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Energie & Management > Österreich - Arbeiterkammern halten Preiserhöhungen für rechtswidrig
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich

Arbeiterkammern halten Preiserhöhungen für rechtswidrig

Laut einem Gutachten der Arbeiterkammern Salzburg und Tirol waren Strompreiserhöhungen mehrerer Versorger in den letzten Monaten nicht gerechtfertigt. Sie fordern Rückzahlungen.
In den vergangenen Monaten erfolgte Strompreiserhöhungen der Salzburg AG, der Tiroler Tiwag sowie mehrerer lokaler Tiroler Energieunternehmen könnten rechtswidrig und damit unwirksam gewesen sein. Das zeigt ein Gutachten des Vorstands des Instituts für Unternehmens- und Steuerrecht der Universität Innsbruck, Alexander Schopper, im Auftrag der Tiroler und der Salzburger Arbeiterkammer (AK).

Schopper zufolge stützten die betreffenden Unternehmen ihre Preiserhöhungen auf eine seit Februar 2022 geltende Bestimmung im Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG). Dieser zufolge müssen Erhöhungen der Strompreise in „einem angemessenen Verhältnis zum für die Änderung maßgebenden Umstand stehen“. Haushalte und Kleinunternehmer sind „über Anlass, Voraussetzung, Umfang und erstmalige Wirksamkeit“ mindestens einen Monat im Voraus mittels persönlich an sie gerichtetem Schreiben zu informieren. Ferner sind sie auf ihr Recht hinzuweisen, ihren Liefervertrag „binnen vier Wochen ab Zustellung des Schreibens kostenlos und ungeachtet allfälliger vertraglicher Bindungen“ zu kündigen. Für Preiserhöhungen auf Basis dieser Bestimmungen gilt das Konsumentenschutzgesetz (KSchG) nicht.

Nach Ansicht Schoppers sind Preiserhöhungen daher nur zulässig, wenn und insoweit die Gestehungskosten eines Stromversorgers gestiegen sind. Steigerungen des Börsenpreises für Strom oder des Österreichische Strompreisindizes (ÖSPI) rechtfertigen Preiserhöhungen für die Endkunden nur, wenn sie Auskunft über die tatsächlichen Gestehungskosten eines Versorgers bieten. Auf die eigene Stromerzeugung von Versorgern wirken sich Änderungen der Börsenpreise oder des ÖSPI jedenfalls nicht aus. Den Endkundenpreis für den von ihnen selbst erzeugten Strom dürfen die Versorger daher bei Erhöhung der Börsenpreise oder des ÖSPI nicht anheben. Die Aushebelung des KSchG durch die Bestimmung im ElWOG hält Schopper für europarechtswidrig.

Intransparent und unwirksam

Laut dem Innsbrucker Juristen führten die betreffenden Versorger mehrere Gründe für ihre Preiserhöhungen an. Sie erklärten den Kunden jedoch nicht, welcher der Gründe welchen Anteil an der Steigerung hatte. Auch „wurde nicht transparent und verständlich offengelegt, welchen Anteil an der Erhöhung Zukauf und Eigenproduktion von Energie haben“. Aus diesen Gründen waren die Erhöhungen Schopper zufolge intransparent und daher rechtswidrig sowie unwirksam. Dies gilt selbst dann, wenn sie ihrer Höhe nach gerechtfertigt gewesen wären. Denn der jeweilige Kunde wurde nicht hinreichend informiert. Und das bedeutet: „Durch die unzureichenden Angaben kann der Kunde keine informierte Entscheidung für sein Kündigungsrecht treffen und er kann vor allem auch sein Recht auf Preissenkung nicht durchsetzen, weil er ja nicht weiß, welche konkreten Kosten später wieder in welchem Verhältnis geringer geworden sind.“

Im Bundesland Salzburg waren von dieser Vorgangsweise etwa 240.000 Haushalte betroffen, berichtete der Präsident der AK Salzburg, Peter Eder. Ihm zufolge stieg deren Strompreis von August 2021 bis Ende 2022 um rund 274 Prozent oder 60 Millionen Euro, wobei der seit 1. Dezember 2022 geltende Stromkostenzuschuss des Bundes für die Haushalte nicht berücksichtigt ist. Die „extreme Preissteigerung mit 1. Januar 2023“ schlage mit weiteren „zivilrechtlich nicht gedeckten“ 13 Millionen Euro pro Monat zu Buche.

Eder sowie der Tiroler AK-Präsident Erwin Zangerl forderten die Salzburg AG, die Tiwag sowie die übrigen Stromversorger auf, die jüngsten Preiserhöhungen zurückzunehmen und den Kunden entsprechende Rückzahlungen zu leisten. Zangerl zufolge sollen sämtliche Stromanbieter, die in den vergangenen Monaten ihre Preise erhöhten, „ihre Kostenstrukturen offenlegen und die Strompreisänderungen nachvollziehbar begründen“. Tun sie dies nicht, wird die AK klagen, kündigte Zangerl an. Von der Bundespolitik verlangte Zangerl, die Bestimmung im ElWOG, die die Anwendung des KSchG einschränkt, aufzuheben.

Verzicht auf Gaspreiserhöhung

Unterdessen meldete die Salzburg AG, sie setze die per 1. April vorgesehene Erhöhung der Gaspreise für rund 30.000 Endkunden um 191 Prozent nicht um. Auf Preiserhöhungen infolge von Indexänderungen werde künftig „zur Gänze oder teilweise verzichtet“. Fallende Großhandelspreise würden dagegen „im vollen Ausmaß weitergegeben“. Überdies seien Preisanpassungen nun zwei Mal pro Jahr möglich statt wie bislang nur einmal.

Montag, 27.02.2023, 15:33 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Arbeiterkammern halten Preiserhöhungen für rechtswidrig
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Österreich
Arbeiterkammern halten Preiserhöhungen für rechtswidrig
Laut einem Gutachten der Arbeiterkammern Salzburg und Tirol waren Strompreiserhöhungen mehrerer Versorger in den letzten Monaten nicht gerechtfertigt. Sie fordern Rückzahlungen.
In den vergangenen Monaten erfolgte Strompreiserhöhungen der Salzburg AG, der Tiroler Tiwag sowie mehrerer lokaler Tiroler Energieunternehmen könnten rechtswidrig und damit unwirksam gewesen sein. Das zeigt ein Gutachten des Vorstands des Instituts für Unternehmens- und Steuerrecht der Universität Innsbruck, Alexander Schopper, im Auftrag der Tiroler und der Salzburger Arbeiterkammer (AK).

Schopper zufolge stützten die betreffenden Unternehmen ihre Preiserhöhungen auf eine seit Februar 2022 geltende Bestimmung im Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG). Dieser zufolge müssen Erhöhungen der Strompreise in „einem angemessenen Verhältnis zum für die Änderung maßgebenden Umstand stehen“. Haushalte und Kleinunternehmer sind „über Anlass, Voraussetzung, Umfang und erstmalige Wirksamkeit“ mindestens einen Monat im Voraus mittels persönlich an sie gerichtetem Schreiben zu informieren. Ferner sind sie auf ihr Recht hinzuweisen, ihren Liefervertrag „binnen vier Wochen ab Zustellung des Schreibens kostenlos und ungeachtet allfälliger vertraglicher Bindungen“ zu kündigen. Für Preiserhöhungen auf Basis dieser Bestimmungen gilt das Konsumentenschutzgesetz (KSchG) nicht.

Nach Ansicht Schoppers sind Preiserhöhungen daher nur zulässig, wenn und insoweit die Gestehungskosten eines Stromversorgers gestiegen sind. Steigerungen des Börsenpreises für Strom oder des Österreichische Strompreisindizes (ÖSPI) rechtfertigen Preiserhöhungen für die Endkunden nur, wenn sie Auskunft über die tatsächlichen Gestehungskosten eines Versorgers bieten. Auf die eigene Stromerzeugung von Versorgern wirken sich Änderungen der Börsenpreise oder des ÖSPI jedenfalls nicht aus. Den Endkundenpreis für den von ihnen selbst erzeugten Strom dürfen die Versorger daher bei Erhöhung der Börsenpreise oder des ÖSPI nicht anheben. Die Aushebelung des KSchG durch die Bestimmung im ElWOG hält Schopper für europarechtswidrig.

Intransparent und unwirksam

Laut dem Innsbrucker Juristen führten die betreffenden Versorger mehrere Gründe für ihre Preiserhöhungen an. Sie erklärten den Kunden jedoch nicht, welcher der Gründe welchen Anteil an der Steigerung hatte. Auch „wurde nicht transparent und verständlich offengelegt, welchen Anteil an der Erhöhung Zukauf und Eigenproduktion von Energie haben“. Aus diesen Gründen waren die Erhöhungen Schopper zufolge intransparent und daher rechtswidrig sowie unwirksam. Dies gilt selbst dann, wenn sie ihrer Höhe nach gerechtfertigt gewesen wären. Denn der jeweilige Kunde wurde nicht hinreichend informiert. Und das bedeutet: „Durch die unzureichenden Angaben kann der Kunde keine informierte Entscheidung für sein Kündigungsrecht treffen und er kann vor allem auch sein Recht auf Preissenkung nicht durchsetzen, weil er ja nicht weiß, welche konkreten Kosten später wieder in welchem Verhältnis geringer geworden sind.“

Im Bundesland Salzburg waren von dieser Vorgangsweise etwa 240.000 Haushalte betroffen, berichtete der Präsident der AK Salzburg, Peter Eder. Ihm zufolge stieg deren Strompreis von August 2021 bis Ende 2022 um rund 274 Prozent oder 60 Millionen Euro, wobei der seit 1. Dezember 2022 geltende Stromkostenzuschuss des Bundes für die Haushalte nicht berücksichtigt ist. Die „extreme Preissteigerung mit 1. Januar 2023“ schlage mit weiteren „zivilrechtlich nicht gedeckten“ 13 Millionen Euro pro Monat zu Buche.

Eder sowie der Tiroler AK-Präsident Erwin Zangerl forderten die Salzburg AG, die Tiwag sowie die übrigen Stromversorger auf, die jüngsten Preiserhöhungen zurückzunehmen und den Kunden entsprechende Rückzahlungen zu leisten. Zangerl zufolge sollen sämtliche Stromanbieter, die in den vergangenen Monaten ihre Preise erhöhten, „ihre Kostenstrukturen offenlegen und die Strompreisänderungen nachvollziehbar begründen“. Tun sie dies nicht, wird die AK klagen, kündigte Zangerl an. Von der Bundespolitik verlangte Zangerl, die Bestimmung im ElWOG, die die Anwendung des KSchG einschränkt, aufzuheben.

Verzicht auf Gaspreiserhöhung

Unterdessen meldete die Salzburg AG, sie setze die per 1. April vorgesehene Erhöhung der Gaspreise für rund 30.000 Endkunden um 191 Prozent nicht um. Auf Preiserhöhungen infolge von Indexänderungen werde künftig „zur Gänze oder teilweise verzichtet“. Fallende Großhandelspreise würden dagegen „im vollen Ausmaß weitergegeben“. Überdies seien Preisanpassungen nun zwei Mal pro Jahr möglich statt wie bislang nur einmal.

Montag, 27.02.2023, 15:33 Uhr
Klaus Fischer

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