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Energie & Management > Studien - Agora sieht Ausweg aus Erdgasabhängigkeit von Russland
Quelle: Fotolia / Minerva Studio
Studien

Agora sieht Ausweg aus Erdgasabhängigkeit von Russland

Mit einer ambitionierten Wärmewende und massivem Ausbau erneuerbarer Energien könnte Deutschland bis 2027 seinen Gasbedarf insgesamt um 20 % reduzieren, sagt eine Agora-Studie.
Die Denkfabrik Agora Energiewende berechnete, wie ein akuter Versorgungsausfall russischer Gasimporte wegen des Kriegs in der Ukraine auf Deutschland wirken würde. Demnach könnten die nötigen Einsparungen mit erheblichen Anstrengungen nahezu erreicht werden. Die Hälfte des in Deutschland verbrauchten Erdgases stammt aktuell aus Russland. "Die Regierung muss nun zusammen mit der Bevölkerung und der Industrie alle Kräfte bündeln, um der fossilen Energiekrise vor allem strukturell zu begegnen", forderte Simon Müller, Direktor der Deutschlandarbeit von Agora Energiewende.

Durch eine deutliche Steigerung der Energieeffizienz, den Ausbau erneuerbarer Energien sowie die Elektrifizierung von Industrieprozessen und Gebäudewärme, könnte der Gasbedarf Deutschlands bis 2027 um rund ein Fünftel beziehungsweise etwa 200 Mrd. kWh sinken. Das zeigten die aktuelle Berechnungen von Agora Energiewende in Zusammenarbeit mit Prognos und dem Wuppertal Institut. Im akuten Fall, dass die russischen Gasimporte in die EU komplett ausfallen, müsste Deutschland trotz einer europäischen Ersatzstrategie rund 290 Mrd. kWh Erdgas einsparen.

Schnelle politische Entscheidungen nötig

In diesem Fall ließen sich durch Energiesparmaßnahmen und alternative Energiequellen der Verbrauch von Erdgas in der Bundesrepublik um rund 160 bis gut 260 Mrd. kWh vorübergehend senken. Entsprechende Maßnahmen wären Erdgas in der Strom-, Wärme- und Industrieproduktion durch alternative Brennstoffe zu ersetzen oder die Raumtemperatur um 0,5 bis 1,5 Grad Celsius abzusenken. Dazu berechnete Agora zwei Szenarien.

Mittelfristig müsse neben kurzfristig wirksamen Maßnahmen zur Einsparung von Erdgas umgehend der Ausbau von erneuerbaren Energien und die Wärmewende beschleunigt werden, um Energiesouveränität für Deutschland zu erreichen. "Jede Wärmepumpe, jede Solarzelle und jedes Windrad macht uns unabhängiger von fossilen Energieimporten und hilft zugleich unser 2030-Klimaziel zu erreichen", sagte Müller. Dies werde teurer als die aktuelle Versorgung, weshalb für Haushalte und Unternehmen Unterstützungen gewährt werden müssten.

Ausbau erneuerbarer Energieanlagen beschleunigen

Um Deutschland aus der strukturellen Abhängigkeit von fossilen Energieimporten herauszuführen, braucht es Agora zufolge schnelle energiepolitische Entscheidungen. "Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz kommt mehr denn je eine strategische, sicherheitspolitische Bedeutung zu", sagt Simon Müller. Der Zubau von 44.500 MW Windkraftanlagen, davon 39.000 MW an Land sowie 84.000 MW Leistung von Solaranlagen sei entscheidend, um im Stromsystem innerhalb von fünf Jahren 50 Mrd. kWh Erdgas zu ersetzen.

In der Fernwärmeerzeugung könne eine Kombination aus Wärmepumpen, Elektrodenkesseln, Solar- und Geothermie, Nutzung von Abwärme und grünem Wasserstoff Erdgas im Umfang von 27 Mrd. kWh einsparen. Diese Maßnahmen ermöglichten somit Erdgaseinsparungen in Höhe von 77 Mrd. kWh im Jahr 2027 im Vergleich zu 2021. Da der Großteil des Erdgases für die Gebäudewärme verbraucht wird, müsse die Sanierungsrate von 1,2 % im Jahr 2021 auf 1,6 % im Jahr 2027 steigen.
 
Erdgasimporte der 27 EU-Länder aus Russland, Ersatzmöglichkeiten und bleibende Versorgungslücke (zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken)
Quelle: Agora Energiewende

Keine Heizungen mit fossilen Brennstoffen mehr einbauen

"Bei der Sanierungsoffensive müssen wir insbesondere die ineffizienten Ein- und Zweifamilienhäuser anpacken, um schnell substanzielle Einspareffekte zu erzielen", sagte Müller. "Der Einbau neuer Öl- und Gasheizungen muss unverzüglich beendet werden", forderte er. Klare rechtliche Vorgaben müssten mit einer sozial gerechten Förderung kombiniert werden. Hierdurch ließen sich im Gebäudebereich innerhalb von fünf Jahren 55 Mrd. kWh Erdgas einsparen.

Die hohen Gaspreise rückten auch Effizienzmaßnahmen und Elektrifizierung für die Industrie in den Fokus. So sei der Umstieg auf Wärmepumpen oder Elektrodenkessel für die Niedertemperatur-Prozesswärme wirtschaftlicher. "Mit verbesserter Energie- und Materialeffizienz kann sich die Industrie gegen fossile Energiepreiskrisen wappnen", sagt der Agora-Deutschlandchef. Auch der schnellere Hochlauf von grünem Wasserstoff sei zentral, um die Abhängigkeit der Industrie von Erdgas nachhaltig zu senken. Insgesamt lägen hier bis 2027 Erdgaseinsparpotenziale von 69 Mrd. kWh.

Die Studie "Energiesicherheit und Klimaschutz" steht als PDF auf der Internetseite der Agora Energiewende zum Download bereit.

Donnerstag, 17.03.2022, 14:37 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Studien - Agora sieht Ausweg aus Erdgasabhängigkeit von Russland
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Studien
Agora sieht Ausweg aus Erdgasabhängigkeit von Russland
Mit einer ambitionierten Wärmewende und massivem Ausbau erneuerbarer Energien könnte Deutschland bis 2027 seinen Gasbedarf insgesamt um 20 % reduzieren, sagt eine Agora-Studie.
Die Denkfabrik Agora Energiewende berechnete, wie ein akuter Versorgungsausfall russischer Gasimporte wegen des Kriegs in der Ukraine auf Deutschland wirken würde. Demnach könnten die nötigen Einsparungen mit erheblichen Anstrengungen nahezu erreicht werden. Die Hälfte des in Deutschland verbrauchten Erdgases stammt aktuell aus Russland. "Die Regierung muss nun zusammen mit der Bevölkerung und der Industrie alle Kräfte bündeln, um der fossilen Energiekrise vor allem strukturell zu begegnen", forderte Simon Müller, Direktor der Deutschlandarbeit von Agora Energiewende.

Durch eine deutliche Steigerung der Energieeffizienz, den Ausbau erneuerbarer Energien sowie die Elektrifizierung von Industrieprozessen und Gebäudewärme, könnte der Gasbedarf Deutschlands bis 2027 um rund ein Fünftel beziehungsweise etwa 200 Mrd. kWh sinken. Das zeigten die aktuelle Berechnungen von Agora Energiewende in Zusammenarbeit mit Prognos und dem Wuppertal Institut. Im akuten Fall, dass die russischen Gasimporte in die EU komplett ausfallen, müsste Deutschland trotz einer europäischen Ersatzstrategie rund 290 Mrd. kWh Erdgas einsparen.

Schnelle politische Entscheidungen nötig

In diesem Fall ließen sich durch Energiesparmaßnahmen und alternative Energiequellen der Verbrauch von Erdgas in der Bundesrepublik um rund 160 bis gut 260 Mrd. kWh vorübergehend senken. Entsprechende Maßnahmen wären Erdgas in der Strom-, Wärme- und Industrieproduktion durch alternative Brennstoffe zu ersetzen oder die Raumtemperatur um 0,5 bis 1,5 Grad Celsius abzusenken. Dazu berechnete Agora zwei Szenarien.

Mittelfristig müsse neben kurzfristig wirksamen Maßnahmen zur Einsparung von Erdgas umgehend der Ausbau von erneuerbaren Energien und die Wärmewende beschleunigt werden, um Energiesouveränität für Deutschland zu erreichen. "Jede Wärmepumpe, jede Solarzelle und jedes Windrad macht uns unabhängiger von fossilen Energieimporten und hilft zugleich unser 2030-Klimaziel zu erreichen", sagte Müller. Dies werde teurer als die aktuelle Versorgung, weshalb für Haushalte und Unternehmen Unterstützungen gewährt werden müssten.

Ausbau erneuerbarer Energieanlagen beschleunigen

Um Deutschland aus der strukturellen Abhängigkeit von fossilen Energieimporten herauszuführen, braucht es Agora zufolge schnelle energiepolitische Entscheidungen. "Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz kommt mehr denn je eine strategische, sicherheitspolitische Bedeutung zu", sagt Simon Müller. Der Zubau von 44.500 MW Windkraftanlagen, davon 39.000 MW an Land sowie 84.000 MW Leistung von Solaranlagen sei entscheidend, um im Stromsystem innerhalb von fünf Jahren 50 Mrd. kWh Erdgas zu ersetzen.

In der Fernwärmeerzeugung könne eine Kombination aus Wärmepumpen, Elektrodenkesseln, Solar- und Geothermie, Nutzung von Abwärme und grünem Wasserstoff Erdgas im Umfang von 27 Mrd. kWh einsparen. Diese Maßnahmen ermöglichten somit Erdgaseinsparungen in Höhe von 77 Mrd. kWh im Jahr 2027 im Vergleich zu 2021. Da der Großteil des Erdgases für die Gebäudewärme verbraucht wird, müsse die Sanierungsrate von 1,2 % im Jahr 2021 auf 1,6 % im Jahr 2027 steigen.
 
Erdgasimporte der 27 EU-Länder aus Russland, Ersatzmöglichkeiten und bleibende Versorgungslücke (zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken)
Quelle: Agora Energiewende

Keine Heizungen mit fossilen Brennstoffen mehr einbauen

"Bei der Sanierungsoffensive müssen wir insbesondere die ineffizienten Ein- und Zweifamilienhäuser anpacken, um schnell substanzielle Einspareffekte zu erzielen", sagte Müller. "Der Einbau neuer Öl- und Gasheizungen muss unverzüglich beendet werden", forderte er. Klare rechtliche Vorgaben müssten mit einer sozial gerechten Förderung kombiniert werden. Hierdurch ließen sich im Gebäudebereich innerhalb von fünf Jahren 55 Mrd. kWh Erdgas einsparen.

Die hohen Gaspreise rückten auch Effizienzmaßnahmen und Elektrifizierung für die Industrie in den Fokus. So sei der Umstieg auf Wärmepumpen oder Elektrodenkessel für die Niedertemperatur-Prozesswärme wirtschaftlicher. "Mit verbesserter Energie- und Materialeffizienz kann sich die Industrie gegen fossile Energiepreiskrisen wappnen", sagt der Agora-Deutschlandchef. Auch der schnellere Hochlauf von grünem Wasserstoff sei zentral, um die Abhängigkeit der Industrie von Erdgas nachhaltig zu senken. Insgesamt lägen hier bis 2027 Erdgaseinsparpotenziale von 69 Mrd. kWh.

Die Studie "Energiesicherheit und Klimaschutz" steht als PDF auf der Internetseite der Agora Energiewende zum Download bereit.

Donnerstag, 17.03.2022, 14:37 Uhr
Susanne Harmsen

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