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Energie & Management > Wasserstoff - Andere Länder, andere Wasserstoffstrategien?
Quelle: Shutterstock / Audio und werbung
Wasserstoff

Andere Länder, andere Wasserstoffstrategien?

Die Wasserstoffstrategien von 22 Ländern haben die Acatech und die Dechema einer vergleichenden Analyse unterzogen. Die Exportnationen von Wasserstoff kristallisieren sich heraus.
Weltweit arbeiten verschiedene Länder daran, eine Wasserstoffwirtschaft zu etablieren. In Form von nationalen Wasserstoffstrategien, Wasserstoff-Roadmaps oder Konzeptpapieren haben sie ihre Pläne für die Produktion und den Einsatz von Wasserstoff schwarz auf weiß verschriftlicht. Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (Acatech) und die Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie (Dechema) vergleichen in einer Analyse die Strategien von 22 Ländern und Regionen. 

Mit dem Vergleich lassen sich, wie Dr. Andrea Lübcke bei der Veröffentlichung der Analyse am 19. Dezember anführte, priorisierte Anwendungsgebiete, spezifische Vorgehensweisen und potenzielle Handelspartner im Bereich identifizieren. Lübcke ist bei Acatech die Leiterin des Projektes Wasserstoffkompass, in dessen Rahmen die Analyse entstanden ist. In diesem Projekt erar­beiten die Partner aus forschungs­politischer Sicht Hand­lungs­optionen für eine künftige Wasser­stoff­wirt­schaft in Deutsch­land 2030 und 2050. Sie wollen damit der Bundesregierung ein markt­orien­tiertes, daten- und fakten­basiertes Werk­zeug zu Verfügung stellen. Das Projekt läuft seit Juni 2021, Projektende ist im Mai 2023. Das Bundesforschungsministerium und das Bundeswirtschaftsministerium unterstützen den Wasserstoffkompass mit 4,25 Millionen Euro. 

Folgende Länder haben die Autorinnen und Autoren untersucht (in Klammern ist das Veröffentlichungsjahr der Strategie angegeben): China (2017), Japan (2017), Kalifornien (2018), Südkorea (2019), Australien (2019), Niederlande (2020), Deutschland (2020), Norwegen (2020), Europäische Union (2020), Portugal (2020), Frankreich (2020), Chile (2020), Spanien (2020), Italien (2020), USA (2020), Kanada (2020), Ungarn (2021), Polen (2021), Vereinigtes Königreich (2021), Russland (2021), Marokko (2021), Tschechien (2022). Weitere Länder sollen laut der Verfasserinnen und Verfasser schrittweise folgen. 
 

Alle Strategiepapiere stammen, wie es weiter heißt, aus der Zeit vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine.
 
Internationale Wasserstoff-Strategien im Vergleich
(zum Öffnen bitte auf das PDF klicken)
Quelle: Acatech / Dechema

Zu den Ergebnissen:
  • Die Farbe des Wasserstoffs: Bei der Erzeugung des Wasserstoffs setzen die Länder wohl durchweg auf grünen Wasserstoff, der mittels der elektrolytischen Spaltung von Wasser entsteht. Auf blauen Wasserstoff, der durch die Dampfreformierung von Erdgas erzeugt wird, setzen einige Länder, jedoch nur als Übergangslösung. Dr. Jens Artz, bei Dechema Leiter des Projektes Wasserstoffkompass, hält es für „nicht unwahrscheinlich“, dass europäische Länder vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine ihre bisherige positive Haltung zu blauem Wasserstoff verändern. Es sei davon auszugehen, dass nicht mehr Erdgas als bisher für die Wasserstofferzeugung verwendet würde. 
  • Die Exportländer für Wasserstoff: Aufgrund der günstigen Standortbedingungen durch ein hohes Angebot an erneuerbarem Strom schälen sich die Exportnationen für grünen Wasserstoff heraus: Die Autoren der Studie nennen hier Chile, Spanien, Portugal und Marokko. Diese Länder haben in ihrer Strategie festgehalten, grünen Wasserstoff exportieren zu wollen. Australien, Kanada und Norwegen dagegen geben an, auch im Export von blauem Wasserstoff aktiv zu werden. Die Empfehlung von Andrea Lübcke: „Als Land, das auf Wasserstoffimporte angewiesen sein wird, tut Deutschland gut daran, früh die Entwicklungen in jenen Ländern genau zu beobachten, die jetzt schon den Export von grünem Wasserstoff avisieren.“
  • Die Einsatzfelder des Wasserstoffs: Viele Länder streben die Nutzung von Wasserstoff in der Industrie in jenen Bereichen an, die bereits einen hohen Wasserstoffbedarf angekündigt haben sowie über eine vorhandene Infrastruktur verfügen. Hier nennen die Strategien vornehmlich die chemische Industrie und Raffinerien.
    Im Rahmen von Wärme- und Energieanwendungen wird der Einsatz von Wasserstoff oder Wasserstoffderivaten zumeist mittel- bis langfristig gesehen.
    Im Verkehrssektor streben die meisten Länder an, Wasserstoff kurz- bis mittelfristig im Schwerlastverkehr sowie in Flottenverbünden einzusetzen. Im Pkw-Sektor zeigen die Länderstrategien große Unterschiede: China und Kalifornien haben eine dezidierte Strategie zum Hochlauf von Brennstoffzellenfahrzeugen veröffentlicht. Auch Japan, Südkorea, die USA, Kanada und Niederlande sehen einen frühzeitigen Wasserstoffeinsatz im motorisierten Individualverkehr. Deutschland, Norwegen, Europäische Union, Frankreich, Chile, Spanien, Ungarn, Vereinigtes Königreich, Marokko erwähnen Wasserstoff-Pkw in ihren Strategien dagegen nicht. 
  • Der Aufbauprozess: Viele nationale Strategien beschreiben das Vorgehen, wie der Aufbau der Wasserstoffwirtschaft vonstatten gehen soll, ähnlich: Laut der Autoren der Analyse bauen 20 von 22 Strategien auf staatliche Fördermittel. 18 von 22 setzen auf den Aufbau von internationalen Kooperationen in Bezug auf Wissenschaft und Handel. Ein Großteil beschreibt die Notwendigkeit, Infrastrukturen aufzubauen und Erzeugungskosten zu senken. Auch setzen die meisten auf einheitliche Regulierung und Zertifikate.
 


Das 43-seitige Papier „Wasserstoffkompass: Internationale Wasserstoff-Strategien im Vergleich“ steht auf der von der Dechema und Acatech eingerichteten Internetseite wasserstoff-kompass.de zum Download bereit. 

Montag, 19.12.2022, 17:11 Uhr
Davina Spohn
Energie & Management > Wasserstoff - Andere Länder, andere Wasserstoffstrategien?
Quelle: Shutterstock / Audio und werbung
Wasserstoff
Andere Länder, andere Wasserstoffstrategien?
Die Wasserstoffstrategien von 22 Ländern haben die Acatech und die Dechema einer vergleichenden Analyse unterzogen. Die Exportnationen von Wasserstoff kristallisieren sich heraus.
Weltweit arbeiten verschiedene Länder daran, eine Wasserstoffwirtschaft zu etablieren. In Form von nationalen Wasserstoffstrategien, Wasserstoff-Roadmaps oder Konzeptpapieren haben sie ihre Pläne für die Produktion und den Einsatz von Wasserstoff schwarz auf weiß verschriftlicht. Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (Acatech) und die Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie (Dechema) vergleichen in einer Analyse die Strategien von 22 Ländern und Regionen. 

Mit dem Vergleich lassen sich, wie Dr. Andrea Lübcke bei der Veröffentlichung der Analyse am 19. Dezember anführte, priorisierte Anwendungsgebiete, spezifische Vorgehensweisen und potenzielle Handelspartner im Bereich identifizieren. Lübcke ist bei Acatech die Leiterin des Projektes Wasserstoffkompass, in dessen Rahmen die Analyse entstanden ist. In diesem Projekt erar­beiten die Partner aus forschungs­politischer Sicht Hand­lungs­optionen für eine künftige Wasser­stoff­wirt­schaft in Deutsch­land 2030 und 2050. Sie wollen damit der Bundesregierung ein markt­orien­tiertes, daten- und fakten­basiertes Werk­zeug zu Verfügung stellen. Das Projekt läuft seit Juni 2021, Projektende ist im Mai 2023. Das Bundesforschungsministerium und das Bundeswirtschaftsministerium unterstützen den Wasserstoffkompass mit 4,25 Millionen Euro. 

Folgende Länder haben die Autorinnen und Autoren untersucht (in Klammern ist das Veröffentlichungsjahr der Strategie angegeben): China (2017), Japan (2017), Kalifornien (2018), Südkorea (2019), Australien (2019), Niederlande (2020), Deutschland (2020), Norwegen (2020), Europäische Union (2020), Portugal (2020), Frankreich (2020), Chile (2020), Spanien (2020), Italien (2020), USA (2020), Kanada (2020), Ungarn (2021), Polen (2021), Vereinigtes Königreich (2021), Russland (2021), Marokko (2021), Tschechien (2022). Weitere Länder sollen laut der Verfasserinnen und Verfasser schrittweise folgen. 
 

Alle Strategiepapiere stammen, wie es weiter heißt, aus der Zeit vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine.
 
Internationale Wasserstoff-Strategien im Vergleich
(zum Öffnen bitte auf das PDF klicken)
Quelle: Acatech / Dechema

Zu den Ergebnissen:
  • Die Farbe des Wasserstoffs: Bei der Erzeugung des Wasserstoffs setzen die Länder wohl durchweg auf grünen Wasserstoff, der mittels der elektrolytischen Spaltung von Wasser entsteht. Auf blauen Wasserstoff, der durch die Dampfreformierung von Erdgas erzeugt wird, setzen einige Länder, jedoch nur als Übergangslösung. Dr. Jens Artz, bei Dechema Leiter des Projektes Wasserstoffkompass, hält es für „nicht unwahrscheinlich“, dass europäische Länder vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine ihre bisherige positive Haltung zu blauem Wasserstoff verändern. Es sei davon auszugehen, dass nicht mehr Erdgas als bisher für die Wasserstofferzeugung verwendet würde. 
  • Die Exportländer für Wasserstoff: Aufgrund der günstigen Standortbedingungen durch ein hohes Angebot an erneuerbarem Strom schälen sich die Exportnationen für grünen Wasserstoff heraus: Die Autoren der Studie nennen hier Chile, Spanien, Portugal und Marokko. Diese Länder haben in ihrer Strategie festgehalten, grünen Wasserstoff exportieren zu wollen. Australien, Kanada und Norwegen dagegen geben an, auch im Export von blauem Wasserstoff aktiv zu werden. Die Empfehlung von Andrea Lübcke: „Als Land, das auf Wasserstoffimporte angewiesen sein wird, tut Deutschland gut daran, früh die Entwicklungen in jenen Ländern genau zu beobachten, die jetzt schon den Export von grünem Wasserstoff avisieren.“
  • Die Einsatzfelder des Wasserstoffs: Viele Länder streben die Nutzung von Wasserstoff in der Industrie in jenen Bereichen an, die bereits einen hohen Wasserstoffbedarf angekündigt haben sowie über eine vorhandene Infrastruktur verfügen. Hier nennen die Strategien vornehmlich die chemische Industrie und Raffinerien.
    Im Rahmen von Wärme- und Energieanwendungen wird der Einsatz von Wasserstoff oder Wasserstoffderivaten zumeist mittel- bis langfristig gesehen.
    Im Verkehrssektor streben die meisten Länder an, Wasserstoff kurz- bis mittelfristig im Schwerlastverkehr sowie in Flottenverbünden einzusetzen. Im Pkw-Sektor zeigen die Länderstrategien große Unterschiede: China und Kalifornien haben eine dezidierte Strategie zum Hochlauf von Brennstoffzellenfahrzeugen veröffentlicht. Auch Japan, Südkorea, die USA, Kanada und Niederlande sehen einen frühzeitigen Wasserstoffeinsatz im motorisierten Individualverkehr. Deutschland, Norwegen, Europäische Union, Frankreich, Chile, Spanien, Ungarn, Vereinigtes Königreich, Marokko erwähnen Wasserstoff-Pkw in ihren Strategien dagegen nicht. 
  • Der Aufbauprozess: Viele nationale Strategien beschreiben das Vorgehen, wie der Aufbau der Wasserstoffwirtschaft vonstatten gehen soll, ähnlich: Laut der Autoren der Analyse bauen 20 von 22 Strategien auf staatliche Fördermittel. 18 von 22 setzen auf den Aufbau von internationalen Kooperationen in Bezug auf Wissenschaft und Handel. Ein Großteil beschreibt die Notwendigkeit, Infrastrukturen aufzubauen und Erzeugungskosten zu senken. Auch setzen die meisten auf einheitliche Regulierung und Zertifikate.
 


Das 43-seitige Papier „Wasserstoffkompass: Internationale Wasserstoff-Strategien im Vergleich“ steht auf der von der Dechema und Acatech eingerichteten Internetseite wasserstoff-kompass.de zum Download bereit. 

Montag, 19.12.2022, 17:11 Uhr
Davina Spohn

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