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Energie & Management > Österreich - EVN unter Spannung
Quelle: Pixabay / Jürgen Sieber
Österreich

EVN unter Spannung

Personelle Veränderungen im Aufsichtsrat anlässlich einer außerordentlichen Hauptversammlung sowie eine Sonderprüfung des Landesrechnungshofs sorgen beim EVN-Konzern für Aufsehen.
Reinhard Wolf, der Generaldirektor der Raiffeisen Ware Austria, des Großhandels- und Dienstleistungskonzerns des österreichischen Raiffeisenverbandes, ist neuer Vorstandsvorsitzender des niederösterreichischen Energiekonzerns EVN. Er wurde bei einer außerordenlichen Hauptversammlung am 19. Juni in seine Funktion gewählt. Seine Vorgängerin Bettina Glatz-Kremsner hatte ihr Mandat vorzeitig zurückgelegt. Zum ersten Stellvertreter Wolfs gewählt wurde der Klubobmann der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) im niederösterreichischen Landesparlament (Landtag), Jochen Danninger. Dem Vernehmen nach soll er als „Aufpasser“ für eine stärkere „politische“ Kontrolle der zu 51 Prozent im Eigentum des Landes Niederösterreich befindlichen EVN sorgen.

Um den Konzern gibt es seit Monaten Aufregung. Im März hatte dieser die Verträge von rund 40 Prozent seiner Strom- und Gaskunden per 1. Juli gekündigt und gleichzeitig den Abschluss neuer Verträge angeboten. Diese enthalten im Wesentlichen günstigere Konditionen sowie eine einjährige Preisgarantie. Aus Gründen der Rechtssicherheit fordert die EVN jedoch eine ausdrückliche Zustimmung zu den neuen Verträgen. Betroffen sind rund 300.000 Personen. Überdies wird der EVN vorgeworfen, die sinkenden Preise im Großhandel mit Strom und Gas verzögert an die Endkunden weiterzugeben. Die der ÖVP angehörende Landeshauptfrau (Ministerpräsidentin) Niederösterreichs, Johanna Mikl-Leitner, äußerte sich in diesem Zusammenhang jüngst ungewöhnlich scharf und bekundete, „überhaupt kein Verständnis“ für das Agieren des Unternehmens zu haben.

Landesrechnungshof prüft

Sicher ist, dass der Rechnungshof des Landes Niederösterreich eine außerordentliche Prüfung der EVN durchführen wird. Die Oppositionsparteien im Landtag, die Sozialdemokraten (SPÖ), die Grünen und die liberalen Neos, bringen in dessen nächster Plenarsitzung am 22. Juni einen entsprechenden Antrag ein. Laut der niederösterreichischen Landesverfassung kann ein Drittel der Abgeordneten zum Landtag dem Landesrechnungshof Prüfaufträge erteilen. Gemeinsam verfügen die drei Parteien über 19 der insgesamt 56 Mandate, was zur Auftragserteilung genügt. Geprüft werden sollen unter anderem, ob und falls ja warum die EVN Preiserhöhungen im Großhandel zeitnah an die Endkunden weitergab, Preissenkungen jedoch mit Verzögerung.

Auch die in Niederösterreich regierende Koalition aus der ÖVP und den rechtsgerichteten Freiheitlichen (FPÖ) hat ihre grundsätzliche Zustimmung zu dem Antrag bekundet. ÖVP-Energiesprecher Anton Kasser verlautete, alle im Landtag vertretenen Parteien hätten „ein gemeinsames Ziel: Wir wollen sinkende Strompreise für alle Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher. Und ich bin mir sicher, dass der EVN eine maximale Transparenz bei Fragen der Preisgestaltung nicht schadet.“ Ohnehin erfolgten auch in anderen Bundesländern entsprechende Prüfungen der Energieunternehmen, an denen die öffentliche Hand mehrheitlich beteiligt ist. Der Klubobmann der FPÖ im Landtag, Reinhard Teufel, begrüßte die Sonderprüfung. In deren Rahmen müsse „geklärt werden, ob die im Vergleich zu anderen Bundesländern exorbitant höheren Preise auf Marktgegebenheiten, Fehlmanagement oder bewusste Abzocke zurückzuführen sind.“

Die EVN hatte Vorwürfe von Fehlverhalten stets zurückgewiesen und betont, niedrigere Preise im Großhandel zügig weiterzugeben. Wie berichtet, kündigte sie Anfang Juni an, Kunden, die per 30. Juni über einen aufrechten Strom- oder Gasliefervertrag verfügen, voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2023 „maßgeschneiderte Angebote für Neuabschlüsse, die einer Preissenkung von 15 bis 20 Prozent entsprechen“, zu übermitteln. Für die Landwirte ist ein solches Angebot seit 19. Juni verfügbar.

Technik-Vorstand geht vorzeitig

Unterdessen gab der Technische Vorstand der EVN, Franz Mittermayer, bei der Hauptversammlung am 19. Juni bekannt, seinen bis Ende September 2027 laufenden Vertrag mit 31. März 2024 vorzeitig auflösen zu wollen. Mittermayer begründete dies mit dem Erreichen des Pensionsalters und seinem damit verbundenen Wunsch, „nach über 30 Jahren Tätigkeit für die EVN-Gruppe“ in den Ruhestand zu treten.

Dienstag, 20.06.2023, 14:29 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - EVN unter Spannung
Quelle: Pixabay / Jürgen Sieber
Österreich
EVN unter Spannung
Personelle Veränderungen im Aufsichtsrat anlässlich einer außerordentlichen Hauptversammlung sowie eine Sonderprüfung des Landesrechnungshofs sorgen beim EVN-Konzern für Aufsehen.
Reinhard Wolf, der Generaldirektor der Raiffeisen Ware Austria, des Großhandels- und Dienstleistungskonzerns des österreichischen Raiffeisenverbandes, ist neuer Vorstandsvorsitzender des niederösterreichischen Energiekonzerns EVN. Er wurde bei einer außerordenlichen Hauptversammlung am 19. Juni in seine Funktion gewählt. Seine Vorgängerin Bettina Glatz-Kremsner hatte ihr Mandat vorzeitig zurückgelegt. Zum ersten Stellvertreter Wolfs gewählt wurde der Klubobmann der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) im niederösterreichischen Landesparlament (Landtag), Jochen Danninger. Dem Vernehmen nach soll er als „Aufpasser“ für eine stärkere „politische“ Kontrolle der zu 51 Prozent im Eigentum des Landes Niederösterreich befindlichen EVN sorgen.

Um den Konzern gibt es seit Monaten Aufregung. Im März hatte dieser die Verträge von rund 40 Prozent seiner Strom- und Gaskunden per 1. Juli gekündigt und gleichzeitig den Abschluss neuer Verträge angeboten. Diese enthalten im Wesentlichen günstigere Konditionen sowie eine einjährige Preisgarantie. Aus Gründen der Rechtssicherheit fordert die EVN jedoch eine ausdrückliche Zustimmung zu den neuen Verträgen. Betroffen sind rund 300.000 Personen. Überdies wird der EVN vorgeworfen, die sinkenden Preise im Großhandel mit Strom und Gas verzögert an die Endkunden weiterzugeben. Die der ÖVP angehörende Landeshauptfrau (Ministerpräsidentin) Niederösterreichs, Johanna Mikl-Leitner, äußerte sich in diesem Zusammenhang jüngst ungewöhnlich scharf und bekundete, „überhaupt kein Verständnis“ für das Agieren des Unternehmens zu haben.

Landesrechnungshof prüft

Sicher ist, dass der Rechnungshof des Landes Niederösterreich eine außerordentliche Prüfung der EVN durchführen wird. Die Oppositionsparteien im Landtag, die Sozialdemokraten (SPÖ), die Grünen und die liberalen Neos, bringen in dessen nächster Plenarsitzung am 22. Juni einen entsprechenden Antrag ein. Laut der niederösterreichischen Landesverfassung kann ein Drittel der Abgeordneten zum Landtag dem Landesrechnungshof Prüfaufträge erteilen. Gemeinsam verfügen die drei Parteien über 19 der insgesamt 56 Mandate, was zur Auftragserteilung genügt. Geprüft werden sollen unter anderem, ob und falls ja warum die EVN Preiserhöhungen im Großhandel zeitnah an die Endkunden weitergab, Preissenkungen jedoch mit Verzögerung.

Auch die in Niederösterreich regierende Koalition aus der ÖVP und den rechtsgerichteten Freiheitlichen (FPÖ) hat ihre grundsätzliche Zustimmung zu dem Antrag bekundet. ÖVP-Energiesprecher Anton Kasser verlautete, alle im Landtag vertretenen Parteien hätten „ein gemeinsames Ziel: Wir wollen sinkende Strompreise für alle Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher. Und ich bin mir sicher, dass der EVN eine maximale Transparenz bei Fragen der Preisgestaltung nicht schadet.“ Ohnehin erfolgten auch in anderen Bundesländern entsprechende Prüfungen der Energieunternehmen, an denen die öffentliche Hand mehrheitlich beteiligt ist. Der Klubobmann der FPÖ im Landtag, Reinhard Teufel, begrüßte die Sonderprüfung. In deren Rahmen müsse „geklärt werden, ob die im Vergleich zu anderen Bundesländern exorbitant höheren Preise auf Marktgegebenheiten, Fehlmanagement oder bewusste Abzocke zurückzuführen sind.“

Die EVN hatte Vorwürfe von Fehlverhalten stets zurückgewiesen und betont, niedrigere Preise im Großhandel zügig weiterzugeben. Wie berichtet, kündigte sie Anfang Juni an, Kunden, die per 30. Juni über einen aufrechten Strom- oder Gasliefervertrag verfügen, voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2023 „maßgeschneiderte Angebote für Neuabschlüsse, die einer Preissenkung von 15 bis 20 Prozent entsprechen“, zu übermitteln. Für die Landwirte ist ein solches Angebot seit 19. Juni verfügbar.

Technik-Vorstand geht vorzeitig

Unterdessen gab der Technische Vorstand der EVN, Franz Mittermayer, bei der Hauptversammlung am 19. Juni bekannt, seinen bis Ende September 2027 laufenden Vertrag mit 31. März 2024 vorzeitig auflösen zu wollen. Mittermayer begründete dies mit dem Erreichen des Pensionsalters und seinem damit verbundenen Wunsch, „nach über 30 Jahren Tätigkeit für die EVN-Gruppe“ in den Ruhestand zu treten.

Dienstag, 20.06.2023, 14:29 Uhr
Klaus Fischer

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