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Bei der Direktvermarktung großer Erneuerbaren-Anlagen verschiebt sich die angemeldete Leistung im August zum förderfreien Segment. Im Juli erzielten grüne Kraftwerke weniger pro kWh.
Zum August haben Direktvermarkter in Deutschland, der Logik des Energiewende-Zubaus folgend, so viel Erneuerbaren-Leistung angemeldet wie nie zuvor: 102.813
MW. Das waren 310
MW mehr als für Juli. Das geht aus EEG-Zahlen hervor, die die deutschen Übertragungsnetzbetreiber am 7.
August
auf ihrer Transparenzplattform veröffentlicht haben.
Die auf die zweite Nachkommastelle präsentierten Zahlen suggerieren allerdings eine Scheingenauigkeit, die sie im Nachhinein nicht aufweisen. Vielmehr werden die Direktvermarktungsleistungen in jedem Monat wegen Nachmeldungen von Netzbetreibern stillschweigend korrigiert. So wurden jetzt im August für den Juli mit 86.044
MW 134
MW mehr Leistung im Fördersegment "Marktprämienmodell" ausgewiesen als einen Monat zuvor für Juli. Auch die Differenz binnen Monatsfrist für den Mai war dreistellig, Korrekturen für andere Monate in diesem Jahr waren ein- bis zweistellig in MW.
Zieht man die jüngste Veröffentlichung heran, wuchs das förderfreie Direktvermarktungs-Segment, die "sonstige Direktvermarktung" gegenüber Juli zulasten der Marktprämie. Sie legt um 390
MW auf 16.379
MW zu, während in der Marktprämie 80
MW weniger verbleiben und dieses Segment auf 86.044
MW leicht schrumpft.
Der Schwenk in die förderfreie Direktvermarktung im August ist besonders gut in der Windenergie an Land abzulesen: In dieser größten Direktvermarktungs-Technologie wächst das "sonstige" Segment um 181
MW auf 11.122
MW, während die Marktprämie um 111
MW auf 46.724
MW Federn lässt.
In der zweitgrößten Technologie, der Photovoltaik, werden beide Segmente größer: In der Marktprämie befinden sich jetzt 23.170
MW, das sind 62
MW mehr als im Juli, und in der sonstigen Direktvermarktung 4.057
MW - 188
MW mehr als im vorigen Monat. Die große Masse der Dach-PV-Anlagen sind in dieser Statistik nicht erhalten, weil sie zu klein sind, um der Pflicht zur Direktvermarktung zu unterliegen.
Um den Platz als drittgrößte Technologie in der Direktvermarktung rangeln sich Offshore-Windkraft und Biomasse. Bei der Windenergie an Land bleibt alles beim Alten mit 7.854
MW in der Marktprämie und 504
MW förderfrei, zusammen 8.358
MW.
Auch in der Biomasse verschiebt sich die Direktvermarktung ins förderfreie Segment, das um 24
MW auf 605
MW ausgebaut wird. Die Marktprämie geht hier gegenüber Juli um 22
MW auf 7.225
MW zurück.
Marktwerte purzeln nach untenDerweil sind im Juli die tatsächlichen Erlöse von Grünstrom an der Börse Epex Spot auf die niedrigsten Euro-Werte pro kWh seit mindestens diesem Jahr abgerutscht und erzielten in keiner gemessenen Technologie noch deutlich mehr als 6
Cent/kWh, während im Juni unter 7
Cent/kWh nichts gegangen war. Für Photovoltaik war es mit 5,173
Cent/kWh laut
PV-Magazine sogar der niedrigste spezifische Erlös seit mehr als zwei Jahren. Im Juni waren es noch 7,124
Cent/kWh gewesen.
Begründet wird die Entwicklung mit dem allgemeinen Rückgang des Spotpreises, der als Referenzpreis gilt, bei gleichzeitig hoher PV- und Windstromeinspeisung im Juli.
Der gemittelte Graustrom-Spotpreis sank gegenüber Juni von 9,476
Cent/kWh auf 7,761
Cent/kWh. Im Verhältnis am meisten erzielte im Schnitt die Offshore-Windkraft mit 6,051
Cent/kWh nach 9,147
Cent/kWh. Windstrom vom Land stürzte von 9,236
Cent/kWh auf 5,445
Cent/kWh ab.
Erstmals am technischen Limit der NegativpreiseDie Spotmarktpreise rutschten im Juli durch Überangebote an Strom, vor allem an verbrauchsschwachen Wochenenden, an sieben Tagen über sechs oder mehr Stunden hinweg ins Negative. Am 2.
Juli um 14
Uhr wurde erstmals das technische Minimum von minus 500
Euro/MWh erreicht. Bisher hatte der Negativrekord bei 150
Euro/MWh gelegen.
Bei negativen Preisen werden Nachfrager dafür bezahlt, Strom abzunehmen. Auf der anderen Seite steht eine Zahlungsbereitschaft von Stromanbietern. Diese kann dadurch zustande kommen, dass es bei niedrigen Grenzkosten teurer wäre, eine Anlage zu drosseln, als sie über diese Negativpreis-Zeiten hinweg ungedrosselt weiterlaufen zu lassen.
Bei den Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) könnte sich aus deren Pflicht, geförderten, nicht direktvermarkteten Grünstrom an einer Börse zu vermarkten, der Zwang ergeben, diesen Strom zum technischen Negativlimit anzubieten, um die Wahrscheinlichkeit zu maximieren, ihn loszuwerden. Ob sie dies tatsächlich tun, wissen nur sie selbst, die Börse und womöglich die Bundesnetzagentur. Ein hartes Indiz dafür sind allerdings die Strommengen, die zu -500
Euro/MWh in den Gebotspreiskurven der Epex Spot auftauchen und stark mit den geförderten Grünstrommengen korrelieren.
Negative Strompreise belasten jedenfalls das EEG-Konto der ÜNB in besonderem Maße und die Einnahmen der geförderten Direktvermarkter, da sie ab vier Stunden in Folge keine Marktprämie mehr bekommen für jene Strommengen, die sie zeitgleich eingespeist haben. Dies soll ein Anreiz sein, grüne Kraftwerke in solchen Zeiten vom Netz zu nehmen.
Dienstag, 8.08.2023, 10:03 Uhr
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