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Energie & Management > Wasserstoff - Stark-Watzinger lehnt Rückbau von Gasleitungen ab
Quelle: Fotolia
Wasserstoff

Stark-Watzinger lehnt Rückbau von Gasleitungen ab

Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) lehnt eine Beschränkung des Einsatzes von Wasserstoff auf die Industrie ab.
Stark-Watzinger sagte auf dem „Wasserstoff-Gipfel“ des Handelsblattes in Salzgitter, ein Rückbau von Gasleitungen „kommt nicht in Frage“. Dafür spreche nicht nur, dass die Umrüstung von Erdgasleitungen für den Transport von Wasserstoff nur 15 Prozent dessen koste, was für neue Wasserstoffleitungen aufgebracht werden müsse. Es sei auch vorteilhaft, dass Wasserstoff flächendeckend verfügbar sei: „Wir sollten uns nicht gegenseitig vorrechnen, welche Technologie am effizientesten ist“, sagte die Ministerin. „Wir brauchen einen Rahmen, der technologieoffen ist und jedem erlaubt, sich für die jeweils wirtschaftlichste Lösung zu entscheiden.“

Zuvor hatte der Chef des europäischen Lobbyverbandes Hydrogen Europe, Jorgo Chatzimarkakis, heftige Kritik an der Bundesregierung geübt. Es treibe ihm „die Zornesröte ins Gesicht“, dass Wasserstoff in der deutschen Wärmewende „außen vor bleiben soll“. Dem Wirtschaftsminister warf er vor, einseitig die Interessen und Konzepte von Agora-Energiewende zu verfolgen, einem Thinktank, dessen Finanzierung unklar sei. Der Einsatz von grünem Wasserstoff in der Industrie, insbesondere in der Stahlindustrie, habe für Hydrogen Europe zwar erste Priorität, dürfe darauf aber nicht beschränkt werden.

Breites Technologieverständnis fördern

Stark-Watzinger sagte, Deutschland werde seine Klimaziele nur unter Einsatz technologischer und sozialer Innovationen erreichen. Um die Akzeptanz der Klimapolitik zu verbessern, müsse die wissenschaftliche Evidenz erhöht werden. Nur wenn es ein breites Verständnis auch für die Wasserstofftechnologien gebe, würden sich genügend Menschen dafür interessieren. Das wiederum sei die Voraussetzung dafür, dass qualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung stünden. Mit der Wasserstofftechnologie lege Deutschland die Grundlage für klimaneutrale Lösungen „überall dort, wo wir nicht elektifizieren können“. Dazu gehöre auch die Möglichkeit, Energie zu speichern.

Allerdings müsse der Wasserstoff bezahlbar bleiben und möglichst schnell industriell erzeugt werden. Die Bundesregierung fördere deswegen industrielle „Leitprojekte“ wie die Umstellung der Stahlproduktion in Salzgitter auf die Direktreduktion. Salzgitter-Chef Ulrich Grethe stellte ersten Stahl aus der Direktreduktion für 2026 in Aussicht. Allerdings werde bis dahin nicht genügend grüner Wasserstoff zur Verfügung stehen. Die Eigenproduktion decke nur einen geringen Anteil des Bedarfs, so dass dabei zunächst auch Erdgas zum Einsatz komme.

Nationale Wasserstoffstrategie noch vor der Sommerpause

Die Bundesforschungsministerin kündigte eine nationale Wasserstoffstrategie noch vor der Sommerpause an. Außerdem benötige Deutschland eine Importstrategie für Wasserstoff. In Afrika gebe es ein großes Potential zur Herstellung von Wasserstoff – für den Bedarf vor Ort und für Exporte nach Europa. Dafür sollten Partnerschaften mit den betroffenen Ländern gebildet werden. Im Falle von Australien habe man schon durchgerechnet, dass die Herstellung und der Transport von grünem Wasserstoff nach Europa wirtschaftlich sei.

Die Wasserstoffstrategie müsse wichtige, noch offene Fragen beantworten, sagte die FDP-Politikerin weiter. Dazu gehöre, welche Infrastruktur angestrebt und wie der grüne Wasserstoff zertifiziert werde. Ein leistungsfähiges Leitungsnetz sei eine wichtige Voraussetzung für den Hochlauf der Wasserstofftechnologien. Es müsse in erster Linie von den Unternehmen gebaut bzw. umgerüstet werden, „auch wenn der Staat vielleicht einige Risiken übernehmen“ müsse. Die Regulierung dürfe hier „keine Chancen vereiteln“. Ziel sei eine technologieoffene Zertifizierung, die auch international anerkannt werde. Es gehe dabei auch um den Hochlauf der Elektrolyse-Technologie.
 
So wenig Restriktionen wie möglich

Stark-Watzinger räumte ein, dass chinesische Hersteller dabei auf dem Vormarsch seien. Es gelte deswegen, der besseren Qualität europäischer Produkte zum Durchbruch zu verhelfen. Die Bundesregierung sei sich einig, dass beim Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft auch „emissionsarmer“ Wasserstoff zum Einsatz kommen müsse, „auch wenn grüner Wasserstoff das Ziel ist“. Entscheidend für den Erfolg der Wasserstofftechnologien sei die richtige Regulierung. Die sollte „so wenig Restriktionen wie möglich“ bereithalten. Die Regierung in Berlin habe deswegen ein Problem mit den hohen Anforderungen der europäischen Erneuerbare Energien Richtlinie an die Zusätzlichkeit und Gleichzeitigkeit der Stromproduktion für den Betrieb von Elektrolyseuren, deren Produkte als „grün“ akzeptiert würden.

Zusätzliche Investitionen sind nach Ansicht der Forschungsministerin auch in die Einlagerung (Carbon Capture and Storage, CCS) und Nutzung (Carbon Capture and Utilization, CCU) von Kohlendioxid nötig. Es gehe darum, eine CO2-Kreislaufwirtschaft aufzubauen. Deutschland dürfe sich nicht darauf verlassen, das langfristig weiter anfallende CO2 vollständig zu exportieren. Daraus entstünden neue Abhängigkeiten. „Wir müsse auch selber einspeichern. Im Augenblick können wir noch nicht einmal für die Forschung verpressen.“ Eine Gesetzgebung, die das Einlagern von CO2 auch in Deutschland möglich mache, werde von der Regierung vorbereitet.

Donnerstag, 4.05.2023, 09:10 Uhr
Tom Weingärtner
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Stark-Watzinger lehnt Rückbau von Gasleitungen ab
Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) lehnt eine Beschränkung des Einsatzes von Wasserstoff auf die Industrie ab.
Stark-Watzinger sagte auf dem „Wasserstoff-Gipfel“ des Handelsblattes in Salzgitter, ein Rückbau von Gasleitungen „kommt nicht in Frage“. Dafür spreche nicht nur, dass die Umrüstung von Erdgasleitungen für den Transport von Wasserstoff nur 15 Prozent dessen koste, was für neue Wasserstoffleitungen aufgebracht werden müsse. Es sei auch vorteilhaft, dass Wasserstoff flächendeckend verfügbar sei: „Wir sollten uns nicht gegenseitig vorrechnen, welche Technologie am effizientesten ist“, sagte die Ministerin. „Wir brauchen einen Rahmen, der technologieoffen ist und jedem erlaubt, sich für die jeweils wirtschaftlichste Lösung zu entscheiden.“

Zuvor hatte der Chef des europäischen Lobbyverbandes Hydrogen Europe, Jorgo Chatzimarkakis, heftige Kritik an der Bundesregierung geübt. Es treibe ihm „die Zornesröte ins Gesicht“, dass Wasserstoff in der deutschen Wärmewende „außen vor bleiben soll“. Dem Wirtschaftsminister warf er vor, einseitig die Interessen und Konzepte von Agora-Energiewende zu verfolgen, einem Thinktank, dessen Finanzierung unklar sei. Der Einsatz von grünem Wasserstoff in der Industrie, insbesondere in der Stahlindustrie, habe für Hydrogen Europe zwar erste Priorität, dürfe darauf aber nicht beschränkt werden.

Breites Technologieverständnis fördern

Stark-Watzinger sagte, Deutschland werde seine Klimaziele nur unter Einsatz technologischer und sozialer Innovationen erreichen. Um die Akzeptanz der Klimapolitik zu verbessern, müsse die wissenschaftliche Evidenz erhöht werden. Nur wenn es ein breites Verständnis auch für die Wasserstofftechnologien gebe, würden sich genügend Menschen dafür interessieren. Das wiederum sei die Voraussetzung dafür, dass qualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung stünden. Mit der Wasserstofftechnologie lege Deutschland die Grundlage für klimaneutrale Lösungen „überall dort, wo wir nicht elektifizieren können“. Dazu gehöre auch die Möglichkeit, Energie zu speichern.

Allerdings müsse der Wasserstoff bezahlbar bleiben und möglichst schnell industriell erzeugt werden. Die Bundesregierung fördere deswegen industrielle „Leitprojekte“ wie die Umstellung der Stahlproduktion in Salzgitter auf die Direktreduktion. Salzgitter-Chef Ulrich Grethe stellte ersten Stahl aus der Direktreduktion für 2026 in Aussicht. Allerdings werde bis dahin nicht genügend grüner Wasserstoff zur Verfügung stehen. Die Eigenproduktion decke nur einen geringen Anteil des Bedarfs, so dass dabei zunächst auch Erdgas zum Einsatz komme.

Nationale Wasserstoffstrategie noch vor der Sommerpause

Die Bundesforschungsministerin kündigte eine nationale Wasserstoffstrategie noch vor der Sommerpause an. Außerdem benötige Deutschland eine Importstrategie für Wasserstoff. In Afrika gebe es ein großes Potential zur Herstellung von Wasserstoff – für den Bedarf vor Ort und für Exporte nach Europa. Dafür sollten Partnerschaften mit den betroffenen Ländern gebildet werden. Im Falle von Australien habe man schon durchgerechnet, dass die Herstellung und der Transport von grünem Wasserstoff nach Europa wirtschaftlich sei.

Die Wasserstoffstrategie müsse wichtige, noch offene Fragen beantworten, sagte die FDP-Politikerin weiter. Dazu gehöre, welche Infrastruktur angestrebt und wie der grüne Wasserstoff zertifiziert werde. Ein leistungsfähiges Leitungsnetz sei eine wichtige Voraussetzung für den Hochlauf der Wasserstofftechnologien. Es müsse in erster Linie von den Unternehmen gebaut bzw. umgerüstet werden, „auch wenn der Staat vielleicht einige Risiken übernehmen“ müsse. Die Regulierung dürfe hier „keine Chancen vereiteln“. Ziel sei eine technologieoffene Zertifizierung, die auch international anerkannt werde. Es gehe dabei auch um den Hochlauf der Elektrolyse-Technologie.
 
So wenig Restriktionen wie möglich

Stark-Watzinger räumte ein, dass chinesische Hersteller dabei auf dem Vormarsch seien. Es gelte deswegen, der besseren Qualität europäischer Produkte zum Durchbruch zu verhelfen. Die Bundesregierung sei sich einig, dass beim Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft auch „emissionsarmer“ Wasserstoff zum Einsatz kommen müsse, „auch wenn grüner Wasserstoff das Ziel ist“. Entscheidend für den Erfolg der Wasserstofftechnologien sei die richtige Regulierung. Die sollte „so wenig Restriktionen wie möglich“ bereithalten. Die Regierung in Berlin habe deswegen ein Problem mit den hohen Anforderungen der europäischen Erneuerbare Energien Richtlinie an die Zusätzlichkeit und Gleichzeitigkeit der Stromproduktion für den Betrieb von Elektrolyseuren, deren Produkte als „grün“ akzeptiert würden.

Zusätzliche Investitionen sind nach Ansicht der Forschungsministerin auch in die Einlagerung (Carbon Capture and Storage, CCS) und Nutzung (Carbon Capture and Utilization, CCU) von Kohlendioxid nötig. Es gehe darum, eine CO2-Kreislaufwirtschaft aufzubauen. Deutschland dürfe sich nicht darauf verlassen, das langfristig weiter anfallende CO2 vollständig zu exportieren. Daraus entstünden neue Abhängigkeiten. „Wir müsse auch selber einspeichern. Im Augenblick können wir noch nicht einmal für die Forschung verpressen.“ Eine Gesetzgebung, die das Einlagern von CO2 auch in Deutschland möglich mache, werde von der Regierung vorbereitet.

Donnerstag, 4.05.2023, 09:10 Uhr
Tom Weingärtner

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