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Energie & Management > Recht - Gericht bremst Eprimo bei Abschlagserhöhungen
Quelle: Fotolia / vege
Recht

Gericht bremst Eprimo bei Abschlagserhöhungen

Um ein Vielfaches höhere Abschläge trotz Gaspreisbremse: Der Energiediscounter Eprimo ist mit dieser Praxis jetzt vom Landgericht Frankfurt am Main gestoppt worden.
Gaspedal statt Bremse: Als Kunden von Eprimo im Februar dieses Jahres ihre neuen Abschlagsforderungen für Gas zugesandt bekamen, konnte der Eindruck entstehen, als hätte der Discounter die Pedale verwechselt. „Statt die Abschläge mit Inkrafttreten der Gaspreisbremse zu senken, hat sie Eprimo willkürlich auf horrende Beträge angehoben“, sagt Kerstin Hoppe, Rechtsreferentin beim Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). Als Beispiel nennt sie den Fall einer Kundin, die seit März 875 Euro statt wie bisher 280 Euro pro Monat hätte bezahlen sollen. Die Verbraucherschutz-Organisation hat eine einstweilige Verfügung gegen das Eon-Tochterunternehmen erwirkt.

Anfang März hatte der VZBV den Energiediscounter abgemahnt. Nachdem Eprimo keine Unterlassungserklärung abgab, landete der Fall vor dem Landgericht Frankfurt am Main (Aktenzeichen: 3-06 O 13/23). Der VZBV stieß sich daran, dass die Abschlagsberechnungen in den Schreiben von Eprimo für Kunden nicht nachvollziehbar seien. Vielmehr müssten die zugrundeliegenden Angaben „einfach auffindbar und verständlich sein“. Und er monierte, dass die Erhöhung der Abschläge – in den Beispielfällen der Verbraucherschützer zum Teil auf das Zehnfache – mit der staatlichen Deckelung des Gaspreises nicht in Einklang zu bringen sei.

Verstoß gegen das Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz

Das Gericht wies nun auf das Transparenzgebot hin, dass sich aus Paragraf 4 des Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetzes (EWPBG) ergibt. Zentraler Kritikpunkt: In den Schreiben von Eprimo sei bei der Angabe zu der Verteilung des Entlastungsbetrags auf die vertraglichen Abschlagszahlungen für Verbraucher nicht erkennbar, wie sich der künftige Abschlag errechnet. „Ein monatlicher Abschlag von 885 Euro ist unter Zugrundelegung des Grundpreises von 114,12 Euro im Jahr, einem reduzierten Arbeitspreis von 12 Ct/kWh und einem prognostizierten Jahresverbrauch von 16.575 kWh nicht nachzuvollziehen“, heißt es in dem Urteil.

Kryptisch an den Kundenschreiben erschien dem Gericht etwa, dass Verbraucher die Höhe des Entlastungsbetrags am Ende eines kleingedruckten Fließtextes suchen müssen. Und „dass dieser Betrag nicht durch zwölf Monate geteilt wird zur Verteilung auf die vertraglichen Abschlagszahlungen ergibt sich erst in einem kleingedruckten Fließtext auf Seite 3“.

Weitere auffällige Energieanbieter

Darüber hinaus stellt das Landgericht fest, dass der Energieanbieter mit seinen Kundenschreiben gegen Paragraf 41 des Energiewirtschaftsgesetzes verstoßen habe, „da sich die verlangte Abschlagszahlung nicht nach dem Verbrauch des vorhergehenden Abrechnungszeitraums richtet“.

„Es ist wichtig, dass die Gerichte solchen Praktiken schnell einen Riegel vorschieben, damit das gesetzliche Ziel einer Entlastung der Verbraucherinnen und Verbraucher nicht von einzelnen Anbietern ins Gegenteil verkehrt wird“, so kommentiert Kerstin Hoppe vom VZBV die Entscheidung.

Wie Verbraucher insgesamt von solchen Abschlagserhöhungen betroffen sind, dazu gibt es keine Schätzung. Hoppe spricht von sehr, sehr vielen Fällen. Hintergrund ist, dass die Verbraucherzentralen einen Aufruf gestartet hatten. „Die meisten Beschwerden betreffen den Anbieter Eprimo“, berichtet sie. Zwei weitere ungenannte Energieanbieter haben den VZBV dem Vernehmen nach wegen Abschlagserhöhungen vor Kurzem aktiv werden lassen.

Eprimo behält sich Berufung vor

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Eprimo behält sich „eine Berufung ausdrücklich vor“, wie das Unternehmen auf Anfrage der Redaktion mitteilt. Die mit einer einstweiligen Verfügung an die Eon-Zweitmarke gerichteten Hinweise zu einem unserer Kundenanschreiben durch den VZBV nehme man ernst, sagt Eprimo-Sprecher Roman Zurhold. Schon lange vor der Gerichtsentscheidung habe man den Sachverhalt geprüft. „Das betreffende Schreiben wird bereits seit Februar nicht mehr verwendet“, so Zurhold. Betroffene Kunden hätten zwischenzeitlich angepasste Schreiben erhalten. Die im Verfahren benannten Kunden hätten auch keinerlei überhöhte Abschläge bezahlt.
 
Nicht nachvollziehen kann Eprimo die „pauschale Aussage des VZBV zur vermeintlichen Rechtswidrigkeit der Abschlagserhöhungen“. „Die Entscheidung des Gerichts bezieht sich nämlich auf die konkreten vier Kundenfälle, bei denen ganz reguläre Preisanpassungen zu der Abschlagserhöhung geführt haben“, sagt Zurhold.

Mittwoch, 21.06.2023, 15:53 Uhr
Manfred Fischer
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Gericht bremst Eprimo bei Abschlagserhöhungen
Um ein Vielfaches höhere Abschläge trotz Gaspreisbremse: Der Energiediscounter Eprimo ist mit dieser Praxis jetzt vom Landgericht Frankfurt am Main gestoppt worden.
Gaspedal statt Bremse: Als Kunden von Eprimo im Februar dieses Jahres ihre neuen Abschlagsforderungen für Gas zugesandt bekamen, konnte der Eindruck entstehen, als hätte der Discounter die Pedale verwechselt. „Statt die Abschläge mit Inkrafttreten der Gaspreisbremse zu senken, hat sie Eprimo willkürlich auf horrende Beträge angehoben“, sagt Kerstin Hoppe, Rechtsreferentin beim Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). Als Beispiel nennt sie den Fall einer Kundin, die seit März 875 Euro statt wie bisher 280 Euro pro Monat hätte bezahlen sollen. Die Verbraucherschutz-Organisation hat eine einstweilige Verfügung gegen das Eon-Tochterunternehmen erwirkt.

Anfang März hatte der VZBV den Energiediscounter abgemahnt. Nachdem Eprimo keine Unterlassungserklärung abgab, landete der Fall vor dem Landgericht Frankfurt am Main (Aktenzeichen: 3-06 O 13/23). Der VZBV stieß sich daran, dass die Abschlagsberechnungen in den Schreiben von Eprimo für Kunden nicht nachvollziehbar seien. Vielmehr müssten die zugrundeliegenden Angaben „einfach auffindbar und verständlich sein“. Und er monierte, dass die Erhöhung der Abschläge – in den Beispielfällen der Verbraucherschützer zum Teil auf das Zehnfache – mit der staatlichen Deckelung des Gaspreises nicht in Einklang zu bringen sei.

Verstoß gegen das Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz

Das Gericht wies nun auf das Transparenzgebot hin, dass sich aus Paragraf 4 des Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetzes (EWPBG) ergibt. Zentraler Kritikpunkt: In den Schreiben von Eprimo sei bei der Angabe zu der Verteilung des Entlastungsbetrags auf die vertraglichen Abschlagszahlungen für Verbraucher nicht erkennbar, wie sich der künftige Abschlag errechnet. „Ein monatlicher Abschlag von 885 Euro ist unter Zugrundelegung des Grundpreises von 114,12 Euro im Jahr, einem reduzierten Arbeitspreis von 12 Ct/kWh und einem prognostizierten Jahresverbrauch von 16.575 kWh nicht nachzuvollziehen“, heißt es in dem Urteil.

Kryptisch an den Kundenschreiben erschien dem Gericht etwa, dass Verbraucher die Höhe des Entlastungsbetrags am Ende eines kleingedruckten Fließtextes suchen müssen. Und „dass dieser Betrag nicht durch zwölf Monate geteilt wird zur Verteilung auf die vertraglichen Abschlagszahlungen ergibt sich erst in einem kleingedruckten Fließtext auf Seite 3“.

Weitere auffällige Energieanbieter

Darüber hinaus stellt das Landgericht fest, dass der Energieanbieter mit seinen Kundenschreiben gegen Paragraf 41 des Energiewirtschaftsgesetzes verstoßen habe, „da sich die verlangte Abschlagszahlung nicht nach dem Verbrauch des vorhergehenden Abrechnungszeitraums richtet“.

„Es ist wichtig, dass die Gerichte solchen Praktiken schnell einen Riegel vorschieben, damit das gesetzliche Ziel einer Entlastung der Verbraucherinnen und Verbraucher nicht von einzelnen Anbietern ins Gegenteil verkehrt wird“, so kommentiert Kerstin Hoppe vom VZBV die Entscheidung.

Wie Verbraucher insgesamt von solchen Abschlagserhöhungen betroffen sind, dazu gibt es keine Schätzung. Hoppe spricht von sehr, sehr vielen Fällen. Hintergrund ist, dass die Verbraucherzentralen einen Aufruf gestartet hatten. „Die meisten Beschwerden betreffen den Anbieter Eprimo“, berichtet sie. Zwei weitere ungenannte Energieanbieter haben den VZBV dem Vernehmen nach wegen Abschlagserhöhungen vor Kurzem aktiv werden lassen.

Eprimo behält sich Berufung vor

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Eprimo behält sich „eine Berufung ausdrücklich vor“, wie das Unternehmen auf Anfrage der Redaktion mitteilt. Die mit einer einstweiligen Verfügung an die Eon-Zweitmarke gerichteten Hinweise zu einem unserer Kundenanschreiben durch den VZBV nehme man ernst, sagt Eprimo-Sprecher Roman Zurhold. Schon lange vor der Gerichtsentscheidung habe man den Sachverhalt geprüft. „Das betreffende Schreiben wird bereits seit Februar nicht mehr verwendet“, so Zurhold. Betroffene Kunden hätten zwischenzeitlich angepasste Schreiben erhalten. Die im Verfahren benannten Kunden hätten auch keinerlei überhöhte Abschläge bezahlt.
 
Nicht nachvollziehen kann Eprimo die „pauschale Aussage des VZBV zur vermeintlichen Rechtswidrigkeit der Abschlagserhöhungen“. „Die Entscheidung des Gerichts bezieht sich nämlich auf die konkreten vier Kundenfälle, bei denen ganz reguläre Preisanpassungen zu der Abschlagserhöhung geführt haben“, sagt Zurhold.

Mittwoch, 21.06.2023, 15:53 Uhr
Manfred Fischer

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