurden, kann der Brennstoff ins Erdgasnetz eingespeist werden. Die Kapazität, die ein LNG-Tanker zur Verfügung stellen kann, ist enorm: Das Volumen des Erdgases reduziert sich durch die Verflüssigung auf ein Sechhundertstel.

Gefeiert wurde in diesen Tagen die Fertigstellung des LNG-Terminals in Wilhelmshaven − nach 194 Tagen Bauzeit. Deutschlandrekord für ein Projekt dieser Dimension. Und entsprechendes Lob gab es zu diesem Anlass natürlich auch: Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) sprach von einem Infrastrukturprojekt von nationaler Bedeutung, von einem großen Schritt für eine sichere Energieversorgung und von der genau richtigen Entscheidung, Wilhelmshaven als LNG-Drehscheibe zu wählen.

Aufkommende Kritik am weiteren Ausbau der Gasinfrastruktur versuchte Umwelt- und Energieminister Christian Meyer von den Grünen mit dem Hinweis auf die zukünftige Ausrichtung der Anlage zu entkräften: „Ziel ist es, schnellstmöglich auf klimaneutrale grüne Gase umzustellen und Wilhelmshaven zur Drehscheibe für grünen Wasserstoff und den Import von erneuerbaren Energien aus der Nordsee zu machen“, erklärte er.

Mit 10 Milliarden Kubikmeter pro Jahr soll es losgehen

Die unter der Verantwortung der Hafengesellschaft Niedersachsen Ports entstandene LNG-Infrastruktur ist nach der Fertigstellung an den Energiekonzern Uniper übergegangen, der hier für Mitte Dezember das FSRU-Schiff Esperanza des norwegischen LNG-Spezialisten Höegh erwartet. Zur Frage, woher das erste Flüssigerdgas kommen wird, wollte man sich bei Uniper aus Wettbewerbsgründen nicht näher äußern. Bisher wurde lediglich bekannt, dass ein Vertrag mit der asiatischen Tochter des australischen Energiekonzerns Woodside Energy abgeschlossen wurde, darüber hinaus ist von Verhandlungen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, Israel und Katar die Rede.
 
Bauarbeiten am Spundwandkasten in Lubmin, wo das FSRU-Schiff festmacht
Quelle: Deutsche Regas


Rund 10 Milliarden Kubikmeter sollen zunächst über die 28 Kilometer lange OGE-Pipeline, die das Terminal mit dem überregionalen Gasnetz verbindet, jährlich eingespeist werden. Zum Vergleich: Der Gasverbrauch in Deutschland liegt bei rund 90 Milliarden Kubikmetern pro Jahr. Für Ende 2023 ist in Wilhelmshaven die Inbetriebnahme eines zweiten LNG-Terminals geplant.

Ebenfalls noch in diesem Jahr soll das LNG-Terminal in Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) mit einer Kapazität von vorerst 3,5 Milliarden Kubikmetern einsatzbereit sein. Die erste Lieferung erwartet der RWE-Konzern, der die Anlage als Hauptinvestor zusammen mit Höegh LNG und der Hamburger Marine Service GmbH betreibt, aus Dubai. Zunächst ist der Anschluss der Einheit ans Gasverteilnetz geplant, Ende kommenden Jahres ist die Fertigstellung einer 54 Kilometer langen Pipeline vorgesehen, die eine Verbindung zum europäischen Fernleitungsnetz herstellt. Bis 2026 soll hier aber auch ein fester LNG-Umschlagplatz zur Verfügung stehen.

Auch Lubmin will noch dieses Jahr startklar sein

Ebenfalls nach Plan läuft alles in Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern), wo bisher russisches Erdgas über die Nord-Stream-1-Pipeline angekommen ist. Auch hier will man schon im Dezember 2022 bereit sein für die FSRU-Einheit Neptune und die ersten LNG-Tanker. Das Projekt der Deutschen Regas ist das erste und bisher einzige privat finanzierte schwimmende Flüssigerdgasterminal in der Bundesrepublik. Mitte September hatten die Bauarbeiten begonnen.

Der Hafen wurde für größere Schiffe vorbereitet, stärkere Poller wurden eingebaut und ein Spundwandkasten errichtet. „Das gesamte Team der Deutschen Regas arbeitet nahezu rund um die Uhr mit Hochdruck daran, alle Voraussetzungen zu erfüllen, damit das LNG-Terminal Deutsche Ostsee noch 2022 in Betrieb gehen kann“, erklärte Stephan Knabe, Aufsichtsratsvorsitzender der Regas, gegenüber E&M.
 
Luftaufnahme des LNG-Terminals Wilhelmshaven
Quelle: NPorts/Wolfhard Scheer

Und: Das Terminal werde − nach Abschluss des Verfahrens für die Vergabe von langfristigen Regasifizierungskapazitäten − ab Dezember ausgelastet sein. 11,7 Milliarden Kubikmeter LNG sollen in Lubmin jährlich angelandet werden. Mit der 450 Meter langen Anbindungsleitung war Gascade beschäftigt, auch hier ist alles schnell und nach Plan verlaufen, wie eine Sprecherin betonte. Ein zweites Terminal in Lubmin, das derzeit von RWE und dem norwegischen Unternehmen Stena Power errichtet wird, soll ab Ende 2023 für LNG-Lieferungen bereit stehen.

Große Pläne und interessante Konzepte in Stade

Den gleichen Zeitplan verfolgt man auch im niedersächsischen Stade. Hier gibt es allerdings − neben den Vorbereitungen für die Entgegennahme des LNG über eine FSRU-Einheit − noch ganz andere Vorstellungen, wie es mit dem flüssigen Erdgas und später mit grünem Wasserstoff weitergehen könnte: Bis 2026 will die Hanseatic Energy Hub GmbH im Industriepark für 1 Milliarde Euro einen festen Umschlagplatz für LNG mit einer Regasifizierungskapazität von mehr als 13 Milliarden Kubikmetern und zwei großen Lagertanks errichten.

Für die Umwandlung des LNG in gasförmigen Zustand soll die Abwärme eines Werks des amerikanischen Chemiekonzerns Dow in der Nachbarschaft genutzt werden, das im Industriepark ansässig ist. Abnehmer für das Gas gibt es vor Ort ebenfalls reichlich und auch ein Großkunde ist schon unter Vertrag: EnBW will jährlich mindestens 3 Milliarden Kubikmeter Erdgas über Stade beziehen. Das dortige Projekt, so verlautete der baden-württembergische Energiekonzern, verfüge über einen hohen Reifegrad. Vor allem das Zero-Emissionskonzept sei überzeugend. Von Anfang an soll die Anlage für Energieträger auf Wasserstoffbasis ausgelegt werden. 
 
Funktionsweise eines schwimmenden LNG-Terminals
Quelle: RWE

 

Dienstag, 20.12.2022, 09:13 Uhr
Günter Drewnitzky

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